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Du bleibst doch immer, was du bist

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19.05.2015
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Du bleibst doch immer, was du bist

Josh dreht sich weg von ihr, durchwühlt die Kleidung, um nach der Zigarettenschachtel zu suchen, flucht leise, bis er fündig wird. Wie viel Wärme, wie viel Sehnsucht ihr Körper abstrahlt. Er öffnet das Fenster. Mit dem Daumen lässt er die Klappe des Benzinfeuerzeugs nach oben schnellen, bewegt das Rädchen. Die Flamme entfacht gelbrote Glut. Er nimmt einen tiefen Zug. Dann wendet er sich wieder der Frau auf dem Bett zu.

Pia erschrickt, als die Flamme aufleuchtet und den Raum erhellt, betrachtet irritiert das Feuerzeug, die Six-Packs. Sie hätte stärker zubeißen sollen, als er ihren Körper bespielt hat. Der Aschenbecher steht auf dem Fensterbrett. Sie will nicht mehr rauchen. Auf der Zunge schmeckt sie eine Mischung aus Absolut und Josh. Er riecht nach Gras und Sex und animalischer Jugend, blickt Pia aus leeren Augen mit einem Ich-bin-schön-und-mir-gehört-die-Welt-Grinsen an, das er vor dem Spiegel geübt haben muss, bis es saß. Von draußen dringt milder Spätherbst herein. Pia möchte Sterne sehen. Der Panamera parkt direkt gegenüber. Weiter entfernt war kein Platz frei. Das Apartment in der Nähe des Rosenheimer Platzes eignet sich bestens als Geldanlage. Josh hat Eltern. Natürlich. Pia kennt sie von den Sponsorenparties des Think-Tanks, mit dem ihre Fakultät zusammenarbeitet: nette Leute ohne den Dünkel der Tegernsee-Schickeria. So hat sie Josh kennengelernt. Wie ihr Sohn Max studiert er an der Filmhochschule.

Als wolle er dem Smartphone Töne entlocken, gleiten Joshs Finger im Takt einer Fantasiemelodie über das Display. Pia sagt nichts, lässt sich treiben, linst durch die Wimpern. Seine Augen wirken wie eine milchig blaue Brühe, aus der manchmal Sterne blinken. Sie wehrt sich gegen den Wunsch, einzuschlafen, nimmt sich vor, mit Albert zu sprechen, ihm zu sagen, dass sie ein eigenes Schlafzimmer braucht. Dann kann er sich in aller Ruhe wälzen, versöhnt mit sich und der Welt. Als Pia blinzelt, erwischt sie den Josh-Blick, weicht ihm aus, streicht sich über die Wangen, Stirn und Augenbrauen und verteilt Reste der Spritzer, die er über den Bauch bis zu ihrem Gesicht geschossen hat. Sie muss duschen, bevor sie geht.

„Sehr geil mit dir“, sagt er und drückt die Zigarette aus. Für einen Augenblick glaubt sie, dass sein Blick auf den Gesichtsfalten ruht. Er legt sich neben sie, fängt an, die Brustwarzen zu berühren. Sie spürt den Kitzel bis in den Bauch. Pia mag ihren Busen, so rund, so fest nach all den Jahren, ohne nachzuhelfen, obwohl die Haut spröder wird, die Spannung abnimmt.
„Kannst du mir einen Fünfziger geben. Ich muss Tickets nach Amsterdam kaufen.“
Pia nickt, kramt das Portemonnaie aus der Handtasche, zeigt ihm dabei ihren Paradehintern, presst die Beine zusammen, sodass die geschwollenen Schamlippen hervortreten, der verbliebene Lustgeruch zu Josh weht. Er legt das Handy auf die Matratze, entspannt sich, als sie ihm den grünen Schein in die Hand drückt, klemmt das Geld zwischen Daumen und Zeigefinger, wedelt ihr damit Luft zu, verkneift sich, daran zu schnuppern und steckt ihn schließlich, bevor sie sich’s anders überlegt, mit einem Schwung, als genösse er es, bezahlt zu werden, in die Gesäßtasche der Jeans, die neben dem Bett liegt. Er denkt an Amsterdam, an das, was er dort erleben wird.
„Ich geb’s dir nächste Woche zurück.“
„Ist schon in Ordnung, ich brauch’s nicht“, antwortet sie, berührt Joshs Unterarm, die Schultern. Sie hat Augen wie ihr Sohn, exakt die gleichen, so grün, so blau. Max darf’s niemals erfahren, dafür ist er nicht smart genug, keiner, dem er erzählen könnte, dass er, Josh, ganz oldschool klischeehaft, eine Informatikprofessorin in den Arsch fickt, dass sie schreit, wenn er sie stößt, geschweige denn, dass diese Frau die Mutter von Max ist. Amsterdam wird was Besonderes: Wodka, Shots, Coffeeshop, eine Riesenmenge Spaß. Den Hunderter wird er on top verprassen. Josh zieht die Mundwinkel nach oben, lässt die perlweißen Zähne aufblitzen, formt sein breitestes Grinsen, um Pia zu gefallen, kann gar nicht verstehen, dass sie den halbsteifen Schwanz ignoriert, obwohl er ihr das Becken entgegenstreckt. Ihre Augen vernebeln, richten sich ins Nichts, als müsse sie ihre Reife-Frauen-Gedanken bändigen, als fiele ihr ein, dass sie nie wieder jung sein wird, als wundere sie sich über das, was das Leben ihr gegeben hat, was es jetzt verweigert, dass Erkenntnis, gar Weisheit, ausbleiben, dass kaum mehr übrig ist, als etwas Geld, eine Familie, Träume. Das Guteschönewahre? Fehlanzeige! Stattdessen Vorlesungen, Seminare, Sport, ein paar Freunde, ein Sohn, ein kugelbauchiger Ehemann.

Er wendet sich ab, hört auf zu grinsen, sucht die Stelle an der Decke, wo der Korken hingeknallt war, als er mit Freunden völlig trunkenbekifft die Einweihung der Wohnung gefeiert hat. Josh langweilt sich, will ihr erzählen, welche Musik er mag, ihr vorspielen, wie Trap Rap klingt, aber er sieht ihren Erwachsenenblick und schweigt. Sie räuspert sich, als ob sie etwas sagen wolle, wischt eine Strähne aus ihrem Gesicht. Er linst zum Laptop, klemmt ein Kissen zwischen die Beine, spreizt sie ein wenig, wippt hin und her, als wollte er auf dem Kissen reiten. Nach einer Weile streichelt sie ihm über die Oberschenkel, ertastet die Muskeln, beugt sich schließlich nach vorne und küsst die Eichel millisekundenlang, um sich dann aus dem Bett zu schwingen, so stürmisch, dass die Schottenmusterdecke zu Boden fällt, das Bettholz ächzt. Josh sieht gerade noch die fitnessgestählten Waden, den flachgedrückten Hintern, die Hüftknochen, während ein Hauch Körperhitze, vermischt mit Chanelgeruch, zu ihm dringt. Kurz danach hört er dem Plätschern des Wassers aus dem Bad zu. Um die Zeit zu nutzen, zieht er den Koffer unter dem Schrank hervor - den Trolley, den er sich vor ein paar Tagen gekauft hat, klein genug, dass er im Flieger als Handgepäck durchgeht. Nachdem er den Deckel aufgeklappt hat, setzt er sich auf die Bettkante. Laternen tauchen Straße und Häuser in Gelb. 300 € müssten reichen für Amsterdam. Er zieht an dem Reißverschluss der Netzabdeckung auf der einen Hälfte des Koffers, betrachtet die verschließbaren Beutel, die am Rand angebracht sind, als er hört, wie der Duschkopf in die Halterung gesteckt, das Wasser abgestellt wird.

„Ich gebe dir ein Handtuch“, sagt er und öffnet die Tür zum Bad. Sie frottiert die Haut ein wenig, legt dann den Kopf an seine Brust, stellt sich vor, wie es damals mit Albert war, damals, vor so vielen Jahren, als sie mit Zelt und Rucksack in den Dolomiten unterwegs waren, der Regen auf die Plane prasselte, während sie sich liebten. Sie schmiegt sich an Josh, während er die Arme um sie schließt, die feuchten Haare auf den Schulterblättern spürt, an den Surfurlaub in Florida denkt, den ersten Kuss, ruft sich den Namen des Mädchens ins Gedächtnis, Diane, die sich ebenso zerbrechlich anfühlte wie in diesem Augenblick Pia. Als er sich von ihr löst, küsst er sie am Hals, bemerkt den Honiggeruch, der unter dem Bergamotte des Duschgels verborgen ist, das er im verpackungsfreien Laden in ein Glasfläschchen gefüllt hat.
„Weißt du, wofür die ganzen Reißverschlussfächer gedacht sein könnten? Haben die jeweils spezielle Funktionen?“, fragt er und löst sich von ihr, als sie wieder vor dem Bett angelangt sind.
„Ach nein, ist für Kleinkram. Ladekabel, Flaschenöffner, egal was.“
„Okay, verstehe.“
„Du kannst auch Erinnerungen drin verstecken, die brauchen nicht viel Platz“, sagt sie lachend.
Sie lässt das Handtuch fallen. Die Brustwarzen leben. Aus dem Kleiderhaufen neben dem Bett nimmt sie sich nach und nach, was sie braucht. Als sie das Top übergestreift hat, schüttelt sie die Haare und legt die Beine übereinander.
„Wann bist du zurück aus Amsterdam?“
„Dienstag.“
„Sehen wir uns dann?“
„Ja klar, warum nicht.“
„Ich würde auch gern wegfahren“, sagt sie.
„Die Hausarbeit muss fertig werden“, sagt er.
„Verstehe. Vielleicht hast du ja trotzdem am Mittwoch Zeit.“
„Ja, vielleicht.“
Josh hält ihr ein Reclam-Heftchen hin, das er zwischen Büchern und Unterlagen hervorzieht: Goethes Faust. Erster Teil: „Außerdem muss ich das da lesen. Ich versteh kein einziges Wort, nix, gar nix.“
„Wofür das denn?“
„Zur Vorbereitung.“
„Fand ich unterhaltsam. Ne Menge Personal: der Teufel, Gott, Geister, Gretchen, Faust, Hexen. Faust ist wie ein Zombie, nur weiß er’s noch nicht. Lässt sich mit dem Teufel ein, weil er den Hals nicht voll bekommt.“
„Schadet ja nichts.“
„Was?“
„Weiter, weiter, immer weiter.“
„Und warum liest du Goethe?“
"Na ja, ich schreibe ein Drehbuchentwurf zu Alice Munros „Tricks“ und will Faustzitate einbauen.“
„Ist dir das selbst eingefallen?“
„Klar!“
„Respekt, klingt superintellektuell.“
„Findest du?“
„Irgendwie schon. Wer ist diese Alice Munro?“
„Schriftstellerin aus Kanada, bisschen älter schon, aber genial gut.“
Josh streichelt ihr über die Stirn, zeichnet Bilder auf ihre Wangen und Ohren, zieht sie an sich. Sie haucht einen Kuss, öffnet die Lippen zaghaft. Als er die Hände unter ihr Top schiebt, setzt sie sich auf.
„Keine Zeit mehr. Leider.“
Josh grinst, presst die Lippen auf ihr Haar.
„Nächste Woche, okay.“ Er wirft einen Blick auf die Uhr. Fast Mitternacht. Er muss Max eine Nachricht schreiben.
Sie stellt sich ans Fenster. Auf den Autoscheiben des Panamera spiegelt sich das Licht der Straßenlaternen. Dann wendet sie sich wieder Josh zu, streicht die Haare glatt
„Ich glaube, um Liebe geht’s auch irgendwie, Ja, auch um Liebe“, sagt sie.
„Was meinst du?“
„Bei Faust. Gretchen liebt ihn. Trotz allem“, sagt sie und reibt sich die Schläfe.
„Ich mag Filme.“ Josh stemmt die Arme in die Hüften, stellt sich gerade, betrachtet für einen Augenblick das Poster an der Wand: die sechzehnfache Marilyn Monroe, fragt sich, von welchem queeren Künstler es ist. Sie zieht den Kaschmirmantel an, schlüpft in die Ballerinas, bevor sie sich zum Abschied küssen, ohne einander in die Augen zu schauen.

Die Tür schmatzt ins Schloss, der Aufzug schwebt nach unten. Auf dem Gehsteig schreckt eine Katze zwischen den Mülltonnen auf und entwischt in den Vorgarten. Auf der anderen Straßenseite verschwindet ein händchenhaltendes Pärchen um die Ecke. Während am Himmel ein paar Sterne funkeln, atmet Pia durch und beobachtet die Wolken, die ihren Mund verlassen. Sie zögert, bleibt einen Moment stehen, weil sie sich an Joshs Koffer erinnert, sich fragt, ob sie wirklich wegfahren will, irgendwohin, weit weg. Sie will den Gedanken festhalten. Als sie die Beifahrertür aufmacht, drängt sich ihr der Geruch von vergorener Milch und schaler Luft entgegen. An ihrem Hintern spürt sie das Leder. Ihr Mann sitzt vornübergebeugt, aufs Lenkrad aufgestützt neben ihr, schaut zu ihr herüber.
„Na?“, fragt er und richtet dann den Blick durch die Scheibe, weg von ihr.
„Na!“, antwortet sie.
Als er den Motor startet, surrt die Elektromaschine und trägt sie schwerelos durch die Straßen zum Stadtring. Aus den High-End-Lautsprechern dringt Sphären-Musik. Sie drückt den Schalter, lässt die Scheiben heruntergleiten. Auf dem Ring gibt er Gas, sodass die Musik im Rauschen untergeht.

