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Die Tränen eines Clowns

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17.04.2005
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Die Tränen eines Clowns

Die Tränen eines Clowns

„Sie müssen wissen, mein Problem nahm ständig an Grösse zu. Es existierte schon immer, doch in letzter ist es wie ein gefüllter Luftballon, kurz vor dem Platzen. Ich glaube, ich wäre auch geplatzt, hätte ich sie niemals aufgesucht. Und doch ist das Ventil noch offen, das die Luft bis zum äussersten in mich hinein pumpt“.
Der Mann befand sich auf einer modernen blauen Liege. Am einen Ende wuchsen seine riesigen schwarzen Schuhe wie Türme in den Himmel empor, an dem anderen Ende befand sich seine orangefarbenes Haar im Afrolook. Seine Hosen war lang, zu lang, und an den Knien mit gelben Flicken ausgestattet. Als Zentrum dieser bizarren Erscheinung erhob sich eine faustgrosse, rote Kugelnase aus seinem weissgeschminkten Gesicht empor.
Neben ihm sass eine junge, gutaussehende Frau. Ihr Name war Kate. Sie war eine ernste Person, von Beruf Psychiaterin. Der Mann war ihr neuster Kunde.
„Könnten sie mir denn ihr Problem ein bisschen genauer beschreiben?“, fragte sie den Mann, der reglos an die Decke starrte.
Zuerst schien er sie gar nicht gehört zu haben, doch dann antwortete er: „Es ist der Spot. Egal wo ich bin, die Leute lachen über mich. Ich kann im Supermarkt, auf der Strasse oder sonst irgendwo sein, die Leute lachen. Betrete ich einen Raum, drehen sich sofort die Kinder um, zeigen mit den Fingern auf mich und geben dieses kindische Lachen von sich. Wie ich diese Geräusch nur hasse! Doch die Menschen haben mich schon immer ausgelacht und es wird auch immer so bleiben...“
Kate spürte, der Mann war den Tränen sehr nahe. Sie hatte recht. Er zog eine farbige Kette von zusammen geknoteten Taschentüchern hervor und strich die Tränen aus den Augen. Geduldig wartete sie, bis er fertig war.
„Sie sagten, man hätte schon immer über sie gelacht. Erinnern sie sich an Ereignisse aus ihrer Vergangenheit? Vielleicht ihrer Kindheit?“
„Meine Kindheit ist nicht etwas, an das ich mich gerne erinnere. Sie war nicht sehr schön. In der Schule war überall dieses Geräusch. Sie wissen schon, das Lachen. Meine Lehrer konnten mich an manchen Tagen gar nicht unterrichten, da sie von einem Lachkrampf geschüttelt auf dem Boden lagen. Nicht einmal von meinen eigenen Eltern war ich sicher. Nur in meinem Schrank, ganz hinten zusammengekauert, war ich allein. Hier gab es niemand, der über mich lachen konnte!“
Ein erneutes Weinen, hervor gerufen, durch Erinnerungen an längst vergangene Zeiten, liess ihn erzittern. Die Tränen kullerten seine Wange herunter und tropften auf die in seinem Hemd steckende Blume.
Währendessen hatte Kate eine Zwischenprognose aufgestellt:
„Ich denke, sie haben eine simple Persönlichkeitsstörung. Das Lachen nehmen sie als Beleidigung auf, ja als Angriff. Aber haben sie vielleicht schon mal darüber nachgedacht, dass die Leute vielleicht gar nicht über sie, sondern mit ihnen lachen?“
Er schaute verdutzt auf. Diese Behauptung machte für ihn keinen Sinn. Und auch wenn es Sinn machen sollte, gefiel es ihm nicht
„Mit mir? Ich habe niemals gesagt, dass ich lachen will. Und das soll schon gar keiner mit mir tun. Wissen sie, ich habe die Kehrseite der Medaille gesehen. Für Sie ist die Welt da draussen heil, schön, es ist ein ewiger Sommernachmittag. Doch ich kenne auch die schlechte Seite der Welt. In meinen jüngeren Jahren war ich beim Militär. Nicht nur beim Militär, ich war im offenen Einsatz im Vietnam. Dort habe ich Dinge gesehen, denen sie nicht einmal in Alpträumen begegnen werden. Das Blut meiner Kameraden, die Bombardierung ganzer Dörfer und sinnlose Mörderei an Kindern. Und wissen sie, was ich als erstes tat, als ich wieder zu Hause war? Ich schrieb ein Buch über meine Geschehnisse. Es sollte den Leuten zeigen, was für ein Drecksloch der Krieg war. Doch es wurde kein weltbewegendes, emotionales Drama, wie ich es erhofft hatte. Die Kritiker bezeichneten es als Buch, das einem vor Lachen die Tränen in die Augen trieb. Es sei so witzig, die Erlebnisse wären komödiantisch und so endete mein Buch als humorvollstes Buch des Jahres auf der Bestsellerliste. Und jeder der es las, lachte. Über das Buch und über mich“.
Kates Uhr zeigte ihr, dass die Sprechstunde bald vorbei war. Sie mochte den Mann nicht. Am liebsten würde sie seinen Fall so schnell wie möglich in die Katen legen und zu normalen Patienten, wie Massenmörder oder Sektenführer zurück kehren.
„Ich sehe ihr Problem ist sehr gross. Doch man kann es nicht einfach in einem Schritt beseitigen. Sie müssen einen langen Weg gehen, am Ende stehen sie in einem neuen Leben, das ihnen gefällt. Und ich weiss auch schon, wie sie beginnen sollten: Ziehen sie sich diese alberne Nase ab!“
Sie zeigte auf seine rote Kugelnase, die sich unter den Augen befand, welche Kate nun entgeistert anstarrten.
„Was ist mit meiner Nase?“, fragte er, scheinbar schockiert.
„Sie sollten sie wegnehmen, die sieht dort lächerlich aus!“
„Wegnehmen? Wie bitte sollte ich meine Nase wegnehmen?“
Kate war am Ende ihrer Nerven. Sie packte die Nase Mannes und zog mit aller Kraft daran.
„Aua!“, schrie er, „Sie tun mir weh!“
„Sie muss weg! Nehmen sie diese verdammte Nase ab!“
Die Hände schützend vor dem Gesicht, versuchte er Kate abzuwehren, doch in seiner Position gelang es ihm nicht.
„Weg damit! Lächerliche Nase!“, kreischte Kate ununterbrochen.
Der Mann schrie wie am Spiess, doch sie liess sich dadurch nicht beirren. Sie verlagerte ihr Gewicht nach hinten, lehnte sich zurück und riss ein letztes Mal mit aller Kraft.
Eins schreckliches Geräusch, als würde man Stoff auseinander reissen, ertönte. Der Mann kreischte vor Schmerz , seine Brust bäumte sich auf, dann sank er zurück und blieb reglos liegen.
Kate hielt die rote Nase. In ihrer blutverschmierten Hand.

