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Ein Kurzkrimi

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30.05.2020
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Ein Kurzkrimi

Das nächste Mal würde er nicht gleich schießen. Wütend starrte er auf die unschönen Wände seiner Gefängniszelle, in der sie ihn jetzt schon so lange schmoren ließen. Diese endlos erscheinenden Verhöre brachten doch alle nichts; wann würden der Herr Kommissar das endlich begreifen? Sein eigener Vorteil war, dass er die Methoden und Verfahren einigermaßen kannte. Würde es ihm gelingen, dessen Taktik zu durchschauen und ihn an der Nase herumzuführen? Immerhin hatte er ein edles Motiv gehabt. Dass ihm dann diese junge Frau dazwischen kommen würde, wie hätte er das ahnen können! Einmal mehr hatte er erfahren müssen, dass der Zufall den besten Plan zunichtemachen kann, und dass er wie ein erfolgreicher Schachspieler noch viel mehr Alternativen hätte einplanen sollen.

Ach ja, das Schachspiel. Sein Vater hatte es ihm beigebracht, Stunden hatten sie zusammengesessen, viele lange Partien gemeinsam erlebt, manche berühmte nachgespielt. Sie waren ein Herz und eine Seele, durch diese Leidenschaft, aber auch darüber hinaus. Er hatte es bis heute nicht verwunden, dass sein Vater eines Tages das Opfer eines halbwüchsigen Straßenräubers werden sollte, eines heruntergekommenen Junkies, der für seinen nächsten Trip nicht vor dem rücksichtslosen Gebrauch eines Messers zurückschrecken würde. Es war die erste harte Lektion seines Lebens gewesen, möglichst immer vor dem anderen zu handeln, nicht lange anzukündigen, sondern beherzt zuzupacken und entschlossen seinen Willen durchzusetzen. Vielleicht würde sein Vater noch leben, hätte er sich damals nicht durch Angstgefühle und moralische Skrupel von der einzig aussichtsreichen Maßnahme abhalten lassen, nämlich, dem Täter sofort die Initiative zu nehmen, ihn durch einen blitzschnellen Schlag zu überraschen und ihm die Waffe zu entwenden. Die tiefe Schuld, die er seither empfand, der nagende Groll, versagt und dadurch seinen geliebten Vater verloren zu haben, hatten ihn schließlich zu seiner Berufswahl geführt, einer Entscheidung, die er eigentlich nie bereuen musste, die ihm viele Vorteile in seinem von kritischen Situationen reichen Leben und dabei stets ein Gefühl der Überlegenheit verschafft hatte. Und letztendlich wollte er nie, nie wieder eine solche Situation wie damals erleben, nie wieder eine solche Schmach empfinden, nie wieder eine solche Niederlage einstecken müssen. Er, der sein Leben zu beherrschen schien, saß nun in dieser Zelle und harrte der Dinge, die er bei allem Scharfsinn und aller Schacherfahrung ja doch nur bedingt beeinflussen konnte. Vielleicht kam ihm der Vorteil seiner Berufswahl nochmals zu Pass, vielleicht konnte er alle übertölpeln.

Das fade Licht eines bewölkten Tages, welches durch das mit Glasbausteinen zusätzlich gesicherte Oberlicht seiner Zelle fiel, vermochte seine Gedanken kaum aufzuhellen; das Mittagessen hatte er auch dieses Mal unangerührt stehen lassen. Lass doch dieses Selbstmitleid, hörte er eine innere Stimme rufen, dadurch wird nichts besser, dadurch machst du dich nur angreifbar, wirst im nächsten Verhör keinen klaren Gedanken fassen können, schon gar nicht dich mit Geschick einer drohenden Verurteilung entwinden können. Mitleid sollte er eigentlich nur mit der Frau haben, die durch sein entschlossenes, aber im Ergebnis unglückliches Handeln zu Tode gekommen war. Das lähmende Entsetzen, welches seiner durch Adrenalin zusätzlich stimulierten schnellen Reaktion gefolgt war, hatte die Tatortszene scheinbar im Bruchteil einer Sekunde vom Zeitraffer in die Zeitlupe fallen lassen, den Todesschrei nahm er wie durch eine Nebelwand wahr, während sich ein einziger, gellender Vorwurf wie Eiswasser über ihn ergoss, seine ohnehin angespannte Gestalt völlig erstarren und den Herausforderer entkommen ließ. Der Schock hatte ihn die nachfolgenden Minuten völlig vergessen lassen, eine Erfahrung, die er trotz seiner Ausbildung bis dahin als für ihn völlig abwegig bewertet hatte. Grimmig kam ihm der oft wiederholte Leitgedanke seines Vaters in den Sinn, wonach man im Leben nie auslerne, sich immer wieder auf Neues einstellen müsse. Wie viele Menschen mochte es geben, die sich den Rest ihres Lebens nichts sehnlicher wünschten, als dass sie diesen einen kleinen Augenblick wieder ungeschehen machen könnten, der ihre weitere Existenz so nachhaltig verändert, ja, in vielen Fällen gebrochen hatte.

