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Dried up, tied up

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21.10.2009
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Dried up, tied up

Der nasse Regen prasselte in ihr Gesicht, als sie auf der leeren Straße stand und versuchte zu lesen. Dicke Tropfen fielen dabei auf die vergilbten Seiten und ließen schwarze Flecken dort zurück, wo hätten Buchstaben sein sollen.
Sie las:
„>>Sie lebten von Sirup<<, sprach der Siebenschläfer nach ein, zwei Minuten des Nachdenkens.
>>Das kann nicht gut sein>>, bemerkte Alice sanft. >>Davon wären sie ja krank geworden.<<
>>Das waren sie auch<<, sprach der Siebenschläfer; >>schwer krank.<<“

Anmerkung: Caroll, Lewis: Die Alice Romane. Reclam Reihe, S. 84

Eine eigenartige Stimmung übermannte sie, gepaart mit einer Spur Melancholie, die in Selbstmitleid zu münden drohte und beständig tropfte es von oben auf sie herab.
Nichts, als eine Bestätigung empfand sie im warmen Sommerregen, der sie, wie sie glaubte, nur zu ärgern gewillt war.
Dennoch ließ sie sich von ihm nicht aufhalten. Sie war ein Mensch, der Kapitulation als Geißlung empfand.
Minuten vergingen, die Worte verschwammen und das Papier weichte durch, doch der Bus kam nur mit Verspätung.
Sie stieg wie gewohnt ein, zeigte wie gewohnt ihre Fahrberechtigung und hörte das rostige Kreischen der Türen, die hinter ihr zufielen, während sie durch den Bus schritt und nach einem Platz suchte. Alles ganz gewöhnlich, dachte sie und erneut hatte sie das Gefühl, an Selbstmitleid ersticken zu müssen.
Während sich die schweren Räder in Bewegung setzten, fuhr sie sich durch das feuchte Haar und zupfte die klebrigen Strähnen so gut es ging zurecht.
Außer ihr hatten drei weitere Personen Platz genommen, die sie nicht zur Kenntnis nahmen.
Dafür hatte sie sie bemerkt. Ein Mann und eine junge Frau unterhielten sich angeregt über das Wetter. Eine vermeintlich Belanglose Unterhaltung, die beide Seiten zu befriedigen schien. Sie lächelten sich unentwegt an und sahen glücklich aus, ganz anders, als die grauen Straßen am regnerisch warmen Sommerabend.
Wer braucht schon Freunde, dachte sie und versuchte sich ein Lächeln auf die Lippen zu erpressen. Doch wo nichts war, konnte nichts kommen. Sie hatte Mühe, nicht mit dem Himmel zu weinen. Etwas weiter abseits lockerte gerade ein Mann den Bund seiner Hose.
Er war übergewichtig und roch nach einem nassen Hund. Manchmal musste er kurz niesen. Dann hielt er sich die wulstigen Finger vor den Mund, kniff seine Augen zusammen und ließ seiner Erkältung freien Lauf.
Oder war es vermutlich eine Allergie? Im Sommer litten viele Menschen an Heuschnupfen. Sie nicht.
Wenigstens das ist mir erspart geblieben, dachte sie wehmütig, neutral, keinesfalls glücklich. Wer sollte darauf schon stolz sein?
An der dritten Station stieg sie aus. Das Buch hatte sie sich unter die Achseln geklemmt, es sollte nicht nass werden. Ein kurzer Blick nach links, einer nach rechts, der Vorsicht halber, auch wenn der Gehweg vor der Haltestelle menschenleer war. Wer sollte auch bei diesem Wetter nach draußen gehen, dachte sie und sah an sich herunter. Die Busfahrt hatte sie nicht trockener gemacht, aber das wäre auch nicht nötig gewesen, jetzt wurde sie von neuem durchnässt. Hinter ihr wurden die Türen quietschend geschlossen, der Bus setzte zum Fahren an.

