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Dunkles Erbe

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19.02.2006
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Dunkles Erbe

Gott schien die Welt in Tränen ertränken zu wollen. Sie stürzten aus dem bleiernen Himmel und verwandelten die Erde in einen schlammigen Sud, der alle Unschuld verschlang.
Eine einsame Gestalt krallte ihre Hände in den Matsch und schrie der Sintflut ihren geballten Schmerz entgegen. Doch der Schmerz war zu gewaltig, als dass er durch einen Schrei hätte gelöst werden können. So wenig, wie der Schrei nicht gegen das Reißen des Regens ankam, konnte er auch den Schmerz aus der Seele des jungen Mannes vertreiben.
Die Gestalt schrie, bis ihre Stimmbänder brennend den Dienst verweigerten. Wimmernd sackte der erschöpfte Körper in sich zusammen. Einem verlorenen Sünder gleich kniete der junge Mann vor dem Stein; durchweicht und verlassen. Sein frierender Leib zitterte, Regen und Wind peitschten die letzte Wärme aus der Haut.
„Ich hasse dich! Ich hasse dich!“, krächzte er immer wieder. Der Stein schwieg, badete unbeeindruckt im Sturm. Höhnisch schien er dem Weltuntergang zu trotzen, ragte stolz empor, als wolle er sagen, er ließe sich von keiner Macht niederdrücken.
„Ja, du hast dich von niemandem niederdrücken lassen, denn du hast alle erdrückt, die in deiner Nähe waren!“
Höhnisch warf der Stein seinen unbarmherzigen Schatten auf die verlorene Gestalt.
Der Regen nahm noch zu.

Auf allem, was sich deinen Händen nicht entziehen konnte, lastet ein bitterer Fluch. Mutter hast du bis ins Mark vergiftet, selbst dein Abschied war nicht mehr imstande sie zu heilen. Zu tief hat sich dein Gift in sie gefressen, hat ihren Willen zersetzt und jede Freude am Leben mit dem Makel der Bitterkeit besetzt.
Deine Tochter ist ein lebloses Gerippe, das sich mit jedem Schuss weiter das Leben aus den Venen presst.
Und jetzt hat sich dein Fluch auch auf mich erstreckt.
Ich habe geglaubt, deinem Schatten entkommen zu sein. Bis zuletzt habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, mich mit aller Kraft an sie geklammert und mich gegen die Qual der Vergangenheit gestemmt. Ich wähnte mich schon in Sicherheit, glaubte deinen Klauen entkommen zu sein, aber letztlich hast du mich doch gekriegt.
In meiner schwächsten Minute hat sich dein Erbe entfesselt.
Ich habe Dania geschlagen. Geschlagen, wie du einst auf uns eingeprügelt hast. Ich wollte es nicht, bei Gott, ich wollte es nicht! Aber du hast auch immer gesagt, dass du es nicht wolltest. Jedes Mal schworst du, es sei das letzte Mal gewesen.
Ich weiß nicht, ob Mutter dir das tatsächlich geglaubt hat, oder meine Schwester. Wir haben nie darüber gesprochen, alles, was mit dir zu schaffen hat, wurde vom Mantel des Schweigens verschluckt.
Es herrschte ein unausgesprochenes Gebot, dich mit keinem Wort zu erwähnen. Aus Scham, aber auch aus Angst, dass dich das Aussprechen deines Namens wieder lebendig machen könnte.
Nein, ich weiß nicht, ob sie dir deine Versprechen abgenommen haben, ob sie in deinem ewigen Wechselspiel von Gewimmer und Geprügel noch Hoffnung geschöpft haben.
„Nach Regen folgt auch wieder Sonnenschein“, pflegtest du in deiner unbeholfenen Art zu sagen.
Ich habe dir schon lange nicht mehr geglaubt.
Meine einzige Hoffnung galt jenem Tag, an dem ich es endlich schaffen würde, uns von deiner Tyrannei zu befreien.
Ich bettete mein ganzes Streben in die Zuversicht, dich eines Tages für deine Sünden bluten zu lassen.
Jedes Mal, wenn sich einer deiner Ausbrüche auf uns entlud, zog ich mich in den Kokon meiner Hoffnung zurück.
Ich flüchtete nicht vor deiner Hand, ertrug die Schläge mit seltsamer Genugtuung. Ich zählte sie und summierte den Schmerz, um ihn dem Kokon zuzuführen. Ich sammelte den Schmerz, den du mir zufügtest, zahlte ihn ein auf das imaginäre Konto meiner baldigen Rache.
Ich führte dieses Konto, weil ich aus quälender Erfahrung wusste, dass dir selbst mein geballter Hass mit meinen Kinderfäusten nichts anhaben konnte.
Wenn ich dem Knabenalter entwachsen wäre, so schwor ich mir, würde ich das Konto auflösen. Und dann würde ich dir all den Schmerz zurückzahlen, der im Kokon seiner Entladung harrte. Und ich würde dir diesen Schmerz in dreifacher Wut zufügen. Ich würde die Rechnung für meine Mutter und meine Schwester mit begleichen.
Ich schrieb den Eid in einer jener dunklen Stunden mit meinem eigenen Blut. Blut, welches du aus mir heraus gedroschen hattest.
Ich zählte die Jahre und nährte meinen Hass. Als der Tag meiner Rache immer näher rückte, suchte ich förmlich deine Nähe, sehnte ich mich, wie in einem morbiden Bann gefangen, nach deinen Schlägen.
Ich trieb es so weit, dass du mich beinahe totgeprügelt hättest. Ich unterließ es nicht nur, mich zu verteidigen, nein, ich lachte auch noch dabei. Es war ein unbändiges und dämonisches Lachen. Denn jeden Hieb, den du mir beifügtest, sah ich bereits mit dreifacher Gewalt auf dich niedergehen. In meinem Wahn war es dein Blut, das floss, und nicht meines, waren es deine Knochen, die barsten und nicht meine.
Der Tag unserer Befreiung kam näher und ich sah ihm mit einem Fieber entgegen, das sich allem Beschreibbaren entzieht.
Doch dann, kurz vor dem Tag, an dem mein Schwur seine Erfüllung finden sollte, vollbrachtest du die schändlichste aller Taten und entzogst dich aus eigener Hand deinem gerechten Schicksal.
In deinem feigen Abschiedsbrief bittest du tatsächlich für all das, was du uns angetan hast um Vergebung.
In deiner gebrochenen Handschrift verkündest du noch einmal die einzige Weisheit, zu der du fähig warst.
Nach Regen folgt auch wieder Sonnenschein.
Und darunter schreibst du, dass du diesen Weg uns zu Liebe gewählt hast, weil du uns nicht den Sonnenschein geben kannst, den wir verdient hätten.
Für eine lange Zeit dachte ich, der angestaute Schmerz in mir würde mich verschlingen. Durch feine Risse in meinem Kokon entwich lähmend das gestaute Gift und schien jede Faser meines Körpers zu infizieren, bis es meine Seele zu ersticken drohte.
Doch letztlich sollte deine verhasste Redensart Recht behalten.
Nach einer langen und zermürbenden Regenphase, durchdrangen irgendwann heilende Sonnenstrahlen mein selbstzerstörerisches, von Drogen betäubtes Dasein.
Sicherlich spielte auch die Therapie in meinem Lebenswandel eine nicht unbeachtliche Rolle, aber ich nenne meinen Sonnenstrahl Dania. Dania lehrte mich die Kraft der Freude. Zum ersten Mal in meinem Leben erfuhr ich den Begriff der Liebe in bedingungsloser Form. Nie hätte ich gedacht, dass eines Menschen Zuneigung mit so viel Wärme gezeichnet sein könnte. Es schien, als durchlebte ich eine zweite Geburt.
Ganz allmählich verlor ich die Furcht vor mir selbst, vor deinem Erbe, das irgendwo bösartig in mir schlummerte, und nur auf einen unachtsamen Moment wartete, um aus seinem Käfig zu brechen und die Kontrolle an sich zu reißen.
Ich wähnte mich tatsächlich in Sicherheit, glaubte, durch die Kraft der Liebe allem entkommen zu sein.
Aber die Vergangenheit holte mich letztlich ein. Sie kam in Gestalt eines Anrufs über mich - und entfesselte endlich, endlich dein Erbe in mir.
Der Tod meiner Schwester grub sich wie ein glühender Dolch in mein Herz. Wie lange hatte ich mich nicht mehr bei ihr gemeldet? Ich hatte es mir in einem neuen Kokon gemütlich gemacht, alles Unangenehme ausgesperrt. Aber plötzlich erschien sie mir ganz deutlich vor Augen, ihre abgemergelte Gestalt, verkrümmt auf einem kalten Fliesenboden liegend, der Blick starr und leblos an die Decke geheftet, neben ihr eine Spritze.
Ich habe keine klaren Erinnerungen an das, was dann folgte. Plötzlich platzte etwas in mir auf und mit einem Mal entlud sich all die unterdrückte Wut. Es kam zur geballten Freisetzung des Schmerzes, um den du mich betrogen hattest. Ich verfiel in einen Zustand grässlicher Tollheit und zerlegte die Wohnung. Ich muss mich in einem solchen Wahn befunden haben, dass ich Dania erst gewahr wurde, als ich sie bereits zu Boden gestreckt hatte. Und mein Gott, diese Angst in ihrem Blick, diese nackte Angst, wirkte wie ein Spiegel auf mich.
Ihre Augen waren meine Augen, ich sah durch sie, wie ich als kleiner Junge gesehen habe, als mein Vater das erste Mal auf mich eindrosch. Verständnislose Angst, fester Boden verwandelte sich plötzlich in reißenden Treibsand.
Ihre Augen waren meine Augen und ich sah durch sie mich - und ich erblickte dich!
Ich rannte wie nie zuvor in meinem Leben. Gewitter setzte ein, Blitze durchzuckten das Firmament, als würde der Schöpfer selbst meiner Taten zürnen. Ich rannte und rannte, rannte vor mir selbst hinfort, und wusste doch, dass ich mir nicht entkommen würde. Ich wusste nicht wohin ich lief, ich wollte einfach nur weg, doch schließlich hat mich mein Weg zum Kernpunkt allen Übels geführt.

"Ich hätte dich getötet, Vater", krächzte der junge Mann. Seine Hände hielten den Grabstein gepackt, als wollte er ihn schütteln. Der Regen schmetterte mit ungebremster Gewalt auf ihn nieder.
"Meinen Zorn hättest du nicht überlebt. Hättest du dich nicht umgebracht, wärest du durch meine Hand gestorben. Aber es war dumm von mir zu glauben, dass ich deine Bösartigkeit entwurzeln könnte, indem ich dich töte. Du lebst in mir weiter. Meine Mutter hast du schon lange getötet, in ihr ist nichts Lebendiges mehr. Deine Tochter hast du gestern erwischt. Bleibe nur noch ich übrig."
Der Junge Mann gab ein röchelndes Lachen von sich. Seine Stimme glich einem spärlichen Flüstern. Es bewohnte kaum mehr Kraft den unterkühlten Körper.
"Ich bin hergekommen um zu sterben, Vater. So komme ich doch noch zu meiner Rache." Er gab wieder den Schatten eines Lachens von sich. "Denn mit mir stirbst auch du endgültig."
Es regnete unbarmherzig die ganze Nacht hindurch, doch als die ersten Vogelstimmen den neuen Tag begrüßten, war der Friedhof in verheißungsvollen goldenen Sonnenschein getaucht.

