Echnaton
Echnaton, ein smaragdgrüner Planet in der Galaxie Goweidon war seine Heimat. Ein Planet des Friedens und der Freude. Echnaton, Planet des Waldes, achtzig Prozent seiner Oberfläche bestanden aus großen zusammenhängenden Wäldern, die von unzähligen Flüssen und Seen durchzogen wurden. In allen Regionen des Planeten herrschte ein gemäßigtes Klima. Große Kälte oder Hitze waren unbekannt. Echnaton umkreiste die Sonne seines Systems in einem nahezu idealen Winkel. Das Nahrungsangebot war durch den enormen Pflanzenwuchs so reichlich, das es alle Bewohner des Planeten ernährte. Die Fauna bestand ausschließlich aus Pflanzenfressern. Taswan sah zum Himmel hinauf als er das Haus verließ. Das zarte lindgrüne Leuchten stimmte ihn freudig, es würde heute nicht mehr Regnen, dass war ein gutes Omen. Er atmete tief ein, es roch nach blühendem Delarin und frischer Erde. Taswan bestieg den Gleiter in dem die kleine Igalan schon auf ihn wartete. Jetzt war es also so weit, die Zeit der Suche hatte begonnen. Taswan war im zwanzigsten Lebensjahr, er gehörte zu den Wandelnden und es wurde Zeit die Gabe weiterzugeben.
Achtzig Prozent der Echnatorianer waren Sehende und nur zwanzig Prozent konnten sehen und wandeln. Die Echnatorianer verständigten sich untereinander nicht durch die Sprache, diese war ein Anachronismus und schon lange nicht mehr nötig. Sie wurde ausschließlich zur Verständigung mit Außenweltlern genutzt. Sie selbst kommunizierten direkt mit Hilfe der Gehirnströme. Sehen bedeutete alles an einem organisch Lebewesen wahrzunehmen, von der Anzahl der Blutkörperchen, bis zu kleinsten Veränderungen in den Zellen. Geheimnisse und Verborgenes gab es auf Echnaton nicht. Wandelnde konnten organische Lebensformen nach ihren Wünschen verändern, dies war eine große Gabe und eine noch größere Verantwortung. Noch eine Besonderheit unterschied sie von den Sehenden, es gab Zonen in ihrer Gedankenwelt, die nur Sehenden verborgen blieben. Deshalb fühlte sich ein Wandelnder in der Umgebung mit seinesgleichen am wohlsten. Die Echnatorianer nutzten die Gaben der Wandelnden vielfältig. Sie formten organische Steuereinheiten für Maschinen aller Art oder heilten geistige- und körperliche Krankheiten. Sie vermieden es ausdrücklich die Struktur von Lebewesen oder Pflanzen zu verändern, die sich durch Milliarden Jahre der Evolution herausgebildet hatte. Nur im Falle einer schweren genetischen Störung erfolgte ein Eingriff. Die Echnatorianer wurden gesund alt. Sie wendeten ihre Kenntnisse nicht gegen das Sterben an. Das Wissen darüber, dass nichts im Universum verloren ging und das eine Welt ohne Wachstum von neuem Leben, eine tote Welt wäre, war tief im Bewusstsein aller Echnatorianer verankert.
Es war nicht ganz einfach für einen Wandelnden den richtigen Partner zu finden. Das Muster der Hirnströme und die Struktur musste zusammenpassen, damit ein Wandelnder eine erfüllte Partnerschaft eingehen konnte. Es war unmöglich dies außeracht zu lassen. Mit einem unpassenden Partner würde die Gabe innerhalb kurzer Zeit verschwinden und der Wandelnde nähme schweren geistigen Schaden. Taswan hatte viele Stunden in den Labors des Hauses der Suche verbracht, er war müde, die Augen fielen ihm fast zu. Er sendete all seine Daten in den Kreis der Suchenden. Zwanzig Suchende saßen im äußeren Kreis, zwanzig Suchende im inneren Kreis, die Gehirne der Suchenden waren ineinander vernetzt. Die elektrische Spannung der Ströme war beinahe sichtbar. Taswan befand sich in der Kreismitte. Die Suchenden verglichen die Daten aller lebenden Echnatorianern mit seinen, um das passende Muster zu finden. Er konnte sich nicht erinnern, dass die Zeit des Suchens bei einem seiner Freunde so lange gedauert hatte, er wurde missgelaunt und ungeduldig. Beinahe sofort empfand er ein sanftes Streicheln. Igalan seine fünfjährige Schwester hatte seine Gefühle aufgenommen, sie saß neben ihm und streichelte seine Hände. Er beruhigte sich und arbeitet konzentriert weiter. Nach einer weiteren Stunde erhob sich einer nach dem anderen im äußeren Kreis. Die Spannung löste sich. Verwirrende Daten stürzten auf ihn ein, er schirmte sein Gehirn ab und konzentrierte sich auf Igalan. Sie hatte Angst ihn zu verlieren. Er nahm ihre Angst auf und sendete ihr Vertrauen und Liebe. Igalan schmiegte sich enger an ihn. Taswan erhob sich und streckte die vom langen sitzen steifen Beine. Er wartete höflich, bis sich der Sender der Suchenden an ihn wendete und ihn aufforderte das Ergebnis abzufragen.
