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Ein Lächeln
Just in dem Moment, in dem ich gerade auf die Straße trete fängt es an zu stürmen und zu donnern. Meine Haare fliegen mir in mein Gesicht und während ich noch mit ihnen einen verzweifelten und schon verlorenen Kampf ausfechte, beginnt sich meine Kleidung voll zu saugen. Doch ich habe keine Wahl. Zur Bushaltestelle sind es 5 Minuten Fußweg. Missmutig trete ich den nassen Marsch an, während sich leise ein leichtes Gefühl der Reue breit macht. Mhm, ja der Regenschirm liegt jetzt schön bequem, bei mir zuhause. Da wo Regenschirme zu liegen pflegen wenn man sie braucht. Triefend nass komme ich an der Haltestelle an. Natürlich gibt es hier kein Wartehäuschen und auch keine andere Stelle die Schutz bietet aber es dauert nicht lang bis der Bus da ist und ich einsteige. Alles klebt an mir. Der Busfahrer starrt mich grimmig an: „Fahrkarte!“ Als ob ich nicht jeden Tag von meiner Arbeit aus , seit Monaten um diese Uhrzeit fahren würde. Immer mit ihm am Steuer und immer mit der selben Jahreskarte, die ich ihm natürlich jeden Tag mit einem Lächeln unter die Nase halte. Ich hab ihn noch nie lächeln sehen. Wenn ich ein Mensch wäre mit dem Gewissen Talent für spontane, wirklich gute Witze, hätte ich es damit versucht, aber leider liegen mein Begabungen eindeutig nicht darin Menschen zu unterhalten. Also lächle ich ihn einfach nur an, in der Hoffnung, dass er irgendwann zurück lächelt. Allgemein, wenn man durch die Stadt geht, die meisten Menschen starren an einem vorbei, zücken irgend ein elektrisches Gerät, vorzugsweise MP3-Player, will jemand mit dir flirten, wer lächelt dich normal schon an? Gut okay, alle anlächeln wenn man durch die prall gefüllte Fußgängerzone geht würde wohl zu einem unangenehm verkrampften Gesichtsausdruck führen. Ok ich bin unrealistisch. Ich lächle ja selbst oft nicht. Starre auf den Boden vor mir. Aber selbst im Dorf oder in einer kleinen Stadt . Manchmal reagieren fremde Menschen auch nicht wenn man sie grüßt. Sie erwarten es nicht und sind mit ihren Gedanken schon beim Essen das sie kochen müssen, die Kinder die sie abholen sollen, die Arbeit die noch zu erledigen ist. Ja, da geht ein Hallo schnell unter. Seit dem gewöhne ich mir an selbst Menschen die ich kenne mit Winken zu grüßen. Bewegungen werden vielleicht besser wahr genommen in einer Welt, in der man ständig mit Lärm bombardiert wird. Es könnte aber auch daran liegen, dass ich zu unscheinbar bin. Ich habe nicht diese Aura sodass ich anderen auffalle und verhalte mich auch nicht so. Der Bus hält wieder und ich steige aus. Mein Weg führt mich weiter zum Hauptbahnhof, wo ich an einer vor allem trockenen Stelle auf meinen Zug warte. Am meisten hasse ich diesen abschätzenden Blick, der meist beim Gesicht beginnt, langsam nach unten gleitet, zurück nach oben schnellen, und keinen Zweifel daran lässt welche Meinung sich mein Gegenüber über mich gebildet hat. Nicht das es mir so viel ausmacht, oder das es mir wichtig wäre was andere denken, aber es ist mir nicht so egal, leider, dass ich mich nicht unwohl fühlen würde. Vielleicht habe ich einfach nur Pech, ich denke zu negativ oder ich bilde es mir ein. Auch gut möglich. Die eigene Realität ist schließlich ziemlich subjektiv. Ich setzte mich, Bahngsteig 9 ¾ . Nein, leider nicht. Nur Bahnsteig 4, und ich schließe die Augen. Als ich die Augen wieder aufmache, lächelt mich jemand an. Jemand der mich immer anlächelt und den ich erleichtert in die Arme schließe.