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Diner For Two
Dinner For Two
Dinner For Two
Zügig überquerte Steve die noch regennasse Fahrbahn.
Die Nachtluft war kühl und Steve war froh, endlich am Ziel zu sein.
Hier wohnte sie also, dachte er, als er vor dem alten Haus, aus roten Backsteinen, stehen blieb.
Neben der heruntergekommenen Eingangstür fand Steve sieben Klingeln. Nur den Namen seiner Gastgeberin konnte er auf keinem der verwitterten Schilder entziffern.
Steve hatte Glück. Die Tür war nicht verschlossen und er betrat das Gebäude. Knarrend fiel hinter ihm die Tür ins Schloss.
Der Anblick des Treppenhauses war gewöhnungsbedürftig. Die Wände, die irgendwann einmal in einem gelben Ton gestrichen worden waren, sahen verschmutzt und speckig aus. Der graue Steinboden war dreckig und der Putz, der von der Decke gefallen war, knirschte unter Steve´s Schuhen.
Von der Decke her versuchten die Lampen vergeblich ihr Licht durch ihre trüben Schirme zu schicken. Dementsprechend waren die Lichtverhältnisse; und auch die stickige Luft sorgte nicht gerade für Wohlbehagen.
Steve überlegte sogar kurz, ob er wieder gehen sollte. War er vielleicht doch falsch hier? Er kramte einen kleinen Zettel aus seiner Manteltasche, den ihm die Schöne vor zwei Tagen bei Toni´s zugeschoben hatte. Nein, die Adresse stimmte. Steve stieg die alte Holztreppe hinauf, die unter seinem Gewicht verdächtig stöhnte.
Im ersten Stock sah es nicht besser aus, aber dies hatte er auch nicht wirklich erwartet.
Langsam ging er von Tür zu Tür, um zu sehen, wo er eigentlich hin musste. Bereits an der dritten Tür war er an seinem Ziel.
Da er keine Klingel finden konnte, klopfte er. Als Ephra ihm öffnete war sein Weltbild wieder in Ordnung. Sie sah bezaubernd aus, in ihrem schwarzen Trägerkleid und ihr langes, schwarzes Haar hatte sie hochgesteckt.
" Hallo." hauchte sie, lehnte sich in den Türrahmen und musterte ihren Gast mit ihren dunklen Augen.
" Bin ich zu früh? "
" Pünktlich. " antwortete Ephra und ließ Steve eintreten.
Als er der jungen Frau durch den Flur folgte stellte er fest, dass sie auch von hinten eine Augenweide war. Der Abend würde sich wohl lohnen.
Im Wohnzimmer brannte gedämpftes Licht und im Hintergrund spielte leise Musik aus der Anlage. In der Mitte des Raums stand ein kleiner Tisch, der für zwei Personen festlich gedeckt war. Überhaupt war alles sehr ordentlich und gemütlich; und eigentlich passte diese Wohnung gar nicht in dieses Haus, dachte Steve.
Aus der Küche duftete es herrlich, aber eigentlich war Steve nicht sehr hungrig. Schließlich war er ja nicht zum Essen gekommen, auch wenn dies natürlich der Vorwand einer solchen Einladung war.
Ephra war eine Frau, die wusste was sie wollte - und Steve wollte es auch. Am Liebsten hätte er es jetzt gleich mit ihr getan - ihr einfach das Kleid vom Leib gerissen und sie hier sofort auf dem Tisch flach gelegt.
" Ich hoffe, sie haben Hunger mitgebracht. " riss ihn Ephra aus seinen Gedanken, und drückte ihm ein Glas Rotwein in die rechte Hand.
" Und wie! " erwiderte Steve. " Es duftet aber auch wirklich köstlich. "
" Ist auch alles schon fertig. " versicherte die Frau. " Machen Sie es sich gemütlich. "
Dann verschwand sie in der Küche.
Während Ephra die Speisen aus der Küche holte schaute sich Steve ein wenig im Zimmer um.
" Sie haben es nett hier. " bemerkte er.
" Danke." Mit einer Handbewegung bat sie Steve sich zu setzen.
