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Du bist mein Hund

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21.04.2004
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Du bist mein Hund

Als Jakob um die Ecke bog, sah er Markus schon von weitem auf dem Boden liegen. Sein dicker Bauch zeigte der Sonne entgegen. Er hatte das Handtuch mitten auf der alten Landebahn ausgebreitet.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Jakob ihn erreichte. Markus lag auf dem Rücken und schnarchte, die Hände von sich gestreckt. Schnuffi jagte einem Schmetterling hinterher. Jakob setzte sich neben seinen Freund und wartete.
Nach einer Weile rüttelte er an dem Dicken. Markus machte die Augen auf.
„Guten Morgen“, sagte Jakob. Es war kurz vor fünf. Markus sah aus, als wäre er in der Mikrowelle gewesen.
„Verdammt. Meine Haut fühlt sich seltsam an. Es spannt überall.“
„Tja. An deiner Stelle wäre ich nicht in der Sonne eingeschlafen.“
Markus wollte etwas sagen, als er Schnuffi bemerkte. Der Hund jagte noch immer dem Schmetterling hinterher und hatte sich schon weit entfernt.
„Da hinten ist ein Köter“, sagte Markus.
„Das ist kein Köter, du blöder Fettsack.“
„Halt dein Maul!“
„Du hältst dein Maul! Das ist mein Hund“, sagte Jakob.
Er schrie Schnuffis Namen. Der Hund ließ vom Schmetterling ab und machte kehrt. Sein Fell glänzte in der Sonne, man konnte selbst von weitem die Muskelbewegungen seiner Beine erahnen. Der Hund war innerhalb weniger Sekunden bei den Jungen und leckte Jakob das Gesicht.
„Der gehört wirklich dir?“
„Ja.“
„Und der heißt Schnuffi?“
„Genau.“
„Dämlicher Name.“
„Halts Maul. Komm Schnuffi, wir gehen wieder.“
Jakob stand auf und nahm sein Fahrrad.
„Seit wann bist du so empfindlich?“, fragte Markus.
„Ich hasse es, wenn du meinen Hund beleidigst. Du kannst ja weiterschlafen, bis dein Bauch platzt.“
„Hey, das ist nicht fair. Es tut mir leid. Darf ich Schnuffi anfassen?“
Jakobs Magen krampfte sich zusammen, als Markus das sagte. Es gefiel ihm nicht, wie der Dicke seinen Hund ansah. Er hatte keine Ahnung, warum ihm das nicht gefiel, aber er hasste den Fettsack dafür.
„Nein“, sagte er.
„Wieso nicht?“
„Weil… na ja… der Hund hat Flöhe. Ich würde mich von ihm fernhalten.“
„Du bist ein Idiot, weißt du das?“
Jakob spuckte auf den Boden, direkt vor Markus Füße und fuhr los. Eine unbeschreibliche Wut kochte in ihm, er wollte am liebsten den Kopf seines Freundes mit einem großen Stein zertrümmern. Auf dem Weg nach Hause konnte er an nichts anderes mehr denken.
Kurz vor der Haustür blieb er stehen und hielt Schnuffis Kopf fest.
„Du gehörst mir“, sagte er leise. „Niemand darf dich anfassen, ist das klar?“
Der Hund sah ihn ratlos an.

