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Dr. Störkes gesammelte Gleichzeitigkeiten

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14.08.2012
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Dr. Störkes gesammelte Gleichzeitigkeiten

Störke wusste nicht zu sagen, ob er früher jemals besonders darauf geachtet hatte. Sehr häufig geschah es ja ohnehin nicht, und wenn es geschah, hatte er es meist innerhalb weniger Augenblicke wieder vergessen. Allerhöchstens dachte er kurz darüber nach, fand es witzig, aber nicht weiter verwunderlich. Immerhin war er Zeit seines Lebens ein obsessiver Leser gewesen, und je häufiger man las, umso größer war die Wahrscheinlichkeit, dass es hin und wieder einmal passierte. Den Kopf hatte er sich nie darüber zerbrochen.
Er erinnerte sich allerdings, wann er erstmals ausführlicher darüber nachgegrübelt hatte.
Eines Samstagabends war er zu Besuch bei seiner Schwester gewesen. Mit seiner Nichte lag er auf dem Wohnzimmerteppich und die Kleine las ihm aus einem ihrer Kinderbücher vor:
„… schwankend erhob sich Ernst Stoppelbart, weil die Wirtshausbank immer heißer wurde. Mit Entsetzen stellte er fest, dass Flammen aus seinem Hintern züngelten. Meine Güte, ich werde noch verrückt, sagte Stoppelbart …“
„Meine Güte, ich werde noch verrückt“, sagte Claudia, die in haargenau derselben Sekunde mit der Teekanne ins Wohnzimmer kam, „könnt ihr nicht Kekse essen wie normale Menschen?“
„Vollkommene, perfekte Synchronizität, Schwesterherz.“ Störke grinste sie an.
„Was?“
„Ach, vergiss es.“
Er allerdings vergaß es nicht. Am nächsten Morgen saß er vor dem Computer und überflog seine Mails.
„Sollte sich die Lage nicht entscheidend ändern …“, las er.
„… sollte sich die Lage nicht entscheidend ändern …“, sagte der Nachrichtensprecher im Radio in haargenau derselben Sekunde.
Na ja, ein Zufall halt, so wie gestern, wie schon so oft. Störke nippte am Kaffee, zündete sich eine Zigarette an, lehnte sich zurück und versuchte sich auszumalen, wie oft ihm das in seinem Leben wohl schon passiert sei. Dutzende Male? Hunderte Male? Schade, dachte er, dass er niemals auf die Idee gekommen war, diese zufälligen Koinzidenzen zu notieren. Nicht, dass er meinte, er hätte in der zufälligen Aneinanderreihung von Wörtern möglicherweise irgendeinen Sinn entdecken können, gar eine Botschaft - er war jeglichem esoterischen Hokuspokus abhold, stand diesem nicht nur skeptisch, sondern vollkommen intolerant gegenüber - aber wäre es nicht eine reizvolle Aufgabe gewesen, herauszufinden, ob er aus den Wörtern vielleicht Sätze hätte bilden können? Eine Art Scrabble zu spielen mit ganzen Wörtern? Er stand auf und holte sich noch einen Kaffee aus der Küche.
Wäre es theoretisch möglich, die Wahrscheinlichkeit solcher Synchronizitäten zu berechnen?, fragte er sich, als er wieder am Schreibtisch saß. Das Schwierigste wäre wohl, die Parameter zu definieren, die man in die Gleichung einfließen lassen wollte, so viel war ihm klar. Das wäre in der Tat ein hübsches Stück Arbeit, keine Frage.
Er schnappte sich einen Bleistift und Papier und dachte angestrengt nach. Zuallererst müsste er wohl die Größe des deutschen Wortschatzes kennen, beziehungsweise die Anzahl der Wörter, die in der Alltagssprache Verwendung fanden.
Der Wortschatz der deutschen Standardsprache umfasst ca. 75.000 Wörter, die Gesamtgröße des deutschen Wortschatzes wird je nach Quelle und Zählweise auf 300.000 bis 500.000 Wörter bzw. Lexeme geschätzt“, las er in Wikipedia und schrieb 75.000 auf seinen Zettel. Er hatte keine Ahnung, was Lexeme bedeutete. Nun, mit der Zahl konnte er schon mal was anfangen, allerdings erinnerte er sich daran, einmal in einem Buch von Michael Köhlmeier „… die ringförmige Anordnung des Benzolmoleküls“ gelesen zu haben, just in dem Moment, als der Sprecher der Ö1-Wissenschaftssendung, die im Hintergrund im Radio lief, „… die ringförmige Anordnung des Benzolmoleküls“ sagte. Störke radierte 75.000 aus und schrieb stattdessen 150.000. Gut. Als Nächstes bräuchte er einen Zeitrahmen. Stünde nämlich unendlich viel Zeit zur Verfügung, wäre auch die Wahrscheinlichkeit unendlich hoch, das war eine Binsenweisheit. Also fünf Jahre? Zehn Jahre? Und natürlich die Häufigkeit, mit der ihm solche Zufälle passierten. Erlebte er das durchschnittlich einmal im Monat? Gar wöchentlich? Er wusste es nicht. Und die Tatsache, es selbst nur selten zu erleben, bedeutete ja nicht gleichzeitig, dass es sehr unwahrscheinlich war, sowas passierte vermutlich immerzu irgendwo irgendjemandem. Musste er also auch die Anzahl aller deutschsprachigen Menschen in seiner Rechnung berücksichtigen? Wenn ja, vermutlich über dem Bruchstrich.
Sein Zettel füllte sich mit Zahlen, er schrieb, radierte, schrieb und rechnete. Zu einem schlüssigen Ergebnis kam er nicht, seine Mathematikkenntnisse waren offenbar doch nicht ausreichend, musste er sich eingestehen. Und je länger er rechnete, umso mehr Parameter fielen ihm ein, die es in der Rechnung zu bedenken gab. Beispielsweise müsste er natürlich die statistische Häufigkeit, mit der jedes Wort im Alltag auftrat, wissen. Benzolmolekül, Sessellift oder gar Poststrukturalismus zum Beispiel belegten vermutlich nicht gerade Spitzenplätze. Und was wiederum bedeutete es, wenn ein Wort einmal gedruckt war? Egal, ob in einem Buch oder in einer Zeitung oder sonst wo. War es damit nicht gleichsam allgegenwärtig und erhöhte damit wieder die Wahrscheinlichkeit? Und spielte nicht auch die Auflagenhöhe des Druckwerks eine Rolle?
Nicht dass sich Störke für dumm hielt, aber diese Aufgabe, musste er sich eingestehen, war eindeutig eine Nummer zu groß für ihn. Die zu lösen bedürfte es wohl eines leistungsstarken Computers, eines Rechners, dem es kein Problem bereitete, Sternbildungsprozesse oder globale Wetterphänomene zu simulieren, so was in der Art. Und obendrein, beziehungsweise in allererster Linie, bräuchte es ein verflixt schlaues Kerlchen, welches verstünde, die relevanten Daten einzugeben. Er zerknüllte den Zettel und warf ihn in den Papierkorb.
Es war ein wunderschöner Wintermorgen und Störke grinste vor sich hin. Er beschloss, in Hinkunft zumindest immer ein Notizbüchlein und einen Stift bei sich zu tragen. Scrabble hatte er schon als Kind liebend gerne gespielt. Und wer weiß, vielleicht hätte er in ein paar Monaten ein hübsches, kleines dadaistisches Gedicht beisammen.
„Kleines Notizbuch besorgen!“ schrieb er in seinen Kalender.
„… das Buch besorgen sie sich am besten …“, tönte ein Radiowerbespot in haargenau derselben Sekunde.