 

Lieber Weltenläufer,

Habe DUNKLES ERBE mehrmals gelesen , und doch bleibt deine Kg wie schon vorher , mehr als Dunkel!! Sie ist erschreckend Intensiv in ihrer negativen Art.Was wie ich denke auch gewollt war!??
Also mein Fazit: Eine intensive und bewusst agressive Stimmung, der ich mich nicht entziehen konnte!!
Hast mich in den Bann gezogen!

Hochachtungsvoll, Belvar

 

Lieber Weltenläufer,

beim ersten Abschnitt hatte ich das Gefühl, dass du deine Inspiration aus „deinem aktuellen Buch: Der Schwarm“ entnommen hast – und dann kam die eigentliche Geschichte …

Ich kann mich Belvar nur anschließen.

Gott schien die Welt in Tränen ertränken zu wollen.
Am Ende kam es mir so vor, als wären es sämtliche Tränen (auch die unterdrückten) des jungen Mannes zu sein …

 

Hi weltenläufer,

ein bisschen fehlt mir die Chance zur freien Entscheidung. Natürlich schleppen wir erbschuldend die Sünden unserer Väter mit uns und sie prägen unser Verhalten. Aber genau an dem Punkt, an dem ich das erkenne, kann ich mich dagegen entscheiden. Boshaftigkeit steckt ja nicht in den Genen (obwohl Forscher immer wieder in ihnen danach suchen).
Das Erbe zu überwinden kostet manchmal Mühe, je nachdem, wie gründlich unsere Eltern gewesen sind, aber töten würde er es mit der Entscheidung dagegen, nicht mit seinem Tod.
Gut, ich muss der Logik deines Prots nicht folgen. Aus seiner Sicht ist sie ja nachzuvollziehen.
Mir ist die Geschichte etwas zu sehr an den üblichen Stationen, das ist sicherlich Geschmacksache.
Im Mittelteil, als es darum geht, ob Mutter und Schwester ihm jemals geglaubt haben, erscheint sie mir etwas zu lang.
Sie ist sicherlich gut geschrieben, hat mich aber noch nicht so ganz überzeugt.
Details:

So wenig wie der Schrei gegen das Reißen des Regens ankam, ließ er sich auch aus der Seele des jungen Mannes vertreiben.
Ich fürchte, das ist vom Gedankengang her falsch. Konnte der Schrei nicht eher, den Schmerz so wenig aus der Seele des jungen Mannes bannen, wie er gegen den Regen ankam?
durchgefroren und verlassen. Sein frierender Leib zitterte
okay, das "verlassen" ist ohne Frieren sehr einsam, aber so doppelt ist es irgendwie trotzdem nicht schön.
badete unbeeindruckt im Sturm.
das ist wie unter der Dusche baden. Vergleich also nicht stimmig.
Eine Zeile später ist der Stein noch einmal unbeeindruckt.
Höhnisch warf der Stein seinen unbarmherzigen Schatten auf die verlorene Gestalt.
bei dem Regen?
Mutter hast du bis ins Mark vergiftet, selbst dein Abschied war nicht mehr Imstande sie zu heilen
imstande
Bis zu Letzt habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben
zuletzt
Ich flüchtete nicht vor deiner Hand, ertrug die Schläge mit seltsamer Genugtuung
fürchtete mich nicht
In meinem Wahn war es dein Blut was floss, und nicht meines,
Blut, das floss (du schreibst ja auch nicht von Knochen, wie barsten)
Für eine lange Zeit dachte ich, der angestaute Schmerz in mir, würde mich verschlingen.
Kein Komma nach mir
rannte vor mir selbst hinfort
auch, wenn es gewöhnlicher klingt, hier wäre "davon" richtiger.
Seine Hände hielten den Grabstein gepackt, als wollte er ihn Schütteln.
schütteln

Lieben Gruß, sim

 

@belvar:
danke für deine lobenden Worte, freutmich, dass sie dir gefallen hat. Vor allem das "erschreckend intensiv" macht mich überaus glücklich, denn so hat sie auf mich selbst auch gewirkt, als sie plötzlich raus war. Schön, dass ich es nicht nur so wahrnehme (der Autor ist für soetwas ja bekanntlich kein gutes Maß) :)

@WHC
gleiches gilt für deinen Kommentar.

Am Ende kam es mir so vor, als wären es sämtliche Tränen (auch die unterdrückten) des jungen Mannes zu sein …
schön, dass dieses Bild angekommen ist. :)

@sim
danke auch für deinen Kommentar. Einige Dinge möchte ich dazu anmerken:
das mit der freien Entscheidung

Aber genau an dem Punkt, an dem ich das erkenne, kann ich mich dagegen entscheiden
Im Prinzip schon, aber du wirst ja wahrscheinlich selbst wissen, wie schwer es ist die Theorie in die Praxis umzusetzen. Erkenntnis ist der erste Schritt, aber sie verheißt noch keine Veränderung; dazu braucht es einen gehörigen Willen (und den hat der Prot nicht)
Aus seiner Sicht ist sie ja nachzuvollziehen.
schön, dass du das dann noch anfügst :)

Sie ist sicherlich gut geschrieben
danke *strahl*

hat mich aber noch nicht so ganz überzeugt
Mist! Woran genau liegt das? An der freien Wahl kann es ja nicht liegen, da du selbst meinst, dass dies Dilemma nachvollziehbar sei...
Würde gerne daran arbeiten sie überzeugender zu gestalten, bin offen für Vorschläge. :shy:

Die Fehler bessere ich gleich aus, danke fürs aufstöbern

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo weltenläufer

Ich flüchtete nicht vor deiner Hand, ertrug die Schläge mit seltsamer Genugtuung. Ich zählte sie und summierte den Schmerz, um ihn dem Kokon zuzuführen.
Ich würde hier den doppelten Satzanfang (kann man auch Anapher schimpfen; aber ich denke mal nicht, dass du hier absichtlich eine Anapher setzen wolltest) vermeiden und das zweite ich durch ein sondern ersetzen.

Ich trieb es so weit, dass du mich beinahe todgeprügelt hättest. Ich unterließ es nicht nur mich zu verteidigen, nein, ich lachte auch noch dabei.
Ähnliches würde ich hier und bei einigen anderen Sätzen auch unternehmen.

Eine sehr gute Geschichte, weltenläufer. Wirklich intensiv. Der Bursche der sehnsüchtig auf den Moment wartet, wenn er endlich zurückschlagen kann und seinen einst übermächtigen Erzeuger alle Schmerzen die er ihm und der Familie zugefügt hat, heimzahlen kann. Von der Idee her leider nicht neu und nur daher keine Empfehlung von mir, aber ich hoffe, ein GROßES Lob von mir genügt dir fürs erste.
Es ist endlich mal eine Geschichte die wie heißes Öl schmerzt und mitempfinden lässt, und genau so lässt sie sich auch lesen.
Jedes Wort in deiner Geschichte verfolgt den innigen Hass deines Prots und du verlierst in keinerlei Abschweifungen oder sonstigen Erzählungen die Intensität. Denn was genau es für Schmerzen waren, die der Vater seiner Familie angetan hat, denn es werden nicht nur Schläge geschmerzt haben, wird nicht deutlich. Will sagen: Du beschreibst deine Prots nicht, was sie arbeiten, wie oder wo sie leben, was der Sohn jetzt tut usw. und genau das hat der Geschichte die tiefe Intensität verabreicht. Kompliment

besten Gruß

 

Wow Aris, ich danke dir für diese umwerfende Kritik! Das erfreut mich wirklich ungemein, da ich in die Geschichte eine Menge Emotionen gesteckt (verarbeitet?) habe.
Könnte jede Zeile deines Kommentars einzeln rausschreiben und unter jede ein seperates Danke schreiben. Es scheint mir, du hast die Geschichte genau so aufgenommen, wie sie gedacht war und heraus wollte.
Also vielen Dank noch mal!

P.S.: Die Anaphern lasse ich jedoch erstmal stehen, denn die waren tatsächlich beabsichtigt. Einige sind dir sogar noch entgangen. MMn tragen sie maßgeblich zu der Intensität der Geshcichte bei.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hi weltenläufer,

dass sie mich nicht so überzeugt, kannst du glaube ich nicht ändern. Es liegt an den mit zu typischen Stationen, Vater trinkt, schlägt, weint danach und lässt sich dafür trösten, dass er geschlagen hat, begeht Selbstmord.
Mutter erkrankt psychosomatisch und Krebs und stirbt.
Tochter wird drogensüchtig und stirbt.
Das alles kann vorkommen, kommt vor und wird in dieser Form einfach zu oft beschrieben.
Für die Veränderung braucht es Willen, in diesem Fall sicherlich auch eine Therapie. ;)

Lieben Gruß, sim

 

@sim:
schade, kann aber verstehen, was du meinst. Kann mich halt nur damit trösten, dass du sie ansonsten in sich ganz gut fandest, vom Thema einmal abgesehen - und das es andere gibt, die dieses Themas anscheinend noch nicht überdrüssig sind
Trotzdem danke, dass du dazu noch mal Stellung bezogen hast (man verfällt ja schnell den Zweifeln)

grüßlichst
weltenläufer

 

Mann, Mann, Mann,

also, den schwarm habe ich da nicht gefunden, gut dass ich dass erst nachher gelesen habe, sonst hätte ich wohl vergeblich nach gallerte gesucht.

ganz schön dramatisch, ich hoffe nicht zu autobiographisch.
es kommt für mich nicht darauf an, wie oft ich jetzt eine variante davon gelesen habe, sondern was im endeffekt dabei rauskommt. und hier ist etwas entstanden dass in seiner dichte eindeutig sehr gut gelungebn ist. mich hats gepackt, obwohl ich kein typ für allzu dramatisches bin.
das wort "intensiv" benutzen meine vorredner da völlig zurecht.
man wird mit jedem satz in das schicksal des prot gedrückt, ohne sich entziehen zu können und so muss das bei der thematik auch sein.

mir ist nichts negatives aufgefallen. respekt!

beste grüße
krilliam Bolderson

 

es kommt für mich nicht darauf an, wie oft ich jetzt eine variante davon gelesen habe, sondern was im endeffekt dabei rauskommt. und hier ist etwas entstanden dass in seiner dichte eindeutig sehr gut gelungebn ist.
Einen Riesendank dafür, krilliam.
mich hats gepackt, obwohl ich kein typ für allzu dramatisches bin
und dafür erst
mir ist nichts negatives aufgefallen. respekt!
tja und äh hierfür - dann lasse ich die anaphern drin
das wort "intensiv" benutzen meine vorredner da völlig zurecht
ich glaube, das wird ab jetzt mein neues Lieblingswort sein ;)

einen dicken, dicken Dank für die Kritik!

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Ava,
entschuldige, dass ich erst jetzt auf deinen Kommentar eingehe, ist in der Hektik des (dunklen ;) ) Alltags untergegangen.