Wie’s dort gerochen hat! So unverschämt frisch, nach Bergamotte, nach Gras, nach Mir-gehört-die-Welt. Wie leicht sich Türen öffnen lassen, wenn man weiß wie und den Code hat! Albert hat sich’s angeschaut, wollte wissen, wer der Kerl ist, den seine Frau fickt, den besten Freund seines Sohnes, auf gewisse Weise Familienmitglied, da war es sein gutes Recht, sich in der Wohnung umzuschauen, hier und dort zu schnüffeln, das Fenster zu öffnen und eine Zigarette zu rauchen. Die Bettdecke lag aufgeschlagen, zerwühlt auf der Matratze. Ein Bilderstrom all der zerwühlten Bettdecken, die in seinem Leben eine Bedeutung hatten, erscheint, reißt ihn mit fort. Die wahren Paradiese sind Paradiese, die man verloren hat. Warum hat er sich diesen Satz gemerkt, in welcher Stimmung hat er ihn gelesen, von wem stammt er?

„Fahr langsamer, bitte!“ Er bremst, beschleunigt kurz danach wieder, wirft ihr einen Blick zu und lacht lauthals.
„Die Straße ist frei, nicht mal LKWs, also warum sollte ich nicht zügig fahren? Übrigens riechst du nach Rauch.“
„Du rauchst doch selbst.“
„Manchmal.“
„Josh hat dasselbe Zippo wie du.“
„Ach?“
„So eins habe ich dir damals geschenkt. Nach deiner Promotion. Weißt du noch?“
„Ist ja auch ein gutes Feuerzeug.“
„Stimmt.“
„Ich liebe das Geräusch, das Zippen, wenn man die Flamme entzündet.“
Albert fährt jetzt langsamer, schweigt. Josh hat das Zippo. Er muss es vergessen haben. Er wirft seiner Frau einen Blick zu.
„Ich möchte gern verreisen“, sagt sie, beugt sich zu der Handtasche im Fußraum, kramt, schleckt kurz am Zeigefinger und steckt sich ein Pfefferminzbonbon in den Mund.
„Wann denn?“
„Mal sehen. Weißt du noch: Damals, als wir in den Alpen gezeltet haben?“
„Der Regen hat uns bis auf die Haut durchnässt und prasselte nachts auf das Zeltdach.“
„Wir haben kaum geschlafen.“
„O ja.“
„War ein so schöner Urlaub.“
„War’s!“
„Sollten wir wiederholen.“
„Bei Regen?“
„Warum nicht?“
„Wir sind älter geworden.“
„Na und? Bald sind Semesterferien.“
„In zwei Wochen haben wir Bereichsvorstandstagung, die ganze Scheiß Mühle mahlt und mahlt. Ich kann’s mir nicht leisten, wegzufahren.“
„Klar. Wie immer!“ Danach schweigt sie. Das Bonbon ist vollständig weggeschmolzen.
Albert fährt von der Stadtautobahn ab.
Sie lacht: „Ach, Albert, weißt du was? Was ist nur mit uns los? Du sitzt im Auto, während ich mich vögeln lasse.“
„Ach du, du bist ja …“ Er umschließt das Lenkrad fester, biegt vom Stadtring ab zum Viertel, wo die Villa steht.
„Lass uns aufhören, zu streiten. Bringt nichts.“
„Wir könnten zusammen irgendwohin fliegen. Ein paar Tage. Und wenn’s nur übers Wochenende ist.“
„Ich bin müde, wir reden morgen.“

Sie fahren die Auffahrt hoch. Der Kies knirscht unter den Reifen.
Im Wohnzimmer beleuchten die LEDs den Rasen, tauchen ihn in künstliches Grün. Max wartet auf sie. Er sitzt auf dem Sofa, das Smartphone in der Hand, Alice Munros „Tricks“ aufgeschlagen auf dem Tisch.
„Ich habe gelesen“, sagt er, begrüßt sie mit dem Ich-hab-was-ausgefressen-Lächeln seiner Kindheit.
„So“, sagt Pia, hängt den Mantel auf, streift die Schuhe ab, während Albert in der Küche hantiert, das Klirren von Flaschen zu hören ist.
„Morgen fahre ich mit Josh nach Amsterdam.“
„Mit Josh?“
„Ja. Wird cool.“
„Wer kommt noch mit?“
„Nur wir zwei!“
„Na gut, okay.“ Sie reibt sich die Augen. Albert steht schweigend daneben, die Bierflasche in der Hand, geht ein paar Schritte zur Terrassentür, schaut in die Nacht.
„Mama, kann ich deinen Trolley nehmen?“
„Klar, der Rimowa ist ja unverwüstlich.“
„Wir coachen uns gegenseitig auf der Fahrt.“
„Was macht ihr genau?“
„Josh hat ne Menge Ideen zur Kameraführung und fertigt Regieskizzen an, ich schreibe einen Drehbuchentwurf für die Serie.“
„Welche Serie?“
„Na ja, die gibt's noch nicht richtig. Wir wollen aus Alice Munros Tricks eine Serie machen, versuchen’s zumindest.“
„Wow.“
„Ich kenne das Buch“, sagt Albert, kommt zurück zu den beiden. „Und hab’s sehr gern gelesen.“ Er zögert, lässt die Worte ausklingen. „ … Weil es den melancholischen Dünnschiss des Lebens beschreibt.“
„Wie sentimental das klingt“, sagt Pia.
„Na und“, antwortet Albert.
„Ist aber eine gute Beschreibung“, sagt Max ganz leise.
„Ich geh hoch ins Bad“, sagt Pia.
„Wart mal bitte“, sagt Max. „Wollte euch noch was anderes sagen.“
Pia und Albert schauen ihn an, die grünen Augen von Max schweifen umher, von den Wänden zu den Fenstern, zu seinen Eltern.
„Wenn ich aus Amsterdam zurück bin, ziehe ich bei Josh ein. Er hat Platz genug und wohnt näher an der Uni.“
„Wirklich?“, fragt Pia.
„Ja. Ich mag Josh.“
Albert zuckt mit den Schultern, verzieht das Gesicht, als wolle er grinsen.
„Hat einer von euch mein Zippo gesehen?“
„Ich glaube, ich weiß, wo’s ist“, sagt Pia.

 

Hallo @Isegrims,

ich werde leider nicht so richtig warm mit dem Text. Liegt vielleicht auch daran, dass mich dieses Setting nicht so interessiert.

Ich versuche trotzdem ein paar Textstellen zu identifizieren, die für mich unstimmig sind.

In den Kommentaren habe ich gelesen, dass du gezielt mit dem schnellen Perspektivwechsel spielst. Das heisst, du hast aber immer eine bestimmte Perspektive im Kopf, pro Absatz wahrscheinlich.

Josh richtet sich auf. Die Muskelstränge treten an Armen und Schenkeln hervor, zucken durch die Bewegung.
Hier bin ich bei Josh. Aber der betrachtet doch nicht seine eigenen Muskelstränge, oder ist er so selbstverliebt? … durch die Bewegung – das habe ich erst gelesen wie „durch den Raum“. Ist schon klar, wie du es meinst, aber ich finde es nicht ganz flüssig.

Im Kerzenlicht, das die Konturen weichzeichnet, die Unebenheiten ausgleicht, schimmert Pias Haut rötlichbraun, als ginge eine zarte Kraft allein vom Flackern aus.
Den Nebensatz finde ich störend. Wenn du auf das Weichzeichnen nicht verzichten willst vielleicht so:
Das Kerzenlicht zeichnet die Konturen weich, gleicht die Unebenheiten und lässt Pias Haut rötlichbraun schimmern, als ginge eine zarte Kraft allein vom Flackern aus.

Er dreht sich weg von ihr, durchwühlt die Kleidung, um nach der Zigarettenschachtel zu suchen, flucht leise, bis er fündig wird. Wie viel Wärme, wie viel Sehnsucht ihr Körper abstrahlt.
Der Körper der Zigarettenschachtel? :P Da stimmt der Bezug nicht ganz.

Mit dem Daumen lässt er die Klappe des Benzinfeuerzeugs nach oben schnellen, bewegt das Rädchen. Die Flamme schnellt empor, entfacht gelbrote Zigarettenglut.
Das ist mir persönlich eine zu lange Beschreibung etwas sehr Banalem.

Dann wendet er sich wieder der Frau auf dem Bett zu.
Warum ist es jetzt die Frau und nicht mehr Pia?

Pia erschrickt, als die Flamme aufleuchtet und den Raum erhellt, betrachtet irritiert das Feuerzeug, die Six-Packs
Ich habe irgendwie etwas Probleme mit der Führung des Blicks. Ich schaue auf das Feuerzeug, wieso schaue ich dann auf das Sixpack? Da fehlt mir die Verbindung, ich würde mir da eine bessere Führung wünschen. Dass ihr Blick dem Flackern dorthin gelenkt wird, oder das ihr Blick dorthin gleitet.

Er riecht nach Gras und Sex und animalischer Jugend
Wie riecht denn animalische Jugend? :D

Pia entdeckt den Nordstern.
Der Satz wirkt dort fehl am Platz, und er irritiert. Wie soll sie den Stern vom Bett aus sehen?

Als wolle er dem Smartphone Töne entlocken, gleiten Joshs Finger im Takt einer Fantasiemelodie über das Display des Smartphones.
Auch das erscheint mir zu überzogen für so etwas alltägliches.

zeigt ihm dabei ihren Paradehintern
Paradehintern ist so ein Wort – das finde ich irgendwie sehr albern.

Er darf’s niemals erfahren, dafür ist er nicht smart genug, keiner, dem er erzählen könnte, dass er, Josh, ganz oldschool klischeehaft, eine Informatikprofessorin in den Arsch fickt, dass sie schreit, wenn er sie stößt, geschweige denn, dass diese Frau seine Mutter ist.
Hier könnte man denken, der Sohn fickt die Mutter. Soll das so?

Amsterdam wird was Besonderes: Wodka, Shots, Coffeeshop, eine Riesenmenge Spaß.
Also mich stören diese Gedankensprünge. Es fällt mir schwer in den Fluss dieses Textes zu kommen. Ich stolper da irgendwie eher durch.

„Wann bist du zurück aus Amsterdam?“
„Dienstag.“
„Sehen wir uns dann?“
„Ja klar, warum nicht.“
„Ich würde auch gern wegfahren“, sagt sie.
„Die Hausarbeit muss fertig werden“, sagt er.
„Verstehe. Vielleicht am Mittwoch?“
„Ja, vielleicht.“
Ich kann diesem Gespräch nicht folgen. Wieso schlägt sie Mittwoch vor, wenn er doch schon Dienstag zugestimmt hat?

Er muss Max appen.
Ich kann mir denken was das heißen soll, aber das hört sich an wie ein Jugendwort des Jahres, das sich ein Erwachsener ausgedacht hat.

Das Gespräch über Faust und Joshs Arbeit finde ich nicht so spannend. Was hat das mit dieser Beziehung zu tun?

Als sie die Beifahrertür aufmacht, drängt sich ihr der Geruch von vergorener Milch und schaler Luft entgegen.
Urgs, warum stinkt es denn da so?

Ihr Mann sitzt vornübergebeugt, aufs Lenkrad aufgestützt neben ihr, schaut zu ihr herüber.
„Na?“, fragt er und richtet dann den Blick durch die Scheibe, weg von ihr.
„Na!“, antwortet sie.
Das kam überraschend. Gibt es Männer die so etwas machen? :eek:

Albert hat sich’s angeschaut, wollte wissen, wer der Kerl ist, den seine Frau fickt, den besten Freund seines Sohnes, auf gewisse Weise Familienmitglied, da war es sein gutes Recht, sich in der Wohnung umzuschauen, hier und dort zu schnüffeln, das Fenster zu öffnen und eine Zigarette zu rauchen.
Wow, der man steht wohl auf Selbstgeißelung. Wieso tut der sich das an?

„Ach, Albert, weißt du was? Was ist nur mit uns los? Du sitzt im Auto, während ich mich vögeln lasse.“
Was will sie? Ihren Mann so weit bringen, das er sich trennt und sie das nicht tun muss?

Albert zuckt mit den Schultern, verzieht das Gesicht, als wolle er grinsen.
„Hat einer von euch mein Zippo gesehen?“
„Ich glaube, ich weiß, wo’s ist“, sagt Pia.
Also diese ganze Situation ist sehr befremdlich für mich. Ich verstehe weder das Verhalten von Pia noch das von Albert. Irgendwie bekomme ich kein richtiges Bild von denen, kann ihre Beweggründe nicht nachvollziehen.