Sein Blick schweifte über den gedeckten Tisch. Vor ihm stand eine kleine Terrine, in der größere Fleischwürfel in einer dunklen, süßlich riechenden Soße schwammen. Dazu gab es frisches Baguette. Auf einer Platte lagen kleine Steaks in einem Bett aus grünem Salat. Außerdem gab es noch Reis, Kartoffeln und verschiedene Gemüse. Und zu allem gab es irgend eine Art Fleisch, und eigentlich kam es Steve viel zu viel vor.
" Ich hoffe, Sie mögen Fleisch, Steve? " fragte Ephra. " Also, ich liebe es. "
" Kochen Sie immer so reichlich? " wollte Steve wissen.
" Reichlich? " fragte Ephra erstaunt. " Ach das sind doch alles nur Kleinigkeiten, die ich noch hatte. Um ehrlich zu sein, musste ich dringend meine Gefriertruhe abtauen, und alleine hätte ich das alles hier ja nicht geschafft. " Dann lachte sie.
" Laden Sie ihre Bar-Bekanntschaften eigentlich immer gleich zum Essen ein?" fragte Steve und begann zu essen.
" Wenn ich die Bekanntschaft appetitlich finde. " gab Ephra lächelnd zurück.
" Und ich habe ihren Geschmack getroffen? "
" Wird sich noch herausstellen." antwortete sie und nahm einen Schluck Wein, wobei sie Steve einen verführerischen Blick, über den Rand ihres Glases, zu warf.
Das Essen war köstlich gewesen. Obwohl Steve anfangs keinen großen Hunger verspürte, hatte er alles brav aufgegessen. Kochen konnte sie, das stand schon mal fest. Und er hoffte, dass sie im Bett ähnliche Qualitäten besaß. Aber daran zweifelte Steve eigentlich nicht.
" Kann ich Sie für einen Moment alleine lassen? " wollte Ephra plötzlich wissen.
" Ja, natürlich. Gibt es ein Problem? " gab Steve verwundert zurück.
Ephra lächelte.
" Nein, ganz und gar nicht. Über mir lebt die alte Mrs. Rosen, und ich habe ihr versprochen, heute noch einmal nach ihr zu sehen. Sie hat sonst niemanden mehr. "
" Gehen Sie ruhig. Ich komme schon zurecht. " versicherte Steve.
" Es wird nicht lange dauern. Den Rest des Abends werde ich mich dann auch nur Ihnen widmen. " versprach Ephra und verließ den Raum. Einen Augenblick später hörte Steve die Wohnungstür ins Schloss fallen.
Verdammt, diese Frau machte ihn noch wahnsinnig! In Gedanken malte er sich aus, was am heutigen Abend alles noch passieren könnte und er war gespannt, welche Spielchen Ephra im Bett mit ihm spielen würde.
Seine Gedanken machten ihn ganz kribbelig und er hielt es auf seinem Stuhl nicht mehr aus. In seinem Schritt regte sich langsam etwas und seine Nervosität wurde noch größer.
Unruhig lief er im Zimmer auf und ab, als er plötzlich merkte wie durstig er war.
Da es im Wohnzimmer nur Wein gab beschloss er in die Küche zu gehen, um einen Schluck Wasser zu trinken.
In der Küche lag noch der Duft von Ephra´s Kochkünsten in der Luft. Und einen anderen Geruch nahm er wahr, der ihn etwas irritierte. Irgendwie roch es hier süßlich und auch stechend. So, als würde irgend etwas verderben. Vor dem Kühlschrank bemerkte er eine kleine Pfütze. Etwas musste im Kühlschrank ausgelaufen sein und tropfte nun heraus.
Steve ging näher. Die Flüssigkeit war rot und erinnerte ihn an Blut.
Steve dachte sich nichts dabei, als er die Kühlschranktür aufzog und..... erstarrte!
Im ersten Moment begriff er gar nicht, was er da sah, weil so etwas normalerweise gar nicht möglich war. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in den Kühlschrank in dem der abgetrennte Kopf eines Mannes lag.
Entsetzt wich Steve zurück, bis er vom Herd, in der Mitte des Raumes, gestoppt wurde.