 

Hallo Fridolin,

hmmm ... na ja, nette kleine Geschichte, aber, wie ich finde, nicht wirklich lustig. Ich zumindest musste an keiner Stelle lächeln oder gar lachen. Dem Ganzen hängt eher so ein Hauch von Tragik an als von Komik. Zumindest für mich. Was für mich an der Situation an sich liegt: Der Mann liegt auf dem Sofa und klagt sein Leid, weiter passiert aber nichts. Es ist einafch zu wenig Handlung und wenn eine solche Geschichte, im wahrsten Sinne des Wortes, schon auf "psychologischer Ebene", denn sollte meiner Meinung nach auch mehr erzählt werden bzw. dieser Aspekt weiter ausgebaut werden. So ist es für meinen Geschmack zu mager. Sorry.

Was den Textkram angeht: Die Sies (zumindest einige) in wörtlicher Rede werden groß geschrieben. Und nachdem ich festgestellt habe, dass du aus der Schweiz bist, will ich die ss statt ß mal nicht ankreiden :)

Gruß
Lemmi

 

Die Geschichte sollte auch nicht einfach lustig sein. Ich habe damit versucht die Genres Drama und Humor zu vermischen. Humor kommt deshalb kaum vor, wenn dann nur, wenn man die Geschichte als ganzes ansieht, also wegen der Abstraktheit der Geschichte.

Wäre die Geschichte nicht in Humor eingeteilt, also wenn sie nicht die Aufgabe hätte, dich zum lachen zu bringen, fändest du sie dann gut?

 

Hallo Fridolin,

kann mich dem Lemmi da nur anschließen. Lustig ist die Geschichte kein bisschen, tragisch schon.
Das ganze Szenario ist etwas möchtegern-psychologisch aufgebaut, da würde ich noch mal genauer recherchieren.
Außerdem krankt sie etwas an ihrer Voraussehbarkeit.
Die Vietnambechreibung wirkt ziemlich kraftlos

Dort habe ich Dinge gesehen, denen sie nicht einmal in Alpträumen begegnen werden. Das Blut meiner Kameraden, die Bombardierung ganzer Dörfer und sinnlose Mörderei an Kindern.
insbesondere dieses Wort zieht alles ins Lächerliche.