Der Satz: Interessant, wie verschieden die Geschmäcker doch sein können, wurde hier in diesem Forum schon unzählige Male verfasst. Und doch komme ich nicht umhin selbigen nun auch noch einmal abzusetzen.
Wirklich interessant, da das, was du als beinahe schon unfreiwillig komisch bezeichnest von allen anderen bisher als sehr eindringlich und intensiv empfunden wurde.
Deines Beispieles hätte es freilich jedoch nicht bedurft, der "Pathos" ist natürlich ganz bewusst eingesetzt. Klar finde ich es schade, dass ich dich damit nicht erreichen konnte, aber ich kann verstehen was du meinst. Dieser Schreibstil ist nicht jedermanns Sache.
Gut, dass ich schon genug Lob dafür bekommen habe, sonst könnte ich glatt in Zweifel verfallen :D
Was mich hingegen wundert, ist deine Kritik an der Art der Umsetzung.

Es wirkt einfach wie eine sehr lange Geschichte, vielleicht ein Roman, die zu einer Kurzgeschichte zusammengeschrumpft wurde.
Mich würde ja mal interessieren, welche Passagen/ Momente dir fehlen, was ich also noch hätte ausbauen müssen.
Meiner Meinung nach schwächeln viele Geschichten nämlich häufig daran, dass sie mit zu viel Dingen beladen sind, die keinerlei Relevanz für das eigentliche Thema haben und dadurch ausschweifend (im schlimmsten Fall langweilig) werden. Ich wollte hier einen klaren Fokus setzen.

Danke für deine Kritik
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer!

Leider hat mir Deine Geschichte nicht so gut gefallen; obwohl ich aufgrund des Titels recht guter Dinge ans Lesen ging. Dein Protagonist erweckt bei mir zum Beispiel trotz dick aufgetragenem Selbstmitleid kein Mitgefühl – beim ersten Absatz mußte ich mich ständig fragen, ob Du das ernst meinst oder ob es doch eher ironisch sein soll.
Auch im weiteren Text finde ich kaum etwas, was das Leid zeigt, aus dem der Haß des Protagonisten erwächst, der ja ganz offensichtlich da ist. Du sprichst zwar – mehr beiläufig – von Schlägen, Tyrannei usw., aber da ist sofort wieder nur der Haß. Haß entsteht überhaupt erst durch Kränkung und Schmerz, was hier aber völlig fehlt. Stattdessen beansprucht der Protagonist auch noch für sich, die Rache für Schwester und Mutter gleich mitzuübernehmen – eine Bevormundung, die er wohl vom Vater gelernt hat?
Auch als Leser kann ich den Haß erst nachempfinden, wenn Du mir den Schmerz zeigst, der ihn rechtfertigt und mich mit dem Protagonsiten mitfühlen läßt.
Zum Beispiel hier:

In meiner schwächsten Minute hat sich dein Erbe entfesselt. Ich habe Dania geschlagen. Geschlagen, wie du einst auf uns eingeprügelt hast. Ich wollte es nicht, bei Gott, ich wollte es nicht! Aber du hast auch immer gesagt, dass du es nicht wolltest.
Statt etwas über seine Gefühle in dieser schwächste Minute zu erfahren, bekomme ich sofort die Schuldzuweisung zu lesen, die ja ohnehin schon auf dem Text klebt.
Hier bekommen wir sogar etwas als Vorwurf an den Vater serviert, was wohl gar nicht von ihm ausgegangen ist:
Wir haben nie darüber gesprochen, alles was mit dir zu schaffen hat, wurde vom Mantel des Schweigens verschluckt. Es herrschte ein unausgesprochenes Gebot, dich mit keinem Wort zu erwähnen.
Würdest Du die Geschichte so schreiben, daß sie das Leid des Protagonisten erzählt statt Schuldzuweisungen, würde sich diese Stelle sicher auch anders lesen – so, daß sie mich als Leser mitnimmt.
Ich unterließ es nicht nur mich zu verteidigen, nein, ich lachte auch noch dabei. Es war ein unbändiges und dämonisches Lachen. Denn jeden Hieb, den du mir beifügtest, sah ich bereits mit dreifacher Gewalt auf dich niedergehen.
Da kommt nicht nur kein Leid durch, sondern der Protagonist wirkt schon fast unsympathischer als der Vater. Wie der Autofahrer, der hinten gern eine neue Stoßstange möchte und deshalb kurz bremst, wenn einer mal ein bisschen knapper hinter ihm fährt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß das Deine Absicht war. – Es würde sich ganz anders lesen, wenn ich zuvor das Bild eines Protagonisten habe, der dem Vater ausgeliefert ist, vor ihm, seinen Schlägen und Demütigungen Angst hat, sich nicht wehren traut, und sich dann mit dem Gedanken tröstet, es ihm irgendwann heimzuzahlen; aber dieses Bild lieferst Du nicht, weil Du alles so extrem überzeichnest, bloß Umschreibungen wie ein Zurückziehen in einen Kokon verwendest, und damit Kilometer von den Gefühlen, die dahinter stecken, entfernt bist.

Unglaubwürdig finde ich auf jeden Fall den Selbstmord des Protagonisten. So ein kämpferischer Typ, wie Du ihn hier zeigst, gibt sich nicht so schnell einfach selbst auf, nur weil er bemerkt, daß er gewisse Dinge von seinem Vater übernommen hat. Genau da sollte vielmehr der Kampf ums Selbst beginnen – sollte der Protagonist eigentlich den Vater aus seinem Inneren herausmorden, über sich selbst bestimmen. So weit ist er offensichtlich noch nicht, aber immerhin hat er ja schon erkannt, daß nicht er selbst, also nicht sein Inneres es ist, das ihn schlagen läßt, sondern seine Erziehung, die ihm wie eine Maske übergestülpt worden ist und in deren Sinn er handelt. Schließlich wollte er es ja nicht, also muß er versuchen, nach seinem eigenen Willen zu handeln, statt nach dem der Maske bzw. des Vaters; das ganze Denken wie eine Wohnung ausmisten, in der fremde Sachen über die eigenen gelegt worden sind – deshalb muß man ja nicht gleich die Wohnung aufgeben … bloß aufräumen, dann kommt der innere Frieden ganz von selbst. Und Dein Protagonist weiß das auch schon, wenn er es auch nicht so ausgedrückt hat, aber das Wissen ist in ihm, und deshalb wird er sich auch befreien und nicht umbringen, was obendrein das abgelutschteste Ende ist, das Du Dir überhaupt einfallen lassen konntest. Hast Du vielleicht nicht gewußt, wie Du sonst zu einem Ende der Geschichte kommst? Wie wär’s damit, daß er spürt, wie sich etwas in ihm regt, etwas aufbricht, wie er bemerkt, daß für ihn ein neues Leben beginnt?

Zu einem gewissen Teil liest sich die Geschichte ja trotz allem recht authentisch, ich kenne sehr viel von dem, worüber Du hier schreibst, aber die Gefühle Deines Protagonisten kommen nicht aus dem Text, stehen nicht in der Geschichte, weil er nur den Haß und den Tod zu kennen scheint.
Ein bisschen habe ich ja das Gefühl, Du hast Dich nicht so recht getraut, über die Gefühle zu schreiben, und deshalb insbesondere den ersten Absatz so theatralisch überwürzt, um dann über das Folgende oberflächlich und anklagend hinwegzufliegen. Aber Gefühle erzeugst Du nicht durch eine »einsame Gestalt«, brennend den Dienst verweigernde Stimmbänder, einen wimmernd zusammensackenden, erschöpften Körper, einen frierenden Leib oder einen höhnischen, unbarmherzig Schatten werfenden Stein. – Das sind alles leere Phrasen, die nichts aussagen und kein Mitgefühl wecken, weil nichts vom Gefühl des Protagonisten drinsteckt, Du schreibst nur über Dinge, die etwas tun. Haben Stimmbänder einen eigenen Willen, daß sie etwas »verweigern« können, oder hat das irgendwie mit dem Protagonisten zu tun, dem vielleicht der Hals schon so weh tut, vom Schreien und vom Heulen?
Auch das mit dem Stein: Erst wird anscheinend der Vater durch ihn symbolisiert, am Ende ist der Stein dann ein Grabstein. Das sollte wohl am Ende so wirken, als sei bereits am Anfang der Grabstein gemeint gewesen, aber das funktioniert auch nicht, da z. B. bei »Der Stein schwieg, badete unbeeindruckt im Sturm« wohl eher nur der Vater gemeint sein kann, ein Grabstein trotzt immer unbeeindruckt Regen, Sturm und sogar Schnee, und er hat auch nichts anderes zu tun als zu schweigen. Und wen hat der Grabstein erdrückt? – Wenn schon Doppeldeutigkeit, dann muß die auch auf beide Seiten funktionieren. Aber Menschen – selbst solche, wie den Vater des Protagonisten – mit Steinen gleichzusetzen finde ich auch nicht so gelungen, und ein mehr als ausgelutschter Vergleich ist es obendrein, das geht doch sicher kreativer. ;)


Noch ein paar Details und weitere Anmerkungen … und Ausschweifungen ;):

»Gott schien die Welt in Tränen ertränken zu wollen. Sie stürzten aus dem bleiernen Himmel und verwandelten die Erde in einen schlammigen Sud, der alle Unschuld verschlang.«
– Gott verwüstet also die Erde und der Schlamm verschlingt die Unschuld. Ist das die Rache Gottes? Und wieso verschlingt der Schlamm wessen Unschuld? Selbst nach dem Lesen der Geschichte kann ich damit nicht viel anfangen.

»Eine einsame Gestalt krallte ihre Hände in den Matsch und schrie der Sintflut ihren geballten Schmerz entgegen.«
– Der »Schmerz« ist hier nur ein Wort, aber nicht als Schmerz vorhanden.
Und einen Protagonisten als »Gestalt« zu bezeichnen, ist so ziemlich das Unglücklichste, was Du machen kannst – mit einer Gestalt identifiziert man sich nicht.

»Doch der Schmerz war zu gewaltig, als dass er durch einen Schrei hätte gelöst werden können.«
– gewaltiger Schmerz, der nur leider keiner ist, weil Du ihn nicht zeigst.

»So wenig wie der Schrei gegen das Reißen des Regens ankam, ließ er sich auch aus der Seele des jungen Mannes vertreiben.«
– Da ist der Bezug falsch, richtig wäre zum Beispiel: »So wenig, wie der Schrei … ankam, konnte er auch den Schmerz aus der Seele des jungen Mannes vertreiben.« Besser fände ich noch: »So, wie der Schrei nicht gegen das Reißen des Regens ankam, konnte er auch nicht den Schmerz …

»Einem verlorenen Sünder gleich kniete der junge Mann vor dem Stein; durchgeweicht und verlassen.«
– Auch das weckt kein Mitleid in mir, nur die Frage, warum Du, statt den Protagonisten und seine Verzweiflung zu beschreiben, solche Vergleiche bemühst.

»Sein frierender Leib zitterte, Regen und Wind peitschten die letzte Wärme aus der Haut.«
– Wärme ist eigentlich nicht nur in der Haut, also könntest Du ruhig schreiben »aus ihm«. Aber davon abgesehen trägt auch dieses Bild nicht viel zur Geschichte bei.

»„Ich hasse dich! Ich hasse dich!“, krächzte er immer wieder. Der Stein schwieg, badete unbeeindruckt im Sturm.«
– Er krächzt also den Stein an, der wahlweise sein Vater oder dessen Grabstein ist. Eine der Stellen, die eben nur in einer der beiden Varianten funktioniert.