" Oh, mein Gott. " entfuhr es Steve mit vorgehaltener Hand. Dann wandte er seinen Blick ab. Er konnte das Bild dieses Kopfes, mit seinen leeren Augen und dem halb geöffneten Mund, nicht länger ertragen. Mehr stolpernd erreichte er die Spüle und stützte sich am Spülbeckenrand auf. Etwas klitschiges an seinen Händen ließ ihn stutzig werden. Angewidert zog er seine Hände zurück. Dann erst sah er, in was er gelangt hatte. An seinen Händen klebte Blut. In der Spüle erkannte er einen menschlichen Arm. Zumindest das, was noch von ihm übrig war. Bis auf die Hand, war sämtliches Fleisch daran, bis auf den Knochen, entfernt worden. Und überall war Blut. Steve hatte das Gefühl, als würde ihm der Boden unter den Füssen genommen.
Seine Knie wurden weich, er torkelte zurück und stolperte.
Als er zu Boden fiel riss er den Mülleimer um. Sein Inhalt verteilte sich auf dem Fußboden, und beinahe wäre Steve mit dem Gesicht darin gelandet. Kurz vor einem blutverschmierten Fuß konnte er gerade noch seinen Kopf stoppen.
Das war zuviel für Steve und er musste sich übergeben.
Als er sich erleichtert hatte, zog er sich langsam am Herd hoch. Sein erster Blick fiel auf die Töpfe, in dem sich noch Reste der Speisen befanden, die er heute serviert bekommen hatte. Immer wieder wanderte sein Blick zwischen den menschlichen Überresten und den Töpfen hin und her. Langsam zählte er eins und eins zusammen.
" Oh, mein Gott! Bei was für einer Wahnsinnigen bin ich nur gelandet? "
Dann übergab sich Steve erneut.
Nach einem kurzen Moment fasste sich Steve wieder. Er musste so schnell wie möglich weg hier und die Polizei verständigen. Mit zwei großen Sätzen kam er um den Herd herum, stürzte den Flur entlang und erreichte die Wohnungstür. Aber sie war verschlossen. Voller Panik rüttelte Steve am Knauf, aber nichts tat sich. Die Tür gab keinen Millimeter nach. Wütend trat er ein paar mal dagegen, aber die Tür schien stabiler zu sein, als sie wirkte.
" Diese verdammte Schlampe! " fluchte Steve.
Hektisch sah er sich um. Aber im Flur befand sich nichts, womit er die Tür hätte aufbrechen können. Dann kam ihm eine Idee. Hastig rannte er in die Küche zurück, und wäre beinahe in der Blutlache, vor dem Kühlschrank, ausgerutscht. Mit dem linken Knie stieß er an die Tür, und sie fiel krachend zu. Um seine Schmerzen kümmerte er sich nicht.
Neben der Spüle befand sich das Fenster. Steve stürzte darauf zu und wollte es öffnen.
Doch es ließ sich nur einen kleinen Spalt hochziehen, durch den die kalte Nachtluft strömte. Irgendwo klemmte es. Steve stieß einen Fluch aus, als er plötzlich hörte, wie an der Wohnungstür ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Panik überfiel ihn und er fing wieder an am Fenster zu rütteln. Nur mühsam fuhr es ein kleines Stück weiter nach oben. Im Flur schlug die Tür zu. Steve setzte all seine Kraft ein und konzentrierte sich nur auf das Fenster. So bemerkte er Ephra nicht, die hinter ihm die Küche betrat. Wieder rutschte das Fenster ein Stück nach oben, und Ephra zog sich ihre Nadel aus dem Haarknoten.
Endlich schaffte es Steve, und das Fenster fuhr komplett nach oben auf. Sein flüchtiger Blick fiel auf einen kleinen Hinterhof, der nur vom Mondlicht beschienen wurde. Links neben dem Fenster entdeckte er die Feuerleiter.
Als er gerade danach fassen wollte, rammte ihm Ephra von der Seite ihre Haarnadel in den Hals und stieß sie so tief es ging hinein.
Steve durchzuckte der Schmerz wie ein Blitz. Unwillkürlich griff er zu seinem Hals und wirbelte herum. Für einen kurzen Augenblick sah er in das hasserfüllte Gesicht von Ephra. Steve schmeckte das Blut in seinem Rachen. Immer noch hielt er seinen Hals fest umklammert. Dann sprudelte ihm gurgelnd das Blut aus dem Mund, und es lief ihm zwischen den Fingern hindurch. Nur schwer bekam er noch Luft und er röchelte heißer.
In Ephras Hand blitze plötzlich ein Küchenmesser auf. Zwei mal stieß sie es von oben nach unten in Steve´s Brust. Stöhnend wankte er nach hinten, verlor den Halt und stürzte aus dem Fenster. Hart schlug er unten im Hof auf.
