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Ein Säufer sagt nicht viel

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23.10.2006
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Ein Säufer sagt nicht viel

„Mister Parker? Mister Parker! Mister Parker, ich weiß genau, dass sie da drin sind! Machen sie sofort auf oder ich rufe die Polizei! MISTER PARKER!“, es polterte und krachte als würde gleich jemand durch die Tür brechen.
John Parker lag völlig verkatert auf seiner zerfledderten Matratze und blinzelte gequält. Die Letzte Nacht war hart gewesen, selbst für seine Verhältnisse.
„Ja Herrgott nochmal, ich komme!“ Er quälte sich hoch, stolperte über einige leere Bierflaschen und ging mit lautem Getöse wieder zu Boden. „Verdammte Scheiße! Ich bin zu alt für diesen Mist!“
„Parker, meine Geduld ist am Ende!“ Irgendwie schaffte er es bis zur Tür und öffnete.
Draußen stand seine Vermieterin, eine korpulente Mexikanerin, im geblümten Sommerkleidchen.
„Parker, sie elende Saufnase. Ich guck mir das nicht länger mit an. Die halbe Nacht scheppert und lärmt es bei Ihnen und dann liegen Sie den ganzen Tag im Bett! Anständige Menschen tun so etwas nicht, anständige Menschen gehen morgens zur Arbeit aber sie, sie..“, sie stockte. „Wie sehen sie überhaupt aus?“
Johns Gesicht war blutverschmiert und als er durch die Scherben gerobbt war, hatte er sich Hände und Oberkörper zerschnitten.
„Entschuldigen Sie bitte, Mrs Costello, aber ich bin gerade unpässlich.“
Er knallte die Tür zu.
„Das ist eine Unverschämtheit! Ich verlange, dass sie ausziehen. Ich verlange, dass sie sofort ihren Krempel packen und verschwinden!“
Man hörte sie noch fluchen, als sie schon hinten die Treppen hinunterpolterte.

John gähnte, streckte sich und gab dem Kater einen Klaps. „Morgen Butch, du bist mir von allen der Liebste. Die Menschen sind doch elende Kreaturen.“, er stellte eine Pfanne auf den Herd und schlug ein paar Eier hinein. Dann zog er sich eine frische Unterhose an und kramte eine zerfledderte Zigarettenschachtel aus einer Schublade. Er steckte sie sich eine in den Mundwinkel, kratzte sich am Hintern und blies Rauchkringel, während er mit einer Gabel in der Pfanne herumrührte. Der Kater lag auf Johns Matratze und nagte an einer Fischgräte herum, die er sich unten im Hof sicher hart erkämpft hatte. Nachts ging es dort unten schwer zur Sache. Die Katzen verteidigten ihre Reviere mit harten Bandagen. Oft kam Butch morgens blutverschmiert zum Fenster herein. Dann kümmerte John sich um ihn, wischte ihm den Dreck aus dem Fell und stellte ihm eine Schüssel Wasser hin. Im Radio spielten sie Oldies und zwischen den Titeln erzählten sie Anekdoten aus der guten alten Zeit. Die Sonne strahlte durch die verdreckten Fenster auf Johns verdreckte Füße, während er zwischen all den leeren und halbleeren und kaputten Flaschen auf dem Boden saß, seine Rühreier aus der Pfanne pickte und das erste Bier des Tages dazu trank.

Das hatte was, die warmen Sonnenstrahlen, die wieder eingekehrte Stille, das gute Essen und die angenehme, schnurrende Gesellschaft. So ließ es sich leben. Als er aufgegessen hatte ging er rüber zum Waschbecken und spuckte etwas Blut hinein. Er zog seine Hose an und stopfte seine Habe zurück in den zerschlissenen alten Handkoffer. Einige Wochen hatte es sich hier gut aushalten lassen, aber es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sie ihm wieder auf den Geist gehen würden. Es ging immer nur eine Zeit lang gut. Wieder auf Trebe, wieder auf der Suche nach einer neuen Bleibe. So ging das jetzt seit Jahren. Seine Frau hatte er vor einer Ewigkeit für eine jüngere sitzen lassen. Die jüngere hatte dann ihn für einen anderen sitzen lassen, ein ewiger Kreislauf. John knöpfte sein Hemd zu, kämmte sich einen Scheitel in seine grauen Haare und ging hinaus.

Es war ein heißer Tag, die Sonne brannte herunter als gäbe es kein Morgen und die Straßen waren wie leer gefegt. Zwei Straßen weiter, wusste John, gab es eine kleine Bar. Er trank eigentlich lieber für sich. Die wilden Zeiten, als er die harten Sachen noch aus den Körperöffnungen der Girls geschlürft hatte, waren lang vorbei, aber die Polizei kannte kein Erbarmen, was das Trinken in der Öffentlichkeit anging und eine Wohnung hatte er nicht mehr, blieb nur noch die Bar.

John ging hinunter, es war verraucht und stank übel nach kaltem Schweiß und Bierfürzen. Ein stämmiger Kerl hockte zusammengesackt an der Bar. Sein Kopf lag in einem Aschenbecher und seine zerzausten Haare klebten in einer Bierlache. Der Barkeeper stand hinterm Tresen und wischte mit einem weißen Tuch in seinen Gläsern herum. „Guten Tag Sir, nehmen sie Platz!“, krächzte er und guckte aus der Wäsche, als wollte er sich für den Zustand seines Ladens entschuldigen. John grummelte etwas und setzte sich neben den schlafenden Kerl. „Scotch!“, sagte er. Dann sagte er einige Stunden nichts mehr. Er saß einfach da, starrte an die Wand und trank. Der Barkeeper schenkte emsig nach und sorgte dafür, dass John nie vor einem leeren Glas saß. Irgendwann als John sein Zeitempfinden längst ersäuft hatte, kippte der schlafende Kerl vom Hocker. Aus einer der hinteren Ecken hörte man gedämpftes Gelächter.