»Höhnisch schien er dem Weltuntergang zu trotzen, ragte stolz empor, als wolle er sagen, er ließe sich von keiner Macht niederdrücken.
„Ja, du hast dich von niemandem niederdrücken lassen, denn du hast alle erdrückt, die in deiner Nähe waren!“
Höhnisch warf der Stein seinen unbarmherzigen Schatten auf die verlorene Gestalt.«
– gleich zweimal als Satzanfang »Höhnisch«, wobei ich es in keinem der beiden Fälle passend finde.

»Auf allem was unter deinen Händen erwachsen ist, lastet ein bitterer Fluch. Mutter hast du bis ins Mark vergiftet,«
– Ist die Mutter seinen »Händen erwachsen«? Was ist das für ein komischer Ausdruck?

»selbst dein Abschied war nicht mehr imstande sie zu heilen. Zu tief hat sich dein Gift in sie gefressen, hat ihren Willen zersetzt und jede Freude am Leben mit dem Makel der Bitterkeit besetzt.«
– Wie hat er das denn gemacht? Ich frage nur, weil das nämlich kaum möglich ist. Wenn vorher Freude am Leben, d. h. eine glückliche Kindheit, da war, kann sie ein Mann nicht einfach so zerstören. Erstens würde ein glücklicher Mensch sich gar nicht mit jemandem, wie dem Vater hier, abgeben, und wenn doch, könnte der Vater nicht alles zerstören, was bereits fest in der Mutter verankert war. Wenn einer so offensichtliche Schuld trägt, lädt man ihm gern alles mögliche andere auch noch auf, was zwar für die anderen meistens einfach, aber selten richtig ist.

»Und jetzt hat sich dein Fluch auch auf mich erstreckt.
Ich habe geglaubt deinem Schatten entkommen zu sein.«
– geglaubt, deinem
– richtiger müßte es wohl heißen: »Und jetzt bemerke ich, dass sich dein Fluch …« Sowas geschieht ja nicht plötzlich, so von heute auf morgen, sondern von klein auf. Ich würde vielleicht schreiben: »Und jetzt bemerke ich, dass auch ich (von dir) verflucht bin.«

»glaubte deinen Klauen entkommen zu sein, doch letztlich hast du mich doch gekriegt.«
– zweimal »doch«

»Ich weiß nicht ob Mutter dir das tatsächlich geglaubt hat«
– nicht, ob

»Wir haben nie darüber gesprochen, alles was mit dir zu schaffen hat, wurde vom Mantel des Schweigens verschluckt.«
– alles, was

»Meine einzige Hoffnung galt dem Tag, an dem ich es endlich schaffen würde, uns von deiner Tyrannei zu befreien.«
– um die Wiederholung von »dem« zu vermeiden, würde ich schreiben »galt jenem Tag«

»Ich zählte sie und summierte den Schmerz, um ihn dem Kokon zuzuführen.«
– der Schmerz summierte sich in dem Kokon.

»Ich sammelte den Schmerz, den du mir zufügtest, zahlte ihn ein auf das imaginäre Konto meiner baldigen Rache.«
– ich würde aus dem vorigen und diesem Satz einen einzigen machen, da Du hier nicht viel erzählst, was Du nicht schon im vorigen gesagt hast.

»weil ich aus quälender Erfahrung wusste, dass dir selbst mein geballter Hass mit meinen Kinderfäusten nichts anhaben konnte. Wenn ich dem Knabenalter entwachsen wäre,«
– Hier wirkt es durch die »Kinderfäuste«, als hätte der Protagonist das bereits gedacht, als er noch ein eher kleines Kind war, was aber sehr unwahrscheinlich ist, da kleine Kinder die Macht der Erwachsenen noch nicht so hinterfragen, sondern als gegeben hinnehmen und die Schuld eher bei sich suchen bzw. alles versuchen, um durch ihr Verhalten nach dem auszurichten, was ihnen die Schläge vielleicht erspart, geben die Hoffnung nur sehr schwer auf, daß doch noch irgendwann Liebe aus dem betreffenden Elternteil kommt, was nur leider meistens eine vergebliche Hoffnung ist. Auch bei »Ich zählte die Jahre und nährte meinen Hass« wirkt es, als sollte der Protagonist schon so früh seinen Racheplan geschmiedet haben.

»Ich schrieb den Eid in einer jener dunklen Stunden mit meinem eigenen Blut. Blut, welches du aus mir heraus gedroschen hattest.«
– zusammen: herausgedroschen
– Bei Stellen wie dieser denke ich mir, daß Du sie vielleicht deshalb so überzeichnet hast, um sie nur ja nicht mitleidheischend wirken zu lassen – aber der Effekt ist in meinen Augen nicht der gewünschte. Ohne irgendetwas kleinreden zu wollen (ich weiß, was so eine Kindheit zu haben, heißt), aber es macht doch eher so den Eindruck, als würde jemand wegen einem Schnitt in den Finger brüllen wie am Spieß. Mit der Überzeichnung machst Du meiner Meinung nach das Leid, mit dem Du den Selbstmord des Protagonisten rechtfertigen willst, nur lächerlich.

»Ich unterließ es nicht nur mich zu verteidigen, nein, ich lachte auch noch dabei.«
– nur, mich

»Der Tag unserer Befreiung kam näher und ich sah ihm mit einem Fieber entgegen, das sich allem Beschreibbaren entzieht.
Doch dann, kurz vor dem Tag, an dem mein Schwur seine Erfüllung finden sollte, vollbrachtest du die schändlichste aller Taten und entzogst dich aus eigener Hand deinem gerechten Schicksal.
In deinem feigen Abschiedsbrief bittest du tatsächlich für all das, was du uns angetan hast um Vergebung.«
– Immerhin ist ihm klar geworden, was er gemacht hat, und damit hat er sich selbst bestraft, das ist hart genug; schlimmer, als es gewesen wäre, wenn er ohne die Einsicht ermordet worden wäre. Und: Der Protagonist wäre seinen Schmerz auch mit zehnfacher Vergeltung nicht los geworden, weil man Schmerz nicht einfach zurückgeben kann. Eine beschissene Kindheit bleibt auch dann eine beschissene Kindheit, wenn man hinterher alle seine Verwandten umbringt.
Dein Protagonist hat gelernt zu schlagen, weil er geschlagen wurde. Was er dabei nicht gelernt hat, ist zum Beispiel, Konflikte friedlich zu lösen – das lernt er auch nicht durch einen Mord am Vater, aber wenn er es lernt, kann er auf die Schläge ganz leicht verzichten; sobald man inneren Frieden findet, wird einem diese Sprache sowieso fremd. Der bessere Weg als die Rache ist nämlich, dafür zu kämpfen, daß man sich den Rest seines Lebens selbst gehört, ohne daß jemand darüber bestimmt, wie so ein Vater, und sei es nur durch das eingeimpfte Denken.

»In deiner gebrochenen Handschrift verkündest du noch einmal die einzige Weisheit, zu der du fähig warst.«
– gebrochene Handschrift = gebrochenes Ich … (finde ich gut untergebracht, aber es scheint mir doch mehr Zufall zu sein, da es nicht so ganz dem Denken des Protagonisten entspricht, dann hätte er ja erkennen müssen, daß mit dem Vater bloß genauso verfahren wurde – was ihn natürlich nicht entschuldigen soll, denn die Chance, nachzudenken über das eigene Tun hat jeder, der eine nützt sie, der andere nicht …)

»Nach Regen folgt auch wieder Sonnenschein.«
– Der Spruch ist wiederum etwas, was die Geschichte sehr authentisch macht, weil man Kinder früher (tw. vermutlich auch heute noch) tatsächlich mit solchen Sprüchen »getröstet« hat.

»Und darunter schreibst du, dass du diesen Weg uns zu Liebe gewählt hast, weil du uns nicht den Sonnenschein geben kannst, den wir verdient hätten.
Für eine lange Zeit dachte ich, der angestaute Schmerz in mir würde mich verschlingen. Durch feine Risse in meinem Kokon entwich lähmend das gestaute Gift und schien jede Faser meines Körpers zu infizieren, bis es meine Seele zu ersticken drohte.«
– Hier weichst Du wieder auf Umschreibungen aus, statt zu beschreiben, was tatsächlich in dem Protagonisten gefühlsmäßig los war.

»Nach einer langen und zermürbenden Regenphase, durchdrangen irgendwann heilende Sonnenstrahlen mein selbstzerstörerisches, von Drogen betäubtes Dasein.«
– Alleine aus diesem Satz könntest Du eine ganze Geschichte machen …

»Sicherlich spielte auch die Therapie in meinem Lebenswandel eine nicht unbeachtliche Rolle, aber ich nenne meinen Sonnenstrahl Dania. Dania lehrte mich die Kraft der Freude. Zum ersten Mal in meinem Leben erfuhr ich den Begriff der Liebe in bedingungsloser Form. Nie hätte ich gedacht, dass eines Menschen Zuneigung mit so viel Wärme gezeichnet sein könnte. Es schien, als durchlebte ich eine zweite Geburt.«
– Auch eine der authentisch klingenden Stellen (hab jetzt nicht alle benannt) – ein beliebter Irrtum … der, wenn er nach einer Therapie stattfindet, über die Therapie nichts Gutes sagt.

»vor deinem Erbe, das irgendwo bösartig in mir schlummerte und nur auf einen unachtsamen Moment wartete,«
– schlummerte, und

»Ich wähnte mich tatsächlich in Sicherheit, glaubte durch die Kraft der Liebe allem entkommen zu sein.«
– glaubte, durch

»verkrümmt auf einem kaltem Fliesenboden liegend,«
– einem kalten Fliesenboden

»Plötzlich platzte etwas in mir auf und mit einem Mal entlud sich all die unterdrückte Wut. Es kam zur geballten Freisetzung des Schmerzes, um den du mich betrogen hattest. Ich verfiel in einen Zustand grässlicher Tollheit und zerlegte die Wohnung. Ich muss mich in einem solchen Wahn befunden haben, dass ich Dania erst gewahr wurde, als ich sie bereits zu Boden gestreckt hatte.«
– Nachdem die Wut doch dem Vater gilt, wäre es für den Leser sicher interessant, wie es dazu kommt, daß er sie an der Wohnung und der Freundin ausläßt – um die Gefühle und die Entladung dieser, sowie den Zwang unter dem er handelt, nachvollziehbar zu machen, braucht es eben mehr Tiefe.

»Und mein Gott, diese Angst in ihrem Blick, diese nackte Angst, wirkte wie ein Spiegel auf mich.
Ihre Augen waren meine Augen, ich sah durch sie, wie ich als kleiner Junge gesehen habe, als mein Vater das erste Mal auf mich eindrosch.«
– Ich glaube, das ist die Stelle, die mir am besten gefällt. Hier zeigst Du mir was aus dem Inneren des Protagonisten – fehlt nur noch, daß wir auch von der nackten Angst, die er in der Kindheit erfahren mußte, ein wenig erfahren, um sie mit diesem Blick zu verbinden.
Übrigens könnte Dich das vielleicht interessieren …

»Verständnislose Angst, fester Boden verwandelte sich plötzlich in reißenden Treibsand.«
– das ist wieder nur eine schön rund geformte Luftblase, die nichts aussagt.

»Ihre Augen waren meine Augen und ich sah durch sie mich - und ich erblickte dich!«
– das war eigentlich schon oben klar, wiederholt sich also hier nur – geh stattdessen näher ran.

