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Ein Hammerschlag von Mottenflügeln
Ein Hammerschlag von Mottenflügeln [Überarbeitete Version]
Die, von der fauligen Kanalsflüssigkeit in dumpfe Töne verwandelte, Schritte waren die ersten Anzeichen, dass der alte Kanal unwillkommenen Besuch erhalten hatte. Beinahe träge zogen die beiden Schreitenden ihre Beine durch die zähe Flüssigkeit und die endlosen Gänge begannen immer bedrohlicher auf sie zu wirken. Neben der optischen Tristes der Umgebung, war es jedoch das stetige Tropfen, dass sie langsam den Verstand rauben lies. Ihre durchnässte Kleidung bot nach einigen Minuten keinen Schutz mehr vor der eisigen Kälte der Umgebung und ihre Zähne begannen leise zu klappern. Sie vergruben ihre eiskalten Hände tief in ihre Taschen und versuchten den Gestank der grünlichen Substanz, durch eine flache Atmung, nicht in sich aufzunehmen. Mit einiger Kraftanstrengung gelang es ihnen zwar die drohende Entleerung ihres Magens zu verhindern, doch mussten sie eine kurze Pause einlegen um sich für ein weiteres Vorangehen zu sammeln.
„Mir geht’s nicht so gut, ich vertrage diesen Gestank einfach nicht mehr“, unterbrochen von einem harten Schlucken fuhr der Mann mit leiserer Stimme fort. „Ich glaube nicht, dass hier unten jemand leben könnte. Vielleicht liegen Sie doch falsch Inspektor Strait -“, gab der Zweite, mit der Unsicherheit die in ihm wuchs, von sich. Sein Gegenüber blickte ihn einige Momente wortlos an, bevor er ein metallenes Gerät aus seiner Jackentasche zog und es kurz darauf aktivierte.
„Machen Sie jetzt nicht schlapp Nirschlag. Ich bin mir sicher, dass wir nicht umsonst hier hinunter gestiegen sind“, gab er als verspätete Antwort zurück. Seine Augen blickten starr auf die leuchtende Anzeige und seine Finger sausten, tippend über das Eingabefeld. Etwas beleidigt und immer noch unsicher, begann Nirschlag mit einer glatten Platte in seiner Hosentasche zu spielen. Sie war eiskalt, doch schaffte das Reiben über die eingestanzten Buchstaben, dass er sich etwas sicherer fühlen konnte.
„Das Hauptquartier meinte doch -“, bevor die zitternden Worte jedoch seinen Mund verlassen konnten, wurden sie von der unerwartet, scharfen Antwort des Inspektors unterbrochen.
„Ich habe die Genehmigung bekommen – alles andere ist unwichtig. Jetzt stör mich nicht weiter.“ Eingeschnappt drehte Nirschlag seinen Kopf in Richtung aus der sie gekommen waren. Es war so finster, dass er nicht einmal drei Meter in die Ferne blicken konnte. Die Finsternis schien beinahe eine zähe Konsistenz zu haben, wie die Kanalsflüssigkeit durch die sie wateten. Zuerst dachte er, dass ihm sein Gehirn, aufgrund der ungewohnten Umgebung, einen Streich spielen wollte, doch es sah beinahe so aus als ob sich diese dunkle Substanz vorzuarbeiten schien. Nach ihm greifen wollte. Sein gesamter Körper schien in sekundenschnell auszukühlen und ein unangenehmer Druck entstand in seinen Ohren. Die Angst die in ihm aufstieg, brachte ihn beinahe dazu einfach loszulaufen, wäre da nicht der Druck an seinem Handgelenk gewesen. Der Inspektor griff beiläufig an den Unterarm seines Begleiters um ihm von seiner Entdeckung zu unterrichten.
