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Die Tulpen und der Tod

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02.01.2020
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Die Tulpen und der Tod

Als er erwachte, schien das Licht fahl durch die klaren Fenster. Er blieb liegen und sah verträumt zu, wie der weiße Vorhang unter der Heizungsluft sanft wogend tanzte. Diese besondere Tageszeit, zwischen Schlaf und Wachsein, in der man sich vorstellen konnte, dass alles lebendig war, die mochte er am liebsten. Er hörte das Parkett knarzen, das Wasser durch die Heizungsrohre sprudeln. Die Wohnung machte sich bereit für einen neuen Tag. Der Tag, der sein letzter sein würde.

Es war eine sanfte Erkenntnis, die ihm im Schlaf gekommen war. Der Tod, dachte er, sollte erschreckend sein. Doch nun, da er spürte, dass er ihn holen kam, fühlte er eine stille Gleichgültigkeit, vielleicht sogar ein wenig Freude über das bald Kommende. Tief atmete er den Duft der warmen Daunendecke ein und erhob sich schließlich. Wenn dies nun sein letzter Tag war, hatte er Versprechen einzuhalten, Erinnerungen aufzufrischen. Er machte sich den Tee, den seine Frau am liebsten getrunken hatte, und setzte sich an den Sekretär. Seine Tochter lebte weit entfernt in Argentinien. Er erinnerte sich an ihre fröhlich leuchtenden Augen, als sie das letzte Mal zu Besuch kam, und über ihr Leben sprach. Tanzkurse in Buenos Aires, trampen durch Bolivien, Sonnenaufgänge in Havanna. Er seufzte. Manchmal machte er sich Sorgen, aber immer war er stolz auf seine Tochter. Mit vorsichtigen Strichen begann er den Brief. Er legte seine ganze Bewunderung, seine ganze Liebe in diese Zeilen. Immerhin wären dies die letzten Gedanken, die seine Tochter erreichen. Mit großen Buchstaben schrieb er als letztes ihren Namen auf das Kuvert. Legte den Brief, sorgsam gefaltet, hinein und ließ ihn am Sekretär liegen. Er hatte noch ein wenig Zeit bis Michalina kommen würde. Die gute Fee des Hauses. Sie ging für ihn einkaufen und besorgte den Haushalt. Cremte seine Glieder ein, wenn sie schmerzten, und, wofür er sie am meisten liebte, kochte sie ihm, wann immer er es wünschte, ihre fabelhaften Pierogie. Er ließ sich in seinen Lehnstuhl fallen und begann seine Lektüre zu lesen. Das alte Amerika. Er war nie ein Reisender, wie seine Tochter, doch hatte er das Gefühl, jeden Winkel dieser Erde durch seine Bücher kennengelernt zu haben. Wohlig seufzend begann er über die Keramikherstellung der Inkas zu lesen und kicherte leise über die Gefäße in Affenform. So fand ihn nun Michalina, als sie in ihrer üblich stürmischen Art die Wohnung betrat. Sie schimpfte ein wenig, da er selten lüftete, und riss ein Fenster auf. Erklärte ihm, was für ein herrlicher Tag heute war, und er solle doch den Vögeln ein wenig lauschen. Mit leisen Lächeln beobachtete er die junge Frau, die weiter auf ihn einredete, währen sie die Einkäufe in der Küche verstaute.
„Ich möchte einen Spaziergang machen. In meinen Bezirk. Den, in dem ich aufgewachsen bin. Wollen Sie mich begleiten, Michalina? Wo doch heute so ein schöner Tag ist“, fragte er schmunzelnd.
„Wo Sie immer nur den Kopf haben. Spazieren gehen! Ich habe hier noch so viel zu tun!“, erwiderte sie aus der Küche. Doch als er sich mühte, die Schuhe über seine Füße zu ziehen, war sie gleich da. Zog sich ebenfalls an, hakte sich bei ihm unter und so verließen sie die Wohnung.