Steve war nicht tot! Mit dem Rücken lag er auf dem harten Boden und konnte sich nicht mehr bewegen. Sein Blick wanderte zum Fenster im ersten Stock, aus dem er gefallen war und das sich wie ein helles Rechteck in der dunklen Fassade abzeichnete.
Für einen kurzen Moment erschien Ephra am Fenster, verschwand aber gleich wieder.
Noch einmal versuchte sich Steve zu bewegen, aber es gelang ihm nicht einmal einen kleinen Finger zu rühren. Auch den Kopf konnte er nicht drehen. Er musste sich an der Wirbelsäule verletzt haben, oder er hatte sich das Genick angebrochen. So sehr er sich auch mühte, er konnte sich nicht rühren.
Unter seinem Hinterkopf wurde es feucht und warm. Dort musste Blut aus einer Wunde fließen. Auf einmal wurde er an den Fußknöcheln gepackt und über den rauen Boden geschleift. Ephra war in den Hof gekommen und zog den hilflosen Steve durch den Hintereingang zurück ins Haus. Noch einmal sammelte Steve seine Kräfte, aber er konnte sich nicht befreien. Nicht einen Muskel konnte er bewegen. Dann versuchte er zu schreien, aber kein Wort kam über seine Lippen. Tränen der Hilflosigkeit liefen ihm über das Gesicht und vermischten sich mit Blut.
Nun zog Ephra ihn über die Stufen hinab in den Keller. Immer wieder schlug er dabei hart mit dem Kopf auf und er glaubte, die Schmerzen würden seinen Schädel zerreissen. Dabei hinterließ er eine blutige Schleifspur.
Durch eine Tür gelangte sie mit ihrem Opfer in einen schummrig beleuchteten Kellerraum. Sie ließ ihn los, und seine Beine fielen zu Boden.
Für einen kurzen Moment war es ganz still. Nur irgend ein Elektrogerät summte außerhalb von Steve´s Sichtfeld. Dann gab es ein saugendes Geräusch, das Summen wurde etwas lauter und etwas wurde gegen eine Wand gelehnt. So hörte es sich zumindest für Steve an, denn sehen konnte er nicht, was Ephra machte. Plötzlich tauchte sie über ihm auf, griff ihm unter die Achseln und zog ihn weiter. So viel Kraft hätte er der Frau nie zugetraut, denn ein Leichtgewicht war er nicht gerade. Steve sah die Gefriertruhe, die an der Wand stand, und deren Deckel nach oben aufgeklappt war.
Nun konnte er sich vorstellen, was diese Verrückte mit ihm vor hatte.
Wieder überkam ihn Panik, auf Grund seiner hilflosen Lage, und er merkte, wie er sich in die Hosen schiss.
Langsam hievte sie ihn zum Rand der Truhe hoch. Kalte Luft umfuhr sein Gesicht und er spürte die Gänsehaut, die sich auf seinem Körper ausbreitete.
Dann packte Ephra seine Beine und wuchtete ihn komplett hinein. Wieder lag er auf dem Rücken, diesmal auf dem Boden der großen Gefriertruhe. Dann schloss Ephra den Deckel und es wurde stockdunkel. Dunkel und kalt. Unerträglich kalt, und der Gestank seiner eigenen Fäkalien machte sich breit. Wieder flossen ihm Tränen der Verzweiflung über das Gesicht, die kurz darauf gefroren. Noch einmal versuchte Steve zu schreien, aber mehr als ein Röcheln brachte er nicht hervor.
Er merkte, wie er immer schwächer wurde. Lag es an der Kälte, oder an seinen Verletzungen? Steve wusste es nicht. Schließlich war es nun auch schon egal, an was er starb und zu seiner anfänglichen Angst mischte sich Gleichgültigkeit hinzu.
Plötzlich waren auch seine Schmerzen verschwunden und selbst die Kälte nahm er nicht mehr so wahr. Eine große Müdigkeit überkam ihn und sein Atem wurde immer flacher. Immer langsamer hörte er sein Herz schlagen - bis es gar nicht mehr schlug.
Als am nächsten Tag Ephra die Truhe öffnete bekam Steve davon nichts mehr mit.
Und auch das hohe Surren der elektrischen Knochensäge konnte er nicht mehr hören.
ENDE