Bzgl. deines Experiments: ich weiß, nicht ob es für die Geschichte nicht besser wäre die Perspektivwechsel zu beschränken. Wozu brauche ich Joshs Sicht? Ist die interessant? Bringt die, die Geschichte weiter? Ich denke nicht. Interessanter wäre es doch mehr über Pia und Albert zu wissen.

Charaktere, die keine oder wenig Sympathie hervorrufen, dadurch aber mMn echter, realer wirken sollen, ihre Leere zeigen
Symphatsich wirken die wirklich nicht, das ist dir also gelungen. ;) Aber Leere zeigen? Ist Leere nicht auch das Fehlen von etwas, das mal da war? Um diese Leere zu begreifen, müsste ich verstehen, was da vorher war. Da reicht mir diese eine Zelturlaub irgendwie nicht aus.

die Geschichte vom Ende her zur denken
Jetzt würde mich aber mal interessieren, von welchem Ende du ausgegangen bist. Sohn zieht zum Liebhaber seiner Mutter?

Tut mir leid, dass ich nun so viel gemeckert habe. Nimm dir davon, was dir hilfreich erscheint.

Liebe Grüße und bis bald mal,
NGK

 

Liebe @peregrina

vielen Dank für die so wertvollen Hinweise, die Zeit, die du investiert hast, habe mich über deinen Besuch gefreut. :D :thumbsup:

schon im Vorfeld hatte ich mich gefragt, ob du dir bei der KG wieder die High-Society vorknöpfst. Nicht mal ansatzweise kann ich mir vorstellen, wie die Menschen dieser Schicht leben und ticken, vielleicht ist das der Grund, dass ich dein Ensemble auch nicht richtig fassen kann, ihre Motivationen für das, was sie tun, im Nebel bleiben.
Ich weiß schon, dass diese Gesellschaftsschicht keine gute Folie für Mitleid und Identifikation bietet und der Text ja auch gar nicht darauf abzielt.

Trieb wohnt der Frage schon inne. Ist es ungestillte Sehnsucht, Selbstbestätigung, große Gefühle, Machtstreben, Rachegedanken? Von allem etwas, das vergessen lässt, dass es einen Menschen gibt, den man mit diesem Verhalten sehr verletzt?
Ich glaube nicht einmal, dass ich hier eine Fremdgehgschichte liefere, schließlich weiß Albert Bescheid. Was ihn verletzt, was nicht und warum er es erträgt versucht der Text schon anzudeuten.

Ich konzentriere mich auf deine Sprache. Es gibt wenig der gefürchteten Isegrimschen-Eigenkreationen :lol:, trotzdem bin ich ab und zu gestrauchelt.
gefürchtet, echt? Ich setze drauf, dass ein gezielterer Einsatz die Furcht verwandelt.

ein klares Bild, gibt es nichts auszusetzen, durch diesen Appendix aber
zucken durch die Bewegung.
zerstörst du es wieder, weil ich denke:
Den Anfang habe ich komplett gestrichen.

Schwäche des Systems: die angemerkten Textstellen lasse sich nicht mitzitieren, ich versuche ohne Textzitat zu antworten.

Ich habe da andere Erfahrungen gemacht, Kerzenlicht kann bestimmte Unebenheiten besonders hervorheben, mach doch mal den Test!
mm, ich glaube, das kommt auch auf das Außenlicht an

Die namenlose Frau wirkt sehr unpersönlich und treibt nun einen Keil zwischen die beiden, Absicht?
ja, für ihn ist sie eine Hülse

Was willst du damit sagen, dass Pia keine Vegetarierin ist und Six-Packs lecker findet?
warum sollte sie während des Liebesspiels nicht zubeißen, dazu muss sie nicht explizit Fleischesserin sein?

Kann ein bewusstes, einstudiertes Grinsen von leeren Augen begleitet sein?
ja, gerade wenn's ein einstudiertes ist

Du gibst ja selbst die Antwort. Natürlich. Wir alle haben Eltern. Aber an das Apartment gekoppelt, müsste es da nicht reiche/ vermögende Eltern heißen. Die sponsern doch die Wohnung, oder?
du füllst die Stelle doch genau so, wie ich es beschrieben habe

Kein gutes Bild mit der Brühe, ich weiß, du willst Leere zeigen, vllt. gibt es eine bessere Formulierung
keine Leere, dieses unklare, ungefähre, neblige seines Blicks will ich zeigen

Dass Mrs. Robinson grüßen lässt, finde ich schön, dass der Satzbau auf Inzest hinweist, allerdings bedenklich. Weil du keiner, dem er erzählen könnte, dass … zwischen dem Gedanken an Sohn und Mutter einfügst, liest es sich so, als würde Josh die eigene Mutter beglücken.
habe ich geändert, sollte nicht auf Inzest deuten

Sieht doch mehr nach reiten aus? :D
d'accord: geändert

Was macht der Asphalt an dieser Stelle?
das Bild habe ich erweitert

Ich empfinde die Frage von Josh ganz furchtbar dumm, überflüssig. In so Fächer kann doch jeder transportieren, was er will, da muss man sich doch keinen Rat einholen
Kein lebensnaher Dialog. Vllt. kannst du den nicht ganz so weltfremd formulieren.
Dumm? Kann man so nenne, ich finde es naiv, kindlich

Um Längen bessere Antwort!
wollte ich fast streichen, weil's doch ein romantischer Gedanke ist

Möchtest du ausdrücken, dass sie ihm eine Hausarbeit schreibt?
nein, die Stelle habe ich geändert

Ja, nach der Frage mit den Reißverschlussfächern wundert mich das nicht. Willst du Josh wirklich so zeichnen, große Potenz, wenig im Hirn?
:D so ähnlich

Achtung! Strähnen aus dem Gesicht streichen rangiert in der Beliebtheitsskala gleich neben Regen auf Trauerfeiern und tanzenden Staubteilchen in der Sonne.
okay, geändert

Warum so ein extremer Geruch, findet sie Albert plötzlich so abstoßend? Eben war noch von Liebe die Rede.
na ja, der Albert sitzt zwei Stunden im Auto und riecht ein wenig streng nach Schweiß

Was ich mir nicht vorstellen kann, und das muss ja nichts heißen, dass ein Mann sich das antut, Chauffeur spielen und im Auto auf die Ehefrau warten, während sie sich in den Laken wälzt. Der muss doch Höllenqualen aushalten. Das ist doch im höchsten Maße demütigend. Warum sollte er sich das antun? Was will er beweisen?
wer weiß, vielleicht ist das auch ein Zeichen von Liebe, vielleicht kann er sie nicht mehr befriedigen...

Aber kein guter Dialog. Warum sollte er nicht mehr wissen, dass es ein Geschenk von ihr ist. Ich sehe den Autor.
die belauern sich, ich glaube, das passt schon. Leute reden so miteinander, verbergen, wenn's was zu verbergen gibt. Deine Kritik an den Dialogen kann ich insofern nicht wirklich nachvollziehen, hab's mit aber notiert.

Spricht jemand so miteinander. Soll das ihre Retourkutsche sein, weil Albert nicht mit ihr verreist?
sie provoziert ihn, will vielleicht, dass er tatsächlich mit ihr verreist

Oh, neue Fährte. Ist das mehr als Freundschaft?
könnte sein

Die Frau hat Humor. Sie greift aber nach der dargebotenen Hand von Albert. Beide wissen, die Affäre ist Geschichte.
Verstehe ich deine Absicht richtig?
vielleicht ein Hinweis darauf, dass sie es wieder ernsthaft miteinander versuchen sollen

Du siehst, da gibt es einige Leerstellen, die es noch zu füllen gilt. An den Dialogen zu feilen, würde sich mMn auf jeden Fall lohnen
Ich werde die Dialoge sicher noch durchdenken, Leerstellen hat der Text, sollte er auch haben.

viele Grüße und einen angenehmen Restadventssonntag
Isegrims

 

Hallo @Isegrims ,

das ist hier so ziemlich die coolste Story des Challenges.
Ich finde sie rundum gelungen bis auf einen Punkt, aber der kommt noch. Jetzt folgt erstmal mein Lob.
Ich bin beeindruckt von all den Doppeldeutigkeiten und Doppelbödigkeiten, die du darin untergebracht hast. Alle drei Personen, also Pia, ihr Ehemann und Josh sind auf eine perfide Weise miteinander verbunden und spielen ihre Spiele, verheddern sich in dieser Verstrickung und finden da nicht heraus. Betrachten sich von aussen und wissen alle, was sie tun, aber können irgendwie nicht raus aus ihrem Hamsterrad.
Das hast du alles wunderbar eindringlich beschrieben und zwar so, dass man in jedem Satz, den man liest und der die Geschichte weitertreibt, den dahinter stehenden Satz aufspüren mag. Toll gemacht.
Nur an ganz wenigen Stellen etwas zu viel gesagt, ansonsten ruht die Geschichte und ihre Tiefe in der all dem, was nicht geschrieben steht und doch mitgeteilt wird.
Irgendwie bin ich (keine Sorge, ich meine es im ganz positiven Sinne) ganz neidisch, wie gut dir das gelungen ist.
Ich mag das Zeitgeistige zudem und zugleich ist diese Geschichte zeitlos, weil du es über alles Jahrhunderte hindurch so wieder finden könntest.
Gefallen hat mir auch sehr, dass Max, der ja eigentlich der Grund ist, weshalb es überhaupt zu dieser Verbindung gekommen ist, letztendlich nur die Verbindung zwischen allen ist und doch am Ende der Geschichte sich durch den Umzug zu Josh auf den nichtsahnenden Weg macht, etwas zu verändern, was sich auch auf seine Mutter, seinen Vater und Josh auswirkt. Denn künftige Treffen zwischen Josh und Pia dürften wohl nicht mehr in Joshs Wohnung stattfinden oder eben nur noch mit erheblichem Organisationsaufwand.
Was mir ebenfalls irre gut gefallen hat, sind diese brüchigen Figuren. Josh, der vor lauter Narzissmus sich selbst geil darin findet, eine ältere Frau als Geliebte zu haben, diesen Kick des Geheimnisses aufsattelt, vermutlich in diesem Reiz des Unüblichen und teils Verbotenen den einzigen Grund sieht, es zu tun und ansonsten zwischen seinem normalen Jungenleben (Amsterdam) und sich besonders erwachsen fühlen (Sex mit Pia) und dieser unverhohlenen Abwertung der Situation (Geld verlangen) hin und her switcht. Ein so perfekt dargstelltes Durcheinander. Einfach gelungen. Dazwischen das Studium und auch so diese Mischung aus eigentlich lauter fette Rosinen im Kopf zu haben, die sich und das bleibt genialerweise auch hier ganz offen, entweder in wirklich künstlerischem Können äussern könnten, aber auch in nur hohlem Gewünsche und nichts Zustandebringens. Dieses jugendliche völlige Unaufgeräumtsein hast du einfach solide dargestellt.

Und Pia, die im Wissen, dass ihr Mann draußen wartet, als könnte sie nicht selbst zum Tatort fahren, als müsse er fast wie ein Zuhälter abrufbar in der Nähe sein, sich mit Josh vergnügt, obwohl sie gar nicht unbedingt einen Josh benötigt. Es könnte auch ein anderer sein, vermutlich muss es noch nicht einmal ein besonders junger Mann sein, vermutlich wäre jeder recht gewesen, der ihr etwas anderes bietet als Albert, der grausam alt wirkt, es aber vermutlich gar nicht ist.
Sie ist ebenfalls wie Josh hin und her gerissen von dem Kick, dass sich ein jüngerer Mann für sie interessiert, obgleich sie nicht dem Beuteschema seiner Altersgruppe entspricht, dem dosierten Hingeben an diese für sie ebenfalls geile Situation und dennoch der harten kalten Abgrenzung. Pia ist im Grunde genommen genauso von sich selbst hingerissen, wie es Josh von sich ist. Diese fast schon professionelle Verabschiedung zwischen den beiden, als ginge es um ein schlichtes gegenseitiges Geschäft unter Menschen, die sich irgendwie mögen. Aber eben nur irgendwie. Und zwar nur solange, wie der sexuelle Kick den Motor anheizt. Da kommt kein Gedanke auf, dass die beiden sich etwa lieben könnten. Nicht eine Sekunde lang lässt du es zu, was ich absolut konsequent finde.
Man geht mit den einen zusammen ins Kino, ins Konzert, gemeinsam gut essen, und man geht mit anderen einfach zusammen ins Bett. Und offensichtlich ist es Pia gelungen, Albert auch fast davon zu überzeugen, dass da nicht mehr ist als das. Pia wirkt in ihrer Abgeklärtheit fast männlicher als Josh. Der einzige Moment, wo man ihre Schwäche erkennt ist nicht der, wo sie sich in ihrem Selbstwertgefühl angegriffen fühlt, weil sie glaubt, Josh sehe in ihr das, was sie ist, nämlich eine ältere gebrauchte Frau, sondern als sie ihren Kopf an seine Schulter legt und romantisch wird. Aber und das finde ich ausserordentlich gut gemacht, sie denkt an Albert. Träumt sich in die damalige Verliebtheitsphase zurück und wird irreal in ihren Gedanken. Eine abgeklärte Informatikprofessorin, die in diesem Moment ihre Verliebtheitsphase mit Albert wieder herbei sehnt. Was für ein völlig abgedriftetes Denken. Ein toller Widerspruch. Du siehst, du findest in mir eine absolut Begeisterte.