Langsam gingen sie die Straße entlang. Lange war er nicht mehr hier gewesen. Kaum ein Geschäft, ein Lokal, das er wiedererkannte. Immer wieder zeigte er auf ein Gebäude. Erzählte, dass damals ein Eissalon an dieser Stelle war oder ein Greißler oder die Wohnung eines Freundes. Michalina hörte ihm zu und lächelte. Als sie bei einem kleinen Park vorbei kamen, in dessen Mitte eine Kirche stand, bog der alte Mann ein.
„Hier haben wir geheiratet. Elena und ich. Sie war die bezauberndste Frau die mir je unterkam, ich konnte mein Glück kaum fassen, als sie einwilligte mich zu heiraten“, sagte er lächelnd. „Sehen Sie den Baum hier? Unsere Initialien sind kaum mehr lesbar ...“. Er zog ein Klappmesser aus seiner Tasche und fing ächzend an die harte Borke aufzuritzen. Michalina tanzte nervös von einem Fuß auf den anderen.
„Ich denke nicht, dass das erlaubt ist. Oh, beeilen Sie sich wenigstens!“, zischte sie ihm zu. Als die Buchstaben wieder deutlich sichtbar waren, seufzte er zufrieden und ließ sich auf die Knie nieder.
„Was? Was tun Sie denn da? Stehen Sie auf!“, sie versuchte ihm am Schlafittchen zu sich hinauf zu ziehen.
„Nur noch eine Sache, Michalina. Dann verspreche ich Ihnen, dass wir gehen“, brummte der Mann. Kraftvoll stieß er das Messer in die Erde, um ein Loch auszuheben. Immer wieder versuchte er es, doch die Erde war kalt und hart und seine Versuche blieben beinahe erfolglos.
„Versuchen Sie es doch im Frühjahr wieder, da ist die Erde weicher“, sagte Michaline tröstend.
„Sie verstehen nicht. Ich muss das heute tun. Es muss sein!“, rief er aus. Wieder ließ er das Messer in die harte Erde fahren. Michaline stampfte energisch mit dem Fuß auf.
„Gehen Sie zur Seite! Ich helfe Ihnen!“ Im Nu hatte die junge Frau ein beachtliches Loch zustande gebracht. „Reicht das?“, fragte sie ein wenig verärgert. Der alte Mann nickte und lächelte. Bevor er sich wieder auf die Knie ließ, umarmte er die junge Frau fest. Mit leicht geröteten Wangen sah sie ihm nun neugierig zu. Mit ungeschickten Fingern fischte er eine Sammelkarte aus seiner Brusttasche. Die Karte war vergilbt und hatte Eselsohren. Auf der Vorderseite konnte man einen Fußballspieler erkennen. Vorsichtig legte der Mann die Karte in die Mitte des Lochs und schaufelte es dann sorgfältig zu. Als er wieder stand betrachtete er den Baum eine Weile im Stillen.
„Diese Sammelkarte war das erste Geschenk, das ich jemals von Elena bekommen habe“, setzte er mit ruhiger Stimme an. „Als sie erfuhr, dass sie sterben wird, hat sie mein erstes Geschenk auch unter diesen Baum begraben. Ich musste ihr versprechen, es ihr gleich zu tun, sobald meine Zeit gekommen ist. Dieser Baum wird noch lange unser Zeichen tragen, auch wenn wir nicht mehr hier sind. Und die Zeugen unserer jungen Liebe sollen ebenfalls hier bleiben“, er schmunzelte. „Sie war eine Romantikerin, wissen Sie.“ Mit langsamen Schritten ließ er den Baum hinter sich.
„Wieso heute? Fühlen Sie sich nicht gut?“, Michalina hakte sich wieder bei ihm unter.
„Mir geht es hervorragend, Michalina. Kommen Sie. Gehen wir dort entlang.“