Was für eine elendige Woche, sprach sie in sich hinein. Alles grau in grau, von triefender Langeweile durchweicht und nichts, aber auch gar nichts, an dem man sich hätte erfreuen können. Geschweige denn jemals erfreuen würde, korrigierte sie sich seufzend.
Es dunkelte bereits und es wurde Zeit zu gehen. Sie hatte noch eine Verabredung. Dabei trug sie dieses neues gelbe T-Shirt und eine passende Jeans. Früher hätte sie nur schwarz getragen, heute wollte sie sich einwenig fügen. Ob ihm die Sachen gefallen würden, dachte sie. Und einwenig war es ihr egal. Dennoch trägst du das, was ihm entspricht, nicht dir. Und vermutlich war es die Wahrheit, aber Wahrheit war auch, dass sie sich in ihrer alten Kleidung nicht mehr wohl fühlte. Sie hatte sie abgestoßen, wie eine zweite Haut und wollte sie sie doch tragen, so fühlte sie sich fremd darin.
Genauso fremd, wie sie sich jetzt fühlte, so, wie sie dastand in ihrem gelben T-Shirt und der blauen Jeans. Früher hätte sie eine schwarze getragen, aber irgendwie passte das alles nicht mehr zu ihr. Sie wollte nicht mehr so düster wirken. Wahrscheinlich hat sie es auch nie getan, auch wenn es ihr stets das Gefühl gab, irgendwo dazu zu gehören. Der Gedanke daran jetzt noch schwarz zu tragen, war einer, der sie in gewisser Weise aufwühlte. Sie kam sich so verlogen dabei vor. Fast so, wie in ihrem gelben T-Shirt, das ihr in dem einen Moment stand, im anderen wieder nicht. Dafür war ihre Mutter froh, dass sie es trug, und er würde es sicherlich auch sein. Sicherlich hat er etwas gegen schwarz, sonst hätte sie es längst an ihm gesehen. Die Farbe, die eigentlich keine ist, war immer etwas wie eine Hülle für sie. Früher dachte sie, es würde sie einengen, während es sie immer viel zu frei und unzugänglich für die Außenstehenden wirken ließ. Heute, so ganz ohne, fühlte sie sich nur nackt und fremd und irgendwie nicht wie sie selbst, auch wenn sie bemüht war, sich anzupassen. Nach dem Abstreifen der Hülle kamen soziale Kontakte, Freunde, auch ein Freund, der sie liebte und den sie liebte. Manchmal. Und wenn, dann sehr intensiv. Eigentlich immer, und doch an manchen Tagen weniger und manchmal war sie ihn sogar überdrüssig. Das waren eigenartige Tage, an denen sie nicht an ihn denken wollte, und es gegen Abend dann doch tat. Dann vermisste sie ihn, und war er da, wollte sie gehen. Manchmal, selten. Aber es kam vor.
Es war gut ihn zu haben, dachte sie. Er hatte sie neues kennen lernen lassen, und das war auch gut. Er brachte ihr neue Musik mit, die sie ihre alten, erinnerungsvollen Lieder beinah vergessen ließ und seit sie ihn hatte, war sie irgendwie anders. Ihre Mutter sagte, sie wäre zu einem angenehmeren Menschen geworden und manchmal glaubte sie selbst auch, dass sie die Fähigkeit zur Kommunikation erst durch ihn erlernt hatte, wenngleich er selbst nicht der kommunikativste Mensch war. Dennoch hatte er Vorzüge in ihr geweckt. Nicht umsonst fiel es ihr nun deutlich einfacher auf Leute zuzugehen. Nicht, dass diese Leute zu ihren Freunden wurden, Freunde hatte sie genug, wie sie fand, aber sie sprachen mit ihr und auch wenn sie sich von Zeit zu Zeit doch wünschte, dass sie ihre Freunde werden würden, begnügte sie sich am nächsten Abend doch mit dem Gedanken, nur mit ihnen gesprochen zu haben und war glücklich, wenngleich auch nicht erfüllt, aber glücklich. Problemfrei hatte er sie auch gemacht. Es gab, seit er sie zum ersten Mal geküsst hatte, nur wenige Momente, die sie verzweifeln ließen und sie dachte auch nicht mehr so viel nach, weil er es nicht gern hatte, wenn sie zu viel nachdachte. Manchmal glaubte sie, das würde ihn nur überfordern, aber wahrscheinlich lag es nur daran, dass es ihn langweilte und nervte, wenn sie versuchte, ein Problem durch ewige Diskussionen aus dem Weg zu räumen. Dann nahm er dem Problem einfach seinen Wert und damit war die Diskussion abgebrochen. Ein einfaches und stressfreies Verfahren, aber es befriedigte sie nicht immer. Dennoch liebte