Ich rannte wie nie zuvor in meinem Leben. Gewitter setzte ein, Blitze durchzuckten das Firmament, als würde der Schöpfer selbst meiner Taten zürnen. Ich rannte und rannte, rannte vor mir selbst hinfort, und wusste doch, dass ich mir nicht entkommen würde. Ich wusste nicht wohin ich lief, ich wollte einfach nur weg, doch schließlich hat mich mein Weg zum Kernpunkt allen Übels geführt.

"Ich hätte dich getötet, Vater", krächzte der junge Mann.

Gleich ein dreifaches Davonlaufen: aus der Situation, vor sich selbst, und schließlich vor dem Leben selbst.

»Seine Hände hielten den Grabstein gepackt, als wollte er ihn schütteln. Der Regen schmetterte mit ungebremster Gewalt auf ihn nieder.
"Meinen Zorn hättest du nicht überlebt. Hättest du dich nicht umgebracht, wärest du durch meine Hand gestorben. Aber es war dumm von mir zu glauben, dass ich deine Bösartigkeit entwurzeln könnte, indem ich dich töte. Du lebst in mir weiter. Meine Mutter hast du schon lange getötet, in ihr ist nichts Lebendiges mehr. Deine Tochter hast du gestern erwischt. Bleibe nur noch ich übrig. …«
– Nur mal ein Vorschlag für ein alternatives Ende: … übrig. Und weißt du was? Ich werde dich jetzt bestrafen, indem du mir von da oben zusehen musst, wie ich den letzten Rest, den du mir gelassen hast – mich selbst – wieder lebendig mache, und wenn es noch so weh tut …“
Es regnete unbarmherzig die ganze Nacht hindurch, doch als die ersten Vögel fröhlich den neuen Tag begrüßten, die Blumen ihre taubedeckten Köpfe hoben, und mich der goldene Sonnenschein umarmte, öffnete ich ihnen mein Herz und mit erkenntnisschweren Schritten zog langsam Frieden in mich ein. :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

:eek:
Wow, das nenne ich mal einen ausführlichen Kommentar!
Da leider die Zeit drängt und ich das Ganze nicht mit dei Sätzen abwürgen möchte, bleibe ich dir die Antwort auf deine Mühen noch bis Heute Abend/ bzw. Morgen früh schuldig.
In jedem Fall schon mal ein dickes Dankeschön für deine intensive Auseinandersetzung mit meiner Geschichte.

grüßlichst
weltenläufer

 

Also Häferl,
jetzt habe ich die Zeit ausführlich auf deinen Kommentar einzugehen...
Ich muss zugeben, dass mich deine Bemerkungen zum vertieften Nachdenken angeregt haben.
Dennoch bleibt irgendwo mein Eindruck, dass du die Geschichte vielleicht etwas zu rasch gelesen hast. (und das liegt nicht nur an der seltsamen Uhrzeit deines Postings ;) )Beziehungsweise, dass du mit dem ziemlich pathetischen Stil nicht zurecht kommst. Das zumindest erlese ich in einigen deiner Kommentare.

beim ersten Absatz mußte ich mich ständig fragen, ob Du das ernst meinst oder ob es doch eher ironisch sein soll
gleich zu Beginn zum Beispiel. Ja, ich meine das (im Rahmen der Geshcichte) völlig ernst, aber wenn dies bei dir schon ironisch wirkt, färbt das natürlich dein gesamtes weiteres Leseverhalten. Das nur zur Erklärung, warum ich denke, es hat etwas mit dem Schreibstil zu tun.

Auch im weiteren Text finde ich kaum etwas, was das Leid zeigt, aus dem der Haß des Protagonisten erwächst, der ja ganz offensichtlich da ist. Du sprichst zwar – mehr beiläufig – von Schlägen, Tyrannei usw., aber da ist sofort wieder nur der Haß. Haß entsteht überhaupt erst durch Kränkung und Schmerz, was hier aber völlig feh
Hmm, du meinst also, ich beschreibe zu wenig Kränkungen, die zum Hass führen/ ihn legimitieren. Das ist ein Punkt, dem ich vielleicht wirklich noch mal nachspüren sollte.
Aber ganz wichtig ist hierbei meiner Meinung, dass alles was geschieht aus der jetzigen Sichtweise des erwachsenen Protagonisten geschildert wird. Und die ist ganz sicher verzerrt und gibt nicht das wider, was sich wirklich zugetragen hat. Deswegen auch der Hass. Der Hass ist das eine Gefühl, welches alles andere überdeckt und jede Erinnerung trügerisch beeinflusst

Zitat:
In meiner schwächsten Minute hat sich dein Erbe entfesselt. Ich habe Dania geschlagen. Geschlagen, wie du einst auf uns eingeprügelt hast. Ich wollte es nicht, bei Gott, ich wollte es nicht! Aber du hast auch immer gesagt, dass du es nicht wolltest.

Statt etwas über seine Gefühle in dieser schwächste Minute zu erfahren, bekomme ich sofort die Schuldzuweisung zu lesen, die ja ohnehin schon auf dem Text klebt.

Natürlich, der Protagonist sieht in seinem Vater Grund allen Übels, er kann nicht differenzieren

Stattdessen beansprucht der Protagonist auch noch für sich, die Rache für Schwester und Mutter gleich mitzuübernehmen – eine Bevormundung, die er wohl vom Vater gelernt hat?
Die Äußerung verstehe ich nicht so ganz. Solche Empfindungen sind vollkommen natürlich. Der Junge lädt die Verantwortung auf sich, und sieht sich selbst in der Rolle, die Familie beschützen zu müssen
Ich sehe da auch nicht das Problem, wenn er sich dieses Verrhalten vom Vater abgeguckt hat. Unterbewusst übernehmen wir so viele Dinge, gerade von unseren Eltern. Das ist keine Frage des freien Willens. Diese Frage kommt je erst mit der Bewusstwerdung des Verhaltens.

Zitat:
Ich unterließ es nicht nur mich zu verteidigen, nein, ich lachte auch noch dabei. Es war ein unbändiges und dämonisches Lachen. Denn jeden Hieb, den du mir beifügtest, sah ich bereits mit dreifacher Gewalt auf dich niedergehen.

Da kommt nicht nur kein Leid durch, sondern der Protagonist wirkt schon fast unsympathischer als der Vater. Wie der Autofahrer, der hinten gern eine neue Stoßstange möchte und deshalb kurz bremst, wenn einer mal ein bisschen knapper hinter ihm fährt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß das Deine Absicht war. – Es würde sich ganz anders lesen, wenn ich zuvor das Bild eines Protagonisten habe, der dem Vater ausgeliefert ist, vor ihm, seinen Schlägen und Demütigungen Angst hat, sich nicht wehren traut, und sich dann mit dem Gedanken tröstet, es ihm irgendwann heimzuzahlen; aber dieses Bild lieferst Du nicht, weil Du alles so extrem überzeichnest, bloß Umschreibungen wie ein Zurückziehen in einen Kokon verwendest, und damit Kilometer von den Gefühlen, die dahinter stecken, entfernt bist.

Hmm, wieder etwas das mich ratlos zurücklässt. Also erteinmal geht es ja nicht darum dem Jungen ein Heiligenschein zu verpassen. Gerade diese Szene soll ja das dunkle Erbe in ihm hervorheben. In einer Welt, die nur aus Grausamkeit besteht, färbt sich natürlich auch eine gewisse Portion auf die in ihr lebenden Menschen ab.
Ohne das beleidigend klingen lassen zu wollen, aber bei jemanden der Alice Miller liest, verwundert mich diese Aussage erst recht, wie auch andere statements von dir.
Damit meine ich selbstverständlich nur die Handlung im Text, nicht den Umstand, dass er dich nicht berührt.

Unglaubwürdig finde ich auf jeden Fall den Selbstmord des Protagonisten
Gut, dieser Punkt ist ganz sicher diskussionsbedürftig. Ursprünglich wollte ich den Text auch so belassen, dass man am Ende nicht weiß, ob der Prot nun wirklich gestorben ist, oder nicht. Das lässt mein Ende aber wahrscheinlich nicht mehr zu. Aber dazu später noch mal mehr.

So ein kämpferischer Typ, wie Du ihn hier zeigst, gibt sich nicht so schnell einfach selbst auf,
der Prot ist doch nie zum Kämpfen gekommen. Das einzige, was er erkämpft hat, liegt darin, dass er alle Angst, Trauer und Wut in sich angestaut hat.
Es ist nicht abwegig dass Menschen, die soetwas ihr Leben lang tun, plötzlich explodieren, wenn ein extremer Umstand eintritt.
"Was muss der Tropfen für ein Gefühl haben, der das Fass zum Überlaufen bringt"

Zu einem gewissen Teil liest sich die Geschichte ja trotz allem recht authentisch, ich kenne sehr viel von dem, worüber Du hier schreibst, aber die Gefühle Deines Protagonisten kommen nicht aus dem Text, stehen nicht in der Geschichte, weil er nur den Haß und den Tod zu kennen scheint.
na endlich mal ein Lob ;) , wenn auch gleich wieder relativiert. Zu deinem letzten Satz - die Geschichte ist rückblickend erzählt, ein Monolog mit seinem toten Vater, getränkt von den augenblicklichen Gefühlen, die seine wahrnehmung einnehmen

Deine weiteren Kommentare beschränken sich eigentlich im wesentlichen auf den pathetischen Stil, der dir nicht zu liegen scheint, darum will ich da im einzelnen nicht drauf eingehen.

»So wenig wie der Schrei gegen das Reißen des Regens ankam, ließ er sich auch aus der Seele des jungen Mannes vertreiben.«
– Da ist der Bezug falsch, richtig wäre zum Beispiel: »So wenig, wie der Schrei … ankam, konnte er auch den Schmerz aus der Seele des jungen Mannes vertreiben.« Besser fände ich noch: »So, wie der Schrei nicht gegen das Reißen des Regens ankam, konnte er auch nicht den Schmerz …
danke hierfür, dass hatte auch Sim schon bemängelt, aber erst jetzt habe ich begriffen, was daran falsch ist. Werde ich gleich ausbessern.
»Auf allem was unter deinen Händen erwachsen ist, lastet ein bitterer Fluch. Mutter hast du bis ins Mark vergiftet,«
– Ist die Mutter seinen »Händen erwachsen«? Was ist das für ein komischer Ausdruck?
hiermit hast du auch recht. Ich such nach etwas anderem...

»selbst dein Abschied war nicht mehr imstande sie zu heilen. Zu tief hat sich dein Gift in sie gefressen, hat ihren Willen zersetzt und jede Freude am Leben mit dem Makel der Bitterkeit besetzt.«
– Wie hat er das denn gemacht? Ich frage nur, weil das nämlich kaum möglich ist. Wenn vorher Freude am Leben, d. h. eine glückliche Kindheit, da war, kann sie ein Mann nicht einfach so zerstören. Erstens würde ein glücklicher Mensch sich gar nicht mit jemandem, wie dem Vater hier, abgeben, und wenn doch, könnte der Vater nicht alles zerstören, was bereits fest in der Mutter verankert war. Wenn einer so offensichtliche Schuld trägt, lädt man ihm gern alles mögliche andere auch noch auf, was zwar für die anderen meistens einfach, aber selten richtig ist.
hierzu das gleiche Statement, wie schon zuvor: Es ist aus der Sicht des Prots geschrieben. Er differenziert nicht. Sicher wird auch schin zuvor eine gewisse Bitterheit in der Mutter gewesen sein, alles was das Kind aber jetzt sehen kann ist, dass der Vater an allem Schuld ist, weil alles Böse von ihm auszugehen scheint.
Und zu dem Kommentar, dass sich ein glücklicher Mensch nciht mit dem Vater eiinlassen würde, so muss ich dir leider widersprechen. Es gibt leider viele Menschen, die sich in ihrer "Verblendung" mit Menschen einlassen, die ganz offensichtlich destruktiver Natur sind.