Nach einiger Zeit kamen sie zu einem klobigen Neubau. Früher war hier die Bäckerei gewesen, zu der seine Mutter ihn immer geschickt hatte. Seine Freundin Maritta lebte direkt über dieser Bäckerei. Die Wohnung duftete immer nach frischen Semmeln und Brot. Weder die Bäckerin, noch seine Freundin, hatten die Bombe überlebt. Ihm traten Tränen in die Augen.
„Dziadek! Opa! Was haben Sie denn?“, fragte Michalina bestürzt und umfasste seine Hand zärtlich.
„Wissen Sie ... wenn man alt wird, holt einen die Vergangenheit manchmal ein. Lang Vergessenes, drängt sich einem auf“, sagte er mit traurigem Lächeln. „Die Toten wollen, dass man ihnen die Ehre erweist ... Gehen wir weiter.“ Mit besorgtem Gesicht ließ sich die junge Frau weiterziehen. Doch nun ließ ihn der Krieg nicht mehr los. An jeder Ecke sah er Gebäude in Trümmern liegen. Sah Menschen, die ihr weniges Hab und Gut aus den eingestürzten Häusern retteten. Auf einem Platz, in dessen Mitte ein leeres Blumenbeet angelegt war, stockte er erneut. Wieder traten ihm Tränen in die Augen.
„Ehren Sie wieder jemanden?“, fragte Michalina vorsichtig.
„Es sieht aus wie ein Grab“, gab er leise von sich.
„Es ist nur ein Blumenbeet. Sehen Sie? Die Gärtner setzten Zwiebeln ein“, antwortete sie und streichelte ihm über den Arm. Als der alte Mann keine Regung zeigte und stumm auf das Beet blickte, wandte sie sich an die Gärtner. „Entschuldigung! Was setzten Sie denn?“ Eine beleibte Frau in grünem Overall blickte sich zu ihnen um.
„Tulpen! 250 Stück auf diese Fläche. Im Frühjahr werden Sie staunen! Es ist eine ganz besonders schöne Sorte, die früh im Jahr zu blühen beginnt“, antwortete sie mit Stolz in der Stimme.
„Sehen Sie? Jetzt ist es noch ein leeres Beet, aber im Frühjahr können wir ja wieder kommen und uns die Tulpen ansehen, was meinen Sie?“, redete Michalina dem Mann gut zu.
„Wissen Sie, was man mit den Toten machte? Nach einem Bombenanschlag?“, fragte er mit leiser Stimme. Michalina schüttelte sanft den Kopf. „Man sammelte sie ein … legte sie alle zusammen. Einfach da, wo gerade Platz war“, er verstummte. Auf diesem Platz, lagen damals Maritta und die Bäckerin. Lagen Arme und Beine, Frauen, Männer und Kinder übereinander. Das Blumenbeet war mit frischer, dunkler Erde angefüllt. Von Regen und Wind noch nicht flach gedrückt, wölbte sie sich leicht. Er fühlte ein sanftes Ziehen an seinem Arm.
„Kommen Sie jetzt. Gehen wir nach Hause. Ich mache Ihnen Pierogi und einen Tee. Das vertreibt Ihnen die düsteren Gedanken.“

Abends lag er im Bett. Michalina hatte sich erweichen lassen und ihm ein wenig Rum in den Tee gegossen. Nun fühlte er sich warm und geborgen, von seiner Decke umschmeichelt. Seine letzten Gedanken kreisten um Elena, Maritta und um die Bäckerin, um die Hoffnung, sie jetzt bald wieder zu sehen. Als er die Augen schloss, sah er knospige Tulpenköpfe, die sich aus der saftigen Erde streckten. Tief atmete er ein. Sie erblühten, eine nach der anderen, in kräftigen Rot- und Gelbtönen. Ruhig atmete er aus. Langsam vertrockneten die Blüten und Blätter, wurden braun. Er atmete ein. Und im Einklang mit den Blumen, die sich zum Sterben auf die Erde legten, atmete er ein letztes Mal aus.

 

Hallo @de.julis,

du hast einen schönen Schreibstil, es lässt sich alles sehr flüssig lesen und der ruhige, sentimentale Erzählton passt gut zur Handlung. Die Handlung sehe ich hier als den Schwachpunkt der Geschichte, es passiert nicht viel, das alles ist eher Momentaufnahme, als komplette Geschichte, finde ich zumindest. Und den zentralen Punkt um den vermeintlichen Tod des alten Mannes habe ich nicht verstanden:

Der Tag, der sein letzter sein würde.
Es war eine sanfte Erkenntnis, die ihm im Schlaf gekommen war.
Zuerst dachte ich hier an eine Selbstmordabsicht, die wurde aber vom Inhalt widerlegt. Dann an eine Art Vorahnung, dass er sterben wird? Ist das metaphysisch gemeint? Das bleibt mir hier zu schwammig, auch:
Als er die Augen schloss, sah er knospige Tulpenköpfe, die sich aus der saftigen Erde streckten. In kräftigen rot und gelb Tönen erblühten, langsam vertrockneten und sich sterbend auf die Erde legten.
Ich weiß nicht wirklich, was mir das sagen soll. Ein schönes Bild über Vergänglichkeit, aber inhaltlich konfus. Stirbt er jetzt im Schlaf? Den möglichen "Tod" finde ich spätestens hier leider für die Geschichte irrelevant und uninteressant, zumal auch seine Motivation, sich nach dem Tod zu sehnen (das ist nur eine Vermutung, in der Geschichte ist für mich nichts davon erkennbar), auch nur angedeutet wird.