Taswan konzentrierte sich auf die Botschaft. Wir haben sie gefunden, es gibt nur eine, keine Alternativen möglich, sie lebt nicht in unserer Galaxie. Es ist unmöglich sie zu erreichen, ohne dich einen unserer wenigen Wandelnden, in Gefahr zu bringen. Du wirst dein Leben nicht mir ihr teilen können. Der Sender machte einen kleinen Versuch sich abzuschirmen. Taswan wusste das er es zu seinem Besten tat, trotzdem durchdrang er die Abschirmung. Sie war als Baby von Marganern während einer Reise auf dem Planeten Marga entführt worden. Beide Eltern wurden ermordet. Taswan durchdrang ein Gefühl der Leere und Verlassenheit, die Angst des verlorenen Kindes. Ihre Eltern waren Diplomaten, nicht alle Planeten waren so friedlich wie Echnaton und die Gabe der Echnatorianer wurde geschätzt und gefürchtet. Keine Falschheit in Verhandlungen entging ihnen. Taswan wurde klar, dass ein Echnotorianisches Kind, dass man prägen konnte, von unschätzbarem Wert war. Aus Angst die Echnatorianer würden sofort nach dem Kind suchen, brachte man es vermutlich in diese weit außerhalb liegende Galaxie. Erst der Kreis der Suchenden hatte aufgedeckt, dass das Kind nicht wie angenommen mit seinen Eltern gestorben war, sondern noch lebte und dass der Verlust schwerwiegend war, denn sie hatten einen Wandelnden verloren. Nur ein solches Muster würde zu ihm passen.
Der Planet auf dem sie lebte hieß Erde, ein unterentwickelter von einer kriegerischen Rasse bewohnter Ort. Er würde sie von Echnaton aus nicht erreichen, nicht rufen können, ihr keinen Frieden geben. Soweit Taswan es wusste, hatte noch nie ein Wandelnder Echnaton verlassen. Es war undenkbar, denn die Gabe des Wandelns würde die Außenweltler mit einer unguten Gier erfüllen. Niedergeschlagen verließ Taswan mit der kleinen Igalan das Gebäude der Suche. Seine Familie war am Morgen als er aus dem Haus gegangen war in freudiger Stimmung gewesen. Alle freuten sich auf das traditionelle Festmahl der Findung. Taswan und Igalan hatten die Gabe der Eltern geerbt, ihre anderen 8 Geschwister waren Sehend. Zum erstenmal in seinem Leben haderte Taswan mit der Gabe. Für seine Freunde und Freundinnen war die Zeit der Findung herrlich gewesen, denn sie hatten mindestens dreißig passende Muster zur Auswahl. Man lernte sich kennen, lachte und feierte. Als sie das Haus betraten stand Gasim sein Vater auf der Schwelle und umarmte Taswan. Es tat ihm wohl, er spürte Wärme, Mitgefühl und zugleich Freude, dass er bei ihnen bleiben würde. Er nahm eine kleine Mahlzeit zu sich und zog sich zurück.
Sie war also eine Wandelnde wie er, wie konnte sie überleben an diesem Ort, an dem es keine Möglichkeit der Schulung der Gabe oder der Aufklärung gab. Bei ihm war die Gabe in seinem zweiten Lebensjahr entdeckt worden, von diesem Zeitpunkt an wurde er sorgfältig ausgebildet und vorbereitet. Die Irrwege waren so vielfältig und die Gabe konnte sich in einen Fluch verwandeln. Er selbst hatte erst gestern einen geistig erkrankten Wandelnden behandelt, der nun als Sehender ein friedliches Leben führen konnte. Auf Echnaton registrierte man jede Veränderung, jedes Abgleiten sofort und konnte reagieren, aber in dieser Wildnis unter Gehirnblinden? Wie ungeheuer einsam musste sie sein, das Gefühl der Leere breitete sich über seinen ganzen Körper aus. Igalan war sofort bei ihm, lautlos hatte sie sein Zimmer betreten. Sie weinten um ihre Schwester auf dem Planeten Erde