– Hier wirkt es durch die »Kinderfäuste«, als hätte der Protagonist das bereits gedacht, als er noch ein eher kleines Kind war, was aber sehr unwahrscheinlich ist, da kleine Kinder die Macht der Erwachsenen noch nicht so hinterfragen, sondern als gegeben hinnehmen und die Schuld eher bei sich suchen bzw. alles versuchen, um durch ihr Verhalten nach dem auszurichten, was ihnen die Schläge vielleicht erspart, geben die Hoffnung nur sehr schwer auf, daß doch noch irgendwann Liebe aus dem betreffenden Elternteil kommt, was nur leider meistens eine vergebliche Hoffnung ist. Auch bei »Ich zählte die Jahre und nährte meinen Hass« wirkt es, als sollte der Protagonist schon so früh seinen Racheplan geschmiedet haben.
vielleicht ist es wirklich unwahrscheinlich, aber ich habe von solchen Menschen gelesen (übrigens auch bei Miller, wenn ich mich nicht täusche) - aber in jedem Fall bilden sich einige Menschen soetwas im nachhinein ein, wenn sie älter sind. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.

Doch dann, kurz vor dem Tag, an dem mein Schwur seine Erfüllung finden sollte, vollbrachtest du die schändlichste aller Taten und entzogst dich aus eigener Hand deinem gerechten Schicksal.
In deinem feigen Abschiedsbrief bittest du tatsächlich für all das, was du uns angetan hast um Vergebung.«
– Immerhin ist ihm klar geworden, was er gemacht hat, und damit hat er sich selbst bestraft, das ist hart genug
hier gehen wir dann vollkommen auseinander
Das ist nicht hart genug. Es ist einfach nur feige. Der Vater entzieht sich seiner gerechten Strafe mit einer billigen Ausrede.

Der Protagonist wäre seinen Schmerz auch mit zehnfacher Vergeltung nicht los geworden, weil man Schmerz nicht einfach zurückgeben kann. Eine beschissene Kindheit bleibt auch dann eine beschissene Kindheit, wenn man hinterher alle seine Verwandten umbringt.
Da stimme ich dir vollkommen zu, aber dieses Wissen ist nicht im Bewusstsein des Prots ;)

So, und nun zu deinem altrnativen Ende.
Diese Idee überkam mich auch schon, aber ich habe sie wieder verworfen, da ich den Tod des Prot ja eigentlich nur andeuten wollte, bzw. der Interpretation des Lesers überlassen wollte. Das habe ich dann getilgt, indem ich zu sehr auf den bedrohlichen Lebenszustand des Prots rumgeritten bin.
Nun erscheint mir deine Lösung mit einem Mal doch wieder wesentlich besser.
Mach ich mich des Plagiats schuldig, wenn ich deine Ausarbeitung übernehme? :shy:

So, das ist mit Abstand meine bisher längste Antwort hier im Forum. Dennoch habe ich nicht alle Punkte abgearbeitet. Ich hoffe, ich habe mich nicht im Ton vergriffen. Ich danke dir vielmals für deine Mühen, auch wenn ich dir nicht in allen Punkten folgen kann.
Zum Glück stehen mir andere Meinung stärkend im Rücken, die die Geshcichte so aufgefasst/ gefühlt haben, wie ich sie erdacht. Wirklich zum Glück, sonst würde ich ja sehr arg ins Zweifeln kommen.

Soweit erstmal
danke auch für deine Rechtschreibfehlersuche, komme jetzt nicht mehr dazu sie auszubessern, muss los!

grüßlichst :)
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer!

Danke erst mal für Deine ausführliche Antwort - ich komm noch genauer drauf zurück, vorerst nur mal dazu:

Dennoch bleibt irgendwo mein Eindruck, dass du die Geschichte vielleicht etwas zu rasch gelesen hast. (und das liegt nicht nur an der seltsamen Uhrzeit deines Postings
Ganz und gar nicht: Ich hab sie zum ersten Mal am 27. 8. überflogen - da hab ich sie dann ausgedruckt, bin aber nicht zum Lesen gekommen. Habe sie am 7. 9. noch einmal ausgedruckt und mit in die Badewanne genommen, wo ich sie zum ersten Mal richtig gelesen habe, was ich in den Tagen bis zum Posten noch drei Mal wiederholt habe.
Ich schreibe nur sehr selten Halbstundenkritiken, und wenn ich mir um zwölf nach vier denke, jetzt ist sie fertig, heißt das nicht, daß ich die Geschichte auch um diese Zeit gelesen habe.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Dann nehme ich diesen Kommentar natürlich in aller Höflichkeit zurück. Fühle mich geradezu geehrt, ob deines intensiven Studiums. Bin gespannt auf deine ausführliche Antwort. :)
Bis dahin liebe Grüße

weltenläufer

 

Hallo weltenläufer!

gleich zu Beginn zum Beispiel. Ja, ich meine das (im Rahmen der Geshcichte) völlig ernst, aber wenn dies bei dir schon ironisch wirkt, färbt das natürlich dein gesamtes weiteres Leseverhalten. Das nur zur Erklärung, warum ich denke, es hat etwas mit dem Schreibstil zu tun.
Ich habe nicht gesagt, es wirkt ironisch, sondern ich habe gesagt, daß ich mich gefragt habe, ob es ironisch sein soll – soll heißen, ich war mir nicht so ganz sicher, ob es so überzeichnet ist, damit es ironisch wirkt. Es gibt ja immer wieder Autoren, die solche Geschichten mehr auf ironisch-sarkastische Art angehen, sei es, weil sie sich tatsächlich lustig machen wollen oder weil sie damit aufgrund der eigenen Betroffenheit auf diese Art leichter umgehen können – wie sollte ich beim Lesen des ersten Absatzes bereits wissen, woran ich bin?

Ob es der Stil ist, der mich dazu bringt: jein. Zum Beispiel ist es eben die Verwendung der Bezeichnung »Gestalt« für den Protagonisten. Wenn ich will, daß der Leser mit meinem Protagonisten mitfühlt, würde ich das niemals verwenden, weil ich es ziemlich abwertend finde und es keinen Identifikationswert hat.
Davor ist schon dieser Anfang mit Gott, der die Welt in Tränen ertränken will. Ich finde das deshalb zu stark überzeichnet, weil, wenn Gott nur jedes gleichwertige Schicksal derart betrauern würde, gäbe es schon längst keine Kontinente mehr, die Erde wäre nur mehr Meer … Ganz zu schweigen von den vielen Kindern, deren Leben von Hunger und/oder Krieg bestimmt ist, oder die sich ihr Überleben am Kinderstrich verdienen müssen. – Nicht, daß Du mich falsch verstehst: Ich will nicht das Schicksal des Protagonisten kleinerreden, Du stellst es mir nur um eine Nummer zu groß dar. Beim ersten Lesen weiß ich das natürlich noch nicht, da bin ich gespannt, was denn da Schlimmes kommen mag, aber aufgrund dieser »Vorschau« werde ich dann enttäuscht, weil eben nichts kommt, das in meinen Augen diese Übertreibung rechtfertigt.
Z. B. bei diesem Satz …

Doch der Schmerz war zu gewaltig, als dass er durch einen Schrei hätte gelöst werden können.
… weckst Du die Erwartung, ich würde etwas über den Schmerz erfahren.
Wenn Du nun sicherlich sagst, der Protagonist empfinde es nunmal so schmerzvoll, daß es für ihn die Übertreibung rechtfertigt, hieße das doch, daß er sich des Schmerzes sehr wohl bewußt ist, oder wie siehst Du das? Es ist nicht so, daß ich ihm nicht glauben wollte, daß er es tatsächlich so empfindet, aber wenn jemand auf der einen Seite seinen Schmerz derart übertreibt, kann doch auf der anderen Seite nicht stehen, daß er ihn gar nicht spürt, weil er nur Haß empfindet. Das sind für mich Puzzlesteine, die nicht zusammenpassen, oder die Du noch nicht passend darstellst.

Statt etwas über seine Gefühle in dieser schwächste Minute zu erfahren, bekomme ich sofort die Schuldzuweisung zu lesen, die ja ohnehin schon auf dem Text klebt.
Natürlich, der Protagonist sieht in seinem Vater Grund allen Übels, er kann nicht differenzieren
Um Gefühle zu spüren, muß man auch nicht differenzieren, und auch das Wissen über die Ursache macht den Schmerz nicht kleiner.
Du schreibst in der Geschichte:
Geschlagen, wie du einst auf uns eingeprügelt hast. Ich wollte es nicht, bei Gott, ich wollte es nicht! Aber du hast auch immer gesagt, dass du es nicht wolltest.

Plötzlich platzte etwas in mir auf und mit einem Mal entlud sich all die unterdrückte Wut. Es kam zur geballten Freisetzung des Schmerzes, um den du mich betrogen hattest. …
Und mein Gott, diese Angst in ihrem Blick, diese nackte Angst, wirkte wie ein Spiegel auf mich.
Ihre Augen waren meine Augen, ich sah durch sie, wie ich als kleiner Junge gesehen habe, als mein Vater das erste Mal auf mich eindrosch.
Hier wäre wirklich viel Möglichkeit, näher auf den Schmerz einzugehen, mich als Leser mitfühlen zu lassen, wenn Du z. B. etwas in der Richtung schreiben würdest: Du hattest mich in die Ecke geprügelt und ich wusste nicht mehr, wohin ich deinen Fußtritten und Schlägen ausweichen könnte. Nicht einmal, wofür ich sie bekam, wusste ich. Mama saß mit blutunterlaufenen Augen in der anderen Ecke, ich fürchtete mich davor, sie zu verlieren, und ich wusste, wenn du mit mir fertig sein würdest, käme meine Schwester dran. Ich hatte immer Angst, du würdest eines Tages einen von uns umbringen. Da hab ich mir geschworen, dir eines Tages alles mit Zinsen und Zinseszinsen zurückzuzahlen.
– Verstehst Du, was ich meine? Ein kleines Bild für den Leser, aus dem sich der Haß aufbaut und miterlebbar wird.
Du schreibst, er differenziert nicht usw., aber indem er die Gründe nennt, die zu diesem Haß führen, ist er sich ja dieser zumindest bewußt, er hat ja auch schon eine Therapie hinter sich und spricht vom »entfesselten Erbe«, das setzt doch schon mehr voraus als bloß un(ter)bewußtes Wiederholen. Die Sache mit dem Spiegel bedeutet ja eigentlich, daß nicht nur Haß in ihm ist, oder ist der Schmerz im Spiegelbild genauso ausgelassen, wie in der Geschichte? Du zeigst unheimlich viel Haß, aber die wenigen Erinnerungen an den Schmerz der Kindheit zu oberflächlich. Du sprichst zwar Angst an, aber nicht direkt als die, die er erlebt hat, sondern nur als die der Freundin. Das empfinde ich, wie ein paar andere Stellen auch, als ein Ausweichen vor den echten Gefühlen, die er dabei hat. Wie Dir mein Beispiel zeigt, bedürfte es gar nicht so viel Änderungen, um nur mal eine Spur tiefer zu gehen (wobei Du das sicher viel besser kannst, mein Beispiel ist nur schnell hingeschrieben ;-)).