Der nostalgisch-traurige Spaziergang ist wirklich gut gelungen, aber insgesamt muss hier mehr Geschichte in die Geschichte, auch damit die Aussage konkreter wird, denn momentan erkenne ich keine.

Kleinkram:

Er blieb liegen und sah verträumt zu, wie der weiße Vorhang(,) unter der Heizungsluft(,) sanft wogend tanzte.
So fand ihn nun Michalina, als sie in ihrer(,) üblich stürmischen Art(,) die Wohnung betrat.
Die Kommas hier können weg.

„Wissen Sie[ ]...[ ]wenn man alt wird, holt einen die Vergangenheit manchmal ein. Lang vergessenes, drängt sich einem auf.“, sagte er mit traurigem Lächeln. „Die Toten wollen, dass man ihnen die Ehre erweist[ ]...[ ]Kommen Sie. Gehen wir weiter.“
Die Gärtner setzten Zwiebeln ein(.)“, antwortete sie
Es ist eine ganz besonders schöne Sorte, die früh im Jahr zum blühen beginnt(.)“, antwortete sie mit Stolz in der Stimme.
„Man sammelte sie ein[ ]...[ ]legte sie alle zusammen. Einfach da, wo gerade Platz war(.)“, er verstummte.
Leerzeichen vor und hinter Auslassungspunkte, und die Punkte in wörtlicher Rede weglassen, wenn ein Redebegleitsatz folgt.

Viele Grüße,
Catington

 

Hallo @Catington!

Danke für dein Feedback! Hab vorerst mal die Kleinigkeiten verbessert.
Inhaltlich muss ich da wohl noch mal drüber, damit es klarer wird.

Deine Vermutungen waren aber schon richtig! Sein baldiger Tod war für ihn etwas wie eine Vorahnung. Und die Tulpen am Ende sollen andeuten, dass er im Schlaf gestorben ist.
Aber ich sehe schon, dass da zu wenig Inhalt ist. :hmm: Mal sehen wie ich daraus eine "echte" Geschichte mache... Danke auf jeden Fall!

Liebe Grüße!

 

Hallo @Catington!

Das wäre jetzt die überarbeitete Version. Darf ich dich bitten? Wäre interessant für mich, ob es für dich jetzt stimmiger ist und nun ausreichend Geschichte vorhanden :) Und natürlich auch ob es klarer geworden ist.

Liebe Grüße!

 

Hej @de.julis , ich falle mal, wie der zauberhafte Charakter Michalina, mit der Tür ins Haus, weil mir der letzte Satz nicht gefällt, weil der mir weismachen will, dass man seinen Todeszeitpunkt bestimmen kann. Dagegen wehre ich mich ... vehement! ;) Umso besser gefällt mir der Titel.

Aber all das, was zuvor geschieht, ist schön zu lesen. Die Idee, das erste Geschenk zu vergraben, die Liebe zu den Menschen, die seinen Lebensweg begleiteten, ist in jeder Zeile zu spüren. Es ist grausam, wenn das Leben zu Ende geht und dunkle Erinnerungen einen übermannen, wenn das, was kommen wird, nicht mehr für einen selbst gemacht ist, wenn man seine Liebsten nie wieder umarmen kann. Du hast wenig Wehmut, dafür viel Akzeptanz in deinen alten Mann gelegt, fast habe ich den Eindruck, seine Lebenszeit wäre seit dem Tod seiner Frau stillgelegt worden und er hätte lediglich auf ihre Zusammenkunft ... werweißwo ... gewartet. Schön, wenn man glauben kann.

Du hast ein paar Nominalisierungen versäumt großzuschreiben.

vielleicht sogar ein wenig Freude über das bald kommende.

das Kommende

Als er wieder stand betrachtete er den Baum eine Weile im stillen.

im Stillen

Lang vergessenes,

lang Vergessenes

Es ist eine ganz besonders schöne Sorte, die früh im Jahr zum blühen beginnt“

hier würde ich lieber zu blühen lesen

in kräftigen rot und gelb Tönen.