„Der Computer scheint gestört zu werden - ich bekomme keine richtigen Signale hinein.“ Nach der kurzen Berührung begann wieder warmes Blut durch seinen Körper zu schießen und sein Herz pochte wild, doch Nirschlag fühlte sich immer noch sehr unwohl in dieser Finsternis. Trotz des anhaltenden Schweigens seines Begleiters, fuhr Inspektor Strait mit einer zornigeren Stimme fort:
„Dass ist zumindest ein gutes Zeichen – in der Nähe wären wir schon mal.“
Hoffentlich
Sie durften keine Zeit mehr verlieren und so beendete Inspektor Strait diese Pause in dem er weiter den Gang entlang schritt. Nirschlag folgte ihm weiterhin wortlos. Im selben Moment, in dem der Inspektor seinen Handcomputer zurücksteckte, fiel sein Blick auf einen handtellergroßen Bruch an der Wand. Mit einem langen Schritt erreichte er die Stelle schnell und strich über die Stelle. Dabei blieb einiges von der grünlichen Substanz an seinen Händen kleben, die mit ihrem matten Schimmern etwas die Wände erleuchtete. Etwas verwirrt blickte Nirschlag zuerst zum Inspektor, der damit beschäftigt war seine Hand an seiner Jacke sauber zu reiben, und zur rötlichen Schleuse die sich gleich daneben befand.
„Müssen wir durch diese Schleuse? Im Hauptquartier wurde uns gesagt dass wir sie meiden sollen – es könnten sich immer noch Wasserstauungen dahinter befinden“, meinte Nirschlag als er einige Schritte in Richtung ihres eigentlichen Weges tätigte. Nachdem der Inspektor große Teile seiner einheitlich dunkelblauen Jacke mit der grünlichen Substanz besudelte, begann er, seine Intuition folgend, die Schleuse mit enormer Kraftanstrengung aufzustemmen. Zuerst wunderte er sich, weshalb er sie so einfach öffnen konnte, jedoch zerstreute das Licht, welches hinter der Schleuse zum Vorschein kam, jegliche Verblüffung.
„Wie hast du das gefunden?“, schoss Nirschlag sofort aus dem Mund, als er vom Quietschen der Schleuse beim weitergehen gehindert wurde. Er wollte sogleich durch die Öffnung in den beleuchteten Raum dahinter gehen, wurde aber von Inspektor Strait daran gehindert.
„Wir müssen zuerst das Hauptquartier darüber informieren. Sie kennen doch die Vorschriften. -“, unterstützte er seine Handlung und griff in seine Hosentasche. Wie Nirschlag wollte auch er diese Dunkelheit so schnell wie möglich verlassen. Das Licht strahlte ihm verlockend entgegen. Seine linke Hand begann nervös gegen sein Hosenbein zu klopfen, als er endlich den flachen Kommunikator herauszog.
„Hier spricht Inspektor Strait 15-2-36988. Habe wahrscheinlich Untergrundbewohner ausmachen können. Erbitte Verstärkung an meine Funkkoordinaten. Passwort Blau. Schickt auch einen Priester mit einem Filmteam hinunter - so weit ich weiß müsste eine Streife in der Gegend unterwegs sein. Melde mich bei Problemen. Ende.“ Als Antwort kam nichts weiter als ein Rauschen und das Funkgerät wurde kurz darauf mit einem langen pfeifenden Ton deaktiviert.
„Glaubst du - ?“, doch bevor sein Begleiter die Frage zu Ende formulieren konnte, machte sich sein Vorgesetzter bereits auf den Weg durch die Öffnung. Durch das Licht, dass sie nun einhüllte, fühlten sich die beiden Männer endlich wieder wohler. Mit langen Schritten suchten sie nach dem Ursprung des Lichts und durchschritten mehrere Räume, voller alter Computer und sonstiger elektronischen Gerätschaften. Der Geruch der Kanalisation wich langsam und das Einzige was blieb war ein beißender Schweißgeruch. Das triste Tropfen wurde durch ein hypnotisierendes Summen ersetzt und Nirschlag bemerkte das die meisten Kabel, so unterschiedlich sie auch sein mochten, in eine Richtung verliefen. Zuerst wollte er seinem Begleiter von der Anordnung der Kabel unterrichten, doch er entschied sich dagegen als er merkte dass Inspektor Strait den Ursprung des Lichts gefunden hatte.