sie ihn, sie liebte ihn sehr, auch für seine Wortkargheit und seine teils naive Weltanschauung. Es hatte etwas, das sie nicht beschreiben konnte. Wahrscheinlich liebte sie ihn auch gar nicht deswegen, sondern überwiegend weil er ihr das Gefühl gab, etwas wert zu sein. Das hatte ihr früher niemand vermittelt, dennoch war sie glücklich gewesen, auf ihre Weise und war es immer noch, wenn sie daran dachte. Meist dachte sie daran, wenn sie Musik hörte, ihre Musik, und Bücher las, die er nie angefasst hätte. Musikalische Nachtgedanken versetzen sie stets in eine tiefe Phase der Nostalgie, in der sie noch trug, was sie tragen wollte und sich gut fühlte, verdammt gut. Heute bräuchte sie Tage, um sich durch Kleidung dieses Gefühl zu verschaffen. Und egal wie viel sie kaufte und an sich trug, egal, wie viel Geld sie für ihren Teil an der Konsumgesellschaft ausgab, sie konnte einfach nicht aufhören, sich unwohl zu fühlen. Selbst in diesem T-Shirt, das verdammtnochmal gut an ihr ausgesehen hatte im Laden, einwenig Farbe war gut, es stand ihr gut, und alle würden es bestätigen. Schwarz wäre sicher, und vielleicht auch gut, aber es würde ihr nicht stehen.
Tut das hier doch auch nicht, dachte sie, während sie nervös versuchte an ihrem Shirt zu zupfen, damit es ihr nicht ständig über den leicht pummeligen Bauch rutschte und langsam fühlte sie, wie sie ins Schwitzen kam, auch wenn es regnete und einwenig kühl war. Das ganze machte sie nervös, sicherlich würden sich gleich wieder Schweißflecken abzeichnen. Das wäre in Schwarz nicht passiert. Warum hatte sie sich überhaupt für das Gelb entschieden? Um anders zu wirken? Neues auszuprobieren? Sie kam sich so lächerlich und verloren vor. Wer war sie eigentlich? Was wollte sie? Jedes Mal im Laden das selbe Problem: von dem, was ihr stand, hatte sie genug, und für neue Dinge fehlte ihr nicht der Mut, sondern die Vorstellungskraft. Sie hasste sich dafür, für ihre nervige Hin- und Hergerissenheit zwischen dem, was war, und dem was sein sollte. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sich das mulmige Gefühl in ihrem Magen jemals legen würde und dass sie eines Tages sagen könnte: ja, das ist mein Stil. Sie hatte keinen. Sie war lediglich stets die Kopie einer Imitation gewesen, nicht mehr. Immer imitierte sie Leute, die wiederum andere Leute zum Vorbild hatten und nie hatte sie etwas Eigenes. Wie soll man sich etwas Eigenes schaffen, wenn das Talent fehlt? Sie konnte weder singen, noch schreiben, noch malen. Jede Form des Ausdrucks war ihr verwehrt, blockiert durch ihren Mangel an Talent. Sie hätte es sich selbst beibringen können, irgendwann, aber sie verlor immer so schnell die Geduld. Und gerade war sie wieder dabei in ihr Selbstmitleid zu tauchen. Dabei vergaß sie die Verabredung am Abend vollkommen. Es blieb gerade mal Zeit, sich umzuziehen, aber nicht mehr zu duschen. Das würde sie auf den nächsten Tag verschieben und das war ihr nur recht, sie hätte es eh gemacht, nach den Alkoholexzessen, die ihr am Abend bevorstehen würden. Die einzige Art Spaß zu haben liegt auf dem Grund einer Flasche „Sauren“, dachte sie. Auch das hatte er ihr in gewisser Weise beigebracht. Sie war beschämt so über ihn zu denken, dennoch wusste sie tief in sich, dass es der Wahrheit entsprach. Wie so vieles andere auch, dass sie sich nicht zu denken traute, weil sie Angst davor hatte. Und weil sie es nicht in Worte fassen konnte. Also blieben ihr heute die kurzen Gedankenstücke, wenn sie diese heute Nacht nicht schon wieder vergessen würde. Zumindest an diesem Tag, bis zur nächsten Dröhnung Sehnsucht und Erinnerungen in musikalischer und visueller Form.
Es war doch alles… Sie verbarg den Gedanken, traute sich nicht ihn fortzuführen.
Tief in ihrer Hosentasche, der Tasche ihrer neuen blauen Jeans, die ihr nur knapp bis zum Bauch reichten, weil es die Mode nicht anders zuließ, erwühlte sie den Schlüssel und betrat die Wohnung. Und draußen sang der Regen unentwegt sein Lied.