„Du verarscht mich doch, Alter. Das hast du dir ausgedacht, gib’s zu.“ Georg blätterte vor und zurück und las vor:
(die ringförmige Anordnung des Benzolmoleküls),
Meine Güte, ich werde noch verrückt,
sollte sich die Lage nicht entscheidend ändern,
Buch besorgen,
Amsel,
jenes bedrohliche Szenario,
Norbert/Nordpol,
approximativ,
Langsamkeit,
streunender Kater,
in gewisser Weise,
Probabilität ,
Libellenflug,

... und so weiter und so weiter, blablabla. Sei mir nicht böse, Stephan, aber das ist doch nur zusammenhangloser Blödsinn.“
„Ja eh. Was hast du dir denn erwartet? Die Göttliche Komödie? Ich hab ja erst im Februar angefangen. Und ich achte ja auch nicht immer drauf. … Und diese ganzen Hilfsverben zum Beispiel, bin, sein, haben, was weiß ich, und erst die Konjunktionen, und, aber und so Zeug, das schreib ich ja gar nicht auf. Ich würde ja verrückt werden.“
„Du würdest verrückt werden, soso. Und warum die Klammer?“
„Was?“
„Benzolmolekül. Steht in Klammer.“
„Ach, das war irgendwann, früher. Ist außer Konkurrenz eigentlich.“
„Und was heißt Norbert/Nordpol?“
„Das kam auch gleichzeitig.“
„Aber das stimmt ja nicht überein.“
„Eh nicht. Aber ich schwör’s dir, als ich im Frühling in Ransmayers Buch von dieser Payer-Weyprecht-Expedition das Wort Norbert las, sagte der Sprecher im Radio im selben Moment Nordpol. Und dann hab ich gesehen, dass ich mich nur verlesen hab. Stand eh Nordpol da, nicht Norbert … Aber Norbert Gstrein, sagt dir das nix? Der ist ja auch ein österreichischer Autor.“
„Der Schifahrer?“
„Nein, das ist sein Bruder.“
„Ach ja. Na und?“
Störke ging zum CD-Spieler und schaltete ihn ein. „Hör mal zu.“
„Ja, Police, cool. Mag ich nach wie vor, weißt du eh.“
„Ich rede von Mustererkennung, Georg. Verstehst du?“
„Nein.“
„Jessas, Georg, du warst doch früher nicht so schwer von Begriff. William Gibson, Pattern Recognition. Na, klingelt‘s?“
„Nein.“
„Alter! Das Buch erschien 2003, im selben Jahr nannte Bernhard Gstrein, also der Schifahrer, in einem Interview auf die Frage nach seinen Lieblingstieren die Katze und die Libelle, und er sagte, sein Lieblingssong sei, na, errätst du‘s?“
Synchronicity von Police?“
„Bingo. Aber es kommt noch besser. In seiner zwölfjährigen Weltcupkarriere hat er zweiundvierzig Top Ten-Resultate erreicht, und exakt zweiundvierzig Tage nach dem Interview überfuhr er mit dem Auto einen streunenden Kater. Das stand sogar in der Zeitung. Weil er immer so gerast ist wie ein Irrer. Und das Benzoldingsbums hab ich nur aufgeschrieben, weil Michael Köhlmeier ein sehr guter Freund vom Gstrein ist, also vom Bruder, dem Schriftsteller. Was sagst du jetzt?“
„Zweiundvierzig? Kein Scheiß? Witzig. … Äh, aber gibt’s da nicht diesen Satz in der Quantenmechanik, wonach alles, was die Naturgesetze nicht dezidiert ausschließen, zwangsläufig der Fall ist? Oder so ähnlich?“
„Genau, und damit wären wir wieder bei dem Kater, oder meinetwegen der Katze, egal, also Schrödingers Katze, du weißt schon.“
„Sag bloß, Schrödinger hat mit zweiundvierzig …“
„Nein, das nicht, aber in einem Interview erzählte Köhlmeier einmal, er habe mit seinem ersten Buch zirka zweiundvierzigtausend Schilling verdient, damals hatten wir ja noch nicht den Euro, und auf dem Schillingtausender war der Erwin Schrödinger drauf, erinnerst du dich?“
„Na klar.“
„Und weißt du, was Köhlmeier in dem Interview damals wortwörtlich sagte? Er sagte nicht: Ich verdiente zirka, sondern er sagte: Ich verdiente damit approximativ zweiundvierzigtausend. Wortwörtlich.“
„Das ist ja erstaunlich. Und was hast du jetzt vor?“
„Na ja, momentan hab ich beinahe dreihundert Wörter beisammen. Mal sehen, ob ich ein Märchen für Mira hinbekomme. Die Kleine mag so verrücktes Zeug.“

 

Hallo ernst

Schade, dachte er, dass er niemals auf die Idee gekommen war, diese zufälligen Koinzidenzen zu notieren.