„Ey Kumpel mach dass du hier weg kommst“, jemand drosch John eine große Hand auf die Schulter. „was?“ „Ich hab gesagt, du sollst dich verpissen du Schnapsdrossel. An der Bar sitzen nur Leute, die auch was trinken!“ John hatte seit Stunden nichts mehr bestellt, war auch gar nicht in der Lage dazu, aber diese Dreistigkeit brachte ihn doch in Rage. „Jetzt hör mich mal enau zu du Hosenscheißer“, lallte John und versuchte sich aufzurichten. „Ich hab schon gezecht, als dein Papi noch gar nich auf der Welt war und ich bleib hier....scholang sützen... wie isch wüll!“ Ein rechter Haken traf John so hart in die Rippen, dass er zusammensackte als hätte man ihm ein Loch in die Seite gerissen. Er atmete schwer und spuckte einen Schwall Blut über den Tresen. „Hast du genug alter Mann?“, der Junge grinste Siegessicher zu seinen Freunden hinüber. John griff sich sein Glas und zog es dem Kerl über den Schädel. Von da an ging es drunter und drüber. Die Säufer aus den hinteren Ecken gingen auf die jungen Kerle los und ein paar andere nutzten den Tumult um die Bar zu plündern. Brüllend droschen alle wahllos aufeinander ein, Kneipenalltag. „Ich bin zu alt für so was!“, ächzte John. Er hatte sich irgendwie losmachen können und schleppte sich auf die Straße hinaus. Es war inzwischen Nacht geworden und Zeit sich einen Platz zum schlafen zu suchen.

Er wanderte eine Weile umher bevor er bemerkte, dass er seinen Koffer in der Bar vergessen hatte. Das letzte Geld hatte er dort versoffen und so besaß er jetzt nur noch, was er am Leib trug. Aber es hätte ihn auch schlimmer treffen können. Er könnte verheiratet sein und sich jeden Tag mit so entmannenden Dingen wie Rechnungen und ehelichem Sex rumschlagen müssen. Ächzend schleppte er sich in den Park. Hier war es dunkel und friedlich und bis auf ein paar Nutten, die mit ihren Freiern hierher kamen, hatte man seine Ruhe. Morgen würde er sich nach einem Job umsehen müssen und wieder mal von vorne anfangen, aber darüber dachte John jetzt nicht nach. Etwas raschelte im Gebüsch hinter der Parkbank, auf der er sich ausgestreckt hatte. Eine Katze löste sich aus dem Schatten der Sträucher und trottete zu ihm her. Sie setzte sich vor die Bank, klemmte eine Vorderpfote unter die Brust und begann schnurrend an einer Fischgräte zu nagen. „Nabend Butch.“, John ließ seine Hand von der Parkbank baumeln und Butch drückte seinen Kopf dagegen. „Du bist mir von allen der Liebste Butch, von allen der Liebste..“ Er schlief ein.

 

Hallo Fossey,

der Plot ist alles anderes als neu und manche deiner Formulierungen sind zu umgangssprachlich. Du könntest/solltest/müsstest deinen Text noch stellenweise verfeinern und ein paar eher "ungelenk wirkende Beschreibungen" ändern.

z. B. es polterte und krachte als würde sie der Tür mit Sprengstoff zu Leibe rücken. klingt komisch

oder

versuchte einigermaßen verzweifelt seine Augen in Betrieb zu nehmen klingt sehr komisch

Wenn schon mit einfachen Worten eine einfache Geschichte schreiben, dann aber konsequent. Sonst wirken die Versuche, Abläufe/Begriffe anders oder besonders ausdrücken zu wollen eher bemüht und angestrengt. Da gibt es noch einige andere Stellen in deinem Text, für die das zuträfe.

Insgesamt glaube ich, dass du bei einer konsequenten Linie mehr aus dieser Geschichte machen könntest. Den Schluss finde ich sogar irgendwie ... rührend.

Grüße von Rick

 

re

hoi rick,

hab mir durch den Kopf gehen lassen, was du angemerkt hast. Zuerst wollte ich einfach alles so stehen lassen. Schließlich kam es mir im Schaffensprozess dieser Geschichte eben so in den Sinn und hat damit eine Berechtigung dort zu stehen. Ich dachte, wenn ich da jetzt wie wild drin rumredigiere, damit es einem einzelnen Leser besser gefällt, verfälscht das meine Gedanken und auch die Inspiration, die mich zu dieser Geschichte trieb. Ich weiß nicht, ob das nachvollziehbar ist. Ich dachte eben, sie sollte so roh und unvollkommen bleiben, wie ich sie geschrieben hab.

Allerdings hast du mit deinen beiden Anmerkungen einen Stein ins rollen gebracht und je öfter ich diese beiden Formulierungen las, desto augenscheinlicher wurde, wie sehr sie doch aus dem Rahmen fielen. Also hab ich sie letztlich herausgenommen, ohne mir selbst untreu zu werden. Damit kann ich ganz gut leben und dank dir dafür, daß du mich darauf aufmerksam gemacht hast.

Liebe Grüße

Fossey

 

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