Anmerkungen:
Titel bezieht sich auf einen Song von Marilyn Manson.
Dried Up Tied And Dead To The World, Antichrist Superstar.
Label: Interscope (Universal)
15.Oktober 1996

 
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Moikka,

na, Dein Angel with the Scabbed Wings ist doch nur tied up and dead to the world, aber bei dem Regen dried up? Spaß beiseite, ich verstehe gut, was gemeint ist, aber: Das Zitieren, gerade wenn wörtlich wie hier, und sogar wenn es nur übernommene Ideen wären, benötigt eine Urheberangabe! Gleiches gilt für das Buch (das ich nicht erkenne), falls Du Dir diesen Teil nicht selbst ausgedacht hast.
Und hier gehört "Tied" groß geschrieben. Das verhält sich mit englischen Titeln anders als deutschen.

Ok, grumpf, Einstieg nicht so elegant, obwohl der Verweis sehr hübsch ist.

Den Anfang habe ich noch ganz gern verfolgt, obwohl Du sehr viel Worte um wenig Aussage machst, was schnell nervt.
Nur als Bsp:

Alles grau in grau, von triefender Langeweile durchweicht und nichts, aber auch gar nichts, an dem man sich hätte erfreuen können. Geschweige denn jemals erfreuen würde, korrigierte sie sich seufzend.
in der sie noch trug, was sie tragen wollte und sich gut fühlte, verdammt gut. Heute bräuchte sie Tage, um sich durch Kleidung dieses Gefühl zu verschaffen. Und egal wie viel sie kaufte und an sich trug, egal, wie viel Geld sie für ihren Teil an der Konsumgesellschaft ausgab, sie konnte einfach nicht aufhören, sich unwohl zu fühlen. Selbst in diesem T-Shirt, das verdammtnochmal gut an ihr ausgesehen hatte im Laden, einwenig Farbe war gut, es stand ihr gut, und alle würden es bestätigen.
Sie war lediglich stets die Kopie einer Imitation gewesen, nicht mehr. Immer imitierte sie Leute, die wiederum andere Leute zum Vorbild hatten und nie hatte sie etwas Eigenes. Wie soll man sich etwas Eigenes schaffen, wenn das Talent fehlt? Sie konnte weder singen, noch schreiben, noch malen. Jede Form des Ausdrucks war ihr verwehrt, blockiert durch ihren Mangel an Talent. Sie hätte es sich selbst beibringen können, irgendwann, aber sie verlor immer so schnell die Geduld. Und gerade war sie wieder dabei in ihr Selbstmitleid zu tauchen.
Könnte man alles auf den Punkt bringen, und nicht Leser so mit durch den ganzen Prozeß schleifen.

Insgesamt bin ich nicht begeistert: Man braucht keinen riesen langen Absatz, um zu beschreiben, warum jemand welche Klamotten trägt (woa, von Schwarz auf Gelb, ein Grauen, welche Abgründe stecken dahinter?) Der inneren Logik Deiner Figur kann ich nicht folgen, hier wird zu viel vermischt: Sie hat sich von den schwarzen Sachen abgewendet, weil sie plötzlich den Druck verspürt, "normal" zu sein. Wieso? Wegen dieses Kerls? Was sieht sie denn in ihm, wenn er sie so ablehnt, wie sie ist, warum bewundert sie bei ihm das, was sie sonst verachtete? Warum gibt er sich mit einem introvertierten Gothic-Schneckchen ab, wenn er auf sowas nicht steht? Kann ich nicht nachvollziehen, wird mir hier nicht vermittelt.
Und seit wann ist Schwarz nicht schon längst mainstream? Bill Kaulitz muß doch zu irgendwas gut sein. Spielt die story irgendwo in den USA außerhalb New Yorks? Ansonsten glaube ich das so nicht, oder gab es in Deutschland einen backlash, den ich übersehen habe?

Zum Anderen: Leise lese eine Kritik am gesellschaftlichen Normierungswahn heraus, aber dann verfällst Du als Erzähler selbst ins Klischee: Sie trägt Schwarz, also ist sie depri, motivationslos, ohne Selbstbewußtsein ... och mann, nee!

Und bleibst genau da am Ende stecken. Alles Scheiße deine Elli? Und nu?

Sori, daß es von mir nur Nörgelei gibt, vllt können andere mehr damit anfangen.
Heippa hei,
Katla

 

