Ein verrückter Tag
Oh mein Gott!
Ich krümme mich keuchend zusammen und halte mich gerade noch an einem Baumstamm fest. Es knackt und mein Fingernagel ist hin! Mist! Reicht es denn nicht, dass ich Wehen habe?!
Ich sehe mich panisch um. Da wollte ich doch nur einen Spaziergang im Park machen und jetzt!?
Der Schmerz lässt nach. Ok, ich muss ruhig bleiben. Das war erst die erste Wehe.
Ich lasse den Stamm los und gehe so schnell ich kann den Parkweg zurück. Bitte, du kleines Wesen in meinem Buch, bleib noch etwas drin. Ich laufe, wie ich schon lange nicht mehr gelaufen bin. Nach einigen Metern aber kann ich nicht mehr und bleibe keuchend stehen, die Hände in den Rücken gestemmt. Kein Wunder – in den letzten Monaten bin ich zu einem halben Wal mutiert.
Die Bank – meine vorerst einzige Rettung. Ich setze mich. Wie war das doch gleich mit den Atemübungen gewesen? Die nächste Wehe kommt, scheiß auf die Übungen.
„Ist Ihnen nicht gut?“, fragt plötzlich ein Mann und sieht mich besorgt an.
„Mir ist überhaupt nicht gut! Ich kriege ein Baby!“, fauche ich gereizt.
„Jetzt?“ Er blickt mich schockiert an, während ihm die Farbe aus dem Gesicht weicht.
„Ja, jetzt!“, schreie ich fast. Sind Männer immer so schwer von Begriff? Denkt er, ich keuche hier zum Spaß herum!?
„Ja, dann müssen Sie doch um Himmels Willen ins Krankenhaus!“
Ich seufze. Darauf wäre ich nie gekommen.
„Mein Wagen steht gleich vor dem Park beim Kindergarten. Kommen Sie.“ Er hilft mir auf. Na danke, endlich versteht er. Zusammen eilen wir durch den Park, während einige Spaziergänger uns hinterher sehen. Haben die noch nie eine schwangere leidende Frau gesehen?
„Wir sind gleich da. Bleiben Sie ganz ruhig.“, beeilt der Mann sich zu sagen. Er schwitzt, seine Hände sind nass. Wie soll ich denn ruhig bleiben, wenn er selber kurz vor einem Kollaps steht?! ICH bin doch die Schwangere und nicht er.
Noch nie habe ich mich so sehr gefreut gleich in ein Auto steigen zu können und ihm scheint es genauso zu ergehen. Er öffnet mir die Beifahrertür und drückt mich auf den Platz, wobei mein Kopf unweigerlich an die Autodecke stößt. Ich stöhne vor Schmerzen auf und reibe mir den Kopf, als er die Tür schließt und in Rekordschnelle um das Auto herumläuft.
Wehen, ein kaputter Fingernagel und eine Gehirnerschütterung. Was wird wohl noch kommen?
Dann fahren wir los. Fahren? Na wohl eher rasen. Ich kralle mich in den Sitz – und das nicht nur wegen der nächsten Wehe.
„Wollen Sie mich noch vor der Geburt umbringen!?“ schreie ich, als er quietschend um die Ecke fährt und gerade noch einer Frau, die über die Straße will, ausweicht.
„Jetzt beruhigen Sie sich doch.“ Er grinst. „Später können Sie Ihren Mann anschreien, also sammeln Sie schon mal ihre Kräfte.“
Ich bleibe still. Meinen Mann? Und wenn ich keinen habe?
„Heute müssen Sie eben herhalten!“, knurre ich und mir läuft jetzt schon der Schweiß nur so in Strömen übers Gesicht. Eines ist sicher. Diesen Tag werde ich nicht vergessen.