Es waren dutzende Leuchtröhren. Ansonsten befand sich noch ein großer Holztisch im Raum auf dem drei Computerbildschirme platziert wurden. Zeitgleich zogen sie ihre schwarzen Pistolen aus den Halftern und zielten mit ihnen auf die Bildschirme. Die beiden Männer glichen sich nicht nur in der Haltung der Waffen und ihrer dunkelblauen Uniform. Ihre gesamte Statur sowie die Farbe ihrer Haut und der Haare waren identisch. Sie glichen sich wie Zwillingsbrüder. Jedoch gab es einen Unterschied. An ihren Unterarmen befanden sich eingebrannte rote Zahlen. Nirschlag umschloss den Griff mit beiden Händen, doch Inspektor Strait holte mit seiner freien Hand eine silberne Platte aus der Hosentasche und begann zu sprechen:
„Wir sind Abgesandte der exekutiven Vereinigung dieses Sektors mit den jeweiligen Bezeichnungen 15-2-Strait und 14-2-Nirschlag der Berufsfähigkeitskennung. Identifizieren Sie sich gemäß Berufsfähigkeitsbestimmung Absatz 12 der Neuordnungsgesetze und geben Sie den Grund ihres Aufenthaltes in einem gesperrten Sektor an.“ Inspektor Strait würzte seine Worte noch mit einem drohenden Unterton.
Beide blickten auf die Bildschirme und erwarteten dass sich jemand zeigen würde. Eine halbe Minute verstrich. Langsam wuchs der Zweifel in Nirschlag. Befand sich überhaupt jemand hinter den Bildschirmen? Inspektor Strait lies sich jedoch nicht so schnell seine Sicherheit rauben und wurde mit dem ächzenden Lauten eines Drehstuhls belohnt. Auf ihm saß ein dicker Mann mit weiten Kleidern. Sein Gesicht war von seinem Leben in der Kanalisation aufgequollen und verdreckt. Mit einem arroganten Gesichtsausdruck blickter er zum Inspektor. Er kraulte kurz seinen ungepflegten Bart, bevor er seine Hände in den Schoß legte.
„Ich hoffe ich muss mich nicht vorstellen - ich glaube nicht, dass ihr zwei freiwillig und nur wegen ein paar Ausreißern den Weg in die alte Kanalisation gegangen seid. Dass würde mich zumindest wundern. Da gerade ihr, die ihr eure sauberen Westen nicht mit dem Unrat der Unterschicht beschmutzen wollt, euch sicherlich nicht wegen Nebensächlichkeiten hier herunter wagen würdet“, gab er, mit einem Grinsen im Gesicht, von sich. Sein Gesicht glänze und auch die beiden Exekutivbeamten begannen allmählich zu schwitzen. Das Grinsen im Gesicht des Mannes verschwand langsam und er blickte weiterhin ruhig zum Inspektor.
„Ich wusste es doch. Du bist - “ Der Inspektor schien kurz nachzudenken, doch er tat es mehr absichtlich als aus reiner Not an Erinnerung.
„Valentin Berensky - bei den Spezialtruppen auch unter dem Codenamen „Die Motte“ bekannt. Dich fettes, widerliches Schwein suchen wir schon seit 2 Jahren. Natürlich bist du hier unten bei so viel Scheiße fühlst du dich doch am wohlsten.“ Keine Ruhe, keine Gelassenheit befand sich in den Worten des Inspektors. Ungewollterweise mischte sich sogar etwas Nervosität und Zittern in seine Stimme. Sein schweigender Begleiter schien zur Nebensache degradiert worden zu sein, doch aufgrund der angespannten Lage war ihm diese Rolle nicht gerade unbehaglich.
„Ich bitte Sie. Weshalb mit Beleidigungen anfangen? Etwas Höflichkeit hätte ich mir zumindest von Exekutivbeamten erwartet -“
„Höflichkeit?“
„Natürlich. Immerhin sind Sie Gast in meinem Haus.“
„Du – was -“ Die Worte, welche er hinausbrüllen wollte, musste er hart hinunterschlucken. Er wollte dem Mann vor sich nicht die Genugtuung eines Wutausbruches geben und blickte lieber mit verzerrter Miene zu Nirschlag. Der Inspektor erkannte, dass sein Begleiter Berensky im Visier hatte und schob er schob seine Waffe zurück in den ledernen Halfter. Ein kurzes Nicken bestätigte die Vermutung seines Begleiters, dass er nun alleine für die Sicherheit der beiden verantwortlich war. Nirschlag spürte einen langsam aufkommenden Krampf in seinem Handgelenk und der Schweiß rann ihm ab und zu in sein Auge. Jedoch konnte er sich nun keine Schwäche erlauben, da der Inspektor nun von ihm abhängig war. Ein erschreckend gutes Gefühl.
