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Effizienz

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25.11.2009
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Effizienz

Effizienz

Von fachkundigen Händen geführt, gleitet das Magazin in die dafür vorgesehene Aussparung. Ein schwaches Summen kündigt von der Bereitschaft des Verschlusses, das erste Projektil aufzunehmen. Viele Leitungen sind im Spiel, von der Batterie führen sie zum Gehäuse des Zielfernrohrs, von dort aus an vielerlei Elektronik vorbei zu einer Linse, diese sitzt in einer Fassung, die Fassung hängt an einem Visier, dahinter, ganz versteckt, ist ein Kopf.
Der Kopf ist beschäftigt, wie auch zahlreiche Finger. Emsig drehen sie an Rädchen, drücken auf Knöpfe und, ganz beiläufig, klappen sie einen kleinen Schalter zurück, der den stählernen Inhalt des Magazins bisher zurück gehalten hat. Ohne weiteren Beschränkungen zu unterliegen, wird die erste Patrone vom sanften Druck einer Feder hinauf geschoben, sie steckt nun im Lauf, wo sie nur kurz verharrt.
Von feinen Muskelfasern verengt, fokussiert sich die Linse, krümmt sich die Iris, ein vierundzwanzigfacher Blick weiß nun Bescheid. Das schwache Licht der Dämmerung, dessen letzter Rest verstärkt auf das Fernrohr trifft, hat lohnenswertes offenbart. Stärker nun das Summen, eine Spule wird geladen, das Geschoss vibriert.
Strom fließt, es wird viel gerechnet, Festkörper schicken Befehle über goldenen Bahnen zu fernen Elementen. So sehr die Elektronik innerliche Funken sprüht, so still bleibt das Denkorgan am anderen Ende des Zielfernrohrs, dort herrscht konzentrierte Kälte.
Seiner Trägheit endlich ganz entledigt, folgt der Stahl dem Ziehen, ein jähes Blitzen gibt der Spule Kraft. Davon ganz umfangen, schwebt das Projektil in das kalte Zentrum jener Kraft, die es zu sich zog und sogleich wieder freigibt. Denn es verebbt der erste Stoß, jedoch die Zeit des Stillstands ist vorbei: Eine Kaskade aus Impulsen, wie ein Staffelholz von Hand zu Hand gereicht, führt die Last weiter auf dem Weg.
Mit dem Passieren der letzten Spule tritt das Geschoss nun ins Licht, fast ohne Ton, dieser wird verschluckt, verliert sich in den weiten Röhren. Entlang der vorgesehenen Bahn rast das glühende Metall, schiebt schichtenweise Luft beiseite, dem Bestimmungsort entgegen, ein unveränderliches Streben.
Dem Vater platzt der Kopf. Der Mutter fällt der Löffel in die Suppe, keine Zeit ihn aufzuheben, denn schon ist ein zweiter, ungebetener Besucher in die Küche eingedrungen. Der stählerne Gast legt die Köchin neben ihrem Teller nieder. Dem Kind fällt das Weinen nicht mehr ein, der Wand zum Trotz fährt das dritte Geschoss in seinen Schädel, ein roter Schleier streicht die Wände neu.

 

Hi Kuchenhand,

ich hatte beim Lesen immer das Gefühl, du hättest im Grunde diese modernen ästhetisierten Designfilme im Kopf, in denen die Flugbahn eines Projektils in Zeitlupe bis zum Einschlag verfolgt wird. So nah ran wie möglich, deshalb immer die Perspektive wechseln. Und in dieser Nahaufnahme sieht es natürlich aus, als bewegten sich die Details von selbst.
In Filmen hat diese Überhöhung durchaus ästhetischen Sinn, ob auch einen künstlerischen, mag ich pauschal nicht beurteilen, oft erlebe ich es als bloßen Selbstzweck. In der Geschichte störte es mich, weil mir die Ästhetik der Nahaufnahme als Bild fehlt.
Drei Schuss, drei Treffer, das zeugt natürlich von einer gewissen Titel gebenden Effizienz, die Entscheidung zur Nahaufnahme allerdings für mein Gefühl weniger, denn sie zwingt in den notwendigen Details ja gerade zu wenig Effizienz, die Erzählung wird verschleppt wie eben in einer Zeitlupe. Und sie gebiert sprachliche Blüten, die nicht mal in der Nahaufnahme so aussehen würden, immer dann, wenn wertende Adjektive ins Spiel kommen, wie etwa die "emsigen" Finger. Aber auch, wenn ein Blick auf einmal Bescheid weiß, dabei würden doch dafür die gleiche Genauigkeite gelten wie für die Abläufe in der Schusswaffe. Der Blick fängt die Informationen ein, leitet sie an das Gehirn weiter und erst dann weiß jemand Bescheid.
Irritierend auch zum Beispiel der Versuch, Mutter und Köchin synonym zu verwenden, als ob das selbstverständlich wäre.

Du merkst, viel kann ich mit deinem Text leider nicht anfangen.

Trotzdem liebe Grüße
sim

 

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