Rot- und Gelbtönen

die sich zum sterben auf die Erde legten, atmete er ein letztes Mal aus.

zum Sterben

Es sind noch verschiedene andere Flüchtigkeiten darin, aber leider fehlt mir die Zeit dafür sie Dir zu zeigen.
Aber ich lasse dir meinen Leseeindruck da und wünschte, mehr Menschen (oder alle?) würden so gelassen von dieser Welt gehen können.

Lieber Gruß, Kanji

 

Hallo @Kanji

Danke für dein Kommentar!
Die Fehler werde ich so schnell ich kann verbessern!

Im Originaltext war sein Tod nur angedeutet, mit dem aufblühen und sterben der Tulpen. Ich habe ein Kommentar bekommen, dass es zu schwammig ist und man nicht wirklich weiß, was passiert ist. Dadurch habe ich versucht es ein bisschen fest zu nageln. Vl wars zu viel des guten ?

 

Hallo @de.julis,

Wäre interessant für mich, ob es für dich jetzt stimmiger ist und nun ausreichend Geschichte vorhanden :) Und natürlich auch ob es klarer geworden ist.
Ich finde die Geschichte durch deine Überarbeitung jetzt in der Tat viel stimmiger. Der ergänzte Mittelteil um die Beziehung zu seiner Frau gibt dem Prot mehr glaubhafte Motivation, seinen baldigen Tod hinzunehmen, sogar herbeizusehnen, und ist jetzt für mich der zentrale Kontext der Geschichte, der mir vorher gefehlt hatte.
Auch beim nun eindeutigen Ende finde ich gut, dass es den Rahmen, den du anfangs aufmachst, wieder befriedigend schließt. Das wirkt zumindest für mich jetzt alles runder.

Eine Kleinigkeit:

Heute sind Sie in düsterer Stimmung. Es ist nur ein Blumenbeet. Sehen Sie? Die Gärtner setzten Zwiebeln ein“
Durch die neue Szene wirkt er gut gelaunt und zufrieden, auch wenn dort natürlich auch Wehmut und Melancholie mitschwingt. Erst gegen Ende hin kippt die Stimmung etwas, da passt die Aussage nicht mehr, dass er schon den ganzen Tag in düsterer Stimmung sei:
„Mir geht es hervorragend, Michalina. Kommen Sie. Gehen wir dort entlang.“

Viele Grüße,
Catington

 

Hey @de.julis

Von mir nur ein kleiner handwerklicher Hinweis.

verträumt / sanft / sanft / sanfte / sanfte / seufzte / vorsichtigen / sorgsam / seufzend / leise / sanften / lächelte / lächelnd / seufzte / tröstend / lächelte / Vorsichtig / sorgfältig / ruhiger /
schmunzelte / zärtlich / traurigem / besorgtem / vorsichtig / leise / leiser / sanft / sanftes

Ich habe - in einem schnellen Durchgang - ein paar Adjektive und Adverbien und einige wenige Verben aufgelistet. Mein Punkt lässt sich vielleicht am besten anhand des siebenfachen Auftretens von "sanft" verdeutlichen: Es gibt ja diese Versuchung, die Art und Weise, wie der Text wirken soll, in Adjektive zu verpacken und den Gegenständen in der Geschichte zuzuschreiben. Die Wohnung ist schmutzig, das Wetter kalt, der Stein glatt, der Wellengang sanft etc. Das ist ein durchaus brauchbares und effizientes Verfahren. Ich denke aber, dass das dosiert geschehen muss, damit es nicht auffällt und sich abnutzt. In deinem Text ist das meinem Empfinden nach sehr deutlich drüber. Als Leser habe ich den Eindruck, der Text sage mir ständig, in welcher Stimmung ich ihn lesen soll und so empfinde ich ihn in dieser Hinsicht als penetrant und durch die Auswahl der Adjektive nahe am Kitsch.
Es gibt unterschiedliche Positionen zum Gebrauch von Adjektiven, einige mögen es saftig, andere eher zurückhaltend. Beides ist möglich, aber wenn man den saftigen Stil pflegt, müssen die Adjektive m.E. variieren, leuchten, überraschen. Bei einer leisen, sorgsamen, sanften Geschichte wie dieser hier fände ich hingegen etwas Zurückhaltung angebracht.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

„Es sieht aus wie ein Grab“, gab er leise von sich.
„Heute sind Sie in düsterer Stimmung. Es ist nur ein Blumenbeet.