Unwirsch horchte er auf den Gang hinaus, bald würden sie ihn schon wieder zur nächsten Gesprächsrunde abholen. Natürlich hatte er nicht nur die berühmte Unschuldsvermutung der Juristen, sondern auch das ihm entgegengebrachte Wohlwollen des Kommissars auf seiner Seite, auch wenn sein Fall wegen der Brisanz und Öffentlichkeitswirksamkeit besondere Genauigkeit im Vorgehen erforderlich machte.

Ein Straßenräuber hatte ähnlich wie damals einfach nur Geld von der Frau verlangt; dieser konnte ja nicht ahnen, dass er trotz sorgfältiger Auswahl des Tatorts in einer wenig frequentierten Gegend mit dem Erscheinen eines missliebigen Zeugens rechnen musste. Einfache Straßenräuber spielen in der Regel ja auch nicht Schach, sie durchdenken ihr Handeln und ihre Züge nicht, handeln mehr oder weniger impulsiv, legen es auf den schnellen Erfolg und ihr ebenso schnelles Verschwinden an. Ach ja, und die heutige durch sozialpädagogische Gefühlsduselei geprägte Rechtsprechung haben sie ohnehin auf ihrer Seite, sollte es zu einer Festnahme kommen; die schlechte Kindheit und Jugend im vom Alkoholmissbrauch dominierten Elternhaus haben im Zweifel mehr Gewicht als die durchdachten Argumentationen des Staatsanwalts.

Und überhaupt, immer dieses Argument der Verhältnismäßigkeit! Auf einen groben Klotz gehört bekanntlich ein grober Keil, der Schwächere zieht ehrfahrungsgemäß den Kürzeren! Sicher, viele seiner Lehrer hatten mit allen möglichen Denkansätzen und Rechtsformeln eine derartige Einstellung zu verhindern versucht, aber konnte man es einem von einer Bluttat gezeichneten Menschen verdenken, dass er immer wieder auch seinen Emotionen unterlag? Psychologen hatten den Auftrag, den Verstand und das Gefühl gegeneinander abzuwägen, und diese feinsinnigen Menschen würden wie in allen vergleichbaren Fällen auch diesmal seine Persönlichkeit beleuchten und dann optimaler Weise auch Entlastungsgründe zum Vorschein bringen.

Zugegeben, das im Laternenlicht aufblitzende Messer hatte seinen Verstand aussetzen lassen, nein Herr Richter, hatte oft geübte unbewusste Routineabläufe ausgelöst, der vorgeschriebene Warnschrei war dem Schuss definitiv vorausgegangen. Dass sich die Frau, offensichtlich durch sein Erscheinen zusätzlich schockiert, mit einem ungeschickten Versuch, der Situation zu entkommen, durch eine Halbdrehung ungewollt in Richtung des Täters bewegt hatte, nahm er nur noch durch das aufblitzende Mündungsfeuer seiner Waffe wahr, zu spät, um irgendetwas am schicksalhaften Verlauf dieses oft verfluchten Tages ändern zu können.

Seine Gedanken wurden durch Schritte auf dem Flur unterbrochen. Die Zellentür öffnete sich, der Kommissar holte ihn persönlich ab:
„Na los, Kollege, heute bringen wir es hinter uns!“

 

Hallo @Wortschriftner

wann würden der Herr Kommissar das endlich begreifen? Sein eigener Vorteil war, dass er die Methoden und Verfahren einigermaßen kannte.
wann würde (nicht würden)


Sein eigener Vorteil war, dass er die Methoden und Verfahren einigermaßen kannte. Würde es ihm gelingen, dessen Taktik zu durchschauen und ihn an der Nase herumzuführen? Immerhin hatte er ein edles Motiv gehabt. Dass ihm dann diese junge Frau dazwischen kommen würde, wie hätte er das ahnen können! Einmal mehr hatte er erfahren müssen, dass der Zufall den besten Plan zunichtemachen kann, und dass er wie ein erfolgreicher Schachspieler noch viel mehr Alternativen hätte einplanen sollen.
hier fand ich es etwas schwierig sofort rauszuhören, von wem hier nun die Rede ist. Von dem Insassen oder dem Kommissar?