Die Äußerung verstehe ich nicht so ganz. Solche Empfindungen sind vollkommen natürlich. Der Junge lädt die Verantwortung auf sich, und sieht sich selbst in der Rolle, die Familie beschützen zu müssen
Die Bemerkung war keine Kritik an Deiner Darstellung des Denkens des Jungen bzw. des jungen Mannes, sie war nichts weiter als eben eine Bemerkung nebenbei, etwas, was ich in der Geschichte sehe. Und nein, »natürlich« finde ich das nicht. Natürlich finde ich zwar, daß man seine Familie gegen Angriffe verteidigt, aber wenn die Angriffe schon einmal vorbei sind – man keinen Schaden mehr abwenden kann – und es nur noch um Rache geht, liegt das schon am erlernten Denken und nicht in der Natur des Menschen. Ähnlich wie die vielen Dinge, die gut gemeint sind, aber halt nur im Auge dessen gut sind, der meint und tut und damit über den anderen bestimmt. Dieses Muster hat der Protagonist scheinbar gut übernommen, wie es ja großteils immer Verhaltensmuster sind, die wir übernehmen, und weniger konkrete Handlungen. Wer wäre erleichtert/befriedigt gewesen, wenn der Protagonist seine Schwester gerächt hätte: die Schwester oder der Protagonist? – Wie gesagt, sollte nur ein kleiner Denkanstoß sein – daß Dein Protagonist so denkt, paßt schon. ;)

Ich sehe da auch nicht das Problem, wenn er sich dieses Verrhalten vom Vater abgeguckt hat. Unterbewusst übernehmen wir so viele Dinge, gerade von unseren Eltern. Das ist keine Frage des freien Willens. Diese Frage kommt je erst mit der Bewusstwerdung des Verhaltens.
Ohne jetzt auf dem Punkt herumreiten zu wollen, nur grundsätzlich: Wenn er bereits weiß, was ein »entfesseltes Erbe« oder »bedingungslose Liebe« ist, oder ihm so vollkommen klar ist, daß er genauso handelt, wie sein Vater, ist er nicht mehr so unbewußt und nichts ahnend – oder die Therapie war ausgesprochen schlecht oder die falsche.

Hmm, wieder etwas das mich ratlos zurücklässt. Also erteinmal geht es ja nicht darum dem Jungen ein Heiligenschein zu verpassen. Gerade diese Szene soll ja das dunkle Erbe in ihm hervorheben. In einer Welt, die nur aus Grausamkeit besteht, färbt sich natürlich auch eine gewisse Portion auf die in ihr lebenden Menschen ab.
Ohne das beleidigend klingen lassen zu wollen, aber bei jemanden der Alice Miller liest, verwundert mich diese Aussage erst recht, wie auch andere statements von dir.
Damit meine ich selbstverständlich nur die Handlung im Text, nicht den Umstand, dass er dich nicht berührt.
Meiner Meinung nach hast Du ein zu enges Bild von dem dunklen Erbe – es ist nicht so, daß zwangsläufig eine Kopie herauskommen muß, die die Handlungen 1:1 übernimmt. Alice Miller schreibt zwar so Dinge, wie (aus dem Kopf zitiert) »wer die geballte Faust seine Kindheit über in der Hosentasche behalten mußte, wird sie den Rest seines Lebens gebrauchen«, aber das bezieht sich nicht unbedingt auf körperliche Gewalt. Darauf jetzt näher einzugehen, würde hier aber zu weit von der Geschichte wegführen, bzw. habe ich im Moment auch gar keine Lust dazu. Aber wir können das gerne mal per PM bequatschen.
Und nein, beleidigend klingst Du nicht – ich hab ja selbst die Erfahrung, daß man Alice Miller nicht auf Anhieb richtig versteht. Ich hatte aber das Glück, daß ich viele meiner Mißverständnisse mit ihr persönlich in einem Forum klären konnte; und selbst manches davon hab ich, nachdem ich erst glaubte, sie verstanden zu haben, erst Monate später richtig begriffen.

der Prot ist doch nie zum Kämpfen gekommen.
Doch: Er hat sich etwas vorgenommen … Daß er die Faust in der Hosentasche geballt hat, ist schon ein erstes Kämpfen, wenngleich auch mehr aus inneren Kämpfen bestehend.

Es ist nicht abwegig dass Menschen, die soetwas ihr Leben lang tun, plötzlich explodieren, wenn ein extremer Umstand eintritt.
Das bestreite ich ja auch nicht. Nur:
"Was muss der Tropfen für ein Gefühl haben, der das Fass zum Überlaufen bringt"
Schön gesagt, aber eben dieses Gefühl ist das, was mir fehlt. Die Suppe ist eigentlich schon gut, aber es ist kein Salz drin …;)

na endlich mal ein Lob , wenn auch gleich wieder relativiert.
Wenn Du von mir so eine Auseinandersetzung mit Deiner Geschichte bekommst, ist das an sich schon als Lob zu werten, auch wenn es nicht wörtlich drinsteht. Ich bin nicht hier, um am Tag zehn Leuten zu sagen, wie schlecht ihre Geschichten sind, sondern ich schreibe meistens da ausführlichere Kritiken, wo ich glaube, daß es Sinn hat; Sinn, weil mir die Geschichte an sich schon gefällt oder der Autor ein Thema behandelt, das mich anspricht.

Zu deinem letzten Satz - die Geschichte ist rückblickend erzählt, ein Monolog mit seinem toten Vater, getränkt von den augenblicklichen Gefühlen, die seine wahrnehmung einnehmen
Du sprichst immer von den Gefühlen, aber Du zeigst sie nicht. – Ich erzähl Dir dazu in den nächsten Tagen was per PM. Falls ich das bis zum Wochenende noch nicht getan hab, dann erinnere mich bitte.

Deine weiteren Kommentare beschränken sich eigentlich im wesentlichen auf den pathetischen Stil, der dir nicht zu liegen scheint, darum will ich da im einzelnen nicht drauf eingehen.
Schade. Dabei beziehen sie sich gar nicht alle auf den Stil, und daß es nicht unbedingt am Stil liegt, habe ich inzwischen hoffentlich schon klar gemacht. Das hat zum Beispiel gar nichts mit dem Stil zu tun:
»Verständnislose Angst, fester Boden verwandelte sich plötzlich in reißenden Treibsand.«
– das ist wieder nur eine schön rund geformte Luftblase, die nichts aussagt.
Ich meinte damit: Es liest sich wohl gut, aber es sagt im Grunde nichts aus, weil Du etwa die Ängste nicht beschreibst. Ich kann mir unter »verständnisloser Angst« einfach nichts vorstellen, weil verstehen nur ein Mensch kann, aber nicht die Angst, daher kann in meinen Augen Angst auch nicht verständnislos sein. Vielleicht meintest Du »undefinierbare Angst«?

danke hierfür, dass hatte auch Sim schon bemängelt, aber erst jetzt habe ich begriffen, was daran falsch ist. Werde ich gleich ausbessern.
Bei sim hättest Du aber auch nachfragen können, er hätte Dich bestimmt nicht gebissen … ;)

hiermit hast du auch recht. Ich such nach etwas anderem...
Offenbar noch nicht gefunden … ;-) Wie wär’s mit »Auf allem, was Dir in die Hände gekommen ist« oder so? Oder »Auf allem, was sich Deinen Händen nicht entziehen konnte«?

hierzu das gleiche Statement, wie schon zuvor: Es ist aus der Sicht des Prots geschrieben. Er differenziert nicht. Sicher wird auch schin zuvor eine gewisse Bitterheit in der Mutter gewesen sein, alles was das Kind aber jetzt sehen kann ist, dass der Vater an allem Schuld ist, weil alles Böse von ihm auszugehen scheint.
Ja, die Sicht des Protagonisten ist auch okay, er muß nicht die Mutter analysieren. ;-) War eigentlich auch nur so als Weiterdenkdings gedacht.

Und zu dem Kommentar, dass sich ein glücklicher Mensch nciht mit dem Vater eiinlassen würde, so muss ich dir leider widersprechen. Es gibt leider viele Menschen, die sich in ihrer "Verblendung" mit Menschen einlassen, die ganz offensichtlich destruktiver Natur sind.
Ich empfehle Dir »Das Drama des begabten Kindes«.
Wer sagt denn, daß all die Leute, die sich verblenden lassen, zuvor wirklich glücklich waren? Würden sie sich dann so verblenden lassen?
Alice Miller schreibt, daß man es sich immer wieder so richtet, wie man es gewohnt ist.
Ich war auch ein »normaler« Mensch, dann hab ich einen Mann geheiratet, der mich vier von sieben Ehejahren geschlagen hat. Ich war zuvor in meiner Freizeit sogar politisch tätig, habe dadurch eigentlich schon sehr viel über das Thema gewußt, und trotzdem war ich nicht immun dagegen. Ich war es gewohnt, mich selbst verstecken zu müssen und Angst um mein Leben zu haben. Das sah natürlich niemand und es hätte auch niemand von den Menschen, die mich damals kannten, geglaubt, daß ich mich jemals von einem Mann vier Jahre lang schlagen »lassen« würde, trotzdem war es so und es hatte seine Ursachen genau da, wo Alice Miller sie hinschreibt. Es ist in den Menschen nicht immer so, wie es nach außen scheint, und wenn glückliche Menschen sich derart verblenden lassen, kann es meiner Meinung nur daran liegen, daß es eben eine oberflächliche Betrachtung des Glücklichseins ist. – Aber das hat alles nichts mit Deiner Geschichte zu tun. ;-)

vielleicht ist es wirklich unwahrscheinlich, aber ich habe von solchen Menschen gelesen (übrigens auch bei Miller, wenn ich mich nicht täusche) - aber in jedem Fall bilden sich einige Menschen soetwas im nachhinein ein, wenn sie älter sind. Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.
Ähm, kannst Du das bitte genauer definieren? Was bilden sich welche Menschen ein? Verstehe ich es richtig, daß Du sagen willst, Dein Protagonist bildet sich seine Rachepläne ein?

hier gehen wir dann vollkommen auseinander
Das ist nicht hart genug. Es ist einfach nur feige. Der Vater entzieht sich seiner gerechten Strafe mit einer billigen Ausrede.
Ich sehe das so: Der Vater ist auch nicht von selbst so geworden, er ist auch ein Opfer seiner Erziehung – eines, das vom Opfer zum Täter wurde, ohne jemals aufzuwachen, bis zu dem Moment, als er den Entschluß gefaßt hat, sich umzubringen, weil er plötzlich gesehen hat, was er angerichtet hat (sonst hätte er das ja nicht schreiben können). Glaubst Du nicht, daß das schrecklich sein muß, und viel mehr Strafe, als wenn eine dritte Hand (sich schmutzig macht und) ihm das Sterben erleichtert? Wovor er sich allerdings entzieht, ist, daß er sich damit auseinandersetzen muß.