Das ist eigentlich eine interessante Idee - die man noch weiter spannen kann, in deiner Geschichte beschränkt sie sich auf gleichzeitige Formulierungen, aber was ist, wenn man den Radiosender wechselt und dasselbe Lied kommt? Oder das Fernsehprogramm umschaltet und denselben Werbespot sieht? Oder jemanden anruft, bei dem belegt ist, weil der eben versucht, einen selbst zu erreichen? Die gesammelten Gleichzeitigkeiten lassen sich beliebig erweitern, und das ist auch ein kleiner Kritikpunkt an deinem Text - er hat zwar eine interessante Grundidee, über die bestimmt jeder mal nachgedacht hat, aber in der Ausarbeitung derselben sehe ich ungenutztes Potential - ich finde zum Beispiel auch die beiden folgenden Fragen interessant:

- auf welche Ergebnisse kommt denn Störke?
- welchen Reiz übt sein Buch auf die Allgemeinheit aus?

Das sind so Ecken, in die man ausgehend von deiner Grundidee gehen könnte. Wo sich dann auch Aspekte finden lassen, auf die man als "normaler" Mensch (der sich nicht lange mit derartigen Zufälligkeiten befasst) nicht gekommen wäre. Das ist ja oft der Reiz an solchen Themen, die einem sofort bekannt vorkommen: kann ich die in eine neue Richtung ausarbeiten? Fast jeder hat schon drüber nachgedacht, kann ich das ausarbeiten zu etwas, über das noch fast keiner nachgedacht hat? Den Ansatz dazu erkenne ich in deiner Geschichte aber ... hm ... so richtig ausgequetscht hast du die Idee glaub noch nicht :)

Hier zum Beispiel:

Nicht dass er meinte, er hätte in der zufälligen Aneinanderreihung von Wörtern möglicherweise irgendeinen Sinn entdecken können, gar eine Botschaft - er war jeglichem esoterischen Hokuspokus abhold, stand diesem nicht nur skeptisch, sondern vollkommen intolerant gegenüber - aber wäre es nicht eine reizvolle Aufgabe gewesen, herauszufinden, ob er aus den Wörtern vielleicht Sätze hätte bilden können?

Das wäre doch witzig gewesen: wenn er das mal über einen gewissen Zeitraum konsequent beobachtet hätte und dann seine Anschauung gegenüber "esoterischem Hokuspokus" ins Wanken geraten wäre.

Er hatte keine Ahnung, was Lexeme bedeutete.

Das ist witzig, ich wollte erst schreiben: Er müsste das Wort einfach nur anklicken. Das hab ich mal gemacht und den Artikel zu "Lexeme" angelesen, aber so richtig hab ich noch nicht durchschaut, was sie bedeuten, insofern verstehe ich deinen Störke :)

Stilistisch kann ich diesmal nur ganz wenig sagen, der Text bewegt sich da auf sehr solidem Grund:

lehnte sich zurück und versuchte sich auszumalen, wie oft ihm das in seinem Leben wohl schon passiert sei.

... schon passiert war

Sonst ist mir nichts aufgefallen.

Also gell, nicht falsch verstehen: Ich hab das mit einem Schmunzeln gelesen, und es ist der "Wiedererkennungswert", der den Reiz an deinem Text ausmacht. Mir fehlt da halt irgendwie eine Pointe oder sowas.

Grüsse,
Schwups

 

Hallo Ernst

Das war nicht nett!
Ich war voll in Deiner Geschichte drin, war total eingenommen von Deiner Idee und dann kommt das da ...

Sieben Jahre später war Störke unermesslich reich. Sein Buch Dr. Störkes gesammelte Gleichzeitigkeiten war in einunddreißig Sprachen übersetzt, mehrfach verfilmt worden, Vorlage für ein weltweit erfolgreiches Musical, und er selbst vertrieb sich seine Zeit hauptsächlich damit, in den schönsten Weltgegenden Bier zu trinken, Bücher zu lesen, Radio zu hören und mit streunenden Katern herumzublödeln.

Was ist den das für ein Ende für so einen wunderbaren Anfang!?
Also da bin ich Dir jetzt echt beleidigt.

grummlige Grüße

Mothman

 

hey offshore,

ich fand die idee richtig interessant, etwas darüber zu schreiben, wenn zufällig etwas gleichzeitig passiert. aber mir ging es wohl wie meinem vorredner: beim letzten absatz hat's mich rausgehauen.

