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Die Top 10 Surrealisten - Ergebnisse und Bewertungen der Jury
So, hier jetzt der offizielle Ergebnisthread
Zunächst eine kurze Bemerkung zur Vorgehensweise der Jury:
Aufgrund der hohen Zahl an eingereichten Texte haben wir zunächst einmal 'ausgesiebt', d.h. jeder Juror hat eine Liste erstellt mit Texten, die seiner Meinung nach zu den besten gehören, bzw. eine Liste mit den nicht so gelungenen Geschichten. Diese Listen wurden verglichen, daraus ergab sich eine weitere Liste aus 12 Texten, die daraufhin jedes Jurymitglied für sich unter Anbetracht der für den Challenge gültigen Kriterien bewertet und geordnet wurde. Die jeweils 6 besten Texte erhielten Punkte, die Punktsumme aus den einzelnen Werten ergab die Endsumme und damit folgendes, wie schon von Susi (Danke!) gepostetes Endergebnis:
1. Platz
Traumhaftes von Peter Hrubi
2. Platz
Die Metamorphose der Reinkarnation von Bella Xela
3. Platz
Garrisons Stille von Danalf
4. Platz
Gedankenlos von Marot
5. Platz
Leben mit der Stolperfalle von Archetyp
6. Platz
Kälte von FlicFlac
7. Platz
Tranquillo von Ben Jockisch
8. Platz
Die Tombola von Anna
9. Platz
Ampelentscheidungen von Kristin
10. Platz
Nobody fucks with the Jesus von gnoebel
Hier einige Auszüge der Jurybewertungen:
1. Traumhaft
„Peter schafft in meinen Augen etwas wunderbares. Er vermischt Märchen, Fabel und Surrealismus zu einem „Traumcocktail“, der begeistert, anregt und mich als Leser fesselt. Die surrealistischen Elemente werden sehr schön in den Text eingeflochten, ohne gezwungen oder aufgesetzt zu wirken. Sie sind sozusagen der Rahmen oder um bei der Cocktailmetapher zu bleiben, die Farbe und die Zuckerglasur, die beim Lesen wie beim „trinken“ doch die ganze Zeit mitschwingen.
Die Sprache passt perfekt zum Inhalt seiner Geschichte. Der Traum spielt sich nicht nur auf dem Papier ab, sondern lässt diesen zum Realen Erlebnis in meinem Kopf werden. Die dort entstehenden Bilder erinnern mich an die Märchen meiner Kindheit und an die Fantasie meiner nächtlichen Träumereien. In meinen Augen der gelungenste Beitrag dieses Challenges, auch wenn die Entscheidung schwer fiel.“
2. Die Metamorphose der Reinkarnation
„Eine der Kritiken spricht von Ohnmacht und Wahn, die sich gerade mit surrealistischer Sprache gut beschreiben lassen. Zwar wird hier ein oft beschriebenes Thema (Vergewaltigung und Suizid) verwendet, die Gestaltung des Textes ist in meinen Augen jedoch außerordentlich gut gelungen. Starke Stimmungen werden durch harte, deutliche und gleichzeitig geschickt verschlüsselte Formulierungen hervorgerufen, der Reichtum an Metaphorik kommt der Kürze des Textes entgehen, was beeindruckt und gleichzeitig beweißt, dass auch mit einem ‚abgegrasten’ Thema sehr wohl noch ein Text entstehen kann, der beim Leser deutliche Spuren hinterlässt.“
3. Garrisons Stille
„Eine wunderschöne Geschichte, die man sich auch als Film vorstellen könnte. Erzeugt faszinierende Bilder im Kopf und bietet einen schönen Plot.“
„Feinfühliger Surrealismus, der den Leser glauben lässt, er befinde sich direkt neben Garrison in einer völlig realen Welt. Eine sehr gelungene Erzählung!“
4. Gedankenlos
„Die Idee, den Alltag eines nicht-normalen, eingesperrten Menschen auf diese
Art darzustellen, hat mir vor allem aus zwei Gründen so gut gefallen: Weil es Seltenheitswert hat – wir befassen uns täglich mit allen möglichen Themen, manche hängen einem schon richtig zum Hals heraus, aber das ist wirklich mal weg von den üblichen Themen. Und weil es nicht nur woandershin gedacht ist, sondern gleichzeitig auch das soziale Denken des Autors zeigt, und sowas finde ich lobenswert.
Die Umsetzung finde ich auch sehr gelungen. Der Text verrät so wenig greifbare Realität, daß man doch erst nachdenken muß, von wem man denn da liest, aber zugleich auch so viel, daß man nicht genervt bis ans Ende lesen muß, um überhaupt zu wissen, wovon die Rede ist. Kurzum: die richtige Mischung getroffen.