Da stimme ich dir vollkommen zu, aber dieses Wissen ist nicht im Bewusstsein des Prots
Mich würde ja sehr interessieren, was er in seiner Therapie gemacht hat. Socken gestrickt? :shy: ;-)

So, und nun zu deinem altrnativen Ende.
Diese Idee überkam mich auch schon, aber ich habe sie wieder verworfen, da ich den Tod des Prot ja eigentlich nur andeuten wollte, bzw. der Interpretation des Lesers überlassen wollte. Das habe ich dann getilgt, indem ich zu sehr auf den bedrohlichen Lebenszustand des Prots rumgeritten bin.
Nun erscheint mir deine Lösung mit einem Mal doch wieder wesentlich besser.
Mach ich mich des Plagiats schuldig, wenn ich deine Ausarbeitung übernehme?
Wenn es Dir gefällt, kannst Du es gern übernehmen, aber eigentlich ist das nur so schnell hingeschrieben … ;-)

auch wenn ich dir nicht in allen Punkten folgen kann
Vielleicht geht’s ja jetzt besser. :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi Häferl,
das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt :)

Es ist schon irgendwie verblüffend, einige Dinge kann ich vollkommen nachvollziehen, bei anderen Dingen bin ich hingegen wieder absolut gegenteiliger Meinung. Das finde ich dehalb so verblüffend, weil ich auf eine Art das Gefühl habe, dass wir uns eigentlich ganz gut "verstehen", bzw. "einer Meinung sind", und da wirkt es dann seltsam, wenn einige DInge plötzlich in eine ganz andere Richtung driften.
Naja, vielleicht liegt es auch zu einem nicht unerheblichen Teil an meiner Begriffsstutzigheit, denn nach diesem zweiten Posting verstehe ich deine Punkte schon wesentlich mehr, als ich sie noch im ersten nachvollziehen konnte. Noch ein posting mehr, und ich fresse dir aus der Hand :lol:

Also, das mit dem ironischen Ton habe ich jetzt geschnallt.

Zum Beispiel ist es eben die Verwendung der Bezeichnung »Gestalt« für den Protagonisten. Wenn ich will, daß der Leser mit meinem Protagonisten mitfühlt, würde ich das niemals verwenden, weil ich es ziemlich abwertend finde und es keinen Identifikationswert hat.
bei Einfach nur Gestalt müsste ich dir zustimmen, so wie es jedoch dasteht: "Eine einsame Gestalt krallte ihre Hände in den Matsch und schrie der Sintflut ihren geballten Schmerz entgegen". finde ich die BEschreibung aber doch schon ziemlich eindeutig. Es spielt keine Rolle wie die Gestalt aussieht, was sie für Kleidung trägt, das Alter wird später geklärt. Die Gestalt ist einsam und leidet. Wo soll das abwertend sein?

Davor ist schon dieser Anfang mit Gott, der die Welt in Tränen ertränken will. Ich finde das deshalb zu stark überzeichnet, weil, wenn Gott nur jedes gleichwertige Schicksal derart betrauern würde, gäbe es schon längst keine Kontinente mehr, die Erde wäre nur mehr Meer … Ganz zu schweigen von den vielen Kindern, deren Leben von Hunger und/oder Krieg bestimmt ist, oder die sich ihr Überleben am Kinderstrich verdienen müssen. – Nicht, daß Du mich falsch verstehst: Ich will nicht das Schicksal des Protagonisten kleinerreden, Du stellst es mir nur um eine Nummer zu groß dar
Diese Meinung verstehe wirklich nicht.
Es geht hier um das Schicksal des Protagonisten, und nur um das Schicksal des Prots. "Gott schien die Welt in Tränen ertränken zu wollen" ist zwar etwas dick aufgetragen, spiegelt aber den Eindruck der Situation wider. Ob irgendwo andre schlimmere Schicksale warten spielt überhaupt keine Rolle. Das ist die Geschichte meines Prots, um ihn geht es. Und für diesen Fall scheint(!) es, als ob Gott die Welt in Tränen ersaufen möchte. Es ist eine Metapher und eine Analogie zu den Tränen des Prots. Ob Gott wirklich um den Prot trauert, oder ob der Junge nur zur falschen Zeit am falschen Ort ist, ist vollkommen egal, hat für die GEshcichte keine Relevanz. Denn es geht hier nicht um Gottes Wille, sondern um ds Leiden des Jungen.

In diesem Zusammenhang gehe ich auch gleich auf deine häufig angeschnitte Frage ein, was der Prot denn in der Therpie lernt. Eben genau das - er ist Mittelpunkt seiner Welt. Und er hat ein Recht darauf, sich als einsamster Mensch der Welt zu fühlen. Es geht nicht darum das eigene Leid zu relativieren, nur weil es schlimmeres Leid auf der Welt gibt. Das käme Wegschieben gleich. Erst wenn man das Leid annimmt, oder sich das Leid wenigstens eingesteht, kann man auch lernen, damit umzugehen.
Ein Beispiel: Wenn du kaum mit deinen Mitteln über die Runden kommst, nicht weißt, wie du deine Miete zahlen, deine Familie versorgen und gleichzeitig noch als gutes Vorbild fungieren kannst, hilft es nicht, wenn du sagst: hach, eigentlich geht es mir ja total gut, in Afrika sterben die Kinder reihenweise an Hunger und Aids.
Das hilft einem nicht. Es ist wichtig sich und seine Probleme ernst zu nehmen, welcher Art sie auch immer sein mögen. Jeder hat sein Päckchen zu tragen!
Deswegen ist dieses Szenario auf keinen Fall "eine Nummer zu groß." In dem Moment ist es die ganze Welt!

Hier wäre wirklich viel Möglichkeit, näher auf den Schmerz einzugehen, mich als Leser mitfühlen zu lassen, wenn Du z. B. etwas in der Richtung schreiben würdest: Du hattest mich in die Ecke geprügelt und ich wusste nicht mehr, wohin ich deinen Fußtritten und Schlägen ausweichen könnte. Nicht einmal, wofür ich sie bekam, wusste ich. Mama saß mit blutunterlaufenen Augen in der anderen Ecke, ich fürchtete mich davor, sie zu verlieren, und ich wusste, wenn du mit mir fertig sein würdest, käme meine Schwester dran. Ich hatte immer Angst, du würdest eines Tages einen von uns umbringen. Da hab ich mir geschworen, dir eines Tages alles mit Zinsen und Zinseszinsen zurückzuzahlen.
– Verstehst Du, was ich meine? Ein kleines Bild für den Leser, aus dem sich der Haß aufbaut und miterlebbar wird.
Ja, das verstehe ich. Und es erscheint mir einleuchtend. Ich glaube, ich werde diese Passage einbauen. Vielen Dank dafür.
Ich dachte halt nur, dass diese Details nicht notwendig sind.
Und ds bringt mich zu einer wirklich ernst gemeinten Frage. Wenn es tatsächlich so ist wie du sagst, und ich erzähle nur von den Gefühlen, mache sie aber nicht erlebbar - warum fanden denn einige andere die GEschichte so intensiv. Wären mehr Stimmen wie die deine laut geworden, würde ich gar nicht so viel Zweifel ins Feld führen. So aber bin ich etwas hin- und hergerissen, da die Kg anscheinend auch so bei den Leuten ankommt.
Oder willst du mir nur sagen, sie könnte "noch " intensiver sein?

Wenn Du von mir so eine Auseinandersetzung mit Deiner Geschichte bekommst, ist das an sich schon als Lob zu werten, auch wenn es nicht wörtlich drinsteht. Ich bin nicht hier, um am Tag zehn Leuten zu sagen, wie schlecht ihre Geschichten sind, sondern ich schreibe meistens da ausführlichere Kritiken, wo ich glaube, daß es Sinn hat; Sinn, weil mir die Geschichte an sich schon gefällt oder der Autor ein Thema behandelt, das mich anspricht.
:bounce:

Wer sagt denn, daß all die Leute, die sich verblenden lassen, zuvor wirklich glücklich waren? Würden sie sich dann so verblenden lassen?
das wäre jetzt auch so eine Grundsatzdebatte. Das hatte ich mir schon beim ersten Posting verkniffen: Wie definiert sich denn Glück? Gibt es denn den glücklichen Menschen überhaupt...
Aber ich verstehe, was du meinst.

Ich sehe das so: Der Vater ist auch nicht von selbst so geworden, er ist auch ein Opfer seiner Erziehung – eines, das vom Opfer zum Täter wurde, ohne jemals aufzuwachen, bis zu dem Moment, als er den Entschluß gefaßt hat, sich umzubringen, weil er plötzlich gesehen hat, was er angerichtet hat (sonst hätte er das ja nicht schreiben können). Glaubst Du nicht, daß das schrecklich sein muß, und viel mehr Strafe, als wenn eine dritte Hand (sich schmutzig macht und) ihm das Sterben erleichtert? Wovor er sich allerdings entzieht, ist, daß er sich damit auseinandersetzen muß
Genau das ist der Punkt. Es klingt alles schlüssig, aber das kannst eben du so sehen, nicht aber der Prot.
Dazu hätte ich noch mehr zu erzählen, das aber dann in dem kommenden PN-Austausch

Wenn es Dir gefällt, kannst Du es gern übernehmen, aber eigentlich ist das nur so schnell hingeschrieben … ;-)
Das sind ja oftmals die besten Dinge :)

Also, vielen Dank auch für die zweite Runde.
Bin gespannt auf deine PM. Vor allem auch, was du von der guten Miller zu erzählen weißt.

liebe Grüße
weltenläufer

 

Hi weltenläufer,
also hier ist das nächste Treffen.*g*

Zum Textkram:

als wolle er sagen, er ließe sich von keiner Macht niederdrücken.
„Ja, du hast dich von niemandem niederdrücken lassen, denn du hast alle erdrückt, die in deiner Nähe waren!“
Wortwiederholung

wurde vom Mantel des Schweigens verschluckt.
Bild nicht stimmig: wurde vom Mantel des Schweigens verhüllt, verdeckt ... aber Mantel des Schweigens ist eh etwas abgedroschen.

Ich trieb es so weit, dass du mich beinahe totgeprügelt hättest.

aber ich nenne meinen Sonnenstrahl Dania. Dania lehrte mich die Kraft der Freude.
WW, warum nicht Dania. Sie?

Mich hat die Geschichte berührt, und ich kann dem Jargon der anderen nur zustimmen: intensiv, eindringlich, atmosphärisch dicht. Für mich klingt das, besonders der Anfang, nach Fantasy, auch mit dem Unwetter dabei. Und das ist seine Stärke, so etwas Mythologisches.
Insofern stört mich auch die Reihe von Klischees, als die Sim die Schicksale empfindet, nicht. Nur die Therapie passt da nicht rein; vllt solltest du sie rausnehmen und es archaisch lassen. Dann ist auch der Widerspruch des Prots, sich das eigene Leben durch psychisches Erarbeiten retten zu können, nicht so gegeben.

Mehr als an den Schwarm habe ich an den Untoten von Schandmaul gedacht: „Schließlich war’s sein Sohn voll Hass, der im Streit erhob die Axt ...“Das Lied hatte mich auch zu 'ner Geschichte inspiriert.

Gruß, Elisha

 

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