Sieben Jahre später war Störke unermesslich reich. Sein Buch Dr. Störkes gesammelte Gleichzeitigkeiten war in einunddreißig Sprachen übersetzt, mehrfach verfilmt worden, Vorlage für ein weltweit erfolgreiches Musical, und er selbst vertrieb sich seine Zeit hauptsächlich damit, in den schönsten Weltgegenden Bier zu trinken, Bücher zu lesen, Radio zu hören und mit streunenden Katern herumzublödeln.
ich meine, da müsste jetzt die zündende idee, die pointe kommen, finde ich, aber stattdessen spulst du einfach elf jahre vor, das ende klingt nach: und er war glücklich und zufrieden und machte nur noch, was ihm spaß machte.

dich ausdrücken kannst du, das weißt du, ideen für skurrile situationen hast du anscheinend auch, aber so der weiterführende gedanke, der das ganze auf die spitze treibt, der fehlt, finde ich, würdest du den hier einbauen, könnte das sicherlich eine richtig gute story werden, bin ich mir sicher. ich will mich da nicht zu weit aus dem fenster lehnen - ich bin da auf deiner seite, ideen für gute geschichten haben, finde ich genauso schwierig wie du. ich muss gestehen, ich habe die geschichte schon gestern abend gelesen, und habe bis jetzt (nicht ununterbrochen ...) darüber gegrübelt; also wenn du darauf aus willst, dass störke mit seiner idee, die gleichzeitigkeiten aufzuschreiben, wirklich mal reich und berühmt wird, dann machst du's dir auch schwierig, weil du erstmal die idee erfinden musst, die ihn mit seinen gleichzeitigkeiten zum bestsellerautoren in 27 sprachen macht ... und die idee muss man erstmal haben ;) (also wenn man jetzt davon ausgeht, dass seine gesammelten gleichzeitigkeiten irgendeine punchline hat, die die leute vom hocker haut, und er die gleichzeitigkeiten nicht einfach nur gesammelt verkauft, du weißt schon.)
ich meine, irgendetwas neues, faszinierendes, müssen die gesammelten gleichzeitigkeiten ja haben, sonst würden es ihm die menschen aus aller welt nicht aus den händen reißen.

ich find's übrigens gut, dass sich dein prot so direkt von der esoterikecke distanziert - das hätte den text in eine falsche richtung gelenkt, oder zumindest in eine, die mir nicht gefallen würde. ich musste kurz an paranoide schizophrenie denken - da sehen und hören leute auch überall zeichen, die sie für sich interpretieren, aber da dein störke nicht an eine höhere macht zu glauben scheint, und ihm auch die ständigen gleichzeitigkeiten nur eine aus zufällen resultierende tatsache zu sein scheint, ist es wahrscheinlich auch nicht die richtung ...
ich musste dann auch an die erfindung des eeg denken: das ist auch eine erfindung, die irgendwie aus einer zufälligen gleichzeitigkeiten resultiert (wenn man jetzt nicht an telepathie glaubt): der kerl, dessen name ich gerade vergessen habe, lag schwer verwundet in einem schützengraben im ersten weltkrieg, als seine mutter gleichzeitig schweißgebadet in ihrem bett aufwachte, und ihrem sohn einen brief zu schreiben begann, ob denn alles in ordnung sei ... auf jeden fall hat der besagte kerl daraufhin angefangen zu forschen, wie so was möglich sei, dass die mutter gleichzeitig an das dachte, was dem sohn gerade passierte, und er hat das gehirn auf elektrizität untersucht, wobei er beiläufig das eeg erfand. (und nein, telepathie ist nicht möglich.)
das geht jetzt vielleicht zu weit, vielleicht habe ich auch einfach nur zu starken kaffee getrunken, aber das ist doch mal eine idee, oder eine erfindung, die aus einer zufälligen gleichzeitigkeit gipfelt, oder?! musste jedenfalls daran denken ...

so war mein eindruck von der story - ich würde dir empfehlen, dir mal auszudenken, was man mit gesammelten gleichzeitigkeiten so machen könnte, um eine pointe, oder eine brückenszene zu der störke-ist-berühmt-zeit zu erfinden, denn sowas habe ich vermisst! aber wie gesagt, die grundidee ist klasse, und es liest sich auch bis zum letzten block gut runter.

zigga

 

Hallo Ernst!

Schade, dass Störke keine Botschaft erhielt. Dabei fing es so gut an:
„Meine Güte, ich werde noch verrückt“ +„Sollte sich die Lage nicht entscheidend ändern …
Aber dann? (und) die ringförmige Anordnung des Benzolmoleküls …
Ja, was ist denn damit? Vielleicht: aufgrund der Klimaerwärmung instabil werden oder was?

Okay, was am Ende herauskommt, scheint mir eine Persiflage auf Mumpitz-Esoterik-Pseudo-Sachbücher, deren Autoren und Erfolg zu sein, die hin und wieder die Bestsellerlisten erreichen.
Und sie führt einem zugleich vor, wie empfänglich man für so einen Scheiß ist.

Tja, ich finde die Story interessant, sie bietet schon Stoff zu Überlegungen, aber das Lesevergnügen ist nur kurz.

Lieben Gruß

Asterix

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo offshore,

mein Löffel Senf:

Deine Geschichte beschränkt sich gleich in zweifacher Hinsicht. Zum einen darauf, das Phänomen der Gleichzeitigkeit lediglich im Zusammenhang mit Sprache, sprachlichen Ereignissen zu behandeln; zum anderen darauf, nur den Erkenntnisprozeß, zu deutsch brainstorming, des Prots darzustellen.

Es folgt ein Bruch und der vielzitierte Schussabsatz über Störkes ungeheuren Erfolg, nach dessen Veröffentlichung der gesammelten Gleichzeitigkeiten.

Aber weshalb ereilte den Buchhalter des synchronen Zufalls ein solcher? Ich versuche mir vorzustellen, was in einem solchen Werk enthalten sein könnte, dass es sich die Massen ins Regal stellen wollen. Und gestehe, hier keinen Reiz mir erdenken zu können. Das muss doch unglaublich öde sein, so, als veröffentlichte jemand stattgefunden habende Glücksmomente und notierte Uhrzeit, Ort und Namen des Glücklichen. Der Reiz eines solchen Ereignisses liegt doch in seinem unmittelbaren Erleben, der sich einstellenden Verblüffung.