Jakob kam in die siebte Klasse. Die Schule forderte ihn immer mehr, so dass er für Schnuffi kaum mehr Zeit hatte. Schnuffi suchte die Schuld bei sich. Er dachte, sein Herrchen würde ihn nicht mehr mögen. Manchmal ging er mit wedelndem Schwanz auf Jakob zu und legte seinen Kopf auf dessen Beine. Jakob streichelte dann seinen Kopf und bewegte den Mund, aber Schnuffi konnte nicht verstehen, was er sagte.
Schnuffis Tage wurden immer monotoner. Morgens wachte er auf und sah den beiden großen Menschen beim Frühstück zu. Manchmal bekam er etwas vom Essen ab, aber es schmeckte nicht. Wenn sein Herrchen aufwachte, wurde er gestreichelt, das Herrchen redete ein paar Worte, die Schnuffi nicht verstand und dann wurde er in den Garten gelassen.
Er hasste den Garten. Anfangs war es noch spannend, alle Ecken und Enden zu erkunden. Mittlerweile kannte er sie auswendig.
Seine einzige Beschäftigung war, den Wolken zuzusehen. Sie waren alle gleich, die Form spielte keine Rolle. Schnuffi fand es interessant, dass sie nicht laufen mussten. Sie schwebten wie Vögel und waren doch keine Lebewesen, sie hatten keine Flügel. Er kannte sonst nichts, das ohne Flügel schweben konnte.
Manchmal hörte er die beiden großen Menschen und sein Herrchen laut reden. In den Gesprächen konnte er nur ein Wort verstehen: Schnuffi.
Irgendwann entdeckte der Hund ein Loch im Zaun. Es war zu klein für ihn, aber er konnte es vergrößern, wenn er nur stark genug am Zaun riss. Er machte sich an die Arbeit. Es dauerte nicht lange, bis er durch das Loch passte. Schnuffi dachte eine ganze Weile darüber nach, ob er wirklich durchgehen sollte; die Neugier siegte. Er quetschte sich hindurch und kam wieder in einen Garten. Auf der anderen Seite dieses Gartens war ebenfalls ein Haus. Er nahm fremde Gerüche auf, Menschengerüche. Ein winziger Mensch saß auf dem Boden und sah ihn an.
Schnuffi wollte sich nähern um zu sehen, was das für ein Mensch war. Bevor er ihn erreichte, stürmte ein großer Mensch aus dem Haus und hob den Kleinen hoch. Geschrei folgte, das Schnuffi in den Ohren wehtat.
Ein anderer großer Mensch kam aus dem Haus und ging auf Schnuffi zu. Er hatte nichts Böses im Schilde und dachte, der Große hätte vielleicht ein Spielzeug in der Hand. Er wedelte mit dem Schwanz, so wie er das bei Jakob getan hatte.
Der Große blieb vor ihm stehen und bückte sich. Er sagte etwas, unverständliches Zeug. Schnuffi wartete darauf, dass der große Mensch sein Fell kraulte.

Das Halbjahr war überstanden, Jakob bekam sein Zeugnis und ging stolz nach Hause. An diesem Tag wollte er mit Schnuffi spazieren gehen. Er hatte den Hund stark vernachlässigt und ihm fiel auf, dass er Schnuffi viel zu oft in den Garten abgeschoben hatte.
Daheim angekommen warf er den Rucksack in eine Ecke und ging in den Garten. Er rief nach Schnuffi, suchte hinter jedem Baum, im Haus, auf der Straße. Der Hund war weg.
Jakobs Stimme war schon heiser vom Schreien. Er schwörte alles wieder gutzumachen, wenn er Schnuffi nur finden könnte.
Als er wieder an sein Haus kam, sah er ihn. Der Hund wedelte vergnügt mit dem Schwanz und leckte einem Fremden das Gesicht.
„Er ist zu uns in den Garten gekommen“, sagte der Mann. „Was für ein schöner Hund und so verspielt!“
Jakob bedankte sich bei dem Fremden und setzte sich ins Wohnzimmer. Er weinte. Er konnte nicht fassen, dass Schnuffi so zutraulich zu einem Fremden war; zu ihm war der Hund abweisend geworden, ohne großes Interesse. Jakob hatte ihn vernachlässigt, aber konnte das der Grund sein, einem Fremden das Gesicht zu lecken? Er malte sich aus, wie Schnuffi mit dem Mann spielte, wie er seinen Stöckchen nachjagte, wie der Mann ihn streichelte und die Wut in Jakob wurde unerträglich.
Er ging in die Küche. „Ich wollte es wieder gut machen“, sagte er und nahm ein Messer aus der Schublade. Schnuffi kam ins Haus und sah ihn aus großen Augen an; er legte sich auf den Boden, den Kopf auf seine Beine. „Wieso?“, fragte Jakob, das Messer in der Rechten. Der Hund stand auf und wedelte mit dem Schwanz. Er sah aus, als wartete er darauf, ein Stöckchen in Jakobs Hand zu fangen. Jakob sagte: „du gehörst mir“ und das Messer drang in Schnuffis Körper ein. Er stach zu, bis seine Kleider voller Blut waren. Die Leiche des Hundes lag in einer klebrigen, roten Lache.
Jakob ließ das Messer fallen, sah auf die Wand. Er streichelte Schnuffis Fell. „Du bist mein Hund, ist das klar?“ Das Blut lief über sein Gesicht und tropfte auf den Boden.