Ja, aber nun kommt es. Der Albert gefällt mir nicht so ganz.
Klar, er ist auf seine altväterliche Weise aus der Beziehung ein Stück weit ausgestiegen. Und zwar nicht so, wie die meisten aussteigen. Er geht nicht auf seine Weise fremd, sondern er hat sich offensichtlich aus der sexuellen Seite der Ehe komplett verabschiedet. Er wirkt als gäbe es für ihn das Wort Sex gar nicht mehr. Und genau das finde ich nicht gelungen, weil ich es für nicht glaubwürdig halte.
Sein Warten auf Pia und das Aufsuchen der Wohnung und herumschnüffeln sind für mich die Momente, aus denen du etwas mehr machen musst. Es kann durchaus so sein, dass Pia für ihn als körperlich vorhandene Frau uninteressant geworden ist, aber dieser Gedanke, wie sie es mit Josh treibt, der könnte (und sollte) Albert etwas geben, wozu sonst steht er dort im Auto live während sie... und wozu sonst sieht er sich bei Josh um? Oft führt das Fremdgehen eines Ehepartners dazu, wenn es dem anderen bekannt wird, dass dieser plötztlich wieder deutliches Verlangen nach dem anderen verspürt. Nicht aus Eifersucht, sondern, weil da plötzlich jemand Drittes den eigenen abgelegten Ehepartner sexuell anziehend findet und man einen anderen Blickwinkel einnimmt, wenn man sich fragt "was hat der oder die denn bloß an meinem Partner so geil gefunden?".
Sozusagen Fremdgehen als Befeuerung der eingeschlafenen Ehe. Ich will dir nicht vorschlagen, den gesamten Inhalt zu verändern. Ich schlage nicht vor, dass Albert plötzlich wieder seine sexuellen Gelüste für Pia entdeckt. Er darf ruhig da auf völliger Distanz bleiben. Aber es sollte ihn und zwar ihn ausschließlich irgendwie erregen.
Ich schlage vor, dass er in Joshs Wohnung es sich selbst besorgt und dann wird auch die Zigarette danach absolut sinnvoll und dass er sich im Panamera sitzend vielleicht laufend an seinen Schwanz greift und ihn etwas massiert oder dergleichen tut.
Im Grunde genommen kann Albert das bleiben, was er ist, nämlich jemand, der fast nur noch aus Gewohnheit in der Ehe bleibt, obwohl sie ihm nichts mehr gibt als einen geregelten Alltag. Er weiß, wohin er gehört, vielleicht ist genau das, das was er braucht. Das wäre natürlich wunderbar, wenn dir gelänge, das noch deutlich zu machen.
Aber Albert ist neben Max, diejenige Person, die am konturlosesten ist. Der Leser sieht ihn viel zu kurz, als das du da noch eine Menge Gefühle von ihm darstellen könntest.
Dieses schnelle Fahren ist für mich übrigens so ein Hinweis darauf, dass er sich durchaus noch für potent hält, wenn auch ausgedrückt durchs Treten aufs Gaspedal. Eine feine Szene, die ebenfalls so viel zwischen den Zeilen sagt. Er tritt drauf, auch um seine ihm gehörende Beute nach Hause zu bringen.
Was mir so innerhalb des Textes aufgefallen ist:

Wie viel Wärme, wie viel Sehnsucht ihr Körper abstrahlt. Er öffnet das Fenster
Akt beendet, Fenster auf. (oder im Puff würden jetzt die Laken gewechselt werden. Ich mag das, wenn so ganz kleine Momente so viel zu erzählen haben. Gut gemacht.

Pia erschrickt, als die Flamme aufleuchtet und den Raum erhellt, betrachtet irritiert das Feuerzeug, die Six-Packs.
Nein, ich finde nicht, dass sie eine Pia ist, die erschrickt. Sie blickt vielleicht irritiert oder interessiert, gefesselt auf, aber nicht erschrocken.

Sie hätte stärker zubeißen sollen, als er ihren Körper bespielt hat.
Die Reue, sich nicht mehr genommen zu haben? Feine Andeutung.

Er riecht nach Gras und Sex und animalischer Jugend, blickt Pia aus leeren Augen mit einem Ich-bin-schön-und-mir-gehört-die-Welt-Grinsen an, das er vor dem Spiegel geübt haben muss, bis es saß.
Der Satz sitzt. Hat inhaltlich fast einen ganzen Roman in sich. Gut gemacht.
Von draußen dringt milder Spätherbst herein.
Toll beschrieben. Bin sofort mit milder, aber doch schon unsommerlicher Luft umweht.
Der Panamera parkt direkt gegenüber.
Aha, nicht ganz unvermögend das Ehepaar Pia und Albert.

Sie wehrt sich gegen den Wunsch, einzuschlafen, nimmt sich vor, mit Albert zu sprechen, ihm zu sagen, dass sie ein eigenes Schlafzimmer braucht. Dann kann er sich in aller Ruhe wälzen, versöhnt mit sich und der Welt.
Eigentlich möchte sie ein eigenes Zimmer, aber trotzdem ist das nicht die Aussage und das macht diesen Satz wiederum total interessant. Sie hat begriffen, dass mit Albert nichts mehr laufen wird. Er würde sich vermutlich wohl fühlen, wenn er nicht mehr alibimäßig neben ihr liegen müsste, für ihn eine Erleichterung, aber für sie auch, insoweit, dass sie es nicht mehr miterleben muss? Da sind so viele mögliche Bedeutungen drin. Das ist so ein Satz, der nachdenklich macht.
„Sehr geil mit dir“, sagt er und drückt die Zigarette aus
So gelesen, ein klasse Kompliment, dass Josh Pia macht. Er der junge Spund, der sich ja eigentlich mit deutlich jüngeren Frauen vergnügen könnte, du hast ihn zudem so angelegt, dass er offenbar auch nicht verklemmt und weltfremd wirkt, macht ihr dieses Kompliment. Das müsste ihr runtergehen wie Öl.
„Kannst du mir einen Fünfziger geben. Ich muss Tickets nach Amsterdam kaufen.“
Poff, und auf einmal wirkt der Satz davor wie die reinste Berechnung, wie ein Schwall Wasser ins Feuer. Klasse.

Er denkt an Amsterdam, an das, was er dort erleben wird.
„Ich geb’s dir nächste Woche zurück.“
„Ist schon in Ordnung, ich brauch’s nicht“
Keine Sekunde fühlt Pia sich scheinbar schlecht dabei. Sie ist so unnahbar, kalt fast. Als ginge es wirklich nur um ein Geschäft, das am Ende bezahlt wird. Und sofort bedeutet ihre Abgeklärtheit auch für Josh, dass seine Grandiosität auf sehr wackeligen Beinen steht. Beide arbeiten sich aneinander ab. Sehr cool beschrieben.

Amsterdam wird was Besonderes: Wodka, Shots, Coffeeshop, eine Riesenmenge Spaß.
In diesem Moment ist Josh authentisch. Da ist er einfach ein Junge, der Lust auf Vergnügen hat.
hre Augen vernebeln, richten sich ins Nichts, als müsse sie ihre Reife-Frauen-Gedanken bändigen, als fiele ihr ein, dass sie nie wieder jung sein wird, als wundere sie sich über das, was das Leben ihr gegeben hat, was es jetzt verweigert, dass Erkenntnis, gar Weisheit, ausbleiben, dass kaum mehr übrig ist, als etwas Geld, eine Familie, Träume.
Die Formulierung "Reife-Frauen-Gedanken" ist schön gewählt, sie passt perfekt und sagt alles. Weswegen ich alles, was nach " als fiele ihr..." streichen würde. Nur Mut, du wirst entweder eh gründlich missverstanden wegen der beiden Figuren oder der Leser weiß sofort, was du meinst.

Josh langweilt sich, will ihr erzählen, welche Musik er mag, ihr vorspielen, wie Trap Rap klingt, aber er sieht ihren Erwachsenenblick und schweigt.
Eigentlich sind das seine zaghaften Versuche, doch mit ihr in eine Art liebevollen Kontakt zu treten, nicht wahr. Er ist wesentlich wärmer charakterlich von dir angelegt worden als Pia. Ich hab ja gesagt, sie ist männlicher als er.

egt dann den Kopf an seine Brust, stellt sich vor, wie es damals mit Albert war, damals, vor so vielen Jahren, als sie mit Zelt und Rucksack in den Dolomiten unterwegs waren, der Regen auf die Plane prasselte, während sie sich liebten. Sie schmiegt sich an Josh, während er die Arme um sie schließt, die feuchten Haare auf den Schulterblättern spürt, an den Surfurlaub in Florida denkt, den ersten Kuss, ruft sich den Namen des Mädchens ins Gedächtnis, Diane, die sich ebenso zerbrechlich anfühlte wie in diesem Augenblick Pia.
Was für eine brüchig gut angelegte Persönlichkeit, die du da aus Pia machst. Super. Ihre völlig neben der Spur liegenden Gedanken, diese Brutalität in den Armen eines Mannes sich solche Sehnsüchte zu erlauben. In diesem Moment wird auch klar, dass sie sich selbst Eigenabsolution erteilt, weil sie ja eigentlich Albert herbei sehnt, der nicht mehr will, ergo darf sie sich einen anderen Mann als Ersatz holen.
Ob Josh nicht vielleicht doch eine kleine Sekunde lang an Pia denkt, vielleicht in diesem Moment irritiert ist, weil sie so zutraulich wird und er hin und her driftet zwischen dem Gefühl, ob sie nicht vielleicht doch jetzt nochmal Sex möchte und er sich darum kümmer soll oder was jetzt eigentlich mit ihr los ist?
Ich sehe in ihm eigentlich einen weichen unsicheren Kern.
Aber auch, wenn du sie Szene so lässt, ist sie trotzdem nicht verfehlt.
„Weißt du, wofür die ganzen Reißverschlussfächer gedacht sein könnten? Haben die jeweils spezielle Funktionen?“,
Kompletter Themenwechsel, jetzt ist Schluss, jetzt geht man auseinander, weil jetzt ist alles erledigt.Abgesang. Und so mal eben en passent das Koffermotiv mit eingebaut. lächel

„Du kannst auch Erinnerungen drin verstecken, die brauchen nicht viel Platz“, sagt sie lachend.
Ja, da will jemand etwas entspanntes lockeres flöten, um der Abschiedsszene das Dumpfe zu nehmen. Gelungener Satz und sagt viel über Pia aus.

Auf dem Gehsteig schreckt eine Katze zwischen den Mülltonnen auf und verschwindet im Vorgarten.
Gefällt mir natürlich. Ich finde Katzen passen immer wo rein und wo hin.

Auf der anderen Straßenseite verschwindet ein händchenhaltendes Pärchen um die Ecke.
Aber hier finde ich ein bisschen zu viel gewollte Atmosphäre. Den Satz würde ich komplett entfernen und bist hier kurz vor Kitschalarm.

Sie will den Gedanken festhalten. Als sie die Beifahrertür aufmacht, drängt sich ihr der Geruch von vergorener Milch und schaler Luft entgegen.
Reicht nicht die schale Luft?
Das ist so brutal viel Gestank.

Ihr Mann sitzt vornübergebeugt, aufs Lenkrad aufgestützt neben ihr, schaut zu ihr herüber.
neben ihr würde ich streichen, wo soll er sonst sitzen?

Die wahren Paradiese sind Paradiese, die man verloren hat.
Sehr beredt, Alber ist mit dem Thema Pia irgendwie durch.

Mal sehen. Weißt du noch: Damals, als wir in den Alpen gezeltet haben?“
Pia, die die Realität plötzlich nicht mehr erkennt, nimmt den romantischen Gedanken aus der Dusche mit zu Albert, um sich natürlich eine blutige Nase zu holen.
während ich mich vögeln lasse.“
An dieser Stelle fragt man sich, ob sie es wirklich so sieht, dass sie sich völgeln lässt oder ob sie nur nicht Öl ins Feuer kippen will, indem sie mitteilt, dass sie die Aktive dabei ist?
Gut offen gelassen. Es bleibt somit vieldeutig.

Als sie ihn auffordert, nicht so schnell zu fahren, ist wieder im Jetzt angekommen.

Alle drei, nein vier, auch Max gehört im Grunde genommen dazu, machen sich etwas vor. Denn auch Max scheint ja Josh viel mehr zu vertrauen, als es umgekehrt Josh tut, der Max für zu naiv hält und ihm deswegen nicht alles erzählen würde.
Alles steht irgendwie kurz davor aus dem Fugen zu geraten. So eine Ruhe vor dem Sturm oder vielleicht sogar schon im Auge es Orkans? Klasse Atmosphäre hast du erzeugt.
Wirklich gern gelesen!

