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Die verlorene Wette

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11.01.2007
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Die verlorene Wette

Im Zentrum der Innenstadt herrscht reges Treiben in der Einkaufsmeile.
Zwei Bettler streiten sich um einen Platz, an dem die Passanten spendabler zu sein scheinen, wie an manch anderen Orten.
"Lass mich hier sitzen!", sagt der Alte mit dem verfilzten Hut.
"Das ist mein Stammplatz!", entgegnet der Ältere mit dem langen Bart.
So schreien sie sich gegenseitig an, in der Hoffnung einer würde endlich klein beigeben.
Da macht der Alte mit dem Hut ein Angebot.
"Lass mich solange hier sitzen, bis ich mir meine heutige Tagesverpflegung holen kann. Habe ich alles zusammen, gehört der Platz Dir."
Der Bärtige schnaubt, als wäre er nicht begeistert von dem Vorschlag.
"Ich bin ein Spieler und schlage Dir eine Wette vor."
Der Mann mit dem Hut denkt nach.
Der Alte hat wohl sein Hab und Gut auf diese Weise verloren, also kann die Wette nur gut für mich ausgehen und ich bekomm endlich diesen Platz.
"Dann lass doch mal hören, was Du Dir gedacht hast."
Der bärtige Zocker streicht sich durch sein verschmutztes Gesicht.
"Überlass mir für drei Wochen diesen Platz. Wenn ich bis dahin kein Millionär bin, lass ich mich hier nie wieder blicken, dann hast Du die Stelle für Dich allein."
Der verfilzte Hut fällt dem alten Mann vom Kopf, so sehr muss er lachen über diese verrückte Wette.
Während er seinen Hut glucksend aufhebt, kommt ihm ein Gedanke.
Das ist noch einfacher als ich dachte. Der Kerl ist ja vollkommen irre. Vom Bettelstab in die High Society. Diese Wette gewinne ich.
"Einverstanden. Ich werde Dir diesen Platz für die nächsten drei Wochen überlassen."
Mit einem Handschlag besiegeln sie die Wette.
Ich brauch den Alten nicht einmal bescheissen. Entweder gehört er in die Anstalt oder er ist einfach nur dumm.
Siegessicher verlässt der Mann mit Hut, die begehrte Stelle.

So vergehen die Tage, während der Bärtige alles versucht, um den Leuten ein bisschen Geld abzunehmen. Tag und Nacht bleibt er an Ort und Stelle, versucht sein Glück mit gekonntem Spiel auf der alten, rostigen Mundharmonika, während Zuschauer vom Tanz seines abgemagerten Hundes amüsiert sind.
Nach einer Woche schaut der Alte mit Hut vorbei, um seine Siegessicherheit zu bestärken. Er sieht den Älteren bei seinem Schauspiel und beobachtet, wie Zuschauer begeistert Geld in den Pappbecher schmeissen, welchen ihnen der Hund nach dem Tanz entgegenhält.
Der Zocker ist wahrlich kein Anfänger, aber die Million wird er niemals zusammenbekommen.
Er spricht ihn an.
"Wie läuft das Sammeln der Million, alter Mann?"
Kurz und bündig antwortet der Bärtige.
"Es wird reichen", und spielt vergnügt weiter auf seinem Instrument.

In der zweiten Woche hat sich der Bettler mit Bart ein paar Stücke Kreide von seinem erworbenen Geld besorgt und ziert mit frohen Farben, den Asphalt der Einkaufsmeile, ringsum seinen Platz.
Menschenmengen schauen begeistert zu Boden und nicht selten fällt eine Münze in den Becher des alten Mannes.
Der Hutträger schaut erneut vorbei.
Nun versucht er sich die Million zu ermalen. Was ein Verlierer.
Neckisch fragt er den Alten erneut.
"Wie läuft das Sammeln der Million, alter Mann?"
Kurz und bündig antwortet der Bärtige.
"Es wird reichen", und ist wieder vertieft in seine Malereien.

In der dritten und letzten Woche zeigt der Bärtige, einer großen Menschenmenge ein paar Zaubertricks, welche das Publikum begeistern. Sein Bart ist gestutzt, seine Haut sauber und seine Klamotten heil, Dinge die er sich von seinem erworbenen Geld leisten kann. Das Klimpern des Geldes hört man schon von Weitem.
Wieder schaut der Siegessichere mit Hut vorbei.
Er ist zwar sauber und erfolgreich, aber kein Millionär. Die Wette gewinne ich.
Wiedereinmal fragt er den Alten.
"Wie läuft das Sammeln der Million, alter Mann?"
Kurz und bündig antwortet der Bärtige.
"Es wird reichen", und wendet sich lächelnd seinem Publikum zu.