„Wie geht es Ihnen jetzt? Ohne Waffe sicherlich besser.“ Der Sitzende blickte wie ein Kind zu Inspektor und begann wieder leicht zu Lächeln. Ihm begegnete der Inspektor jedoch nur mit einem finsteren Blick.
„Nicht sehr beeindruckend wenn man bedenkt, dass Sie -“ er erlaubte sich eine kurze Pause.
„- eine 19ner Nummer waren. Einer der führenden Programmierer der Sicherheitssysteme der Stadtzentren. Sie hatten alles und sind so tief gefallen. Nur wegen den Arbeitszeiten? Nur weil Sie nicht damit zufrieden waren - wie lächerlich - einfach lächerlich.“ Der Inspektor ist bis auf wenige Meter vor den Sitzenden vorgedrungen, welcher ihn immer noch mit diesem überheblichen Lächeln anblickte. Die vorhin ausgesprochenen Worte brachten seinem Gegenüber zwar nicht dazu sein Lächeln aufzugeben, doch konnten sie dem Inspektor etwas in seiner Sicherheit bestärken.
„Sie verstehen die Sache nicht, wie mir scheint. Wie auch? Euch wird doch vorgeschrieben was ihr verstehen sollt und was nicht.“
„Euch?“
„Ja euch - ihr Kinder des Systems - wie es in der Werbung doch so schön formuliert wurde. Oder kennt ihr gar diesen Ausdruck nicht mehr? Wenn es keine Unterschiede mehr gibt, dann wohl auch kein „euch“. Würde das väterliche System denn sonst funktionieren? So wie es zurzeit funktioniert?“ Der Inspektor blickte den immer noch lächelnden Mann lange an. Strait versuchte seinen finsteren Gesichtsaudruck immer noch beizubehalten, doch man konnte ihm auch eine Verwirrtheit ansehen. Berensky labte sich einige Zeit an dem verwirrten Gesichtsaudruck seines Gegenübers. Während Inspektor Strait ihn immer noch wortlos anstarrte, entdeckte „die Motte“ den Begleiter des Inspektors. Nirschlag zielte zwar immer noch auf den Kopf des Mannes, doch seine Augen wanderten eher zu den Computern auf dem Boden. Nirschlags Gesicht verriet jedoch was er dachte. Verriet dass er langsam zu Zweifeln begann. Die Zeit nutzend, blickte der Sitzende mit einem ernsten Gesichtsaudruck zum Inspektor. In seinem Kopf formte er seine nächsten Worte, jedoch wurde er vom zornig wirkenden Inspektor unterbrochen.
„Sei endlich still. Wir wurden bereits bei der Besprechung vor Ihrem Unsinn den Sie reden würden gewarnt. Also hören Sie auf es zu versuchen es nützt nichts.“
„Da Sie immer noch auf mich zielen und keine Anstrengungen tätigen mir Handschellen anzulegen, gehe ich davon aus dass Sie noch auf Verstärkung warten. Liegt sicher an diesem Zwischenfall in dem Lagerhaus vor einer Woche. Sie müssen aber wissen, dass die Explosion nicht gewollt war -“ Der Sitzende versuchte sich wieder in einem offenen Lächeln zu retten und seine Zähne kamen zum Vorschein. Ihre gelbliche Farbe könnte sich spielend in das ölige Braun der Steinwände einordnen.