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo @Nichtgeburtstagskind

vielen Dank für dein Statement zu dem Text - gerade weil er bei dir keinen allzu positiven Widerhall gefunden hat. :D Genauer gesagt, gar keinen. Aus harter Kritik nimmt man doch eine Menge mit. Und wenn's nur ist, dass man klarer sieht, wodurch...

ich werde leider nicht so richtig warm mit dem Text. Liegt vielleicht auch daran, dass mich dieses Setting nicht so interessiert.
dieser Eindruck entsteht. Ich glaube, wem das Setting nicht gefällt, wer eine Abneigung, Desinteresse gegenüber Leuten wie Pia, Albert, Josh oder Max hat, dem kann ich mit dem Text nichts liefern.

In den Kommentaren habe ich gelesen, dass du gezielt mit dem schnellen Perspektivwechsel spielst. Das heisst, du hast aber immer eine bestimmte Perspektive im Kopf, pro Absatz wahrscheinlich.
Meine Idee war, bzw. ist, diesen Gedankenstrom zu schildern, der zwischen Personen entsteht, dazu brauche ich schnellen Wechsel und mache den nicht von Absätzen abhängig.

Zu einigen Details, die du erwähnst:

  • den von dir kritisierten Anfang habe ich gestrichen
  • den Nordstern auch
  • wer mit wem Sex hat, sollte jetzt klarer sein
  • appen (leider) auch rausgenommen
Das ist mir persönlich eine zu lange Beschreibung etwas sehr Banalem.
mm, ich beschreibe, was sie wahrnimmt, wie das Feuerzeug benutzt wird

Ich habe irgendwie etwas Probleme mit der Führung des Blicks. Ich schaue auf das Feuerzeug, wieso schaue ich dann auf das Sixpack? Da fehlt mir die Verbindung, ich würde mir da eine bessere Führung wünschen. Dass ihr Blick dem Flackern dorthin gelenkt wird, oder das ihr Blick dorthin gleitet.
weil sie genau das sieht, die Figur führt den Blick, nicht der Autor

Wie riecht denn animalische Jugend? :D
tja, würdest du gern wissen? :D riech dich mal um, morgens um drei im Club

Auch das erscheint mir zu überzogen für so etwas alltägliches.
das mit dem Smartphone und der Fantasiemelodie ist doch nur eine genervte Beobachtung Pias

Paradehintern ist so ein Wort – das finde ich irgendwie sehr albern.
ich find's passend

Ich kann mir denken was das heißen soll, aber das hört sich an wie ein Jugendwort des Jahres, das sich ein Erwachsener ausgedacht hat.
jajaja! Ich hab's rausgeschmissen

Das Gespräch über Faust und Joshs Arbeit finde ich nicht so spannend. Was hat das mit dieser Beziehung zu tun?
Okay, gut das du's ansprichst. Das Gespräch betrifft einerseits das Thema seiner Hausarbeit, bietet aber (möglicherweise) auch Anknüpfpunkte für Leser*innen

Urgs, warum stinkt es denn da so?
na ja, der sitzt ne Weile im Auto und hat kein Deo dabei

Das kam überraschend. Gibt es Männer die so etwas machen? :eek:
ja, gibt es

Wow, der man steht wohl auf Selbstgeißelung. Wieso tut der sich das an?
Im Ernst: die Fragen, die eine Figur aufwirft machen doch die Ambivalenz aus, zeigen doch die Tragik, die Abgestumpftheit, die versteckte Wut, nicht zuletzt auf sich selbst

Was will sie? Ihren Mann so weit bringen, das er sich trennt und sie das nicht tun muss?
sie will laben schätze ich, will eine Art Ausbruch, aber eben kontrolliert

Bzgl. deines Experiments: ich weiß, nicht ob es für die Geschichte nicht besser wäre die Perspektivwechsel zu beschränken. Wozu brauche ich Joshs Sicht? Ist die interessant? Bringt die, die Geschichte weiter? Ich denke nicht. Interessanter wäre es doch mehr über Pia und Albert zu wissen.
Ich glaube, Joshs Sicht ist enorm wichtig. Über Pia und Albert könnte man natürlich noch einiges sagen, aber nicht auf der Tell-Ebene, dazu müsste ich den Erzählrahmen erweitern, neue Szenen einfügen

Symphatsich wirken die wirklich nicht, das ist dir also gelungen. ;) Aber Leere zeigen? Ist Leere nicht auch das Fehlen von etwas, das mal da war? Um diese Leere zu begreifen, müsste ich verstehen, was da vorher war. Da reicht mir diese eine Zelturlaub irgendwie nicht aus.
Vielleicht ist Leere auch unpräzise, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit angesichts der Realitäten

Jetzt würde mich aber mal interessieren, von welchem Ende du ausgegangen bist. Sohn zieht zum Liebhaber seiner Mutter?
Mm, ich vermute, dass Josh und Max sich auch körperlich mögen, wäre aber ein zu plakativer Schluss, deshalb bleibt's eine Lesart.

Liebe Grüße und bis irgendwann mal!
Isegrims

 

Guten Abend @lakita,

über deinen Kommentar freue ich mich sehr sehr sehr. Die Welle bewegt sich in eine andere Richtung. Na ja, vielleicht. Aber Spaß beiseite: in den Text habe ich gerade was die Figurengestaltung anbetrifft eine ganze Menge reingesteckt. Überhaupt habe ich versucht, den Text dicht zu gestalten. Umso wichtiger sind mir Kritik, aber eben auch ein Lob. Besonders wenn dies mit Argumenten belegt ist und nicht einfach der Daumen gehoben oder gesenkt wird, wie's halt manchmal passiert - und was ja auch menschlich ist. Am Ende sucht sich ein Text seine Leser. Gut, dass ich dich als Leserin gefunden habe.
So, und jetzt zitiere ich deinen Kommentar einfach durch und fühle mich wohl dabei.

das ist hier so ziemlich die coolste Story des Challenges.
Ich finde sie rundum gelungen bis auf einen Punkt, aber der kommt noch. Jetzt folgt erstmal mein Lob.
dankeschön

Ich bin beeindruckt von all den Doppeldeutigkeiten und Doppelbödigkeiten, die du darin untergebracht hast.
das ist so ein Punkt, der Text braucht vielleicht bisschen Zeit und geduldige Leser*innen.

Betrachten sich von aussen und wissen alle, was sie tun, aber können irgendwie nicht raus aus ihrem Hamsterrad.
Das hast du alles wunderbar eindringlich beschrieben und zwar so, dass man in jedem Satz, den man liest und der die Geschichte weitertreibt, den dahinter stehenden Satz aufspüren mag. Toll gemacht.
Nur an ganz wenigen Stellen etwas zu viel gesagt, ansonsten ruht die Geschichte und ihre Tiefe in der all dem, was nicht geschrieben steht und doch mitgeteilt wird.
war für mich ein wichtiger Aspekt, einiges zwischen den Zeilen unterzubringen, zu zeigen, was sie auch geschehen lassen

Ich mag das Zeitgeistige zudem und zugleich ist diese Geschichte zeitlos, weil du es über alles Jahrhunderte hindurch so wieder finden könntest.
:Pfeif:

Was mir ebenfalls irre gut gefallen hat, sind diese brüchigen Figuren.
Ich glaube, der Begriff brüchige Figuren passt ganz gut

die sich und das bleibt genialerweise auch hier ganz offen, entweder in wirklich künstlerischem Können äussern könnten, aber auch in nur hohlem Gewünsche und nichts Zustandebringens. Dieses jugendliche völlige Unaufgeräumtsein hast du einfach solide dargestellt.
genau so stelle ich mir Josh vor: diese überbordende Selbstsicherheit, dass man bei ihm gar nicht genau weiß, wohin es geht, was daraus werden kann

obwohl sie gar nicht unbedingt einen Josh benötigt. Es könnte auch ein anderer sein, vermutlich muss es noch nicht einmal ein besonders junger Mann sein, vermutlich wäre jeder recht gewesen, der ihr etwas anderes bietet als Albert, der grausam alt wirkt, es aber vermutlich gar nicht ist.
Der Zufall bestimmt weite Teile des Lebens. Je nachdem, wem man wann begegnet. Gerade beim Liebes- und Lustwerben

Diese fast schon professionelle Verabschiedung zwischen den beiden, als ginge es um ein schlichtes gegenseitiges Geschäft unter Menschen, die sich irgendwie mögen. Aber eben nur irgendwie. Und zwar nur solange, wie der sexuelle Kick den Motor anheizt. Da kommt kein Gedanke auf, dass die beiden sich etwa lieben könnten.
nein, von Liebe reden die nicht, daran denken sie auch nicht

Träumt sich in die damalige Verliebtheitsphase zurück und wird irreal in ihren Gedanken. Eine abgeklärte Informatikprofessorin, die in diesem Moment ihre Verliebtheitsphase mit Albert wieder herbei sehnt. Was für ein völlig abgedriftetes Denken. Ein toller Widerspruch.
aber auch realistischer Widerspruch. Josh ist ja nur eine Hülle für ihre tieferen Sehnsüchte

Er geht nicht auf seine Weise fremd, sondern er hat sich offensichtlich aus der sexuellen Seite der Ehe komplett verabschiedet. Er wirkt als gäbe es für ihn das Wort Sex gar nicht mehr. Und genau das finde ich nicht gelungen, weil ich es für nicht glaubwürdig halte.
Albert stelle ich mir verhärmt vor, der hat sich eingerichtet, braucht einen Rest an Kontrolle, zeigt sich aber auch eine große Verzweiflung in ihm

Oft führt das Fremdgehen eines Ehepartners dazu, wenn es dem anderen bekannt wird, dass dieser plötztlich wieder deutliches Verlangen nach dem anderen verspürt.
könnte auch bei Albert und Pia passieren, das Ende ist offen

Ich schlage vor, dass er in Joshs Wohnung es sich selbst besorgt und dann wird auch die Zigarette danach absolut sinnvoll und dass er sich im Panamera sitzend vielleicht laufend an seinen Schwanz greift und ihn etwas massiert oder dergleichen tut.
mm, wow, verlockender Gedanke, wirklich interessant, ich glaube, das werde ich umsetzen. (am Wochenende will ich noch mal ran an den Text)

Nein, ich finde nicht, dass sie eine Pia ist, die erschrickt. Sie blickt vielleicht irritiert oder interessiert, gefesselt auf, aber nicht erschrocken.
auch diese Stelle werde ich sehr wahrscheinlich ändern, danke für den Hinweis, habe ich notiert.

Sie hat begriffen, dass mit Albert nichts mehr laufen wird. Er würde sich vermutlich wohl fühlen, wenn er nicht mehr alibimäßig neben ihr liegen müsste, für ihn eine Erleichterung, aber für sie auch, insoweit, dass sie es nicht mehr miterleben muss? Da sind so viele mögliche Bedeutungen drin. Das ist so ein Satz, der nachdenklich macht.
beide haben was davon, jedenfalls in der derzeitigen Situation

Keine Sekunde fühlt Pia sich scheinbar schlecht dabei. Sie ist so unnahbar, kalt fast. Als ginge es wirklich nur um ein Geschäft, das am Ende bezahlt wird. Und sofort bedeutet ihre Abgeklärtheit auch für Josh, dass seine Grandiosität auf sehr wackeligen Beinen steht.
Sie führt ihn natürlich auch vor: er fragt nach 50€, sie gibt ihm 200

Die Formulierung "Reife-Frauen-Gedanken" ist schön gewählt, sie passt perfekt und sagt alles. Weswegen ich alles, was nach " als fiele ihr..." streichen würde.
ich hab's noch nicht gestrichen, weil - Darling, werde ich aber, schätze ich

Er ist wesentlich wärmer charakterlich von dir angelegt worden als Pia. Ich hab ja gesagt, sie ist männlicher als er.
er ist eben auch jünger.

In diesem Moment wird auch klar, dass sie sich selbst Eigenabsolution erteilt, weil sie ja eigentlich Albert herbei sehnt, der nicht mehr will, ergo darf sie sich einen anderen Mann als Ersatz holen.
Ob Josh nicht vielleicht doch eine kleine Sekunde lang an Pia denkt, vielleicht in diesem Moment irritiert ist, weil sie so zutraulich wird und er hin und her driftet zwischen dem Gefühl, ob sie nicht vielleicht doch jetzt nochmal Sex möchte
könnte ich in einem Halbsatz andeuten, kommt auf die Liste

An dieser Stelle fragt man sich, ob sie es wirklich so sieht, dass sie sich vögeln lässt oder ob sie nur nicht Öl ins Feuer kippen will, indem sie mitteilt, dass sie die Aktive dabei ist?
Gut offen gelassen. Es bleibt somit vieldeutig.
Ich glaube, sie will ihn provozieren, aus der Reserve locken

Alles steht irgendwie kurz davor aus dem Fugen zu geraten. So eine Ruhe vor dem Sturm oder vielleicht sogar schon im Auge es Orkans? Klasse Atmosphäre hast du erzeugt.
Wirklich gern gelesen!
:Pfeif:

Schöner Kommentar, hat mir wirklich gut getan
Liebe Grüße
Isegrims

 

Lieber Isegrims,
ich hab mich schwer getan damit, deinen Text zu kommentieren. Deiner und mein Geschmack, das passt oft gar nicht gut. Und dann hat ein Feedback meistens überhaupt keinen Taug, weil es gar nicht ankommt.
Jetzt hier hast du aber so eine gute Vorgabe gemacht, was man beobachten könnte und sollte, um dir bei dem, was du dir vorgenommen hast, weiterzuhelfen, da versuche ich es doch noch mal.