Liebe Katla,

vielen Dank für dein Feedback.
Ich werde einen Verweis auf das Buch einfügen (hierbei handelt es sich übrigens um "Alice im Wunderland"), sobald ich es in meinem Regal gefunden habe.
Was den Titel angeht, wusste ich nicht, dass man auch hierfür eine Urheberrechtsangabe braucht, schließlich habe ich ihn nicht vollständig zitiert und war der Ansicht, dass diese vier Worte nicht unter Copyright stehen. Lasse mich natürlich gerne eines besseren belehren und werde auch hierfür einen Verweis einfügen.
Zu deinen anderen Kritikpunkten würde ich gerne etwas sagen:

diesen Text habe ich vor etwa fünf Jahren verfasst, da hatte ich noch keine Ahnung von einem Bill Kaulitz, damals war Schwarz zwar aktuell, aber eben nicht so im Trend, wie es heute der Fall ist, weshalb sich meine Kurzgeschichte nicht auf eine Kritik zum Normierungswahn bezieht, sondern viel mehr jemanden darstellt, der seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat. Die vielen Worte, die ich benutze, statt Aussagen auf den Punkt zu bringen, stellen dabei die Gedankenwelt dar, die von Unsicherheit und Zweifeln geprägt ist, wie es eben in jungen Jahren oft der Fall ist, wenn man noch nicht weiß, was man vom Leben will, was einem gefällt und was einem steht (ja, auch die Garderobe ist ein großes Problem im Teenageralter, gibt sie doch die Persönlichkeit in gewisser Weise wieder, deshalb fand ich den Teil über den Wechsel von schwarz zu gelb wichtig. Das sollte zeigen, wie schwierig es ihr fällt, eine Identität zu formen, in der sie sich wohl fühlt.)

Sie hat sich von den schwarzen Sachen abgewendet, weil sie plötzlich den Druck verspürt, "normal" zu sein. Wieso? Wegen dieses Kerls?
Ich glaube du siehst das Ganze zu gesellschaftskritisch. Von Kritik an der Gesellschaft ist aber an keiner Stelle die Rede. Ich beziehe mich eigentlich nur auf den inneren Konflikt des Individuums mit sich selbst. Will sie sich anpassen oder will sie einer "Szene" angehören? Mal fühlt sie sich in schwarzem Petticoat wohl, mal hat sie Angst, zu sehr aufzufallen. Da ist kein Druck von Außen, der auf sie einwirkt. Das Einzige, das ihr bei ihren Entscheidungen im Weg steht, ist sie selbst.

Was sieht sie denn in ihm, wenn er sie so ablehnt, wie sie ist, warum bewundert sie bei ihm das, was sie sonst verachtete?
Tut er das wirklich oder glaubt sie nur in ihrer Unsicherheit, ihm nicht gefallen zu können?
Ich zitiere kurz:
Sicherlich hat er etwas gegen schwarz, sonst hätte sie es längst an ihm gesehen.
Tut mir leid, wenn es nicht deutlich wurde, ich wollte damit nur andeuten, dass er ihr eigentlich keinen Grund für diese Gedanken gegeben hat, sie nimmt es trotzdem an, weil sie ihn nur in "normaler" Kleidung kennt und davon ausgeht, dass er dementsprechend auch von ihr möchte, dass sie sich so anzieht. Aber gesagt wird das im Text doch nicht, oder?
Ansonsten korrigiere ich das.

Sie trägt Schwarz, also ist sie depri, motivationslos, ohne Selbstbewußtsein
Kann man natürlich so auffassen, gemeint ist es aber nicht als ein Klischee. "Depri" und "motivationslos" ist sie nicht, weil sie schwarz trägt, sondern weil sie in einer jungen Phase ihres Lebens steckt, in der man eben nicht so leicht mit sich und der Umwelt zurecht kommt.
Das Schwarze ist für sie eine Hülle, die sie auf ihrem Selbstfindungstripp (das hört sich jetzt sehr esoterisch an :D ) ausprobiert, kein Vorwand, um Klischees zu verwirklichen :)

Ich hoffe du verstehst, worauf ich hinaus will.
Bin dir jedenfalls sehr dankbar für deine Kritik. Ich fand es interessant zu lesen, welchen Eindruck der Text hinterlässt. Zwar bin ich etwas enttäuscht, dass die Aussage nicht durchkommt, aber dann hätte ich mich wohl einfach besser ausdrücken sollen.

Aber zu einer Sache muss ich noch etwas sagen:

Kann ich nicht nachvollziehen, wird mir hier nicht vermittelt.

Ich weiß, dass viele Aspekte nicht deutlich genug werden, weil ich Dinge nicht direkt hinschreibe und oft darum herum rede, aber ich bin der Ansicht, dass man immer noch Spielraum lassen sollte, damit der Text sich individuell in den Köpfen entwickelt, damit man sich seine eigenen Antworten auf die Fragen geben kann und nicht alles serviert bekommt. Vielleicht bin ich die einzige mit dieser Meinung, doch lese ich solche Texte weitaus lieber und versuche auch mit meinen Geschichten ähnlich vorzugehen.

Ganz liebe Grüße,
scabbed

 

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