„Sie werden nicht mehr Lachen, wenn Sie erst vor Gericht stehen und man Sie für Ihr restliches Leben ins Gefängnis stecken wird.“
„Ich bin schon einmal aus einem Gefängnis entkommen. Aus dem Gefängnis in dem ihr euch immer noch befindet -“ Die Unachtsamkeit des Inspektors ausnutzend, begann „die Motte“ seine vorhin vorbereiteten Worte vorzutragen. Strait tätigte keine Anstrengungen ihn dabei zum Schweigen zu bringen. „Jeden Tag müsst ihr euch bei der Exekutivbehörde melden. Der Urlaub wird euch vorgeschrieben. Selbst der Ort zu dem ihr fliegen wollt, muss im Vorhinein genehmigt werden. Und die Nummern an euren Armen?“
„Sie haben doch dieselben Nummern nach dem Stand ihrer Fähigkeiten erhalten. Wie soll der Staat sonst wissen wofür einzelne Personen geeignet sind? Es ist eine enorme Entlastung für sämtliche Bereiche -“
„Es ist eine Fessel. Ich konnte mich zumindest davon befreien -“ Nach diesen Worten schob er sich einige Zentimeter vorwärts und begann damit die Ärmel zu den Schultern zu krempeln. Seine Arme waren von der Dunkelheit der Kanalisation kränklich erblasst. Neben einiger frischen Schnitten zeigten sich, unter den Knoten aus dunklem Stoff, zwei längliche Wucherungen aus Blasen und verwachsenen Narben. An den Stellen, an denen sich einst die Nummernkennung befand.
„Zwar ein schmerzhafter, doch zumindest mein erster Schritt in die Freiheit.“ Vom Anblick der alten Narben angewidert, trat der Inspektor einige Schritte zurück. Seinen Blick konnte er immer noch nicht von den Wucherungen abwenden. Von den angeblichen Zeichen der Freiheit.
„Alle wussten, dass Sie wahnsinnig sind, doch dass Sie so weit gehen würden sich selber zu verstümmeln -“
„Ich wurde verstümmelt als mir diese Nummern ins Fleisch gebrannt wurden, nur um uns einfache Arbeiter kontrollieren zu können. Damit sie bestimmen konnten was und wo wir es tun sollten. Verstehen Sie es doch endlich. Diese Nummern dienen zur kompletten Kontrolle aller gesellschaftlichen Bereiche – aller Bereiche ihres Lebens. Selbst die Partner die sich für uns interessieren, da nur die Nummern an unseren Armen zählen. Und weiter die Kinder die wir kriegen. Denken sie ihre optische Gleichheit ist nur Zufall? Es ist wie eine staatlich kontrollierte Zucht in der ein Idealbild erschaffen wird -“
„Jetzt verstehe ich es endlich“, gab der Inspektor schnell als Antwort zurück. „Sie versuchen mit diesem Auftritt auf eine geistige Störung hinzusteuern. Glauben Sie ja nicht, dass Sie die Gerichte mit diesem billigen Trick täuschen können.“
Ohne auf die leeren Worte des Inspektors weiter eingehend, fuhr der Lehrer im Rollstuhl fort: „Glauben Sie wirklich, dass diese Berufsfähigkeitsnummern unser Potential zeigen können? Nach diesem Prinzip wäre ich eine 19ner Nummer - wie Sie es vorhin so vortrefflich ausgedrückt haben - die es jahrelang geschafft hat etliche 20iger die mir überlegen sein sollten auszutricksen?“
„Tun Sie nicht so überheblich, die 20iger - ich meine, die Spezialeinheit wurde ab beordert, da es Wichtigeres zu tun gab als einen Spinner wie Sie zu fassen.“
„Sie haben es aber geschafft -“ Mit einem belustigten Unterton gab der, sich langsam erhebender Mann diese Worte von sich und seine Augen wanderten langsam zum linken Unterarm des Inspektors.
„Eine 15. Sie haben das geschafft, was einer Spezialeinheit nicht gelang. Sie haben meine Aussage bereits bewiesen als Sie sich vor mich gestellt haben. Sie haben ein weitaus größeres Potential als ihnen das System zugesteht.“ Die letzten Worte schienen sich in die Gedanken des Inspektors mit der Propaganda der Medien zu duellieren. Mit leerem Blick starrte er kurz auf die umgedrehten Monitore. Unwillig weiter mit dem Verbrecher zu sprechen, zog der Inspektor wieder seine Pistole. Der Lauf zeigte direkt in das Gesicht des lächelnden Mannes. Nicht gewillt seinem Ziel weitere Zeit zum sprechen zu geben, begann der Inspektor eine Frage zu formulieren.