Und da ich das bestimmt so denken soll, handelt es sich um eine Satire, worauf mich ja schon der Titel schubsen soll, lehnt er doch an eine satirische Erzähling H. Bölls an.
Gut und schön.
Da schwimme ich gemütlich stromabwärts mit, und verlange nach mehr auf Basis dieser ansonsten tragfähigen Idee. Eine Erweiterung (kein Roman) des Phänomens resp. der Interaktion des Protagonisten mit demselben vllt, denn hast du Dir selbst einen hübschen Acker vorbereitet, ohne ihn mit bizzaren Schönheiten zu bepflanzen und den Leser etwas dumm mit der Giesskanne in der Hand herumstehen lassen.

Fehler habe ich übrigens nur einen gefunden, was darauf hindeuten könnte, dass "z.B." Friedel auch nicht mehr als 5 finden dürfte. Respekt!

Als nächstes bräuchte er wohl einen Zeitrahmen.

Ich lass das mal als Rätsel so steh'n. Hehe...
7miles

 

Hallo offshore,

der Titel gefällt mir ausgesprochen gut, aber das ist eine Geschichte, - um nicht Fingerübung zu sagen - die sich zu schnell aufs Papier geschlichen hat und der literarischen Verarbeitung davonläuft. Meine Vorredner haben die Problematik und die Möglichkeiten schon ausführlich aufgezeigt. Das Ende ließ auch mich enttäuscht vorm Bildschirm zurück.

Nicht mehr lange, dann kann ich wieder längere Kommentare schreiben, überhaupt welche verfassen. Überhaupt schreiben.

Beste Grüße
markus.

 

Hallo ernst

Zweifellos ist es eloquent geschrieben, die Geschehnisse, welche Dr. Störke unterlaufen. Thematisch ist es zwar nichts Neues, Worte oder Gedanken, die gleichzeitig auftreten. Er hätte seine Aufzeichnungen noch erweitern können, auf harmlose Vorahnungen die bei jedermann auftreten können, etwa dass er an jemanden denkt, den er seit Jahren nicht gesehen hat und ihm dann unverhofft in den nächsten Tagen über den Weg läuft. Auch solches hat seine reale Gegebenheit.

Dass es damit endet, dass er daraus einfach Profit schlägt, erscheint mir wie meinen Vorrednern recht mager. Es wäre beispielweise die Möglichkeit gegeben, dass die Synchronizität zu einem unerwarteten Ereignis führt, die Doppelung in etwa eine Art „Kurzschluss“ auslöst, der eine sonderbare Veränderung zur Folge hat.

Als kurzes Lesestück war es mir angenehm, aber leider nicht befriedigend in sich geschlossen. Da hast du dir wenigstens eine Denkaufgabe geschaffen, wie du deine Leser bei der Stange halten willst, indem sich das Offene erschliesst. :D

Schöne Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Schwups schrieb:
Mir fehlt da halt irgendwie eine Pointe oder sowas.

Mothman schrieb:
Was ist denn das für ein Ende für so einen wunderbaren Anfang!?
Also da bin ich Dir jetzt echt beleidigt.

zigga schrieb:
ich würde dir empfehlen, dir mal auszudenken, was man mit gesammelten gleichzeitigkeiten so machen könnte, um eine pointe, oder eine brückenszene zu der störke-ist-berühmt-zeit zu erfinden, denn sowas habe ich vermisst!

Asterix schrieb:
… aber das Lesevergnügen ist nur kurz.

7miles schrieb:
Deine Geschichte beschränkt sich gleich in zweifacher Hinsicht.

markus schrieb:
Das Ende ließ auch mich enttäuscht vorm Bildschirm zurück.

Anakreon schrieb:
… aber leider nicht befriedigend in sich geschlossen.

Servus Schwups, Mothman, zigga, Asterix, 7miles, markus, Anakreon,

hört ihr mich mit den Zähnen knirschen?
Natürlich nicht, ich knirsche ja auch gar nicht. Warum sollte ich?
Ich las eure Kommentare ganz leidenschaftslos, im unschuldigen Wissen darum, dass die 625 Wörter dieser Geschichte mir, dem Autor, im Laufe der letzten sieben Jahre in Form von Synchronizitäten einfach zugeflogen sind. In genau dieser Reihenfolge, ich schwör’s.
Hör auf mit dem Quatsch, offshore, sei ernst.“ (raunt mir mein Gewissen zu …)

Na gut:
Zufälle, also die vermeintlich sehr unwahrscheinliche Gleichzeitigkeit von kausal nicht Zusammenhängendem, haben mich schon immer fasziniert, aber eben nicht ihr quasi paranormaler Aspekt, den so viele darin zu erkennen vermeinen, sondern schlicht ihre eventuell mögliche mathematische Plausibilität bzw. Erklärbarkeit, bzw. die Tatsache, dass sie so unwahrscheinlich meistens gar nicht sind. Und die Gleichzeitigkeit von Gelesenem und im selben Augenblick Gehörtem verblüfft mich halt wirklich immer wieder. Das erlebt wohl jeder dann und wann. Na ja, und das war die Ausgangsidee für die Geschichte.
Jetzt ärgere ich mich natürlich, dass ich den Text so überstürzt gepostet habe, weil ich ja selbst wusste, was für gewaltiges, ungenutztes Nonsenspotential eigentlich noch drin schlummert.
Aber diesen Text gelang es mir wirklich nahezu aus dem Ärmel zu schütteln, und das war wie ein Wunder für mich. Vor allem nach diesem elend langen Kampf mit der Milo-Geschichte war es beinahe sowas wie ein kartharsisches Erlebnis, einfach unbeschwert und grinsend so vor mich hin zu schreiben, ohne großartig nachzudenken, ja, das hat mir einfach ungeheuren Spaß gemacht.