Er hatte es bis heute nicht verwunden, dass sein Vater eines Tages das Opfer eines halbwüchsigen Straßenräubers werden sollte, eines heruntergekommenen Junkies, der für seinen nächsten Trip nicht vor dem rücksichtslosen Gebrauch eines Messers zurückschrecken würde. Es war die erste harte Lektion seines Lebens gewesen, möglichst immer vor dem anderen zu handeln, nicht lange anzukündigen, sondern beherzt zuzupacken und entschlossen seinen Willen durchzusetzen. Vielleicht würde sein Vater noch leben, hätte er sich damals nicht durch Angstgefühle und moralische Skrupel von der einzig aussichtsreichen Maßnahme abhalten lassen, nämlich, dem Täter sofort die Initiative zu nehmen, ihn durch einen blitzschnellen Schlag zu überraschen und ihm die Waffe zu entwenden
Deine Sätze sind gut beschrieben, ich finde, du erzeugst eine gute Stimmung. Allerdings solltest du dir überlegen, ob du deine Sätze nicht gelegentlich etwas kürzen kannst. Sie sind alle lang und lesen sich dann etwas monoton. Mehr Abwechslung würde hier wohl zu mehr Lesefluss führen.

Und letztendlich wollte er nie, nie wieder eine solche Situation wie damals erleben, nie wieder eine solche Schmach empfinden, nie wieder eine solche Niederlage einstecken müssen
nie wieder. nie wieder. nie wieder. Vielleicht war das auch gewollt, aber ich denke, 2x hätten dann völlig ausgereicht :)

Einfache Straßenräuber spielen in der Regel ja auch nicht Schach, sie durchdenken ihr Handeln und ihre Züge nicht, handeln mehr oder weniger impulsiv, legen es auf den schnellen Erfolg und ihr ebenso schnelles Verschwinden an
Den Satz fand ich gut, der Vergleich gefällt mir!

Deine Geschichte ist schön geschrieben, man lebt und fühlt sie. Das schwierige sind für mich einfach deine lange Sätze. Für mich fehlt hier etwas Abwechslung. Dass du schreiben kannst, hast du bewiesen. Kürzere Sätze würden das nicht in Frage stellen.
Womöglich stehe ich mit dieser Meinung allerdings auch alleine da. Geschmackssache.


Habe ich jedenfalls gerne gelesen,

viele Grüße

Federkrieger

 

Hallo @Federkrieger,

danke für Deine hilfreichen Bemerkungen. Es freut mich, dass Du meinen Text gerne gelesen hast - das motiviert mich.

Deinen Rat kürzerer Sätze werde ich auf jeden Fall ernst nehmen. Hier wollte ich den ununterbrochenen Gedankenstrom eines Zelleninsassen darstellen.

Viele Grüße
Wortschriftner

 

Hey @Wortschriftner,

Ein Kurzkrimi
Das scheint mir nicht der Titel dieser Geschichte, sondern eine Textcharakterisierung zu sein. Oder versteh ich es falsch? :schiel:

Auf einen groben Klotz gehört bekanntlich ein grober Keil, der Schwächere zieht ehrfahrungsgemäß den Kürzeren!
erfahrungsgemäß. Ansonsten beachtlich fehlerarmer Text, soweit ich das beurteilen kann.

Den Einstieg, mit dem seine Taten und die Umstände begrübelnden Inhaftierten, find ich gut gelungen und mich interessierte auch, wie es dazu kam.
Du gehst rückwärts, dein Prot springt im inneren Monolog in seinen Erinnerungen an den Vater, die Tatnacht, die Begegnung mit der Frau, sinniert über falsche Entscheidungen und die Berufswahl.
Das alles, auf dem Weg zur Auflösung und der Enthüllung seiner ehemaligen Position ist mir zu langatmig gewesen. Du verlierst dich in den durchaus schönen Formulierungen. Ich kann mir denken, bei diesem Text war der Weg für dich das Ziel. Aber ich habe der Geschichte irgendwie mehr zugetraut und war dann inhaltlich enttäuscht.
Nichtsdestotrotz empfinde ich deine Schreibe als erfahren und stark und bin ehrlich gespannt auf weitere Geschichten von dir.

Viele Grüße
wegen

 

Hallo @Lenz Harjesd,

danke für Deine hilfreichen Bemerkungen.

Die Grundidee war, den Tatablauf erst Schritt für Schritt im Laufe des Gedankenflusses des Protagonisten aufzudecken, um so Spannung zu generieren und den Leser neugierig auf das gesamte Geschehen zu machen.

