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Ein verfluchter Sommertag
Ein verfluchter Sommertag
Heute ist mal wieder ein herrlicher, sonniger Tag. Ich sitze mit meinen Schreibutensilien im Garten und zerfließe in der Hitze, während ich unsere Katze beobachte. Diese hat es sich unter dem Auto des Nachbarn im Schatten bequem gemacht und döst.
Katze müsste man sein. Die müssen sich nicht den Kopf über einen sinnvollen Beginn einer Geschichte zermartern, während einem die Sonne das eh schon überreizte Epi-Zentrum der Geistesblitze im eigenen Saft schmort.
Aber es ist nunmal ein schöner Sommertag und die Vögel zwitschern munter eine Ode an die grünende und blühende Natur des Vorstadtdschungels.
Die ab und zu vorbeistreifende Brise ist auch eine prächtige Ablenkung von der Sonne. Besonders wenn sie meinen ganzen Schwung Notizzettel mit spielerischer Leichtigkeit im Garten verteilt. Stein drauf - Ruhe!
Trotzdem bleibe ich in meiner kreativlosen Phase stecken. Der Übergang zum Vampir, der die gut gebaute Jungfrau bedroht, fällt mir bei der extremen Sonneneinstrahlung, die mich selbst durch die getönten Gläser meiner Sonnenbrille blendet, nicht ganz einfach.
Vielleicht bin ich deshalb auch nicht ganz unglücklich, als es an der Tür klingelt. Ich öffne und sehe mich zwei älteren Damen gegenüber.
"Guten Tag. Wir kommen von den Zeugen Jehovas."
Ach du Schande. Würde ich sowas in einer Geschichte lesen, schlüge ich die Hände über dem Kopf zusammen.
"Dürften wir Ihnen das hier zum Lesen anbieten?"
Noch bevor ich mich versehe, habe ich ein paar Blätter in der Hand. Gute Miene machen. Lächeln.
"Gerne. Danke schön!", sage ich freundlich und schließe energisch die Tür, bevor sich die Beiden noch selbst auf einen Kaffee einladen können. Naja, was soll´s? Vielleicht finde ich darin ja etwas, das mein Oberstübchen anregt. Also setze ich mich, mit einem neuen Glas Eistee, in meinen Gartenstuhl und beginne voller Hoffnung im "Wachturm" zu lesen.
Eigentlich nicht so übel. Eine Suche. Ein Ziel. Und ein Turm der im Mittelpunkt steht. Stephen King wird mit einer Mords-Copyright-Klage zu rechnen haben.
Verärgert knülle ich die Blätter zusammen und schaue mich suchend nach einer anderen Inspirationsquelle um.
Die Katze liegt immer noch schlafend unter dem Auto. Kann man da nicht etwas draus machen?
Ich blende Gedanken an den gestiefelten Kater und an den Friedhof der Kuscheltiere völlig aus, und beginne frisch von der Leber weg zu schreiben.
Der Anfang gelingt mir ziemlich gut und umso mehr ich schreibe, umso besser gefällt mir das, was ich da grade zustande bringe.
So vertieft nehme ich das bösartige Summen, das sich mir nähert, nicht wahr und registriere den Störenfried erst, als ich ihn in meinem Nacken zappeln fühle. Mehr aus Reflex, als allem Anderen schlage ich zu und zucke gleich darauf zusammen. Im ersten Moment eher Schreck denn Schmerz, aber als ich in meiner Hand die zusammengekrümmte Wespe entdecke packt es mich doch.
Fluchend springe ich auf, mit der Hand im Nacken und suche nach einer Zwiebel, die ich auf die Schwellung drücken kann.
Zurück im Garten sehe ich, dass die Katze mit ihren dreckigen Pfoten über mein frisches Manuskript gelaufen ist und sich nun gemächlich auf meinem 25-Euro-Kugelschreiber räkelt.
Eins weiß ich genau: Und wenn es 50° heiß werden sollte... Morgen sitze ich wieder in meinem Zimmer am Rechner!