- da ich gerne Geschichten aus Zeitung oder anderer Lektüre aufgreife, hier aber einen komplett aus der eigenen Imagination entstandenen Text erstelle, auch, die Geschichte vom Ende her zur denken
Gut, dass du das versuchst. Es ist einfach was anderes, so völlig frei eine Handlung und ein Ziel zu entwickeln. Man schwimmt irgendwie mehr. Und was du da machst, da gefällt mir das. Die Geschichte erinnert mich an bestimmte französische Filme, die die Leere und Zerbrechlichkeit von Beziehungen thematisieren. Dass bestimmte Szenen klischeehaft daherkommen, mag schon sein, allerdings hat mich das persönlich noch nie geschreckt. Kommt immer drauf an, wie man das dann umsetzt.

- schneller Perspektivenwechsel
Nicht immer. Manchmal hast du das toll hingekriegt. Wie hier:
Die Flamme schnellt empor, entfacht gelbrote Zigarettenglut. Er nimmt einen tiefen Zug. Dann wendet er sich wieder der Frau auf dem Bett zu.

Pia erschrickt, als die Flamme aufleuchtet und den Raum erhellt, betrachtet irritiert das Feuerzeug, die Six-Packs.

Das finde ich wirklich gut, weil du den Leserblick wie mit der Kamera geführt von einer auf die andere Person richtest. Kann man nicht immer so machen, klar, wäre sonst als Trick erkennbar, aber manchmal und speziell hier finde ich es fast perfekt, weil du nicht nur den unmittelbaren Perspektivwechsel durchführst, sondern den Leser rezeptionsmäßig darauf vorbereitest.
An anderen Stellen war es mir eindeutig zu unruhig. Zu oft, zu schnell, zu sehr darauf bedacht, die Wechsel durchzuführen. Und oft auch unsauber. Ja, man kapiert schon, wer jeweils "dran" ist, aber es erschien mir oft auch als "künstliche" Perspektive, wenn du deinen Charakter an sich selbst Dinge beobachten lässt, die dieser Mensch so nicht denken würde, wenn man aus seiner Sicht schreibt. Man empfindet das schnell als unecht. Ein Mensch denkt nicht so von sich selbst:
Josh zieht die Mundwinkel nach oben, lässt die perlweißen Zähne aufblitzen, formt sein breitestes Grinsen, um Pia zu gefallen,
Er denkt das letztere, dass er gefallen will und deshalb sein Lächeln einsetzt, aber diese Kleinlichkeit in der Beschreibung, in der Abfolge, erst mal ziehe ich die Mundwinkel hoch, dann setzte ich meine perlweißen Zähne ein und forme mein breitestes Grinsen, das passt nicht. Du willst doch keine Lächel- oder Grinsanleitung. Das ist es, was ich als künstlich empfinde. Und auch das Wort "Grinsen" ist eher negativ konnotiert, würde ein Josh, und wenn er noch so sehr mit seinem Lächeln manipulieren will, von dieser Fähigkeit als Grinsen sprechen? Vermutlich ist er eher stolz auf sein Lächeln.
Die folgende Stelle finde ich zum Beispiel einfach zu unruhig. Und auch wieder nicht ganz perspektivlogisch:
„Ist schon in Ordnung, ich brauch’s nicht“, antwortet sie, berührt Joshs Unterarm, die Schultern. Sie hat Augen wie ihr Sohn, exakt die gleichen, so grün, so blau. Er darf’s niemals erfahren, dafür ist er nicht smart genug, keiner, dem er erzählen könnte, dass er, Josh, ganz oldschool klischeehaft, eine Informatikprofessorin in den Arsch fickt, dass sie schreit, wenn er sie stößt, geschweige denn, dass diese Frau die Mutter von Max ist.
Du beginnst aus der Sicht der Frau. Dann wechselst du, mitten im Absatz, wenn ich dich richtig verstehe, ab hier zu Joshs Sicht: Sie hat Augen wie ihr Sohn, exakt die gleichen, so grün, so blau. Joshs Perspektive würde den Freund doch aber nicht als "ihr Sohn" sehen, sondern von ihm als Max denken. Oder vielleicht doch nicht Joshs Persepektive? Sondern noch immer ihre? Nein, doch nicht, denn "Er darf’s niemals erfahren, dafür ist er nicht smart genug, keiner, dem er erzählen könnte, dass er, Josh, ganz oldschool klischeehaft ..." ist ganz eindeutig Joshs Perspektive.
Ich will es mal bei den beiden Beispielen belassen, war nur zur Veranschaulichung.
Viele weitere solcher Stellen sind zum Glück schon weg, aber es sind trotzdem noch genügend drin.

Charaktere, die keine oder wenig Sympathie hervorrufen, dadurch aber mMn echter, realer wirken sollen, ihre Leere zeigen
Ja, die Charaktere wirken nicht besonders sympathisch, trotzdem glaubhaft. Ob sie jetzt dadurch realer wirken, weiß ich nicht. Es passt auf jeden Fall. Ihre Leere zeigen alle auf ihre Weise auch, haben schon einen "angemessenen Knall", sind bei aller angeblichen Selbstsicherheit recht verlorene Figuren. Man fragt sich, warum sie sich nicht aus den jeweiligen Konstellationen lösen können oder wollen. Motivforschung brauche ich dabei aber gar nicht unbedingt, dein Blick auf diese Menschen genügt, lässt mich sehen, dass sich irgendwie jeder mit der Situation arrangiert, jeder zieht sogar eine gewisse Befriedigung daraus, so schal sie auch sein mag.
Ob das nun Josh ist, der nicht nur ein bisschen Geld und persönliches Renommee durch die Beziehung gewinnt, sondern Pia gegenüber eine gewisse Wärme empfindet. sehr schön diese Stelle:
Josh dreht sich weg von ihr, durchwühlt die Kleidung, um nach der Zigarettenschachtel zu suchen, flucht leise, bis er fündig wird. Wie viel Wärme, wie viel Sehnsucht ihr Körper abstrahlt.
Pia, die Josh braucht, um an verlorene Sehnsüchte und Träume anknüpfen zu können. Und Pias Mann, der eine Art perversen Genuss an dem Abenteuer seiner Frau empfindet. Ich glaube das übrigens sofort, dass das stimmig ist. Es gibt solche verlorenen Menschen, was für eine zerstörerische Melange ihn da auch immer antreiben mag, das kann ich gar nicht sagen, nur ich empfinde es als absolut glaubhaft. Die scheinbare Kontrolle, dass er doch angeblich wissen muss, wer der Kerl ist, der seine Frau fickt, die vermeintliche Überlegenheit, hinter ihrem Rücken die Wohnungs zu durchsuchen, das ist Fassade, wird geständig.
Die Wendung am Schluss der Geschichte bringt Bewegung in den Haufen, das ist ein reizvolles Ende. So weiter wie bisher wird es nicht gehen. Gefällt mir gut.

- ein verschlüsselter Plot
Wenn du damit meinst, dass viele der Sätze Subtext haben, eine zweite Ebene, ja. Aber das macht ja eigentlich Literatur aus, dass da nicht nur eine Ebene existiert. Ist quasi Voraussetzung.
Und unter einem verschlüsselten plot verstehe ich persönlich noch was anderes. Einen Text, der sich in seiner wirklichen Abfolge und Bedeutung erst am Ende erklärt. Wo man quasi nochmal nachlesen muss, wo und wie man als Leser im guten Sinne reingelegt worden ist.

- eine Art Demaskierung des Lebens der Eliten, wenn auch nur in einem kleinen Ausschnitt
Oh nee, da müsste man überlegen, wer und was gehört denn nun zur Elite. Und ist man echt der Meinung, dass Elite so ist, wie du es da schilderst? nee, das ist mir eine Spur (haha) zu hochfliegend. Nee, solche "grpßkopferten" Formulierungen und Vorhaben würde ich den Literaturkritikern überlassen. Das sollen doch die über deinen Text schreiben, du schreibst lieber die Geschichte dazu. :) Und die geben der Geschichte dann noch einmal einen höheren Sinn :D

- Literaturbezüge
Ja, die Literaturbezüge sind da. Haben auch manchmal entsprechenden Subtext (siehe weiter unten). Aber ich glaube, ich weiß nicht, was du mit der Frage meinst, wenn es mehr sein sollte, was du wissen willst.

So und jetzt schreib ich dir noch eine Stelle, wo Geschmack keine Rolle spielt, sondern wo Bezüge einfach nicht stimmen bzw den Leser sehr stolpern lassen.

Als Pia blinzelt, erwischt sie den Josh-Blick, weicht ihm aus, streicht über Wangen, Stirn und Augenbrauen und verteilt Reste der Spritzer, die er über den Bauch bis zu ihrem Gesicht geschossen hat.
Ich habe mal die falsche Zusammensetzung geschwärzt. Das Subjekt "sie" (bzw. Pia) bleibt zwar, das ist alles völlig okay, und es können auch völlig disparate Verben sein, die du der Reihe nach aufzählst, aber sie sollten eindeutig sein im Sinne der Leserführung, was mit dem jeweiligen Verb inhaltlich gemeint ist. Hier wäre es das nur, wenn du beim Vorlesen eine kleine, aber deutliche Pause machst vor "streicht", beim Selbstlesen stolpern dir zu viele Leser. Pia weicht Js Blick aus, das bezieht sich auf ihre Augen. Mit denen macht sie was. Erst blinzelt sie, dann weicht sie mit den Augen aus. Also eindeutig der Fokus auf Verben, die Augenaktivität bezeichnen.
Dann folgt "streicht". Streicht über, das macht sie aber mit der Hand. Wenn du das so in eine Aufzählung reinpackst, denkt man als Leser, streichen bezieht sich noch auf die Augenaktivität. Das verwirrt. Das würde ich dringend entflechten. Vielleicht reicht schon ein Semikolon. Ich persönlich würde es aber deutlicher trennen.

Und dann gibt es noch ein paar Stellen, die ich einfach uncool finde. :D
„Sehr geil mit dir“, sagt er und drückt die Zigarette aus. Für einen Augenblick glaubt sie, dass sein Blick auf den Gesichtsfalten ruht. Nee, das Wort passt nicht. Falten unter den Augen, auf ihren Falten, auf den Krähenfüßen, auf den Fältchen an ihrer Oberlippe, was weiß ich, aber das Wort "Gesichtsfalten"?

Auch

Lustgeruch
oder
Die Brustwarzen leben.
Naja, wahrscheinlich ist das Geschmackssache. Ganz doll sorry, Ise, ich finds echt auaaa :D

Aber abschließen will ich noch mit paar Lieblingsstellen:

Die Tür schmatzt ins Schloss, der Aufzug schwebt nach unten. Auf dem Gehsteig schreckt eine Katze zwischen den Mülltonnen auf und verschwindet im Vorgarten. Auf der anderen Straßenseite verschwindet ein händchenhaltendes Pärchen um die Ecke.
Schöne bezugsreiche Atmosphäre. Ja, ist wohl so, cherchez la femme. Oder auch einfach nur cherchez die Liebe. Ein leben lang. Bist halt ein lieber alter Romantiker, Ise.

„Ich glaube, um Liebe geht’s auch irgendwie, Ja, auch um Liebe“, sagt sie.
„Was meinst du?“
„Bei Faust. Gretchen liebt ihn. Trotz allem“, sagt sie und reibt sich die Schläfe.
Auch schön. Das ist so der Faden, die verlorene Liebe, von dem ich mich durch den Text gezogen fühle. Hier als Subtext zu dem, was die Personen deiner Geschichte eigentlich innerlich so antreibt.

Die wahren Paradiese sind Paradiese, die man verloren hat. Warum hat er sich diesen Satz gemerkt, in welcher Stimmung hat er ihn gelesen, von wem stammt er?
Ja, das ist zwar getellt, aber warum denn nicht, so denkt er da, ich mag es sehr.

Wie’s dort gerochen hat! So unverschämt frisch, nach Bergamotte, nach Gras, nach Mir-gehört-die-Welt.

Einen dicken Nachfeiertagsgruß aus der Stadt ins Städtchen

 

Hey Isegrims,

ist schon etwas her, dass ich deine Geschichte gelesen hab und tut mir auch irgendwie leid, erst jetzt zu kommentieren, aber irgendwo muss man anfangen und irgendwo endet man. Nach Dir, habe ich noch eine Challengegeschichte auf der Liste und reichlich andere, die ich auch noch ... egal, ich fange einfach mal an.
Ich fand den Twist angenehm schräg. Doch, ich mochte die Verkettung der Umstände auf eine schon irgendwie spezielle Art. Ich lass Dir von daher einen Leseeindruck da, zu deinen Fragen haste inzwischen ja auch reichlich Antworten bekommen.

