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Ein Hauch des Seins

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14.07.2004
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Ein Hauch des Seins

Lautlos gleitet er aus der dünnen Haut, die so lange seine Behausung war. Zwei Minuten nur noch und er würde frei sein. Ungeduldig wartend auf den Augenblick, der ihn auf filigranen Schwingen hinaus in den Tag entlässt.
Die Sonne klebt über den Bäumen an einem wolkenlosen Himmel.
„Ich habe Glück“, denkt er. Er genießt das Blinzeln der Sonnenstrahlen durch die Baumkronen der riesigen Buchen und Eichen. Er streckt seine Fühler nach dem Duft der neuen Welt. Ein herrlicher Geruch von Moos und faulendem Laub durchströmt seine Sinne. Nur einen Augenblick noch, dann kann er nach ihr suchen.
Tautropfen des frühen Morgens bahnen sich zögerlich fließend ihren Weg dem weichen Waldboden entgegen. Fasziniert über das Spiel der Natur beginnt er zu träumen.
Ja, er war früher schon einmal hier. In einem anderen Leben. Aber das ist so lange her.

In der Ferne sieht er eine zarte Bewegung. War es wirklich möglich, dass ihm so großes Glück zuteil werden könnte? Noch unsicher in der Luft zappelnd kommt etwas auf ihn zu. Schließlich ist er sich sicher. Sie ist es. Ebenso unsicher in seiner neuerworbenen Fähigkeit des Fluges gleitet er zitternd auf sie zu.
In einem Reigen unendlicher Glückseligkeit tanzen sie beide stundenlang durch die Lüfte. Hinaus aus dem Wald. Über duftende Wiesen und goldene Felder. Der Tag neigt sich dem unvermeidlichem Ende zu und noch ist so viel zu tun. Zumindest für sie. Honigblumen braucht sie. Deren Blätter lassen sich wunderbar einrollen und schmecken fantastisch. Zusammen, noch immer tanzend, fliegt das Pärchen seinem Ziel entgegen.
Süßlicher Duft, von Honigblumen verströmt, umarmt die Liebenden in dem Augenblick ihres größten Glücks.
Dann wendet sie sich plötzlich ab von ihm. Er ist nicht traurig. Er ist von Zufriedenheit durchtränkt und bereit zu sterben.
Sich an einer wunderschönen Blüte labend, wird er schwächer. Er beobachtet sie. Sie klebt Eier an die Blätter und rollt diese zusammen, um ihre gemeinsamen Kinder zu schützen.
Er wünscht ihnen soviel Glück, wie ihm beschieden war. Nächstes Jahr wird es wahr sein. Unzählige Honigfalter werden sich nach ihrem kurzen Raupendasein darauf besinnen, hierher zurückzukehren. So wie er es getan hatte. Sie würden ein Teil von ihm sein. Das allein erfüllte ihn mit unendlichem Stolz.
„Ich komme wieder“, haucht er und stirbt.

 

Hallo Kürbiselfe,

wunderhübsch erzählt, deine Faltergeschichte. Und die Andeutungen des "früheren Lebens" haben mir auch gefallen. Eine winzige Anmerkung hätte ich noch:

Sich an einer wunderschönen Blüte labend, wird er schwächer.

Verzeih mir die Biologin, aber diese Eintagsinsekten sterben normalerweise deswegen, weil sie eben keine Nahrung mehr zu sich nehmen können (ihnen fehlt einfach die Fähigkeit ;) )


Ansonsten eine wirklich originelle Liebe-und-Leben Geschichte. :thumbsup:

Liebe Grüße,

Ronja

 

Hi Kürbiselfe,

hach, eine wunderschöne kleine Geschichte :)
Liebe, Tod, Wiedergeburt.
Der kleine Falter hat es erkannt.