Viele Grüße
Wortschriftner

Hallo @wegen,

danke für Deine hilfreichen Bemerkungen.

Du hast gut erkannt, worauf ich hinaus wollte bzw. was mich bewegt hat. Ja, im Grunde genommen ist es kein Kurzkrimi, sondern die Lebensgeschichte eines Polizisten, der mit seinem Schicksal und der Berufswahl hadert. Bei der Darstellung wollte ich sowohl diese Vita und die eigentliche Tat nur Zug um Zug zu erkennen geben, um dadurch Spannung und Leselust zu schaffen. Dass meine langen Sätze dies eher konterkarieren, habe ich verstanden; ich werde daran arbeiten.

Viele Grüße
Wortschriftner

 

Hallo @Wortschriftner,

Das nächste Mal würde er nicht gleich schießen.

Den ersten Satz finde ich vielversprechend. Der macht neugierig.

Das Thema ist gut gewählt, beinhaltet viel Konfliktpotential und du lässt den Protagonisten leiden.
Der Plot ist gut, doch könntest du viel mehr aus der Geschichte herausholen. M.E. ist sie zu tellig. Kennst du: Show don't tell? Grds. mag ich Tell sehr gerne, aber bei deinem Text ist es mir too much.

Wütend starrte er auf die unschönen Wände seiner Gefängniszelle, in der sie ihn jetzt schon so lange schmoren ließen
Wie zeigt sich Wut? Wie sehen die Wände aus? Beschreibe es. Blättert der Putz von den Wänden, ballt er die Hände zur Faust usw. Und an deiner Stelle würde ich auch konkreter schreiben. Wie lange ließen sie ihn schmoren? Nenne mir den Zeitraum. Lass dem Leser mehr Raum für eigene Gedanken.

Die anderen Kommentatoren haben schon gesagt, dass Kürzungen dem Text gut tun würden. Das würde ich auch unterschreiben. Hier nur ein Beispiel

Sein eigener Vorteil war, dass er die Methoden und Verfahren einigermaßen kannte.

Eigener ist doppelt gemoppelt und einigermaßen schwächt die Aussage. Und vllt. schaust du auch noch über die Adjektive. Puh, da sind viele am Start. Vllt. hilft es dir auch, wenn du mal andere Texte durchliest und kommentierst. Häufig im Leben, sieht man die Schwächen bei anderen eher, als bei einem selber. Geht mir jedenfalls so :-(

Viele Grüße
Aurelia

 

Hey Wortschriftner.

Größtenteils nett geschrieben dein Ding. Ziemlich viel Füllkrams wie einigermaßen, möglichst, beherzt, entschlossen, tief nagend, zusätzlich und sowas. Der Plottwist am Ende hat mich nicht vom Hocker gehauen, nichts für ungut.

Was mir aufgefallen ist:

wann würden der Herr Kommissar das endlich begreifen?

eines (...) Zeugens (Hihi, der hat Sex gesagt :D)

hatte oft geübte unbewusste Routineabläufe

Jo, und hier stimmt irgendwas mit den Zeiten nicht, denke ich:

Er hatte es bis heute nicht verwunden, dass sein Vater eines Tages das Opfer eines halbwüchsigen Straßenräubers werden sollte, eines heruntergekommenen Junkies, der für seinen nächsten Trip nicht vor dem rücksichtslosen Gebrauch eines Messers zurückschrecken würde

Soviel dazu,
und soweit aktuell,
hau rein,
Analog

 

wann würden der Herr Kommissar das endlich begreifen?
Moi Analog (und herzlich willkommen im Forum, @Wortschriftner),
das ist kein Fehler, sondern Sarkasmus á la "Wann gedenke der Herr, sein Frühstück einzunehmen?" Ich meine, die Herkunft seien inzw. veraltete Höflichkeitsfloskeln.
Funktioniert hier für mich nicht so, aber es ist formal gesehen korrekt.

Wortschriftner, nur so als Tipp: Wenn du Kritik annimmst und dich bedankst, wäre es nicht nur schön, mehr im Detail auf die Anmerkungen einzugehen (nur ein reines 'Danke' wird schnell dazu führen, dass deine Texte nicht mehr gelesen werden) und dann die Stellen hier im Text zu ändern. Unten auf den 'Bearbeiten'-Button, und nach dem Ändern das Speichern nicht vergessen. Würde auch anraten, dich mehr auf der Seite umzulesen, und dich kommentierend zu engagieren, Geben & Nehmen und so ... ;-)

Sorry, deine Texte sind nichts für mich, daher schreibe ich nicht mehr dazu.