Am ersten Tag, nachdem die Wette beendet ist, kommt der Bettler mit verfilztem Hut an die ersehnte Stelle, die ihm nun ganz allein gehört. Der alte Bärtige ist nicht zu sehen.
Er hat die Wette verloren und vor Scham hat er sich schnell verzogen. Es war von Anfang an klar, wer diese Wette gewinnen würde.
Stolz macht es sich der Bettler mit Hut auf Zeitungen an seinem gewonnenen Platz gemütlich.
Einige Wochen später liegt er noch da und bettelt eifrig, um sich seinen Tagesbedarf zusammenzuschnorren, für eine warme Mahlzeit und eine Flasche Schnaps, die er auch meistens kaufen kann, aufgrund des guten Platzes.

Im Zentrum der Innenstadt herrscht reges Treiben in der Innenstadt.
Ein Bettler schläft an seinem Platz, da sich dort das Geld von selbst sammelt.
"Lass mich schlafen!", bölkt der Bettler, der vom Kläffen eines wohlgenährten Hundes geweckt wird.
"Das war mal mein Stammplatz!", sagt ein Älterer mit Bart.
Der schläfrige Bettler blinzelt mit einem Auge nach oben und sieht einen alten Mann von gepflegter Erscheinung.
Was macht der denn hier?
"Glückwunsch zur gewonnenen Wette. Der Platz scheint Dir gut zu gefallen, nach Wochen bist Du immernoch hier."
Der Alte lächelt den Hutträger an.
"Ich hab zwar nicht gewonnen, konnte mir aber von dem Erworbenen eine Wohnung mieten und Klamotten kaufen. So bin ich gepflegt auf Jobsuche gegangen und habe einen Aushilfsjob erhalten. Man munkelt über eine Festeinstellung."
Der Hutträger schaut erstaunt, bekommt aber kein Wort herraus.
"Ich habe verloren.", sagt der Bärtige und verlässt lächelnd die Stelle zu der er nie wieder zurückkehren wird.

 

Entschuldigung für eine neue Geschichte von mir in so kurzer Zeit.

Großen Dank im Vorraus, wenn ihr sie kritisiert. :shy:

Lieben Gruß

 

Also erst einmal: Ein kurze knackige Geschichte. Gut erzählt, liest sich flüssig. Ich überleg schon ein Weile, aber ich wüsste nicht was gegen diesen Text spricht den im Grunde machst du alles richtig. Sehr solide.

 

Hallo MellowB,

Deine Geschichte kommt vom Aufbau wie ein Märchen oder wie ein Witz daher. Dadurch weiß ich als Leser leider schon zu Anfang, dass der eine es schaffen wird.

Interessant wäre für mich dann noch, um wieder in die Realität zu kommen, WIE er es denn schaffen will. Innerhalb von kurzer Zeit wird dann der Penner ein Mensch mit Wohnung, Geld und Arbeit in Aussicht. Da wären wir dann wieder beim Märchen, denn so einfach ist das Leben nicht.

Wenn du eine Geschichte erzählen willst, die realer daherkommt, muss meiner Ansicht nach die Struktur geändert werden. Dazu müsste der eine auch noch eine innovative Idee haben, um das Geld zu verdienen, sonst würde es ja kaum noch Bettler geben müssen :shy:

Für mich ist diese Geschichte leider weder Fisch noch Fleisch. Deine Schreibe aber ist ausbaufähig. Der Text ist gut zu lesen und auch formal gibt es kaum was zu bekritteln.

"Lass mich hier sitzen!", sagt der Alte mit dem verfilzten Hut.
"Das ist mein Stammplatz!", entgegnet der Ältere mit dem langen Bart.
Das ist ungeschickt, dass die beiden so ähnlich betitelt werden -> der Alte / der Ältere

"Lass mich solange hier sitzen, bis ich mir meine heutige Tagesverpflegung holen kann. Habe ich alles zusammen, gehört der Platz Dir."
dir

Lieber Gruß
bernadette

 

Lieben Dank fürs Lesen und die Kritik.

Das nehme ich so gern an.

Freundlicher Gruß :)

 

Liebe/r Mellow,

da wären wir mit deiner Geschichte ja ganz nah an dem reizenden Herrn Beck, der dem arbeitslosen Frank vorschlug, sich erst mal zu waschen und zu rasieren. Wirklich eine sehr flache Geschichte. Eine Frage: Du hast noch eine Stellung?

Viele liebe Grüße
Estrel

 

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