Hallo de.julis,

Du scheinst trotz des polnischen

Dziadek! Opa!
einen Hang zu den Niederlanden zu haben, selbst wenn wir uns das erste Mal im übertragenen Sinn in Südfrankreich trafen mit Vincent van Gogh und den Sonnenblumen! Und nun dem „Tulipan“, der sogar im 17. Jh. in den Niederlanden zum Spekulationsobjekt wurde (ich weiß nicht, ob Du „Adrian den Tulpendieb“ kennst, ein Roman – der auch verfilmt wurde mit dem genialen Heinz Reincke in der Titelrolle) und Du verknüpfst darin die natürlichste Form des Lebenszyklus mit dem widernatürlichsten, der Ruinenlandschaft des Krieges, wobei mir im Eingangszitat schon ein bedenkliches, in seiner Bedeutung abwertendes Wort auffällt in einer ansonsten einfühlsamen Erzählung. Ich meine den Satz

Es ist nur ein Blumenbeet.
wobei die alten Formen des „nur“ als „niwāri“* (ahd., bis ins 11. Jh.) und „newære“ (mhd.) der "wahren" Bedeutung näher kommen und wenn man das mhd. ausspricht, wie es da steht, klingt es unseren heutigen Ohren, was es damals bedeutet „(wenn) nicht wäre“ sofort in den Text führt – denn warum wählstu zumeist Konj. II „würde“, wo das einfache Futur angebracht ist – am extremsten hier
„Als sie erfuhr, dass sie sterben würde, hat sie mein erstes Geschenk ...
das – wie es halt dort steht - vorgaukelt, es gäbe ein Leben ohne Tod. Zudem hat der Konjunktiv nix mit der Zeitenfolge zu tun und der Konjunktiv II zeigt Möglichkeiten auf zwischen möglich und unmöglich, wirklich und falsch, Wahrheit und Lüge und ist so was wie die Wahrscheinlichkeitsrechnung in der Mathematik („erzählen“ kommt übrigens von der „Zahl“ her).
Also besser „„Als sie erfuhr, dass sie sterben wird, hat sie …

Aber was mich wirklich erschreckt – ich bin ja nun nicht der erste Kommentator – wie hoch die Fehlerquote noch ist, dass ich fürchte, Du bist nicht einen Zentimeter seit der ersten Begegnung weitgekommen – was natürlich schade ist.

Doch nun, da er spürte, dass er ihn holen kam, fühlte er eine sanfte Gleichgültigkeit, vielleicht sogar ein wenig Freude über das bald kommende.
(hatte @Kanji schon angezeigt) „das bald Kommende“ besser groß, substantiviert, es sei denn, es soll ein Attribut/Adjektiv (die Partizipien haben die Tendenz dahin) sein. Aber zu welchem Substantiv?

Er machte sich den Tee, den seine Frau am liebsten getrunken hatteKOMMA und setzte sich zum Sekretär.
a) Komma, weil der Relativsatz „den seine Frau …“ zu Ende ist und die Konjunktion
b) „und“ den Hauptsatz „Er machte sich …“ fortsetzt.
c) das „zum“ gaukelt einen leibhaftigen „Sekretär“ vor, tatsächlich wird er „an“ einen Sekretär/Schreibtisch sich setzen in diesem zwei-Personen-Stück, was ja auch weiter unten bestätigt wird.

Seine Tochter lebte, weit entfernt, in Argentinien.
Warum das kommatisierte „weit entfernt“?, das zudem noch überflüssig ist, es sei denn, die Geschichte spielt in Chile oder Urugay ... und auch da sind weite Entfernungen möglich.

Immerhin wären dies die letzten Gedanken, die seine Tochter erreichen würden.
Siehe oben zum Konjunktiv – oder fürchtet er, dass die Post in Argentinien nicht ankäme? Man hört ja so einiges über den Südländer ...

Mit weit ausschweifenden Buchstaben schrieb er als letztes ihren Namen auf das Kuvert.
Was sind „ausschweifende“ Buchstaben? Man kann ausschweifende Reden und ein ausschweifendes Leben halten/führen oder eine Gruppe von Lebewesen kann (in alle oder einige Himmelsrichtungen) ausschweifen – aber Buchstaben?
Du meinst Kalligrafie wie etwa die mittelalterliche, handschriftliche Textura quadrata.