Also was ich sagen will, eure (in ihrer weitgehend übereinstimmenden Tendenz eigentlich erwartbaren) Kritiken ermuntern und bestärken mich, mir die Geschichte noch einmal ernsthaft vorzunehmen und sie gehörig zu erweitern.
Es wäre doch gelacht, brächte ich nicht auch das Wort Sessellift noch unter, das ich heute Morgen während einer U-Bahnfahrt in der Zeitung las, just in dem Augenblick, als die Zugdurchsage ertönte: “Nächster Halt: Sankt Nowotny am Sessellift.“


Vielen Dank euch allen,
offshore


PS @ Schwups

... lehnte sich zurück und versuchte sich auszumalen, wie oft ihm das in seinem Leben wohl schon passiert sei.

... schon passiert war

Mir scheint der Konjunktiv hier einfach passender zu sein, weil Störke sich ja nicht exakt erinnert, sondern sich es eben nur vorzustellen versucht, sozusagen spekuliert, Mutmaßungen anstellt. Hier bräuchten wir wohl Friedel als Schiedsrichter.

PS @ 7miles

Als nächstes bräuchte er wohl einen Zeitrahmen.
Ich lass das mal als Rätsel so steh'n. Hehe...

Ein substantiviertes Adjektiv, verdammter Mist! Als Nächstes schreib ich noch ernst klein. Hast gewonnen, 7miles, als Anerkennungspreis erhältst du von mir eine kostenlose Teilnahme an der globalen Klimaerwärmung.

PS @ markus

Nicht mehr lange, dann kann ich wieder längere Kommentare schreiben, überhaupt welche verfassen. Überhaupt schreiben.

Darauf freue ich mich schon. Deine Kommentare gehen mir wirklich ab.

 

offshore schrieb:
Also was ich sagen will, eure Kritiken ermuntern und bestärken mich, mir die Geschichte noch einmal ernsthaft vorzunehmen und sie gehörig zu erweitern.

Was ich hiermit tat. Es gibt jetzt eine beinahe doppelt so lange Neufassung mit einem gänzlich neuen Schluss.
Wir entschuldigen uns für die Strapazen.

offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Ernst

Meins ist es immer noch nicht. Du mogelst Dich weiterhin durch die Geschichte.
Und hier kann man es sogar direkt lesen:

Was hast du dir denn erwartet? Die Göttliche Komödie?
Antwort: JA! Oder irgendwas in der Art!

Versteh mich nicht falsch: Idee und Thema sind ausgezeichnet. Außerdem hast Du eine sehr angenehme Art zu schreiben, die den Leser zu fesseln weiß.
Aber ich vermisse Fabulierkunst!

Mein Rat an Dich: Schreib eine dritte Fassung, vergiss wissenschaftliche Rationalität, Quantenphysik und weiß der Geier was noch und lass stattdessen Deine Phantasie sprudeln!
Das Thema erlaubt doch unzählige Möglichkeiten! Da muss man doch einfach aus dem Vollen schöpfen!

 
Zuletzt bearbeitet:

Was hast du dir denn erwartet? Die Göttliche Komödie

Antwort: JA! Oder irgendwas in der Art!
Mein Rat an Dich: Schreib eine dritte Fassung, [ … ] Das Thema erlaubt doch unzählige Möglichkeiten! Da muss man doch einfach aus dem Vollen schöpfen!

Vielen Dank, Mothman,
für deine nochmalige Beschäftigung mit dem Text. Die Lehre, die ich in erster Linie aus deinen beiden Kommentaren, und natürlich auch aus denen der anderen ziehe, ist die, dass ich meine Ungeduld wieder zügeln werde. Meine bisherige Schreibstrategie war vermutlich die vernünftigere, es zeitigt offensichtlich bessere Ergebnisse, monatelang mit und um einen Text zu ringen, als ihn binnen zweier Tage aufs Papier zu fetzen.

Idee und Thema sind ausgezeichnet.

Da stimme ich dir zu. Und aus der Geschichte ist vermutlich wirklich noch jede Menge rauszuholen, viele Aspekte, die sich mir spontan aufdrängen, habe ich im Text ja noch kaum gestreift, das Gesetz der großen Zahl, die Debatte Bayesianer vs. Frequentisten, die intransitive kollektive Präferenzrelation, usw., diesen ganzen Kram eben.
Daraus sollte sich doch wirklich was Größeres machen lassen, ganz zu schweigen von der kleinen Mira und dem Märchen von Ernst Stoppelbart …

Reden wir in ein paar Monaten weiter, Mothman.


offshore

 

Hallo ernst

Mein zweiter Eindruck, der Text ist besser geworden. Du deutest mal eine Richtung an, in die das ganze gehen kann, das hab ich ja in meinem ersten Kommentar vermisst.

Aber: wo ist denn jetzt die Geschichte? Das ist eine Idee, die du im zweiten Abschnitt präsentierst, so eine Art alles hängt mit allem zusammen. Das ist sicher spannend, auf was man da so alles kommen kann (gab es nicht auch mal die Theorie irgendwo, dass jeder Mensch dieser Welt jeden anderen über nur sechs Ecken kennt?). So, in der Form, wie es jetzt dasteht, ist das mehr wie eine Notiz an dich selbst. Mach was draus. Bau eine Geschichte drumherum.

Ich warte auch ein paar Monate :)

Grüsse,
Schwups

 

Hallo ernst,

ich wollte endlich mal was von dir kommentieren. :)

Ich hatte schon mal einen Blick auf die Geschichte geworfen, da hatte sie noch ein anderes Ende, wo der Dr. Störke ein Buch daraus gemacht hat und reich geworden ist. Jetzt ist der Schluss anders, aber ich würde nicht unbedingt sagen, besser. Mir geht's ähnlich wie Schwups, es fehlt irgendwie der Gesamtzusammenhang.

