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Die verlorene Batterie

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28.12.2020
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Die verlorene Batterie

"Nein! Nein, nein und nochmals nein!"

Fassungslos starre ich auf meine leere Hand, in der sich noch vor wenigen Augenblicken eine hübsche kleine, knopfförmige, silberne Batterie befand. Ich, eine Frau mittleren Alters, die seit ihrem 18. Lebensjahr Hörgeräte trägt, eine Veteranin im Wechseln von Hörgerätebatterien, habe meine neue Batterie auf den Boden einer belebten Straßenbahn fallen lassen. Sie denken jetzt vielleicht: "Dann besorg dir doch eine andere." Ja, da hätten Sie recht, wenn dies nicht die letzte Batterie in meiner Handtasche gewesen und ich nicht in einer Schule zu einer Gaststunde erwartet worden wäre.

Als Moderatorin einer Organisation von und für Menschen mit Behinderung, gebe ich im Rahmen eines Sensibilisierungs-Projekts regelmäßig Workshops für Menschen, die im Dienstleistungssektor arbeiten. Auch halte ich Gaststunden an Schulen. Ich spreche über meine Hörbeeinträchtigung, beantworte Fragen und versuche, die Berührungsängste und Vorurteile gegenüber hörbeeinträchtigten Menschen abzubauen.

Leider habe ich heute Morgen, bevor ich losgegangen bin, vergessen zu überprüfen, wie viele Batterien ich noch dabeihabe, mit dem Ergebnis, dass ich nun an einem Ohr batterielos durch den Tag kommen muss. Nach Hause zurückkehren, um neue Batterien zu holen, ist keine Option, denn ich bin jetzt schon fast an meinem Ziel. Da ich hier fremd bin und keinen Akustiker in der Nähe weiß, kommt auch der Kauf von Batterien nicht in Frage. Ich fühle mich dumm und machtlos, schaue wieder auf den Straßenbahnboden, als würde die Batterie plötzlich wieder auftauchen und grinsend "Hallo, war nur ein Scherz, ich bin wieder da!" rufen. Natürlich nicht, sie ist klein und rund, rollt in alle Richtungen oder versteckt sich. Meine Batterie ist und bleibt weg.

Mein Körper ist in Aufruhr, mein Blutdruck ist im Moment bestimmt zu hoch und diesmal nicht wegen der Wechseljahre! Ich kann nicht mehr ruhig denken, Fragen schwirren mir durch den Kopf. Warum muss mir das jetzt passieren? Was soll ich nun tun? Wie kann ich jetzt noch meine Gaststunde durchführen? Werde ich vor der Klasse nicht wie ein Idiot dastehen? Unkonzentriert blicke ich auf den Bildschirm mit den Haltestellen vorne in der Straßenbahn. An der nächsten Haltestelle muss ich aussteigen, sehe ich noch rechtzeitig. Ein letztes Mal schaue ich noch auf den Boden. Nein, keine Batterie.

Als ich das Klassenzimmer der Klasse betrete, in der ich meine Gaststunde halten werde, sehe ich, dass Kees bereits damit beschäftigt ist, einen Beamer auf ein Stativ zu stellen.
"Guten Morgen", begrüße ich ihn, ein wenig bedrückt und nicht so fröhlich wie sonst.
"Hey, guten Morgen!" Er dreht sich zu mir um. "Was ist los mit dir? Nervös?"
Natürlich verstehe ich ihn mit einem Ohr nicht, lese aber die Frage in seinen freundlichen Augen. Kees ist der Koordinator des Sensibilisierungs-Projekts und ist immer bei Workshops oder Gaststunden seiner Moderatoren dabei. Er kümmert sich gut um uns, unterstützt uns, wo er kann und gibt immer gutes Feedback. Ich mag ihn sehr.

"Ich habe gerade meine letzte, funktionierende Batterie in der Straßenbahn verloren, als ich sie gegen eine leere Batterie tauschen wollte. Jetzt habe ich keine Batterien mehr und höre fast nichts mehr auf dem rechten Ohr", informiere ich ihn. "Wie soll ich jetzt meine Gaststunde durchführen? Das geht so nicht!"
Kees muss die Verzweiflung in meiner Stimme hören, denn er sieht mich beruhigend an. Ich lese sogar einen Schimmer von Humor in seinen Augen.
"Ist das nicht genau das, was Studenten von jemandem mit einer Hörbehinderung erwarten? Dass diese Person sie nicht oder nur schwer versteht? Mein Rat? Halte einfach deinen Vortrag wie geplant. Ich werde dich bei den Fragen unterstützen."

