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Ein Blick, drei Fenster

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15.03.2008
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Ein Blick, drei Fenster

Dabei die Hände unter dem Kopf verschränken und durch das Fenster in die Nacht blicken. Hinter den Eisenstäben fallen Schneeflocken, auch auf die kurze Katzenstraße, aus der bunte Glasscherben ragen. Wahrscheinlich wegen der Einbrecher. Denen von den Kiezbewohnern anscheinend zugetraut wird, aus dem Boden und gleich in die Wohnungen brechen zu können.
Gegenüber die Rückwand des Hauses mit dem abblätternden Putz. Aus der liegenden Position sind Fenster von drei Wohnungen zu sehen.
Das erste Fenster wird im dritten Stock geöffnet. Ein Mann zündet eine Zigarette an und stützt sich auf den Fenstersims.
Aus dem zweiten Fenster wird ein Elefantenkalb geschoben, das Weihnachtsgeschenk der kleinen Prinzessin. Es hatte lange gedauert, dieses Tier aufzutreiben, aber dann wollte die Kleine unbedingt eine Maus. Doch in dem Punkt blieben die Eltern stur. Eins geht nur. Das Kalb breitet seine großen Elefantenohren aus, um den Fall abzubremsen. Trotzdem verstaucht es sich den linken Vorderfuß und humpelt beleidigt davon.
Durch das letzte Fenster im Erdgeschoss schiebt sich eine geschlossene haarige Faust. Sie passt kaum hindurch, so groß ist sie. In der sich öffnenden Hand sind viele bunte Helium-Ballons. Die fliegen natürlich weg, nach oben, vorbei an dem schon wieder geschlossenen zweiten Fenster. Am Raucher vorbei, der hinter ihnen her staunt.
Die Haarhand klettert zielgerichtet die Hauswand hinauf, ihre dicken Finger bewegen sich geschickt wie Spinnenbeine. Der dazugehörige, überraschend schmale Arm scheint kein Ende zu nehmen. Vom Raucher ungesehen stiehlt sich die Spinnenhand in den Raum im dritten Stock. Nach wenigen Momenten bricht ein „Strike!“ in die heraufziehende Traumphase. Der Arm schießt mit der Geschwindigkeit eines fallenden Ankertaus aus der Wohnung, in der Hand eine knallgelbe Bananenstaude.

 

Hi Kubus,

meine Bescheidene Meinung: Mit solchen Texten tust du dir keinen Gefallen.
Das ist einfach zu kryptisch und schrei(b)t nur so danach interpretiert werden zu wollen.
Nee wirklich, nenn mich einen Ignoranten, aber diese dadaistisch anmutenden Texte haben einst ihren Beitrag geleistet, aber eine gut Geschichte gibt soetwas nicht ab.
Deine anderen Texte von dir, die ich kenne, haben eine Handlung, in die seltsames verstrickt ist. Dieser Text ist nur seltsam und man muss ganz schön suchen, bis man eine Handlung findet. Dieses Suchspiel macht aber nur Spaß, wenn du einen Zugang anbietest - den sehe ich hier aber nicht. In sich geschlossen, nicht einladend.

Naja, vielleicht begeisterst du damit jemand anderes.

grüßlichst
weltenläufer

 

Naja, vielleicht begeisterst du damit jemand anderes.
Also mich auch nicht. Ich kann mich da vollkommen dem Kollegen anschließen. Am Anfang: Ein Kind möchte ein anderes Stofftier zu Weihnachten haben. Die Faust dann ... Ich weiß es nicht. Hübsche Bilder halt, klingt bisschen wie einen durchgezogen und mal was aufgeschrieben für mich. :)
Ich halte das Gedicht für eine passendere Form für solche Texte.

Gruß
Quinn

 

ich fand die szenerie ganz amüsant und habe eher auf schmunzelnde leser als auf ne wahnsinnsinterpretation spekuliert. ich bau keine rätselgeschichten. wahrscheinlich ist es so wie Quinn andeutet: da hat sich lyrik in der form geirrt. ne, weltenläufer, das hat ja nichts mit ignoranz zu tun. ich freu mich über ehrliche rückmeldungen und dada ist eigentlich tot wie das dodo, stimmt schon.
grüße
Kubus
ps:

Ein Kind möchte ein anderes Stofftier zu Weihnachten
wieso bitte stofftier? ich hab mir die alle voll fleischig gedacht aber ist wohl auch egal jetzt. :lol:

 

>meine Bescheidene Meinung: Mit solchen Texten tust du dir keinen Gefallen<, schreibt weltenläufer. Doch wem,

liebe Leute,

sollen wir einen Gefallen tun, kurz: gefallen? Gilt nicht vielmehr noch immer die Rede, wer’s allen recht machen wolle, tät' keinem einen Gefallen, am wenigsten sich selbst, bei dem es ja beginnt mit dem Gefallen: wenn dem Autor der eigene Text nicht gefällt, würd er am besten gar nicht erst geschrieben. Nunja, auch unter Schreibern herrscht der außengeleitete Typ i. S. Riesman's vor (siehe The Lonesome Crowd), aber will jeder von peer groups und den Medien gesteuert werden?