Also die Idee finde ich wunderbar, und den Titel auch, besonders das "gesammelte Gleichzeitigkeiten". Ich fände es auch gut, wenn die Geschichte darauf konzentriert bleibt, also auf die Gleichzeitigkeiten, und dann nicht anfängt, Zusammenhänge zwischen allem und jedem im Universum herzustellen (auch wenn es mich immer erfreut, wenn irgendwo unverhofft die 42 auftaucht :)).

Ich finde den Anfang sehr schön, die Szene mit seiner kleinen Nichte, da bin ich sofort für den Dr. Störke eingenommen. Und wie er dann diese statistischen Überlegungen anstellt, das mochte ich auch. Das erwartet man ja nicht unbedingt, dass so was in einer Geschichte funktioniert, aber ich fand das sympathisch, weil das so Dinge sind, über die sich wahrscheinlich jeder irgendwann mal zwei Minuten lang Gedanken macht, aber diese Zielstrebigkeit und Entschlossenheit, solchen Sachen auf den Grund zu gehen, obwohl man unheimlich viele Parameter nicht kennt, die haben die meisten Leute halt nicht (gut, die Zeit dafür wahrscheinlich auch nicht :p).

Aber dann gegen Ende, da fehlt halt irgendwie noch eine zündende Idee, die die ganze Geschichte zusammenhält.

Als ich deine erste Version gelesen hatte, dachte ich mir: Ich hätte erwartet, dass in dem Moment, wo der Dr. Störke sein Buch veröffentlichen will, jemand anderes ein Buch herausbringt, das auf genau der gleichen Idee basiert. :)

Nun ist es bei so einer abgefahrenen Idee vielleicht nicht unbedingt das beste, wenn die Geschichte so endet, wie man es erwartet. Aber irgendsowas in der Richtung, eine Pointe, das fehlt mir halt noch.

Ansonsten ist das wirklich ein sympathischer Text, der gute Laune macht.

Grüße von Perdita

 

Servus Perdita,

ich wollte endlich mal was von dir kommentieren.

Und dann suchst du dir dafür ausgerechnet meine albernste Geschichte aus? Na ja, selber schuld.

Ich fände es auch gut, wenn die Geschichte darauf konzentriert bleibt, also auf die Gleichzeitigkeiten, und dann nicht anfängt, Zusammenhänge zwischen allem und jedem im Universum herzustellen.

Na ja, das war halt mein grundsätzliches Problem bei dieser Story, dass ich nicht recht wusste, wo ich mit ihr überhaupt hin will. Natürlich ist es reizvoll, sich absolut seriös und rational mit dem Phänomen Zufall zu beschäftigen, wie es Störke tut, nur, wo soll das, über endlose Rechnerei hinaus, dann hinführen?

auch wenn es mich immer erfreut, wenn irgendwo unverhofft die 42 auftaucht.

Tja, das war beim Schreiben insofern witzig, weil sich die Zahl sozusagen eigenmächtig in den Text geschmuggelt hat. Meine (bzw. Störkes) ursprüngliche gedankliche Verknüpfungen liefen ja nur von Ransmayr über Norbert Gstrein zu Bernhard Gstrein, aber als ich dessen Lebenslauf in Wikipedia nachlas, stand dort doch tatsächlich, er habe in seiner Weltcup-Karriere 42 Top-Ten-Platzierungen erreicht. Das musste ich natürlich verwenden, weil es ja mittlerweile zum allgemeinen Bildungskanon gehört, zu wissen, was es mit dieser Zahl auf sich hat. Und ab da gab‘s dann für mich kein Halten mehr, ich blödelte einfach nur mehr so vor mich hin, die nachträglich angefügte Dialogsequenz ist ja eigentlich purer Quatsch. Sie entspricht nur insofern meiner ungefähren Erzählabsicht, dass sie zeigen soll, wie der anfänglich so vernünftige Störke dieser Suche nach Synchronizitäten quasi verfällt, in jeglicher zufälligen Übereinstimmung von was auch immer Kausalität zu entdecken vermeint und schließlich irre wird.
Das war halt eine Möglichkeit. Eine andere wäre gewesen, dass sein Sammeln von Gleichzeitigkeiten wirklich einen sinnvollen Text ergibt, der dann eben zu einem Bestseller wird, Störke allerdings wiederum verrückt werden lässt, weil er als strenger Rationalist es nicht hinnehmen kann, dass es derartig unwahrscheinliche Zufälle gibt. Und in dieselbe Kerbe schlägt ja auch deine Idee, Perdita:

dass in dem Moment, wo der Dr. Störke sein Buch veröffentlichen will, jemand anderes ein Buch herausbringt, das auf genau der gleichen Idee basiert.

Oder nicht nur auf der gleichen Idee basiert, sondern vollkommen ident mit Störkes Buch ist …

Also die Idee finde ich wunderbar.
Nun ist es bei so einer abgefahrenen Idee vielleicht nicht unbedingt das beste, wenn die Geschichte so endet, wie man es erwartet. Aber irgendsowas in der Richtung, eine Pointe, das fehlt mir halt noch.

Aber merkst du, Perdita, dass man als Autor bei der Beschäftigung mit diesem Thema sich auf verdammt dünnes Eis begibt? Erst fand ich die Idee ja auch wunderbar, je länger ich darüber nachdachte, umso hirnsträubender erschien sie mir dann allerdings. Und weil ich nicht selbst dem Irresein anheimfallen wollte, stahl ich mich dann einfach aus der Geschichte und ließ sie in dieser zugegeben etwas unbefriedigenden Version auf die Menschheit los. Mea culpa.
Aber vielleicht nehme ich sie mir beizeiten wirklich noch einmal vor.

Ansonsten ist das wirklich ein sympathischer Text, der gute Laune macht.

Psychologisch sehr geschickt stellst du diesen Satz ans Ende deiner Kritik und entlässt mich, den Autor, sozusagen mit einem ganz breiten Grinsen.
Vielen Dank, Perdita.