Sie hätte stärker zubeißen sollen, als er ihren Körper bespielt hat.
Okaaay ...

Auf der Zunge schmeckt sie eine Mischung aus Absolut und Josh.
Nice.

... blickt Pia aus leeren Augen mit einem Ich-bin-schön-und-mir-gehört-die-Welt-Grinsen an, das er vor dem Spiegel geübt haben muss, bis es saß.
leere Augen und mir gehört die Welt-Mimik passen für mich zueinander. Das ist widersprüchlich und auf keine gute Art.

Wie ihr Sohn Max studiert er an der Filmhochschule.
Das fand ich richtig gut. Vorher war das ja eher eine Ahnung, jetzt wird es Gewisheit. Ich mein, den Altersunterschied.

Als Pia blinzelt, erwischt sie den Josh-Blick, weicht ihm aus, streicht über Wangen, Stirn und Augenbrauen und verteilt Reste der Spritzer, die er über den Bauch bis zu ihrem Gesicht geschossen hat.
Was? Sie weicht seinem Blick aus, so weit so gut, und was streicht dann über Wangen und Stirn - ihr ausweichender Blick? Sein Blick, den sie aber nicht sehen kann, weil sie ihm ausweicht? Ist zu hoch für mich. Da wären dann auch zwei Perspektiven in einem Satz.

„Sehr geil mit dir“, sagt er und drückt die Zigarette aus.
Oh, Mann. Schätze aber, der Jugend verzeiht man das und lächelt milde innerlich.

Für einen Augenblick glaubt sie, dass sein Blick auf den Gesichtsfalten ruht.
Was für ein Unwort, irgendwie. Aber man weiß, was es bedeutet, insofern ...

„Kannst du mir einen Fünfziger geben. Ich muss Tickets nach Amsterdam kaufen.“
Krass. Der Text hat auf jeden Fall eine eigene Dynamik.

... und steckt ihn schließlich, bevor sie sich’s anders überlegt, mit einem Schwung, als genösse er es, bezahlt zu werden, in die Gesäßtasche der Jeans, die neben dem Bett liegt. Er denkt an Amsterdam, an das, was er dort erleben wird.
Oh ha - ja, da macht sich keiner von beiden was vor, was ich der Situation entsprechend als sehr anständig empfinde.

„Ist schon in Ordnung, ich brauch’s nicht“, antwortet sie, berührt Joshs Unterarm, die Schultern.(SIE) Sie hat Augen wie ihr Sohn, exakt die gleichen, so grün, so blau.(Josh) Er darf’s niemals erfahren, dafür ist er nicht smart genug,(beide möglich) keiner, dem er (also doch weiter Josh) erzählen könnte, dass er, Josh, ganz oldschool klischeehaft, eine Informatikprofessorin in den Arsch fickt, dass sie schreit, wenn er sie stößt, geschweige denn, dass diese Frau die Mutter von Max ist. (... geschweige denn, dass diese Frau seine Mutter ist.)
Also, der letzte Halbsatz macht für mich nur Sinn, wie ich ihn geschrieben hab. Josh redet da doch gerade (oder eben nicht) in Gedanken zu Max.

... kann gar nicht verstehen, dass sie den halbsteifen Schwanz ignoriert, obwohl er ihr das Becken entgegenstreckt.
Herrlich.

Ihre Augen vernebeln, richten sich ins Nichts, als müsse sie ihre Reife-Frauen-Gedanken bändigen, als fiele ihr ein, dass sie nie wieder jung sein wird, als wundere sie sich über das, was das Leben ihr gegeben hat, was es jetzt verweigert, dass Erkenntnis, gar Weisheit, ausbleiben, dass kaum mehr übrig ist, als etwas Geld, eine Familie, Träume.
Welcher Erzähler spricht hier? Sie eher nicht und Josh - nee, das kauf ich ihm nicht ab. Also doch sie, aber nee, das macht ja keinen Sinn. So denkt man doch nicht über sich selbst. Der Autor persönlich? War sicher nicht in deiner Absicht. Aber klingt nach Autor, der jetzt auch mal was sagen will.

Das Guteschönewahre? Fehlanzeige! Stattdessen Vorlesungen, Seminare, Sport, ein paar Freunde, ein Sohn, ein kugelbauchiger Ehemann.
Da ist sie, ganz klar.

Josh langweilt sich, will ihr erzählen, welche Musik er mag, ihr vorspielen, wie Trap Rap klingt, aber er sieht ihren Erwachsenenblick und schweigt.
Ja, nach dem Rausch die Ernüchterung. Gefällt mir auch.

Josh sieht gerade noch die fitnessgestählten Waden, den flachgedrückten Hintern, ...
Der Hintern war doch weiter vorn noch ein Prachtexemplar ... aber flach passt jetzt nicht so dazu.

Sie schmiegt sich an Josh, während er die Arme um sie schließt, die feuchten Haare auf den Schulterblättern spürt, an den Surfurlaub in Florida denkt, den ersten Kuss, ruft sich den Namen des Mädchens ins Gedächtnis, Diane, die sich ebenso zerbrechlich anfühlte wie in diesem Augenblick Pia.
Das sind Joshs Gedanken, oder? Auch ein Wechsel den ich nachträglich sortieren musste.

"Na ja, ich schreibe ein Drehbuchentwurf zu Alice Munros „Tricks“ und will Faustzitate einbauen.“
„Ist dir das selbst eingefallen?“
„Klar!“
„Respekt, klingt superintellektuell.“
Hehe. Ich erlebe das im Theater ja nur zu oft. Denken viele, können wenige. Ich mein, damit tatsächlich eine zweite Ebene öffnen. Meistens wirkt es einfach nur bemüht. Mehr Schein als sein und man durchschaut es auch so einfach.

„Nächste Woche, okay.“ Er wirft einen Blick auf die Uhr. Fast Mitternacht. Er muss Max eine Nachricht schreiben.
Oh ha.

Dann wendet sie sich wieder Josh zu, streicht die Haare glattPUNKT

Ihr Mann sitzt vornübergebeugt, aufs Lenkrad aufgestützt neben ihr, schaut zu ihr herüber.
Krass. Er spielt also den Chauffeur für ihre Abenteuer. Nice turn!

Wie leicht sich Türen öffnen lassen, wenn man weiß wie und den Code hat! Albert hat sich’s angeschaut, wollte wissen, wer der Kerl ist, den seine Frau fickt, den besten Freund seines Sohnes, auf gewisse Weise Familienmitglied, da war es sein gutes Recht, sich in der Wohnung umzuschauen, hier und dort zu schnüffeln, das Fenster zu öffnen und eine Zigarette zu rauchen.
Halt die Axt. Und noch einen drauf. Also, das ist so schräg, ich habe das wirklich gemocht.

Die Bettdecke lag aufgeschlagen, zerwühlt auf der Matratze.
Oh, dann waren die beiden da gar nicht im Bett drin. Wann war er denn da? Ich dachte, im Moment des Geschehens. Aber das muss ja später sein. Und wer der Kerl ist, wie er aussieht, das weiß Albert ja, wenn Josh praktisch zur Familie gehört.

Albert fährt jetzt langsamer, schweigt. Josh hat das Zippo. Er muss es vergessen haben. Er wirft seiner Frau einen Blick zu.
Ah, irgendwann vorher. Wollt A. mal checken, ob er seine Frau dahin bringen kann, oder was?

„Morgen fahre ich mit Josh nach Amsterdam.“
„Mit Josh?“
„Ja. Wird cool.“
„Wer kommt noch mit?“
„Nur wir zwei!“
Mama ist sich irgendwie sehr sicher, dass Josh nicht plaudert. Aber vielleicht ist in der Familie auch egal.

„Wenn ich aus Amsterdam zurück bin, ziehe ich bei Josh ein. Er hat Platz genug und wohnt näher an der Uni.“
...
Albert zuckt mit den Schultern, verzieht das Gesicht, als wolle er grinsen.
Na, er hat ja auch Grund zur Freude, muss er nicht mehr so lang im Auto rumsitzen.

„Hat einer von euch mein Zippo gesehen?“
Fragt wer, weil A. sich doch vorher noch denkt, dass er es vergessen hat oder ist das ein Ablenkungsmanöver seinerseits? Aber da sie noch keinen Verdacht hatte, dass er bei Josh geschnüffelt hat, bringt er sie doch mit der Frage erst (vielleicht) auf den Gedanken. Aber gut, bei denen halte ich alles für möglich.

Irrer Text. Bisschen konfus für mich hier und da, aber sonst fand ich das gut - gib ihm und noch einen drauf und noch einen.

Komme gut ins neue Jahr!
Beste Grüße, Fliege

 

Hi Isegrims,

ich mag die Geschichte, hätte mir allerdings eine Art Entwicklung in der Beziehung der "Alten" gewünscht.

im Takt einer Fantasiemelodie
Was unterscheidet eine Fantasiemelodie von einer unbekannten, noch nie gehörten Melodie?

ein kugelbauchiger Ehemann
Ja, war klar. Das Gegenbild.

Josh langweilt sich, will ihr erzählen, welche Musik er mag, ihr vorspielen, wie Trap Rap klingt, aber er sieht ihren Erwachsenenblick und schweigt
Erwachsenenblick finde ich klasse.

die fitnessgestählten Waden, den flachgedrückten Hintern,
Die Brustwarzen leben.
Im Allgemeinen sind es mir zu viele Körperbeschreibungen. Wenn es hieße, Josh hat ein Six Pack, hätte es mir schon gereicht. Den Rest kann ich mir dann selbst hinzudenken. Aber so beschreibst du ja fast jedes Körperteil, ich kann nicht selbst ein Bild erzeugen.

Als sie die Beifahrertür aufmacht, drängt sich ihr der Geruch von vergorener Milch und schaler Luft entgegen.
Hehe, die Realität :-)

begrüßt sie mit dem Ich-hab-was-ausgefressen-Lächeln seiner Kindheit.
Irgendwie hat fast jede auftretende Figur so ein 3- oder 4-Bindestrich-Wort zu eigen. Ist mir zu viel.

Klar, der Rinowa ist ja unverwüstlich.
Andere Eigennamen hat du kursiv.

„ …(LEERZEICHEN)Weil es

Ja, ist recht realistisch dargestellt. So in etwa könnte es laufen.
Bei den Beschreibungen könnte man gerne die Hälfte streichen, dann bliebe noch etwas übrig zum selbst ausmalen.
Bei dem langen Dialog verlor ich zwischendurch den Sprecher aus den Augen. Ein-, zweimal kurz den Namen erwähnen/einbauen, dann wäre es (für mich :-) )einfacher.

Ansonsten eine Geschichte aus der Welt der Armen/Reichen, Schönen/Hässlichen, der Privilegierten und der einfachen Leute. Darauf scheinst du dich ja spezialisiert zu haben. :thumbsup:

(Übrigens musste ich schmunzeln, als ich feststellte, worüber die Story handelt. Habe da was ähnliches, FF-mäßiges in der Mache.)

Schönen Wochenende noch und liebe Grüße,
GoMusic

 

Liebe @Novak,

die Weihnachtstage waren irgendwie zeitraubend, dennoch ganz schön, deshalb antworte ich dir jetzt erst auf den tollen, so hilfreichen Kommentar.

Jetzt hier hast du aber so eine gute Vorgabe gemacht, was man beobachten könnte und sollte, um dir bei dem, was du dir vorgenommen hast, weiterzuhelfen, da versuche ich es doch noch mal.
Dankeschön, auf solche Kommentare setze ich. Gerade mit diesem Text habe ich versucht, was auszuprobieren.

Es ist einfach was anderes, so völlig frei eine Handlung und ein Ziel zu entwickeln. Man schwimmt irgendwie mehr. Und was du da machst, da gefällt mir das. Die Geschichte erinnert mich an bestimmte französische Filme, die die Leere und Zerbrechlichkeit von Beziehungen thematisieren.
Ist natürlich nur ein Ausschnitt. Ob eine Konstellation wie diese eine längeren Text trägt, wird sich noch erweisen müssen.

Das finde ich wirklich gut, weil du den Leserblick wie mit der Kamera geführt von einer auf die andere Person richtest. Kann man nicht immer so machen, klar, wäre sonst als Trick erkennbar, aber manchmal und speziell hier finde ich es fast perfekt, weil du nicht nur den unmittelbaren Perspektivwechsel durchführst, sondern den Leser rezeptionsmäßig darauf vorbereitest.
:Pfeif:

An anderen Stellen war es mir eindeutig zu unruhig. Zu oft, zu schnell, zu sehr darauf bedacht, die Wechsel durchzuführen. Und oft auch unsauber.
mm, ich weiß, was du meinst, wollte insgesamt die Gedanken zeigen, die hin- und herschweben - in den einzelnen Szenen.

a, man kapiert schon, wer jeweils "dran" ist, aber es erschien mir oft auch als "künstliche" Perspektive, wenn du deinen Charakter an sich selbst Dinge beobachten lässt, die dieser Mensch so nicht denken würde, wenn man aus seiner Sicht schreibt.
das ist ein wichtiger Aspekt. Den habe ich gar nicht bedacht. Könnte dann wie ein auktorialer Erzähler wirken, der sich dahinter verbirgt, andererseits, warum auch nicht, wenn es versteckt genug ist.

