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Thema des Monats Eine kurze Geschichte der Zeit

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10.12.2002
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Eine kurze Geschichte der Zeit

Willkommen in meiner Gegenwart. Sie wollen die Stirn runzeln oder gar den Kopf schütteln? Lassen Sie das, denn es ist wahr! Schließlich lesen Sie meine Geschichte, und ich schreibe sie in diesem Augenblick. Nun, für mich ist es dieser Augenblick, also jetzt, da ich schreibe. Für Sie vielleicht auch, aber eigentlich befinden Sie sich in meiner Vergangenheit, verändern können Sie nichts mehr. „Und das ist auch gut so,“ um es mit einem bekannten Politiker zu halten, denn meine Geschichte könnte Ihnen missfallen. Und wenn Sie die Möglichkeit hätten, würden Sie als gewissenhafter Bürger bestimmt daran etwas ändern wollen. But always remember: das arme Kind liegt schon im Brunnen zu verfaulen, also lehnen Sie sich brav zurück und lesen Sie einfach weiter.

Was interessiert Sie denn an der schalen Vergangenheit, dass Sie mein Geschreibsel lesen? Haben Sie kein eigenes Leben? Gemein sein kann so schön sein, aber ach, ich verlier mich schon wieder in der Zukunft, wo mich doch dringendere ...

„SARAH! Bleib in deinem Scheisszimmer, bis ich fertig bin, ist das klar? Spiel es einfach noch mal, okay? Und hör endlich auf zu heulen. Ja, später ... später spielen wir was zusammen.“

Gott, dieses Kind! Lebte mit sechs Jahren echt noch in einer anderen Welt. Wo war ich? Nein, wo bin ich, macht mehr Sinn. Muss mich echt konzentrieren, die Tastatur ist dermaßen verklebt, dass ich mich für Schreibfehler entschuldigen würde, wenn ich ein höflicher Mensch wäre. Merken Sie sich an dieser Stelle eines: jede Planung ist fürn Arsch und ich glaube an den Teufel, der da Zufall heisst und einem garantiert IMMER einen Strich durch die Rechnung macht! Und schon hat sich ein weiteres Stückchen Gegenwart in Vergangenheit verwandelt, das wirkt wie Treibsand, glauben Sie mir.

Mit jedem Anschlag der Story wird für mich der Sand tiefer, aber noch sehe ich das Seil, an dem ich mich herausziehen kann. Ob Elke für sich auch ein Seil sah, weiß ich nicht, könnte es mir aber vorstellen. Für sie wars vielleicht der kurze Weg zur offenen Eingangstür, nachdem der teuflische Mr. Zufall sie mich an ihrem Laptop erwischen ließ. Aber nein, meine sportliche Schnelligkeit hatte dieses Seil gekappt.

Die Konfrontation mit ihren perversen Bildern, die ich entdeckt hatte, ließen sie scheinbar unbeeindruckt. Als ob Gruppensex und SM mit fremden Männern ein normaler Teil ihres Lebens waren, aber welcher Teil war ich dann? Sie konnte es mir nicht beantworten, auch ihre Augen nicht, die schnell in Tränen schwammen. Selbst als ich sie ins Bad zerrte und begann, ihr den Hals mit dem Handtuch zuzuschnüren, konnte ich mir auf das Wimmern und Röcheln keinen Reim machen. Unser Kind stand im Flur und plärrte so laut, dass es mit dem Denken ganz vorbei war. Blut war jetzt das einzige, was noch Sinn machte. Also schloss ich die Tür vor Sarah, nahm ein Rasiermesser und schlitzte meiner Frau über der Wanne die Kehle auf. Im Übrigen nicht zur Nachahmung empfohlen, denn Sie werden sich fragen, wozu ein Mensch soviel Blut braucht, und trotz der Brause werden Sie sich gut besudeln.

Jetzt aber wieder ins Jetzt! Muss schließlich fertig werden, bevor das Seil weg ist. Wenn ich ehrlich bin, kann ichs kaum noch sehen, aber was solls? Unsere Zeiten trennen sich nun eh wieder, da kanns Ihnen und mir doch egal sein. Sagen Sie nicht, Sie wollen den Schluss der Geschichte wirklich wissen? Mir als Autor können Sie ruhig glauben, wenn ich es noch einmal wiederhole: meine Vergangenheit ist Ihre Gegenwart, und die lassen Sie am besten ruhen.

„Sarah! Sarah, komm her! Wir gehen jetzt zu Mama, und dann wird alles wieder gut ...“

 

Bin eigentlich der festen Überzeugung, dass guter Horror PLATZ braucht. Trotzdem juckte mich der Ehrgeiz, einen Einseiter abzuliefern. Sozusagen ein Seitensprung meiner üblichen Arbeitsweise :D .

 

Hi Peterchen.

Wirklich eine interessant gewählte Erzählperspektive. Der Anfang war ein wenig gewöhnungsbedürftig, da ich nicht wusste, wohin du wolltest.

„SARAH! Bleib in deinem Scheisszimmer, bis ich fertig bin, ist das klar? Spiel es einfach noch mal, okay? Und hör endlich auf zu heulen. Ja, später ... später spielen wir was zusammen.“
Diese Passage verwirrt, da sie ja eigentlich nicht geschrieben wird. Ebensowenig der Schlusssatz, der mir übrigens sehr gut gefallen hat.

"Meine Gegenwart ist Ihre Vergangenheit"? Hört sich ebenfalls gut an, doch müsste es nicht: "Meine Vergangenheit ist Ihre Gegenwart" heißen?:confused:

Ansonsten hat´s Spaß gemacht.

Gruß! Salem

 

Nabend Salem,

ja ich wusste doch, da ist was wurmendes an dem Ding. Die wörtliche Rede passt irgendwie nicht so richtig zum übrigen Stil, da muss ich mal knobeln, ob ich das berichtige :schiel: .

Und mit dem letzten Satz stimmt auch, er muss andersum.
War halt doch schon später gestern :hmm: , das besser ich mal gleich aus.

Gruß vom Peter

 

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