Cheers,
Katla

 

Was, wo, wie meinen, werte Katla? :)

Wann gedenken der Herr
Ist das nicht formal falsch?

Müsste es nicht lauten: Wann gedenkt der Herr
oder
Wann gedenken die Herrschaften
bzw.
Wann gedenken Ihre Majestät
Wann gedenken seine Vorzüglichkeit

Und aufgrund letzterartiger damit Plural?

Habe die Stelle vorhin aus mehreren Richtungen betrachtet – und ein Blickwinkel ähnelte deiner Interpretation. Ich war und bin mir aber ziemlich sicher, dass es nicht korrekt ist, so wie es da steht. Lasse mich aber gerne (oderso ;)) eines Besseren belehren, dann aber bitte mit ... Quelle, joa, keine Ahnung, ob es dafür überhaupt sowas gibt; aber eine Quelle wäre schön.

Interessant wäre, wie der Autor es gemeint hat. Ob er einfach nur ein "n" übersehen hat, oder sich mehr dabei dachte.

Nachti,
Analog

 

Moi werter Analog,

:-) Ja, schon:

Müsste es nicht lauten: Wann gedenkt der Herr
oder
Wann gedenken die Herrschaften
Aber ich hatte zudem auf ironischen Pluralis Majestatis getippt - "Wann gedenkt Ihr, Herr?" -> Wann gedenken der Herr?
Eine Quelle könnte ja der Autor liefern, da warte ich jetzt auch auf den OP (der das möglicherweise eben wirklich anders meinte und was vergessen hat), aber ich bin sicher, das so gehört und auch schon in wörtlicher Rede in Büchern gelesen zu haben.

Gehabt Euch wohl, ich begebe mich jetzt zu meiner Schlafstatt :D,
Katla

 

Hrmpf,

da der Autor sich in Stillschweigen hüllt und es anzunehmen ist, dass das auch so bleibt, und diese Person hier den Vorgang abschließen möchte, beliebt sie, vermeintliche Fachliteratur zu ihrerley Argumentation Ungusten in den Raum zu werfen, mit der vorzüglichen Bitte, dies als einen freundlichen Kompromiss anzusehen.

Demzufolge nach,
und insbesondere fettmarkiert,
aus:

(http://www.ingenieurgeograph.de/Living_History/Material/Benimm_18_JH_2009_03_01.pdf)

Kurzes Brevier über die Höflichkeit und Redewendungen
Für die 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts
von Martin Klöffler

Seite 3 - Siezen (3. Person Plural)

Immer gegenüber Personen, die man achtet, und denen gegenüber, denen man Höflichkeit erweisen will:
Guten Morgen, mein Herr, wie befinden Sie sich?

Ranghöhere Personen werden indirekt mit Titel angesprochen, aber nicht direkt gesiezt:
Wenn Ihro Hoheit geruhen wollen....

also nicht in der 3. Person Singular:
Wenn Ihro Hoheit geruht...

der Diener spricht folglich zum Herrn:
Wenn gnädiger Herr belieben, mir zu folgen.

Diese indirekte Anrede wird auch in Briefen praktiziert, so heißt es in einem Schreiben des Capitaine Gontzenbach an den König:
Da Se. Königliche Majestaet die Größe der Vestung und das erschrecklich viele Mauerwerk einzusehen geruhen werden, auch unterm 4. Dec. A. p. Allergnädigst mir aufgegeben, daß die Vestung in drey Jahren fertig sein soll, so wird auch diese zeit bey dem größtem Fleiß vollkommen nöthig seyn, alles noch fehlende anzufertigen.

Die Anrede „Dieselben“ für Adlige oder vornehme Bürger drückt besonderen Respekt aus:
Dieselben haben geruht auf meine Frage gnädigst zu repondieren...

Achtung Fallstrick: Vom Anfang bis Mitte des 18. Jahrhundert ist die direkte Anrede mit „Sie“ eher unüblich, vielmehr wird das althöfliche „Ihr“ bebraucht.

--

Zudem erinnere ich mich schwammig an Krimis aus den Sechzigern, wo der Kommissar schonmal Sachen raushaut, wie:

"Mögen der Herr Gewerkschafter (etc.) denn einen Eid ablegen?"

Gut möglich, dass ich mir das auch nur einbilde, weil du, Katla, mich verunsichert hast. Aber wie dem auch sei. Ich habe nun meinen Frieden geschlossen.

Bis zur nächsten Sache die mich triggert,
:D,
arrivederci,
Analog

 

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