Im Moment habe ich definitiv eine Beeinträchtigung! Ohne Batterie kann ich mit dem rechten Ohr kaum was verstehen! Da ich das Glück habe, mit meinem Restgehör und beiden Hörgeräten noch einigermaßen gut zu funktionieren, bin ich das tagsüber nicht gewohnt. Und das Schlimmste ist, dass ich meine Zusatzgeräte, ein Mikrofon und einen Empfänger, nicht benutzen kann, weil sie über Bluetooth mit den funktionierenden Hörgeräten verbunden sind. Ich fühle mich hilflos, furchtbar unsicher und möchte am liebsten weglaufen.

Doch dann kommen die ersten Schüler und gibt es keinen Weg zurück. Als die Lehrerin der Klasse auf mich zukommt, um mich zu begrüßen, erkläre ich ihr kurz meine Situation. Sie zeigt Verständnis. "Wie kann ich helfen?", fragt sie.
"Könnten Sie vielleicht während der Fragerunden alle Fragen für mich an die Wandtafel schreiben?"
Meine Kreativität kommt zum Glück wieder ein wenig in Schwung.

Etwas beruhigt beginne ich meinen Vortrag. Zuerst gebärde ich einen Satz ohne Stimme und die Schüler dürfen raten, welchen Satz ich gerade gebärdet habe. Dann stelle ich mich vor und erzähle von meinen vielen Mittelohrentzündungen, die zu meiner ersten Schwerhörigkeit führten, dann vom Weg zu meinem ersten Hörgerät, meiner plötzlichen weiteren Verschlechterung des Gehörs, die dazu führte, dass ich von mittelschwer bis hochgradig schwerhörig eingestuft wurde, und von meinen Erfahrungen danach.
Bei der ersten Fragerunde signalisiert Kees der Lehrerin, dass sie sitzen bleiben kann, und er es ist, der die Fragen für mich aufschreibt. Zum Glück funktioniert das gut! Die Klasse ist interessiert und ich habe viele Fragen zu beantworten. Die Lehrerin sorgt dafür, dass die Fragen nacheinander gestellt werden. Langsam spüre ich, wie mein Selbstvertrauen zurückkehrt.

Als ich mit meinem Theorie angefangen habe, merke ich plötzlich, dass etwas meinen Kopf berührt. Ein Stück Papier fällt mir zu Füßen. Ich schaue mich in der Klasse um und beobachte hier und da Gekicher. Die Lehrerin schreibt etwas auf einen Notizblock auf dem Tisch vor ihr und bemerkt nichts. Ich traue mich nicht, Kees anzuschauen, aus Angst, meine Konzentration komplett zu verlieren. Ich beschließe, das Stück Papier zu ignorieren und fortzufahren. Als ich merke, dass erneut etwas meinen Kopf berührt, höre ich mitten in meinem Satz auf.
"Es gibt noch andere Wege, meine Aufmerksamkeit zu bekommen", scherze ich, aber der Schweiß läuft mir über den Rücken hinunter und meine Hände sind nass. Die Lehrerin schaut von ihren Notizen auf. Ich nehme einen der beiden Papierknäuel in die Hand und zeige ihn ihr und der Klasse.

"Wer war das?" Verärgert schaut die Lehrerin ihre Schüler an. "Joop, du?" Joop leugnet in allen Tönen. Sein Blick schweift zu einem Mädchen mit langen dunklen Haaren und einem schmalen rosafarbenen Gesicht.
"Janneke?" Schuldbewusst senkt Janneke ihren Augen. Sie sagt nichts. "Warst du das?", fragt die Lehrerin Janneke jetzt eindringlicher. Jannekes Wangen werden rot.
"Ich möchte, dass du dich sofort entschuldigst und dann zum Rektor gehst. In der Pause werde ich ihn fragen, ob du bei ihm warst." Eisig schaut die Lehrerin Janneke an. Janneke steht langsam auf und geht zur Tür. Ich höre nicht, ob sie sich entschuldigt, aber sie verlässt das Klassenzimmer mit gesenktem Kopf. Jeder kann jetzt eine Stecknadel fallen hören. Dann sagt die Lehrerin laut und deutlich und schaut mich an, so dass ich von ihren Lippen ablesen kann: "Ich schäme mich für euch!"
Ich nicke ihr beruhigend zu und deute an, dass ich mit meinem Vortrag fortfahren möchte. Die restliche Zeit bleibt es ruhig.

