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Effizienz
Effizienz
Von fachkundigen Händen geführt, gleitet das Magazin in die dafür vorgesehene Aussparung. Ein schwaches Summen kündigt von der Bereitschaft des Verschlusses, das erste Projektil aufzunehmen. Viele Leitungen sind im Spiel, von der Batterie führen sie zum Gehäuse des Zielfernrohrs, von dort aus an vielerlei Elektronik vorbei zu einer Linse, diese sitzt in einer Fassung, die Fassung hängt an einem Visier, dahinter, ganz versteckt, ist ein Kopf.
Der Kopf ist beschäftigt, wie auch zahlreiche Finger. Emsig drehen sie an Rädchen, drücken auf Knöpfe und, ganz beiläufig, klappen sie einen kleinen Schalter zurück, der den stählernen Inhalt des Magazins bisher zurück gehalten hat. Ohne weiteren Beschränkungen zu unterliegen, wird die erste Patrone vom sanften Druck einer Feder hinauf geschoben, sie steckt nun im Lauf, wo sie nur kurz verharrt.
Von feinen Muskelfasern verengt, fokussiert sich die Linse, krümmt sich die Iris, ein vierundzwanzigfacher Blick weiß nun Bescheid. Das schwache Licht der Dämmerung, dessen letzter Rest verstärkt auf das Fernrohr trifft, hat lohnenswertes offenbart. Stärker nun das Summen, eine Spule wird geladen, das Geschoss vibriert.
Strom fließt, es wird viel gerechnet, Festkörper schicken Befehle über goldenen Bahnen zu fernen Elementen. So sehr die Elektronik innerliche Funken sprüht, so still bleibt das Denkorgan am anderen Ende des Zielfernrohrs, dort herrscht konzentrierte Kälte.
Seiner Trägheit endlich ganz entledigt, folgt der Stahl dem Ziehen, ein jähes Blitzen gibt der Spule Kraft. Davon ganz umfangen, schwebt das Projektil in das kalte Zentrum jener Kraft, die es zu sich zog und sogleich wieder freigibt. Denn es verebbt der erste Stoß, jedoch die Zeit des Stillstands ist vorbei: Eine Kaskade aus Impulsen, wie ein Staffelholz von Hand zu Hand gereicht, führt die Last weiter auf dem Weg.
Mit dem Passieren der letzten Spule tritt das Geschoss nun ins Licht, fast ohne Ton, dieser wird verschluckt, verliert sich in den weiten Röhren. Entlang der vorgesehenen Bahn rast das glühende Metall, schiebt schichtenweise Luft beiseite, dem Bestimmungsort entgegen, ein unveränderliches Streben.
Dem Vater platzt der Kopf. Der Mutter fällt der Löffel in die Suppe, keine Zeit ihn aufzuheben, denn schon ist ein zweiter, ungebetener Besucher in die Küche eingedrungen. Der stählerne Gast legt die Köchin neben ihrem Teller nieder. Dem Kind fällt das Weinen nicht mehr ein, der Wand zum Trotz fährt das dritte Geschoss in seinen Schädel, ein roter Schleier streicht die Wände neu.