Merke gerade, dass sich mein Kommentar wie ein Verriss liest. Soll nicht so klingen. Die Idee zum Beispiel finde ich ja gelungen, aber da fehlt noch ein bisschen Tiefe. Trau dich die Tragik auszubauen. Oder mach eben Humor draus. Das stelle ich mir bei deiinem Ansatz jedoch wesentlich schwieriger vor.

grüßlichst
weltenclown

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin Fridolin,

Ich habe damit versucht die Genres Drama und Humor zu vermischen. Humor kommt deshalb kaum vor, wenn dann nur, wenn man die Geschichte als ganzes ansieht, also wegen der Abstraktheit der Geschichte.
Für diese Aussage hast du dir soeben das silberne gnoebelverdienstkreuz am Bande verdient - das ist nämlich etwas, was ich auch ständig versuche ;)

Und ich muss sagen, es hat hier zumindest teilweise funktioniert. Lustig ist die Geschichte nicht, da stimme ich meinen Vorrednern zu, aber sie gewinnt viel durch die Absurdität der Szene. Der arme Clown, über den alle lachen, obwohl er eigentlich nur akzeptiert werden will. Das ist von der Situation her traurig, vom Bild her allerdings auch irgendwo komisch. Von daher kommts also hin.

Leider hat dein Text einige Schwachpunkte, die ihn leider nicht in dem Licht stehen lassen, das er verdient hätte.
Zum Einen sind da noch einige Fehler drin (zB schreibst du die Anrede "sie" konsequent klein).
Zum Anderen ist mir der Text zu kurz. Du hast ein wirklich interessantes Szenario geschaffen, aber dein Text streift das Dilemma das Clowns nur recht oberflächlich. Hier könntest du gewinnen, wenn du die Sache ausbauen und nicht nur auf diese eine Szene mit der Psychaterin beschränken würdest. Auch treibst du die Absurdidät an einigen Stellen zu weit und lässt deinen Clown dadurch manchmal lächerlich wirken (zB die Vietnamepisode - ein Clwon im Krieg... ich weiß nicht). Mein Vorschlag: Mach langsamer, entwickel den Charakter sorgfältiger und zeige sein Problem an kleineren Beispielen auf. zB an der Supermarktkasse, im Kino, auf der Straße etc. Wäre dann wohl eine andere Geschichte, aber eine, die es sich vermutlich zu erzählen lohnen würde.

Das Ende ist nett, aber irgendwie nicht mehr wirklich abstrakt/skurril/absurd. Ich würde das mit der Nase vielleicht offen lassen. Vielleicht hat er sich einfach so sehr an den roten Platikknubbel gewöhnt, daß er gar nicht mehr auf die Idee kommt, das Ding auch abnehmen zu können...

So, jetzt hab ich ne Menge geschrieben. Sind alles nur Vorschläge und Ideen, die mi durch den Kopf gegangen sind. Natürlich bleibt es dir überlassen, was du draus machst - aber ich fänds cool, wenn du dich an das Ding nochmal dransetzen würdest.

Sie müssen wissen, mein Problem nahm ständig an Grösse zu.
Hier täte ich "nimmt" schreiben. Der Prozess läuft ja noch. Ausserdem klingts cooler.
Sie war eine ernste Person
An dieser Stelle ein Modebegriff, den ich eigentlich hasse, ihn aber hier dennoch mal anbringe: Show, don't tell. Heisst im Klartext: sage dem Leser nicht, daß sie ernst ist, zeige es ihm. Durch ihre Worte, ihre Gesten.
Der Mann war ihr neuster Kunde.
Kunde? Sagt man nicht eher Patient?
Es ist der Spot.
Spott
Diese Behauptung machte für ihn keinen Sinn
ergab keinen Sinn. Im nächsten Satz entsprechend.

 

Erstmals Danke für eure Posts!

Ich glaube ich werde den Weg der Dramatik mit der Geschichte einschlagen, falls ich wirklich dazu komme, sie noch zu verbessern.
Auch werde ich neue Szenen, wie Gnoebel geschrieben hat, dazu setzen, die Psychiaterszene wird nur eine Art Rahmen sein. Das hatte ich eignetlich vor, doch der Zeitdruck den ich mir aufgelastet habe, brachte mich dazu, die Geschichte nur einer Szene spielen zu lassen.
Das geplante Ende hätte eigentlich ganz anders aussehen sollen.