In der letzten Fragerunde wird zögernd die "Frage aller Fragen" gestellt: "Ziehen Sie ihre Hörgeräte beim Sex aus oder nicht?" Ha, Teenager! In dieser Altersgruppe, den 11- bis 12-Jährigen, gibt es meist einen unter ihnen, der sich traut, diese Frage zu stellen. Die Lehrerin ist schockierter als ich. Diese Frage stört mich gar nicht und ich grinse.
"Was würdest du tun, wenn es in deinem Ohr so richtig quietscht?", gebe ich die Frage an die Schüler zurück. Ich sehe, wie die Schüler einen Moment lang aufgeregt miteinander diskutieren, dann ergreift der Fragesteller wieder das Wort.
"Ich würde sie ausziehen!" Richtig. Eine weitere Antwort erübrigt sich, und ich zwinkere dem Fragesteller, einem gutaussehenden Jungen mit dunklem, gewelltem Haar, Jeans und einem dunkelblauen Pullover, fröhlich zu.

Erleichtert sammle ich meine Sachen ein. Die Lehrerin bedankt sich bei mir, entschuldigt sich noch einmal für den Zwischenfall und teilt mir mit, dass sie die Gaststunde mit den Schülern auswerten und Janneke für ihr Verhalten noch einmal zur Rechenschaft ziehen wird.
"Ich habe keine Ahnung, was mit ihr los ist, gestern hatte sie in der Klasse einen Streit mit ihrer besten Freundin. Da muss etwas nicht stimmen, denn normalerweise ist sie eine nette, ruhige und freundliche Schülerin. So kenne ich sie gar nicht", seufzt sie. Sie hat bestimmt keinen einfachen Job.
"Es lag bestimmt nicht an Ihnen oder Ihrer Geschichte, ich kenne meine Pappenheimer und die waren wirklich fasziniert und interessiert."
Nun kenne ich ihre Schüler nicht, aber ich hatte den Eindruck, dass sie mir, abgesehen von dem Zwischenfall, aktiv und interessiert zugehört haben. Und die vielen Fragen zeigten durchaus Interesse. Ich nehme ihre Entschuldigung an und wünsche ihr viel Kraft mit Janneke.

Als er mit dem Aufräumen fertig ist, zieht Kees meine Aufmerksamkeit auf sich, indem er mir zuwinkt.
"Hey, was denkst du über die heutige Stunde?", fragt er.
"Besser als ich es mir erhofft hatte, auch ohne Batterie! Und wie war dein Eindruck?"
Kees streckt zwei Daumen hoch.

 

Hallo,

da hilft nur eins: Hörsysteme mit Akkubetrieb. Am besten die Quattro von GN, da fungiert die Ladebox auch als Powerbank, kannst du also auch mobil aufladen, wenn du unterwegs bist.

Gruss, Jimmy

 

da hilft nur eins: Hörsysteme mit Akkubetrieb. Am besten die Quattro von GN, da fungiert die Ladebox auch als Powerbank, kannst du also auch mobil aufladen, wenn du unterwegs bist.
Leider sind die GN für mich ungeeignet. Ausserdem kann man auch vergessen die Akkubetriebe aufzuladen :D . Wäre genau was für mich :lol:: ich vergesse auch ab und zu meinen RogerPen aufzuladen!

 

Laufzeit bis zu 30 Stunden. Realistisch also ca 20-22. 30 Minuten Ladezeit entsprechen 8 Stunden Laufzeit. Da muss schon viel schief gehen. In ein paar Jahren wird es nur noch Hörsysteme mit Akkus geben. Phonak hat auch eine eigene Akku-Lösung.

 

Laufzeit bis zu 30 Stunden. Realistisch also ca 20-22. 30 Minuten Ladezeit entsprechen 8 Stunden Laufzeit. Da muss schon viel schief gehen. In ein paar Jahren wird es nur noch Hörsysteme mit Akkus geben. Phonak hat auch eine eigene Akku-Lösung.
Ja, ich weiss: dank Technik kann immer mehr! Ich trage Oticon, z.Z. noch ohne Akku. Wird sich in etwa 6 Jahre bestimmt geändert haben.

 

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