Schön, daß es jemandem mal einfällt, aufzuzeigen, wie diese Menschen menschenunwürdig leben und das ist in der vorliegenden Geschichte auch wirklich gelungen.“
5. Leben mit der Stolperfalle
„Das Leben ist eine Rallye, in der nur die überleben, die gut ausweichen können. Ein Hindernispaarcour, und das bis zum Tode. Archetyp verpackt diese schöne Metapher in einer sehr gelungene Geschichte und schafft es durchaus, die surrealen Elemente nicht zu vernachlässigen. Durch die Idee und die gut gemachte Umsetzung hebt sich diese Geschichte von den meisten anderen ab.“
„Vom Thema her das Thema für Surreales schlechthin. Besonders durch das
Philosophische in der Geschichte hat Arche hier eine schöne Mixtur geschaffen, die leicht verständlich ist und wo mir vor allem der optimistische, positive Schluß besonders gefällt.“
6. Kälte
„Auch diese Geschichte hat etwas undurchsichtiges und schleierhaftes, dass den Leser beschleicht wie die Kälte ihren Protagonisten. Zwar enthält der Text nicht die deutlichen sprachlichen Experimente, die andere Texte auszeichnen, doch auch hier schleicht sich das surrealistische Element unauffällig durch den Text. Dies, kombiniert mit der gesellschaftskritischen Thematik des Texts, nimmt den Leser mit in einen fiktionalen Moment, der zu die Realität betreffenden Überlegungen zwingt.“
7. Tranquillo
„Sehr anschaulich wird hier die Beschleunigung der Zeit in Relation zur langsamen Bewegung des Protagonisten beschrieben. Tolle Schlusspointe.“
„Kurz, sehr kurz, Ben Jockisch. Und doch alles gesagt, was für die Geschichte wichtig ist. Ich lese und sofort beginnt ein Film in meinem Kopf anzulaufen. Ein Kurzer Stummfilm mit beeindruckender Bilderfolge und mE unerwartenden Ende. Man denkt, gleich ist der Stillstand erreicht, aber es wird nur überholt und neu beschleunigt“
8. Die Tombola
„Sehr surreal und doch mit einem immer wiederkehrenden Motiv und rotem Faden.“
„Ein interessantes Experiment, sowohl auf sprachlicher als auch auf inhaltlicher Ebene. Es glückt, wenn mal sich als Leser auf das Wagnis einlässt, dass auch die Autorin eingegangen ist: das Fallenlassen der gängigen Vorgehensweisen und Normen, das Eintauchen in Traum und Unterbewusstsein.“
9. Ampelentscheidungen
„Das erste was an Kristins Geschichte klar wird ist die Unklarheit. Meiner Meinung nach beim ersten Lesen nicht zu entschlüsseln und wenn dann nur unzureichend. Liest man aber genauer, gründlicher und macht sich seine Gedanken, entfaltet sich die wahre Größe des Textes. Sehr schöne (surreale) Sprache, verwinkelt, Metaphorisch und deswegen so interessant. Der „Wahnsinn“ des Protagonisten wird in der Sprache deutlich, genau so wie der Text selbst wird auch der Protagonist erst „klarer“, wenn man sich Gedanken darüber macht und sich die Mühe gibt, sich darauf ein zu lassen. Die Kritiken und Kommentare zeigen mE, das, was den Text ausmacht. Er regt an! Man wird als Leser durch die Art der Sprache gezwungen, sich damit auseinander zu setzen. Ist das geschafft, ist man vielleicht über den „einfachen“ Inhalt erstaunt, im selbe Moment aber begeistert, wie Kristin es umgesetzt hat.“
10. Nobody fucks with the Jesus
„Ich träume, ich träume nicht, ich wache auf und träume weiter!“ So könnte man diese Geschichte in einem Satz zusammenfassen. Inhaltlich solide und gut aufgebaut, die Idee gefällt sehr gut. Das Ende schon ein wenig überraschend, eine Zukunft wo einem nicht mal mehr die Träume gehören. Meiner Meinung nach auch eine Kritik an das Hollywood von heute. Alles muss größer, schneller und Actionlastiger sein. Diese Geschichte nicht! Sie ist gut so wie sie ist.“
Glückwunsch an alle Teilnehmer, auch die, die nicht unter den ersten 10 gelandet sind. Dank gilt wie immer auch den Kritikern, ohne die es oft keine Verbesserung des Texts geben würde.
Grüße & Congrats,
Rabenschwarz