Er denkt das letztere, dass er gefallen will und deshalb sein Lächeln einsetzt, aber diese Kleinlichkeit in der Beschreibung, in der Abfolge, erst mal ziehe ich die Mundwinkel hoch, dann setzte ich meine perlweißen Zähne ein und forme mein breitestes Grinsen, das passt nicht.
genau das. Ist natürlich von außen beobachtet. Da spielt der Text Kamera.

Du beginnst aus der Sicht der Frau. Dann wechselst du, mitten im Absatz, wenn ich dich richtig verstehe, ab hier zu Joshs Sicht: Sie hat Augen wie ihr Sohn, exakt die gleichen, so grün, so blau. Joshs Perspektive würde den Freund doch aber nicht als "ihr Sohn" sehen, sondern von ihm als Max denken. Oder vielleicht doch nicht Joshs Persepektive?
die Stelle habe ich verändert.

Ja, die Charaktere wirken nicht besonders sympathisch, trotzdem glaubhaft. Ob sie jetzt dadurch realer wirken, weiß ich nicht. Es passt auf jeden Fall.
Na ja, Realität zeigt sich doch in funktionalen Texten genau darin, ob ihr Handeln glaubwürdig, in sich schlüssig ist.

Man fragt sich, warum sie sich nicht aus den jeweiligen Konstellationen lösen können oder wollen.
Ich glaube, wir alle sind doch sehr oft gefangen in den Konstellationen, die für uns bequem sind.

Pia, die Josh braucht, um an verlorene Sehnsüchte und Träume anknüpfen zu können. Und Pias Mann, der eine Art perversen Genuss an dem Abenteuer seiner Frau empfindet. Ich glaube das übrigens sofort, dass das stimmig ist. Es gibt solche verlorenen Menschen, was für eine zerstörerische Melange ihn da auch immer antreiben mag, das kann ich gar nicht sagen, nur ich empfinde es als absolut glaubhaft.
wahrscheinlich hätte ich die Fallhöhe vergrößern müssen, den Einsatz der Figuren, um zum Beispiel mehr Leser*innen im Rahmen der Challenge zu beeindrucken.

Die Wendung am Schluss der Geschichte bringt Bewegung in den Haufen, das ist ein reizvolles Ende. So weiter wie bisher wird es nicht gehen. Gefällt mir gut.
das Ende gefällt mir auch ganz gut, so wie es ist.

Wenn du damit meinst, dass viele der Sätze Subtext haben, eine zweite Ebene, ja. Aber das macht ja eigentlich Literatur aus, dass da nicht nur eine Ebene existiert. Ist quasi Voraussetzung.
ich habe mich ungenau ausgedrückt, hast du recht, braucht man nicht betonen.

Oh nee, da müsste man überlegen, wer und was gehört denn nun zur Elite. Und ist man echt der Meinung, dass Elite so ist, wie du es da schilderst? nee, das ist mir eine Spur (haha) zu hochfliegend. Nee, solche "grpßkopferten" Formulierungen und Vorhaben würde ich den Literaturkritikern überlassen.
auch hier gebe ich dir recht, bin halt manchmal euphorisch und will doch gar nicht arrogant klingen.

Ja, die Literaturbezüge sind da. Haben auch manchmal entsprechenden Subtext (siehe weiter unten). Aber ich glaube, ich weiß nicht, was du mit der Frage meinst, wenn es mehr sein sollte, was du wissen willst.
ich hatte Spaß daran Literaturbezüge einzubauen, Spuren zu legen (Faust, Alice Munro, Proust). Außerdem glaube ich, dass man ruhig Bezüge aufbauen kann, wir greifen doch immer auf etwas zurück.

Ich habe mal die falsche Zusammensetzung geschwärzt. Das Subjekt "sie" (bzw. Pia) bleibt zwar, das ist alles völlig okay, und es können auch völlig disparate Verben sein, die du der Reihe nach aufzählst, aber sie sollten eindeutig sein im Sinne der Leserführung, was mit dem jeweiligen Verb inhaltlich gemeint ist. Hier wäre es das nur, wenn du beim Vorlesen eine kleine, aber deutliche Pause machst vor "streicht", beim Selbstlesen stolpern dir zu viele Leser. Pia weicht Js Blick aus, das bezieht sich auf ihre Augen. Mit denen macht sie was. Erst blinzelt sie, dann weicht sie mit den Augen aus. Also eindeutig der Fokus auf Verben, die Augenaktivität bezeichnen.
die Stele habe ich geändert.

„Sehr geil mit dir“, sagt er und drückt die Zigarette aus. Für einen Augenblick glaubt sie, dass sein Blick auf den Gesichtsfalten ruht.
okay, steht auf der Liste; schreibt sich halt übermütig. :D

So und jetzt freue ich mich auf das nächste Frankfurter Eckhaus-Stammtisch-Treffen und wünsche dir und allen anderen ein glückserfüllendes Jahr 2020!
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe @Fliege,

was du zu der Verwendung der Perspektiven schreibst, leuchtet mir ein. Auch die Anmerkung zu der Dialogstelle, in der Josh und Pia über Literatur reden. Andererseits liest du den Text aus der Sicht einer Autorin, die etwas kritisch-anregendes sagen will, mit einer speziellen Brille also. Mag sein, dass neutralere Leser*innen gar nicht bemerken (wollen), was du anführst.
Klar, der Text spielt ein wenig mit den Perspektiven. Weiter oben habe ich auch beschrieben, was ich damit bezweckt habe, dass ich Stimmen auffangen wollte, vielleicht auch eine Außensicht ermöglichen möchte.

Welcher Erzähler spricht hier? Sie eher nicht und Josh - nee, das kauf ich ihm nicht ab. Also doch sie, aber nee, das macht ja keinen Sinn. So denkt man doch nicht über sich selbst. Der Autor persönlich? War sicher nicht in deiner Absicht. Aber klingt nach Autor, der jetzt auch mal was sagen will.
hier zum Beispiel ermöglicht die Außensicht einen neuen Blick

Ich fand den Twist angenehm schräg. Doch, ich mochte die Verkettung der Umstände auf eine schon irgendwie spezielle Art.
wie im Leben, dachte ich mir :D

leere Augen und mir gehört die Welt-Mimik passen für mich zueinander. Das ist widersprüchlich und auf keine gute Art.
steht auf der Liste, denke das werde ich ändern

Was? Sie weicht seinem Blick aus, so weit so gut, und was streicht dann über Wangen und Stirn - ihr ausweichender Blick? Sein Blick, den sie aber nicht sehen kann, weil sie ihm ausweicht? Ist zu hoch für mich. Da wären dann auch zwei Perspektiven in einem Satz.
ich verstehe, wie du das kommentierst, da hast du dich nicht drauf einlassen können, dass ich alles in einen Satz packe: erst schaut sie ihn an, dann streicht sie über ihre Wangen, so schwerverständlich ist das nicht, auch wenn ich es in einen einzigen Satz packe.

Welcher Erzähler spricht hier? Sie eher nicht und Josh - nee, das kauf ich ihm nicht ab. Also doch sie, aber nee, das macht ja keinen Sinn. So denkt man doch nicht über sich selbst. Der Autor persönlich? War sicher nicht in deiner Absicht. Aber klingt nach Autor, der jetzt auch mal was sagen will.
siehe oben: wär doch gar nicht schlimm, wenn hier wieder eine Außensicht gezeigt wird

Hehe. Ich erlebe das im Theater ja nur zu oft. Denken viele, können wenige. Ich mein, damit tatsächlich eine zweite Ebene öffnen. Meistens wirkt es einfach nur bemüht. Mehr Schein als sein und man durchschaut es auch so einfach.
du schreibst nicht explizit, ob du die Stelle für geschmeidig genug hältst, schätze eher nicht, dabei kommt das Gespräch ja nicht aus dem Nichts. Josh studiert Filmwissenschaft, warum sollte er nicht darüber reden...

Fragt wer, weil A. sich doch vorher noch denkt, dass er es vergessen hat oder ist das ein Ablenkungsmanöver seinerseits? Aber da sie noch keinen Verdacht hatte, dass er bei Josh geschnüffelt hat, bringt er sie doch mit der Frage erst (vielleicht) auf den Gedanken. Aber gut, bei denen halte ich alles für möglich.
ich glaube, das ist ein Trick von Albert

Irrer Text. Bisschen konfus für mich hier und da, aber sonst fand ich das gut - gib ihm und noch einen drauf und noch einen.
:Pfeif:

viele Grüße und ein glückliches neues Jahr für dich
Isegrims

 

Lieber @GoMusic

Ich hoffe du hattest einen sehr angenehm beschwinglichen Jahresbeginn. Danke dir für die willkommenen Anmerkungen und deine Zeit.
Und überhaupt für das wortkriegerkollegiale Beisammensein hier im Team.

ich mag die Geschichte, hätte mir allerdings eine Art Entwicklung in der Beziehung der "Alten" gewünscht.
Mm, da stimme ich dir nicht ganz zu. Der Schluss der Geschichte weist auf gro0e Veränderungen. Die werden nur nicht in der Geschichte selbst verhandelt.

Was unterscheidet eine Fantasiemelodie von einer unbekannten, noch nie gehörten Melodie?
Na ja, du willst den Unterscheid wissen, mm? Also eine Fantasiemelodie klingt einfach um Längen besser nmG wie eine unbekannte Meldodie.

Erwachsenenblick finde ich klasse.
:Pfeif:

Im Allgemeinen sind es mir zu viele Körperbeschreibungen. Wenn es hieße, Josh hat ein Six Pack, hätte es mir schon gereicht. Den Rest kann ich mir dann selbst hinzudenken. Aber so beschreibst du ja fast jedes Körperteil, ich kann nicht selbst ein Bild erzeugen.
Klar, ich neige zu genauen Beschreibungen, halte das auch für wichtig, um ein Bild aufzubauen. Doe Körperbeschreibungen im Text verfolgen aber einen zusätzlichen Zweck, zeigen ein bisschen, worum es den Figuren geht.

Irgendwie hat fast jede auftretende Figur so ein 3- oder 4-Bindestrich-Wort zu eigen. Ist mir zu viel
okay, verstehe ich, gefällt mir augenblicklich trotzdem

Bei den Beschreibungen könnte man gerne die Hälfte streichen, dann bliebe noch etwas übrig zum selbst ausmalen.
diese Meinung teile ich nicht. Ich glaube eine Beschreibung öffnet Erinnerungsfelder beim Lesen.

Bei dem langen Dialog verlor ich zwischendurch den Sprecher aus den Augen. Ein-, zweimal kurz den Namen erwähnen/einbauen, dann wäre es (für mich :-) )einfacher.
da du jetzt ungefähr der erste bist, der das erwähnt, lasse ich den Text erst mal so, zumal in der Regel nur zwei Figuren miteinander sprechen.

Ansonsten eine Geschichte aus der Welt der Armen/Reichen, Schönen/Hässlichen, der Privilegierten und der einfachen Leute. Darauf scheinst du dich ja spezialisiert zu haben. :thumbsup:
ah ne, spezialisiert würde ich nicht sagen...

(Übrigens musste ich schmunzeln, als ich feststellte, worüber die Story handelt. Habe da was ähnliches, FF-mäßiges in der Mache.)
alright, bin ich gespannt!

So und jetzt viele Ich-schenk-mir-jetzt-nen-Legendarios-ein-Grüsse und wünsch dir das Allerallerbeste für den Abend und das Jahrzehnt(:D)
Isegrims

 

Lieber Isegrims,

danke für deine Rückmeldung.

Ich hoffe du hattest einen sehr angenehm beschwinglichen Jahresbeginn. Danke dir für die willkommenen Anmerkungen und deine Zeit.
Und überhaupt für das wortkriegerkollegiale Beisammensein hier im Team.
Danke, hatte ich, Hoffe, du auch.

"wortkriegerkollegiale Beisammensein hier im Team." --> :kuss:

Klar, ich neige zu genauen Beschreibungen, halte das auch für wichtig, um ein Bild aufzubauen. Doe Körperbeschreibungen im Text verfolgen aber einen zusätzlichen Zweck, zeigen ein bisschen, worum es den Figuren geht.
Stimmt, unter diesen Gesichtspunkten habe ich das nicht gesehen.
So macht das Sinn (was für eine blöde und falsche Verdeutschung) ist das sinnvoll.

Schönen Tag und liebe Grüße. Dir auch alles Gute für das neue Jahrzehnt.
GoMusic

Jetzt gönn ich mir den zweiten Frisch-gebrühten-Kaffee-mit-der-nur-noch-bis-morgen-haltbaren,-dafür-aber-um-30%-preisreduzierten-Milch, während im Hintergrund die Kleinen herumwerkeln.

 

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