 

Hallo offshore,
Deine Idee hat mir gefallen, so habe ich die ganze Geschichte gelesen und die hat mir dann auch gefallen.
Hier bin ich jedoch hängengeblieben:

Stünde nämlich unendlich viel Zeit zur Verfügung, wäre auch die Wahrscheinlichkeit unendlich hoch, das war eine Binsenweisheit.
Wie stellst Du Dir die unendliche Wahrscheinlichkeit vor? Überwahrscheinlichkeiten? Die Wahrscheinlichkeit auf einem Möbiusband? ... ... ? Ist das Ereignis ständig da? Eine Paradoxie für eine neue Geschichte? Eine Wahrscheinlichkeit > 42?
Wenn der Satz hiesse: "Stünde nämlich unendlich viel Zeit zur Verfügung, wäre die Wahrscheinlichkeit eins, das war eine Binsenweisheit", wäre das für Dich zu einfach und doch langweilig.
Bin mal gespannt auf Deine Version, die Wirklichkeit in der Geschichte!
Viele Grüsse
Fugu

 

Du machst misch fertisch - offshore,

Aber gut, wo sie jetzt schon mal hochgeholt wurde, sag ich auch was. Ich zitiere Dich (Antwort Perdita)

... dass man als Autor bei der Beschäftigung mit diesem Thema sich auf verdammt dünnes Eis begibt? Erst fand ich die Idee ja auch wunderbar, je länger ich darüber nachdachte, umso hirnsträubender erschien sie mir dann allerdings. Und weil ich nicht selbst dem Irresein anheimfallen wollte, stahl ich mich dann einfach aus der Geschichte und ließ sie in dieser zugegeben etwas unbefriedigenden Version auf die Menschheit los. Mea culpa.

Ja, so fühlt sich die auch an :D und sei doch ehrlich, Du willst nur nicht allein verrückt werden und deshalb nimmste uns alle mit ins Boot.
Viel muss man zu dem Gauklerstück jetzt nicht sagen. Kann auch nichts sagen, was Du nicht ohnehin schon weißt. Außer:

Aber vielleicht nehme ich sie mir beizeiten wirklich noch einmal vor.

oh oh

und:

„Ja eh. Was hast du (dir) denn erwartet? Die Göttliche Komödie? Ich hab ja erst im Februar angefangen. Und ich achte ja auch nicht immer drauf.(Kein Punkt) … Und diese ganzen Hilfsverben zum Beispiel, bin, sein, haben, was weiß ich, und erst die Konjunktionen, und, aber und so Zeug, das schreib ich ja gar nicht auf. Ich würde ja verrückt werden.“

Ich hab aber auch was aus der Geschichte gelernt. Pass auf, ich hab gelernt, der Ernst kann voll albern sein ;).

Beste Grüße, Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus Fugu

Fugusan schrieb:
Wie stellst Du Dir die unendliche Wahrscheinlichkeit vor?
(Verdammt, wie soll ich mich da jetzt rausreden?)
Ähh … als unendliche Wahrscheinlichkeit bezeichnet man eine Wahrscheinlichkeit von 1 hoch unendlich -1.
Hmm, oder vielleicht einfach als das exakte Gegenteil der unendlichen Unwahrscheinlichkeit? Überdies könnte man sie als ein approximativ probabilistisch-poetisches Phänomen betrachten, zumindest auf subatomarer Ebene, also gewisse quantenmechanische Vorgänge lassen deine Frage

Ist das Ereignis ständig da?
müßig erscheinen.
Nicht ein Ereignis ereignet sich ständig, sondern alle nur denk- und denkunmöglichen Ereignisse (also ungefähr 10 hoch unendlich -1) finden nicht nur gleichzeitig, sondern auch überall statt, und wenn nicht hier, dann vermutlich dort, also in den zahllosen Paralleluniversen, ob diese nun nur ein Molekül weit entfernt sind oder 6 x 7 hoch unendlich - 1 Lichtsekunden, weil möglicherweise alles, was die Naturgesetze nicht dezidiert ausschließen, zwangsläufig der Fall ist. Genau, das nennt man unendliche Wahrscheinlichkeit … Soweit alles klar?

Danke, Fugu, fürs Hervorkramen dieses „Gauklerstücks“ (© Fliege)


Fliege schrieb:
Ich hab aber auch was aus der Geschichte gelernt. Pass auf, ich hab gelernt, der Ernst kann voll albern sein.
Welch hellsichtige Erkenntnis, liebe Fliege. Und ja, das Gras ist grün.

Danke für deine Aufgeschlossenheit gegenüber offshoreschem Unernst.

offshore

 

Lieber ernst offshore,
natürlich sind solche Gleichzeitigkeiten verblüffend und es wäre schön, dahinter eine Weltformel zu entdecken. Was wäre gewonnen? Ein Stückchen mehr an Sicherheit. Wenn das, was wir Zufall nennen, zur Berechenbarkeit wird, wäre das Leben voraussehbarer und planbarer und glücklicher.
Leider hat dein Störke keine esoterische Ader, sonst sähe er den Beelzebub am Himmel oder in der Hölle, der daran arbeitet, dass alle Menschen in der selben Sekunde „ Die Krim gehört zu Russland“ hören, sprechen, lesen und denken: Wie friedlich wäre es dann.
Aus dem Wunschtraum der Zurgleichenzeiteinwörterwelt grüßt
herzlichst
Wilhelm Berliner

 

Servus Wilhelm,
auch dir danke fürs Lesen und deinen wohlwollenden Kommentar. Ich finde es immer witzig und gleichzeitig erfreulich, wenn sich Leser auch über einen an sich hanebüchenen Nonsenstext Gedanken machen, bzw. Sachen darin entdecken und sich den Kopf darüber zerbrechen, die fern meiner, des Autors, Intention lagen.

Grüße von offshore, der bedauerlicherweise nicht mit einer schlüssigen Weltformel aufwarten kann.

 

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