Aber wo Vorredner recht haben, haben sie Recht, manches in der hier vorgelegten kleinen Miniatur von Beschreibungsliterur wirkte, weiter verdichtet, denn die Sprache klingt eher poetisch als prosaisch.

Von der Katzenstraße schreibstu,

lieber Kubus,

dass daraus >bunte Glasscherben hervorstechen.< Stechen die wirklich so für sich hin oder nur im Auge des Betrachters? Vielleicht wäre hier statt stechen „stehen“ oder ironisch „ragen“ eher angebracht.

Die eingeschobne Episode mit dem Elefantenkalb regt die Fantasie an und ich stell mir vor, wie das Kalb im winzigen Kinderzimmer der Prinzessin wüchse und den Raum schließlich füllte, dass es sich nicht mehr drehen und wenden könnt, ja nicht einmal mehr durch die Tür passte, und dann die Wände durch sein pures Wachstum sprengte. Nach Sex, Drugs & Rock’n’Roll ein wenig Romantik & bisschen Traumwelt - was mir allemal besser gefällt.

“Plus douce qu'aux enfants la chair des pommes sures,
L'eau verte pénétra ma coque de sapin
Et des taches de vins bleus et des vomissures
Me lava, dispersant gouvernail et grappin. “

Rimbaud, Le Bateau ivre, V. 17 bis 20

Gruß

Friedel

 

hallo Friedrichard, ich denke auch nicht, dass man seinen ausdruck bedingungslos an das anpassen sollte, was man für zeitgemäß oder modisch hält.
allerdings versuche ich aktuelles in meine texte einzuflechten, denn sich den zeitzeichen insgesamt zu verweigern, halte ich für den falschen weg.
das nur mal allgemein gesagt - es hat natürlich wenig mit diesem text zu tun.

ja, ich nehme einen deiner vorschläge anstelle des "hervorstechen"s. die stelle erschien mir schon beim schreiben nicht rund, aber glaubst du, ich kam auf einen treffenderen ausdruck?

freut mich, wenns dir diesesmal besser gefiel. normalerweise versuche ich lyrik und prosa eindeutig voneinander abzugrenzen und in der prosa auch tatsächlich eine geschichte zu erzählen und nicht "nur" stimmung oder eindruck wiederzugeben. aber genau für diese absichtslose spielerei passte mir der prosaische rahmen besser.

grüße
Kubus

 

Salve Kubus,

die Fragen nach dem Lesen blieben mir auch nach der Wiederholung desselben erhalten, ich finde die Bilder durchaus stellenweise ganz gelungen, doch wirklich tragfähig sind sie nicht und so bleibt der Text eine Skizze.
Was per se nicht das Schlechteste sein muss, in diesem Fall halt konnte mir die Federführung halt keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Textkrams:

Dabei die Hände unter dem Kopf verschränken
war diese Ungenauigkeit Absicht ?! Weil, hinter dem Kopf oder vor der Brust wären gängigere Bilder - wenngleich ich diese Version mag
Die Haarhand aus dem ersten klettert zielgerichtet die Hauswand hinauf
das ist unklar bis falsch. Es war das unterste Fenster (also EG, nicht 1. OG), und es wurde als letztes geöffnet.
Am Raucher vorbei, der ihnen hinterher staunt.
er staunt ja nicht zeitlich später, sondern hinter ihnen her, also zusammen
Nach wenigen Momenten bricht ein: „Strike!“, in die heraufziehende Traumphase.
kein Doppelpunkt, kein Komma

Grüße
C. Seltsem

 

sei gegrüßt, C., anscheinend haben sich die offeneren strukturen der lyrik, mit der ich mich viel beschäftige, hier hineingeschlichen. bestimmt ist es dieses skizzenhafte, nicht zueinander passende, das die geschichte so schwach erscheinen lässt - vielleicht ist sie auch einfach nicht besonders.
wobei ich auch eine interpretation las, die die einzelnen szenen zu einem nachvollziehbarem ganzen zusammensetzte. das überraschte mich zugegebenermaßen selbst.

war diese Ungenauigkeit Absicht ?!
ich empfinde das nicht als ungenau. jemand verschränkt die arme unter dem kopf und blickt aus einem fenster. er könnte sie hinter dem kopf oder an der seite verschränken.
das ist unklar bis falsch. Es war das unterste Fenster (also EG, nicht 1. OG), und es wurde als letztes geöffnet.
stimmt, ändere ich.
er staunt ja nicht zeitlich später, sondern hinter ihnen her, also zusammen
übernehme ich.
kein Doppelpunkt, kein Komma
ach so!;)
danke für die rückmeldung.
grüße
Kubus

 

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