„Was wollen Sie damit erreichen? Wollen Sie mich befreien oder alle anderen verblendeten Menschen da oben? Sie haben in der Zeit ihrer Freiheit nichts Konstruktives getan also was wollen Sie eigentlich?“
„Nur weil ich es geschafft habe frei zu kommen ist es noch lange keine Grund andere unbedingt auch zu befreien oder „Gutes“ zu tun, wenn ihnen die Formulierung besser mundet. Ich bin niemandes Vormund oder verantwortlich dafür, dass es das System immer noch schafft euch zu verblenden. Der einzige Grund weswegen ich euch erkläre, wie das System funktioniert ist euer Besuch. Wenn ihr nicht hier wäret würde ich weiter arbeiten. Da ihr mich aber gerade stört kann ich die Zeit auch nützen und euch euren Irrtum vor Augen führen -“
„Mir reicht es, es werden gleich dutzende andere Exekutivbeamten hier erscheinen und Sie ins Gefängnis oder in ein Sanatorium sperren - wo ist mir vollkommen egal. Ein Priester mit einem Kamerateam wird auch hier erscheinen um allen in der Welt zu zeigen was für ein Mensch Sie eigentlich sind. Und dann helfen ihnen ihre Lügen auch nichts mehr. Es wird vorbei sein.“ Ohne jegliche Anstrengungen, seinen Zorn zu verbergen, brüllte Inspektor Strait seine Wort Mister Berensky direkt ins Gesicht und das angenehme Gefühl der Befreiung durchzuckte seinen gesamten Körper. Er konnte es kaum noch erwarten endlich diesen Ort zu verlassen. Seine Gedanken kreisten nur noch um seinen Kommunikator. Lange konnte die Verstärkung nicht mehr brauchen, dass wusste der Inspektor. Berensky nutze die Unachtsamkeit des Inspektors und führte seine Hand schnell in Richtung der Tastatur.
„Lassen Sie das, Berensky. Ich werde schießen, dass schwöre ich Ihnen.“
„Sie können jetzt wählen, da Sie offensichtlich eine Plattform brauchen, um sich zu entscheiden. Ich werde über diesen Computer die Sprengsätze im Tunnelsystem zünden und damit meine Freiheit weiter sichern und vor allem Sie in die Freiheit führen, damit Sie ihr volles Potential entdecken können. Oder natürlich Sie erschießen mich und leben ihr Leben, unter der Schirmherrschaft eines Systems, weiter - welches Sie und ihre Kinder auch in Zukunft kontrollieren wird.“
Der Knall der Pistole schien beinahe die Wände des Raumes zu sprengen und hallte noch Minuten nach der Zündung durch den Raum dicht gefolgt vom dumpfen Geräusch eines Körpers der sich dem Verfall hingegeben und nun seine letzte Ruhe auf dem dreckigen, verschmierten Boden gefunden hatte.
„Sehen Sie, so einfach kann man lange verwehrte Freiheit erlangen. Schade nur um den Inspektor.“ Der Begleiter, der die gesamte Zeit nur still dem Gespräch zugehört hatte, blickte fassungslos auf den toten Körper seines Vorgesetzten. Er ließ seine Hand, in welche er seine Waffe immer noch fest umschloss, langsam sinken und schien alles um sich herum zu vergessen.
„Und wie fühlt sich die Befreiung an?“
Von den Worten zurück in die Realität getrieben, benötigte er einige Augenblicke um Berensky auszumachen. Die Motte hatte sich bereits wieder hinter die Computerbildschirme platziert und entrann so dem Blick des Mannes. Immer noch von seiner Tat geschockt, löste sich der Griff um seine Waffe. Sie stürzte langsam zu Boden. Wie losgelöst, schlürfte Nirschlag in Richtung der Bildschirme. Und ohne das diesesmal ein dumpfes Geräusch den Klang verdarb, folgte ein zweiter Schuss.