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Ein Freund aus der Vergangenheit

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30.03.2007
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Ein Freund aus der Vergangenheit

Feddersen lebte ein ausgesprochen wohl geordnetes Leben. Er lebte nach der Uhr. Stand jeden Morgen um die gleiche Zeit auf, kam um die gleiche Zeit in sein Büro, aß um die gleiche Zeit zu Mittag und ging um die gleiche Zeit schlafen.
An einem Donnerstag im November verließ Feddersen sein Büro pünktlich um 17.30 Uhr.
,,Pünktlich wie immer, Herr Feddersen”, sagte der Pförtner in der Empfangshalle.
,,Stimmt genau”, antwortete Feddersen. ,,Auf Wiedersehen.”
Nachdem er die üblichen drei Minuten an der Haltestelle gewartet hatte, stieg er in seinen Bus der Linie 60. Dabei sprach er ein paar Worte mit dem Busfahrer Willy Otremba, welcher schon immer diesen Bus fuhr.
,,Schöner Abend heute”, sagte Feddersen.
,,Soll aber noch regnen”, gab Otremba zurück.
,,Dabei hatten wir doch in letzter Zeit eine ganze Menge Regen”, sagte Feddersen.
,,Da haben sie Recht.”
Freundlich nickend ging Feddersen weiter, setzte sich auf den gleichen Platz wie jeden Abend und schaute aus dem Fenster. Als er ein kleines Wesen erblickte, welches neben dem Bus herflog. Es, er winkte ihm zu, frech grinsend. Da kam ein LKW von der Gegenseite, so dass der Elf herumgewirbelt wurde und aus Feddersens Gesichtsfeld verschwand.
Mit schreckensweiten Augen starrte Feddersen aus dem Fenster. Einbildung, alles nur Einbildung, redete er sich ein. Heute war wohl ein anstrengender Tag, dass ich schon Halluzinationen bekomme, denkt er. Doch schlich sich eine einzelne Träne aus seinem Auge und bahnte sich seinen Weg über die Wange, bis er sie energisch wegwischte. Er schüttelte den Kopf und war erleichtert, als seine Haltestelle kam und er nach Hause gehen konnte. Doch war es nicht die erwünschte Erholung, die ihn erwartete. Schon an der Haustür fielen ihm die Schlüssel aus der Hand. Dann fiel die Badtür hinter ihm hart ins Schloss. Er fand die Fernbedienung nicht. Das Fenster war plötzlich offen und als er es schließen wollte, knallte es zu. So dass er es nur noch zu verschließen brauchte. Er konnte sich nicht erinnern, es auf gemacht zu haben. Am Ende zog er sich in sein Schlafzimmer zurück.
In dieser Nacht hatte er, wie schon lange nicht mehr, einen sehr intensiven Traum.
,,Ich bin dran. Du versteckst dich! Eins, zwei, drei vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn!”
Suchend lief der Junge durch den Wald. Ein rascheln. Nein nur ein Vogel. Eine Bewegung im Augenwinkel. Da hinter dem Baum. ,,Hab dich!”
Verschmitzt grinste der Elf ihn an. ,,Ach ja. Dann fang mich doch”, rief er und flog weg. Der Junge hinterher. Durch den Wald und über die Wiesen. Es war Sommer und der Himmel stahlblau.
Mit einem Mal verdunkelte sich der Himmel. Alles war düster und den ganzen Tag nieselte es schon. Der Junge saß am Krankenhausbett seiner Mutter. Er hielt ihre Hand und weinte.
,,Komm mein Junge, wir können nichts mehr für sie tun.” Sein Vater zog sanft die kalte Hand der Mutter aus der seinen und half ihn aufzustehen. ,,Komm.”
,,Nein”, schrie er, riss sich los und lief davon. Lief aus dem Krankenhaus, die Straße entlang, über die Felder, bis er in einem vor Erschöpfung liegen blieb. Wenige Stunden später, weckte ihn ein Polizist, welcher ihn nach Hause brachte. Sein Vater sperrte ihn in sein Zimmer damit er nicht wieder wegrennen konnte. Am Morgen kam ein Umzugswagen. Tom schaute durch das Fenster zu, wie alles eingeladen wurde. Am Ende holte ihn sein Vater und sie fuhren weg.