Dann kommt ein SuperGaU der schreibenden Zunft, die Verwechselung von „lassen“ und „lesen“, Prät. „ließ“ und Imperativ „lies“

Legte den Brief, sorgsam gefaltet, hinein und lie[ß] ihn am Sekretär liegen.

Er war nie ein Reisender gewesen, wie seine Tochter, doch hatte er das GefühlKOMMA jeden Winkel dieser Erde durch seine Bücher kennen gelernt zu haben.
„kennenlernen“ ein Wort, das „gewesen“ ist nicht falsch, kann aber in dem Fall weggelassen werden, weil die „letzte Reise“ ja eher der bildlichen Sprache zu verdanken ist

Erklärte ihmKOMMA was für ein herrlicher Tag heute warKOMMA und er solle doch den Vögeln ein wenig lauschen.
Das selbst Relativsätze nicht erkannt werden, erschreckt mich ein bisschen … denn alsogleich folgt der nächste
Kaum ein Geschäft, ein LokalKOMMA das er wiedererkannte.

Erzählte, dass damals ein Eissalon an dieser Stelle war, oder ein Greißler, oder die Wohnung eines Freundes.
Nun, hier resignier ich nun, hieß es doch zu van Goghs Zeiten,
Du schriebst am 23.01.2020 unter Sonnenblumen
Danke, dass du Dir so viel Mühe gemacht hast! Ich gestehe, Beistriche sind meine Achillesferse!
Ich habe die Fehlenden eingesetzt, mir die Kommaregeln durchgelesen, versucht die Restlichen zu finden. Und bin sicher, dass ich immer noch keinen fehlerfreien Text habe.
Werde mich dran machen und lernen.
denn das eine Konjunktion wie „oder“ in Aufzählungen das Komma ersetzt, sollte hängengeblieben sein.
Und werden nicht die Regeln zum Realtivsatz in den ersten Jahren des i-Pützken schon gelehrt?

Nun, wie dem auch sei, mühsam nährt sich das Erdwürmchen, behauptet mal der

Friedel

 

@Catington Wunderbar. Danke dir!

Hallo @Peeperkorn!
Ach ja...ich habe den Hang dazu es ein wenig zu übertreiben. Bin den Text noch einmal durchgegangen und habe abgeändert und raus genommen was ging ;) Danke für dein Kommentar!

Hallo @Friedrichard
Bin dein Kommentar durchgegangen und habe die Fehler behoben!

Michalina antwortet "Es ist nur ein Blumenbeet." , weil der alte Mann ein Grab darin sieht. Sie will ihn beschwichtigen, dadurch taucht hier das abwertende 'nur' auf. Sehe ich persönlich nicht so problematisch ;)

Den Supergau der schreibenden Zunft (:lol:) , würde ich als Flüchtigkeitsfehler bezeichnen. Natürlich kenne ich den Unterschied zwischen lassen und lesen, und ließ und lies.

Es scheint dich zu bekümmern, dass mein Fortschritt nicht in dem Tempo voran schreitet, dass du dir erhoffst. Aber ich gestehe, dass mein Augenmerkt vor allem auf den Fortschritt in Erzählweise, Inhalt, Melodie und Rhythmus des Textes etc. liegt. Da du dich wieder dazu entschlossen hast, einen meiner Texte zu verbessern, gehe ich davon aus, dass dir die Geschichten grundsätzlich gefallen. Und das freut mich bei einem strengen Kommentator, wie du einer bist, besonders ;)
Ich hoffe natürlich trotzdem, dass ich bis zu unserem nächsten Treffen die gröbsten Fehler endlich in den Griff bekommen habe! Danke für deine Verbesserungen!

Liebe Grüße!

 

Nix, zu danken,

liebe de.julis -

aber gibt es niemand, der Dir Manuskripte gegenliest?
Manchmal hat man ja den Effekt, dass man ein Manuskript, das man einstweilen zur Seite gelegt hat, anschließend buchstäblich mit "anderen" Augen lesen kann ... Wobei "einstweilen" - natürlich - auch abhängig ist von der eigenen Geduld.

Hinzukommt, dass bei mir der (gewesene) Ausbildungsleiter durchkommt - Fehler machen wir alle, aber wenn sie sich wiederholen landet heute die Bewerbung in der großen Ablage, zu meiner Zeit wurde sie zumindest mit bedauerndem Dank zurückgeschickt. Sind ja an sich auch nicht billig.

Also, nix für ungut

Friedel

 

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