Rührend, Hoffnungsvoll, ein Lächeln auf meinen Lippen hinterlassend.
Mehr kann ich diesesmal nicht sagen.

ganz lieben Gruß, coleratio

 

Hallo Ronja,

Verzeih mir die Biologin, aber diese Eintagsinsekten sterben normalerweise deswegen, weil sie eben keine Nahrung mehr zu sich nehmen können (ihnen fehlt einfach die Fähigkeit
So habe ich das auch verstanden, als ich mir den Bericht im Fernsehen angesehen habe. (Allerdings war dort nie von Honigfaltern die Rede, das ist meine Kreation, oder gibts die etwa wirklich?) Ihn verhungern zu lassen schien mir einfach nicht sehr romantisch. :D
Ansonsten eine wirklich originelle Liebe-und-Leben Geschichte
Vielen lieben Dank. :)
Ganz liebe Grüße, die Kürbiselfe

 

Hallo coleratio,

Rührend, Hoffnungsvoll, ein Lächeln auf meinen Lippen hinterlassend.
Mehr kann ich diesesmal nicht sagen.
Mehr ist auch nicht nötig, um mich zu erfreuen. Ich danke Dir. :shy:

Liebe Grüße, die Kürbiselfe :)

 

Hallo Kürbiselfe,

die Idee, das unvermeidliche Sterben in einem glückseligen Todestanz darzustellen, hat mir sehr gefallen.

In der Zeitstruktur ist der Text allerdings ein wenig inhomogen. Du schreibst die Geschichte im Präsens, aber dann:

  • "Schließlich war er sich sicher. Sie war es." - 'ist ... ist'
  • "Der Tag war beinahe vergangen" - 'ist'
  • "Nächstes Jahr wird es war sein." - nur ein Tippfehler: 'wahr'
  • "So wie er es getan hatte. [...] Das allein erfüllte ihn mit unendlichem Stolz." - 'hat', 'erfüllt'
  • "Ich komme wieder", hauchte er und starb. - 'haucht', 'stirbt'

 

Hallo cbrucher,
so ein Durcheinander passiert mir Gott-sei-dank nicht oft. Ist dann schon ein wenig peinlich, wo ich mir doch die Texte immer noch durchlese, bevor ich sie hier poste. :silly: Werde das natürlich sofort korrigieren. Hab Dank für Deine Mühe.

die Idee, das unvermeidliche Sterben in einem glückseligen Todestanz darzustellen, hat mir sehr gefallen.
die formulierung find ich toll, die muss ich mir merken. :D Für das Lob der Idee danke ich Dir sehr.

Liebe Grüße, die Kürbiselfe. :)

 

Hi Jo,

eigentlich wollte ich längst zu Bett gegangen sein, aber schon der Titel lockte mich zu bleiben.
:D
Einfach Klasse.
So großes Lob für eine so kleine Geschichte freut mich sehr.
Da bleibt mir nur noch, mich danksagend zu verneigen. :huldig:

Liebe Grüße, Susie :)

 

Hi Kürbiselfe,

langsam werde ich ein richtiger Fan von deinen Stories. Du hast aber auch gute Ideen!

So auch diese hier - eine schöne Idee und ganz toll umgesetzt. Lässt einen ein wenig wehmütig zurück, weil es einem die Vergänglichkeit des Lebens ins Bewusstsein führt, während man auf der anderen Seite wieder "Hoffnung" schöpft, weil er durch seine Kinder weiter lebt!

Danke!

Bella

 

Hallo Bella,

langsam werde ich ein richtiger Fan von deinen Stories. Du hast aber auch gute Ideen!
:D :huldig:


Lässt einen ein wenig wehmütig zurück, weil es einem die Vergänglichkeit des Lebens ins Bewusstsein führt, während man auf der anderen Seite wieder "Hoffnung" schöpft, weil er durch seine Kinder weiter lebt!
Ich habe einen Bericht darüber im Fernsehen gesehen. Die Vergänglichkeit und das Weiterbestehen durch seine Kinder hat mich spontan fasziniert. so ist diese Geschichte entstanden. Schön, dass ich Dir beim Lesen ein ähnliches Gefühl vermitteln konnte.

Danke!
Ich danke Dir. ;)

Liebe Grüße, Susie

 

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