Das mit der Nase, habe ich nur gemacht, um den Leser vielleicht ins Denken zu versetzen. Ist er wirklich ein Clown, oder sieht er von Natur so aus? Mein Gott, wie philosophisch :D

Verdammt, das mit dem Sie habe ich konsequent geschrieben... ist wohl beim übertragen auf den Computer verloren gegangen.

Also nochmals danke und ich verspreche, falls ich Motivation und Zeit finde, werde ich eure Verbesserungen ausführen.

 

Es existierte schon immer, doch in letzter ist es wie ein gefüllter Luftballon
in letzter was? ;)
Der Mann war ihr neuster Kunde.
Bei Psychiatern redet man, glaube ich, eher von Patienten als von Kunden

Hallo Fridolin,

kennst du zufällig den Sketch von Loriot, in dem er einen Schauspiler darstellt, der nur in Horrorfilmen mitspielt? "Welche Maske? Ich verstehe nicht ..." sei hier mal erwähnt ... Und so sehe ich hier eben auch die Pointe.

Ich halte die Kategorie Humor übrignes nicht für geeignet für diese Geschichte. Sachen wie

und sinnlose Mörderei an Kindern.
oder
und zu normalen Patienten, wie Massenmörder oder Sektenführer zurück kehren.
erscheinen zu albern, zu sehr auf witzig gemacht

Die Grundidee, die du angesprochen hast, Humor und Drama zu verbinden, ist nicht uninteressant. Andererseits ist dieses "lacht nicht über mich ich meins Ernst" nicht so unbedingt neu, gab es schon in mehreren Sitcoms z. B. Gut, dass einn Clown nicht witzig sein will, kannte ich jetzt auch noch nicht ;)

Dann habe ich da noch einen wie ich meine Logikfehler entdeckt: Wenn der Typ im Vietnamkrieg war (der war doch so um 71 rum, wenn ich recht informiert bin, was ich wahrscheinlich aber nicht bin), dürfte er jetzt ja schon etwas älter sein; also wieso geht er erst jetzt zu einer Psychaterin? Dass er schon vergebens bei anderen war nehm ich dir nicht ab, da diese ja auch das mit der Nase hätten bemerken müssen.

Des Weiteren befinden sich in deiner Geschichte mehrere Fehler, deren Verbesserung mir zu blöd ist, da es sich um solche handelt, die du spätestens nach dem zweiten Durchlesen selber bemerken solltest.

Nichts für ungut.

Tserk!

 

HI!
Zuerst mal, was mir sofort auffiel:

hätte ich sie niemals
hätte ich Sie niemals... er redet sie doch direkt an. Den Fehler machst du übrigens öfter

Wie ich diese Geräusch nur hasse!
Verdreht. Besser: Wie ich dieses Geräusch doch hasse!

wie möglich in die Katen legen
Wohin? Vielleicht zu den Akten legen?!

Also lachen musste ich nicht, sry. Die Idee finde ich nicht schlecht, ein Clown, der wirklich einer ist und das im normalen Leben. Aber die Tatsache allein ist nciht witzig, es sollte was passieren, Nebengeschichten, Erfahrungen als Vollzeitclown...
Außerdem ist die KG voraussehbar, da die Überschrift ja bereits sagt, dass es sich wirklich um einen Clown handelt. Du nimmst dir den ganzen Wind aus den Segeln un bringst die Pointe in der Überschrift. Das gehört irgendwie andersrum...
Ich fände es gut, wenn einfach ein Mann bei der Psychaterin ist, über dessen Aussehen sie sich zunehmend wundert. Er erzählt über sein problem und man wundert sich, warum ständig alle lachen.
Und am Ende kommt dann die Pointe. Sicher, der Brüller des jahrtausends wäre das auch nicht, aber amüsant könnte es werden.
Also guter Ansatz, aber eine Überarbeitung würde sich lohnen.

MFG Steeerie

wie Massenmörder oder Sektenführer
wie Massenmördern oder Sektenführern

 

Tut mir leid, wegen der langen Abwesenheit. Das war aus persönlichen Gründen nötig.

Ein verspätetes Danke an alle, ich werde mir eure Tipps zu Herzen nehmen und versuchen die Geschichte positiv zu verbessern.

Gruss Fridolin.

 

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