Schweißgebadet erwachte Feddersen. All dies Erlebte kam nun wieder auf. Er wollte diese Erinnerungen nicht, wollte sie abschütteln, doch am Ende weinte er hemmungslos. Zwischen seinen Schluchzern nahm er ein knarren war. Mit verschwommenen Blick, schaute er zur Tür, welche ein spaltbreit aufgegangen ist. Und dort schwebte der Elf und schaute ihn mit großen Augen an. Feddersen hätte ihn am liebsten in den Arm genommen, aber genauso intensiv war der Wunsch, ihm etwas möglichst hartes entgegen zuwerfen. So saß er nur still da und starrte den Elf an. Dieser kam langsam auf ihn zugeflogen. Als er kurz vor seinem Gesicht inne hielt, sah es so aus, als wollte er ihn umarmen, doch lächelte er nur unsicher. Endlich brach Feddersen das Schweigen: ,,Was willst du hier?”
Der Elf runzelte die Stirn: ,,Mit dir spielen!”
,,Ich bin kein Kind mehr.”
Der Elf grinste: ,,Das seh ich. Ganz groß bist du. Dabei wolltest du doch nie Erwachsen werden. Weißt du noch...”
,,Verschon mich damit”, unterbrach ihn Feddersen scharf, ,,Verschwinde einfach wieder:”
,,Aber so lange habe ich gebraucht dich zu finden. Wie kannst du mich fortschicken.”
,,Zu finden?”, fragte Feddersen ungläubig.
,,Ja zu finden. Warst einfach weg. Traurig war ich. Und die neuen Kinder, die einzogen, waren gar nicht nett. Da bin ich weggeflogen. Aber alle Kinder, die ich traf, wollten nicht an mich glauben. Sagten ich sei eine Einbildung, oder so. Ich dachte, vielleicht versuchst du es in einer großen Stadt und wen seh ich da?”, grinste der Elf breit. Doch erlosch es bald wieder, als er den verärgerten Blick Feddersen sah.
,,Du warst es doch, der mich verlassen hat. Alle habt ihr mich verlassen. Erst Mama und dann du. Gerufen hab ich dich, geweint. Ich war so allein. Und Vater stürzte sich in seine neue Arbeit.”, während er sprach spielte er die ganze Zeit an einer Kette, die er um den Hals trug. Silbern glitzerte sie, so das der Elf aufmerksam wurde und ran flog, um sie besser zu sehen. Er wollte danach greifen. ,,Weg da!” Der Elf schreckte zurück. ,,Das ist meine”, funkelte ihn Feddersen an.
,,Was ist es?”
,,Die hat mir Vater geschenkt:” Nach kurzem zögern holte er das Medaillon heraus, auf dessen Vorderseite ein Uhr war, und öffnete es. Darin war das Bild einer wunderschönen, jungen Frau. Seiner Mutter. Feddersen schloss es wieder und schaute auf die Uhr. ,,Ach du meine Güte!” Hastig stand er auf und fing an sich anzuziehen. Was sich als schwierig herausstellte. Die sonst immer schon abends bereit gelegte Kleidung, war nicht da. Zornig funkelte er den Elf an. Der setzte seine Unschuldsmiene auf und Feddersen musste, ohne es gewollt zu haben, lauthals anfangen zu lachen. Es war so befreiend, dass er immer lauter wurde. Der Elf strahlte ihn an. Er fühlte wie die ganze Anspannung von seinem Freund wich. Vor Freude schlug er Purzelbäume.
An diesem Tag kam Feddersen eine halbe Stunde später als sonst. Der Himmel war blau und eine sanfte Sommerbrise, strich ihm durchs Gesicht. Strahlend winkte er dem Pförtner zu, welcher ihm nur verdutzt nachschaute.

 

Hallo Shyleen,
ich finde die Grundidee zu deiner Geschichte schön, an der Umsetzung kannst du aber noch einiges verbessern. Du zeichnest am Anfang das Bild eines im Alltagstrott gefangenen Mannes, aber der Leser erhält nicht den Eindruck, dein Protagonist sei unglücklich. Dann taucht der Elf auf, der ihn an seine Kindheit erinnert, und an all das, was er verdrängt hat und vergessen wollte. Das kommt zu plötzlich, finde ich. Der Leser kennt deinen Protagonisten noch nicht, weiß nicht, dass er Probleme mit sich herumschleppt, und da sind sie plötzlich alle, traumatische Kindheitserlebnisse, in Dialogen mit dem Elfen ausgebreitet, plötzlich und unvermittelt, ohne, dass der Leser sich selbst denken kann "ach so", ohne die Möglichkeit, die unbekannte Figur nun von einer anderen Warte aus zu betrachten.
Du solltest dringend Tempo aus deiner Geschichte nehmen, das würde ihr, glaube ich, sehr gut tun. Charakterisiere deinen Protagonisten, lass dem Leser Zeit, sich in ihn einzufühlen. Dann wirkt auch das Ende nicht mehr aufgepfropft.

gruß
vita
:bounce:

 

Hallo Shyleen,

ich musste schmunzeln, als ich deine Kg las, habe ich doch gerade erst eine ähnliche Geschichte geschrieben. (Vom Träumen und Vergessen, falls es dich interessiert :shy:)
Demnach gefällt mir die Idee natürlich :)
Allerdings muss ich vita in ihren Kritikpunkten Recht geben. Es wirdnicht ersichtlich, dass der Mann vor der Begegnug mit dem Elfen ein unglückliches Leben führt. Das solltest du schon noch einbauen, da sich die Geschichte sonst nicht entfaltet.
Aufgefallen ist mir auch, dass du mit Vorliebe hinter dem Komma das Relativpronomen "welche" benützt. Wahrscheinlich wolltest du damit jenes leidige "das" umgehen. indem du jedoch ständig "welche" einsetzt, löst du das Problem nicht sonderlich gescheit ;) Versuch einfach zu mischen. An manchen Stellen könntest du auch den Satz so umstellen, dass du gar kein Pronom benötigst.
Eine Überarbeitung nach vitas aufgelisteten Punkten würde der Kg auf jeden Fall gut tun. Es schadet nicht, wenn sie dadurch etwas länger wird :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Ich danke euch für eure Tipps und werde in nächster Zeit mal dran arbeiten.

Liebe Grüße
Shyleen

 

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