 

Hi Dust,

um gleich konkret zu werden:
Deine Geschichte gefällt mir nicht.

Die Gründe, die du ausführst, warum der Junge seinen Hund umbringt, sind für mich einfach nicht schlüssig. Nur zu sagen "Du bist mein Hund" reicht mir nicht. Nur weil der Hund einem Fremden das Gesicht leckt? Wenn Jakob schon so krank ist, darin einen Grund zu sehen, seinen Hund umzubringen, dann musst du meiner Meinung nach, auch Jakob im übrigen Text so krank darstellen. Das hast du in meinen Augen nicht getan. Jakob ist für mich ein stinknormaler Junge, nicht anders als ne Million anderer. Deswegen erscheint auch die abstruse Tat, die er begeht, für mich nicht logisch.

Der Absatz mit dem dicken Jungen ist noch am besten ausgearbeitet. Da gefällt mir die Sprache und die Dialoge recht gut.

Dafür ist der "Hundeteil" nicht so berauschend. Wenn der Hund schon erstaunt ist, im Nachbargarten urplötzlich so fremde Gerüche zu vernehmen, frage ich mich, ob der Hund Zeit seines Lebens eingesperrt gewesen war? Bei einem Spaziergang muss der Hund doch die Nachbarn - wenn nicht gesehen - so doch wenigstens gerochen haben.
Auch bezweifle ich, dass ein Hund die Wolken erkennen und auch noch von Vögeln unterscheiden kann. Bzw. imstande ist, die Wolken fast schon zu analysieren - ich bin kein Hund, es kann ja sein, dass die das wirklich können - aber ich gehe davon aus, dass es nicht so ist.
Ok, das er dann ausbüchst und zu einem kleinen Jungen rennt, um gestreichelt zu werden, ist schon viel "näher" an Hundeleben dran.

Das Ende ist dann wirklich zuviel des Guten für mich. Ich dachte eher daran, dass der Nachbar den Hund vielleicht abmurkst, weil er vielleicht das Kind gebissen hat oder warum auch immer. Aber das Jakob vor Eifersucht den Hund absticht - nun ja, nicht mein Fall.

Leider kann ich dir keine bessere Kritik schreiben
liebe Grüße
Malachy

 

Vorweg: Vielen Dank fürs Lesen, auch wenn es dir nicht gefallen hat

Was heißt, dass du mir keine bessere Kritik schreiben kannst? Wenn deine Worte nicht persönlich und verletztend gemeint waren, dann ist das keine "schlechte" Kritik, die du da geschrieben hast.

Ich würde gerne auf andere Meinungen warten, bis ich zu deinen Punkten etwas sagen kann.

 

Hi Dust

mit "keine bessere Kritik" meinte ich lediglich, dass du dir sicher Mühe beim Schreiben gemacht hast, ich aber deine Geschichte kritisiert habe. Selbstverständlich ist die Kritik nicht persönlich gemeint.

liebe Grüße
Malachy

 

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