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Eine nicht alltägliche Truppe

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14.02.2022
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Eine nicht alltägliche Truppe

Eine nicht alltägliche Truppe

Es hatte den ganzen Tag schon geschneit. In der Nacht ließ der Schnee nach. Der alte Birnbaum, der schon über hundert Jahre auf dem Buckel hatte, schüttelte sich. Der Schnee fiel auf den Boden. „He, wir werden ganz naß!“, hörte er eine klägliche Stimme. Als er nach unten sah, traute er seinen Augen nicht. Es war eine seltsame Truppe, die es sich unter ihm breitgemacht hatte. Es waren Gerätschaften aus dem Haushalt. Alle machten einen müden Eindruck. „Wer seid ihr denn? Wo kommt ihr her?“, rief der Baum. Der Backofen erwiderte: „Wir sind die ganze Nacht durchgewandert und auf der Suche nach einem Schlafplatz.“ Der alte Birnbaum überlegte: „Tja, wie wäre es, wenn ihr in unserem Garten eine Pause einlegt? Hier stört euch niemand.“ Auf der Stelle meldete sich der kleine Stoffhund zu Wort: „Hier wohnen doch Menschen. Die werden uns bestimmt vom Hof jagen. Das haben wir alles erlebt. Keiner wollte uns behalten.“ Die Äste des alten Baumes bewegten sich im Wind auf und ab: „Nein, nein. Hier wohnt Oma Paula. Die hat zurzeit ihren kleinen Enkelsohn Sebastian zu Besuch. Der verbringt hier seine Weihnachtsferien. Die werden euch ganz bestimmt nicht fortjagen. Geht einfach hinters Haus, dort steht eine Pergola aus Holz. Da könnt ihr euch ausruhen.“
Die Gans, die sich im Ofen versteckt hatte, schnatterte drauf los: „Macht, was der Birnbaum euch sagt! Morgen werden wir weitersehen.“ Die kleine Gesellschaft trottete durch den Garten. Mit letzter Kraft erreichten sie die Pergola. Hier waren sie fürs Erste vor Wind und Schnee geschützt.

Früh morgens hielt Sebastian nichts in seinem Bett. Auch die Großmutter war schon auf und hatte in der Küche das Frühstück zubereitet. Sie zündete die vierte Kerze auf dem Adventskranz an. „Hast du dich gewaschen und die Zähne geputzt?“, fragte sie ihren Enkel. Dieser stand auf und flitzte ins Badezimmer. Paula schüttelte lachend den Kopf. Was soll's, dachte sie, es ist bald Weihnachten. Nachdem sie gefrühstückt hatten, sauste Sebastian nach draußen in den Garten. Er wollte sein Fahrrad holen, was er am Abend zuvor unter der Pergola abgestellt hatte. Schlagartig blieb er stehen. Wo kamen über Nacht die Geräte hier her? Verdutzt fragte er: „Wer seid ihr denn?“ Der kleine Teddy wischte sich den Schlaf aus den Augen. „Wir wussten nicht, wo wir die Nacht verbringen sollten. Der Birnbaum hat uns erlaubt, hier zu übernachten.“ Verdattert blieb der Junge stehen: „Ihr könnt sprechen?“ Jetzt kam die Gans aus dem Backofen gekrochen. „Ja, das können wir. Der Junge sah sich um. Vorsichtig fragte er: „Was ist mit euch passiert? Wo kommt ihr her?“ Mittlerweile war der alte Ohrensessel aufgewacht und erwiderte: „Uns hat man auf den Müll geworden. Da haben wir uns auf die Socken gemacht und sind fortgelaufen. Wir sind doch noch zu gebrauchen.“ Sebastian schaute auf den Kochtopf, der nur einen Henkel besaß. „Weshalb hat man dich entsorgt?“ Traurig sah der Topf an sich herunter. „Wie du ja siehst, habe ich nur noch einen Griff. Die Leute, bei denen ich lange Jahre war, haben sich neue Töpfe gekauft. Mein Freund hier hat ein Loch im Boden. Deshalb wurden wir in die Mülltonne geschmissen.“ „Mich wollte man fürs Weihnachtsfest schlachten. Da bin ich abgehauen“, schnatterte die Gans. Am Boden lag ein Computer. „Und was ist dir zugestoßen?“ Verschüchtert antwortete dieser: „Ich war den Menschen zu langsam. Alles muss heute schnell gehen. Keiner hat mehr Zeit.“
Plötzlich stand Oma Paula hinter Sebastian. Sie war sprachlos über all die Geräte. Sie fasste sich an den Kopf und schaute auf ihren Enkel: „Sag mal, hast du den ganzen Krempel hier angeschleppt?“ Der Junge wurde verlegen und wusste nicht so recht, was er antworten sollte. Die alte Dame sah sich die Truppe aus der Nähe an. Unbekümmert erklärte der Enkel: „Nein, Oma, die haben sich nur über Nacht ausgeruht. Sie haben mir erzählt, dass man sie auf den Müll geworfen hat.“ Schmunzelnd sah die Großmutter ihren Enkel an: „Soso, du hast mit ihnen gesprochen? Nun, dann wollen wir mal sehen, was wir davon noch gebrauchen können.“ Nie um eine Antwort verlegen erwiderte Sebastian: „Oma, du wolltest doch schon immer einen Backofen für deine Kellerküche haben und ein neuer Computer war dir zu teuer. Jetzt hast du beides. Es ist doch nicht schlimm, wenn der PC etwas langsam ist?“ Liebevoll legte Paula ihre Hand auf die Schulter des Enkels. „Nein, das stört mich nicht. Ich bin doch auch nicht mehr so schnell.“ Den abgewetzten Sessel besah sie sich aus der Nähe. „Einen Ohrensessel wollte ich immer schon mal haben. Den werde ich mit einem weichen Stoff beziehen. Dann sieht er wieder aus wie neu.“ Die Oma bückte sich und öffnete die Ofenklappe. Was ist denn das?“, rief sie. Die Gans hatte sich darin verkrochen. „Komm schon raus, du Federvieh! Dich setzten wir als Wachhund ein.“ Laut schnatternd kroch die Gans aus ihrem Versteck. Mit trübem Blick standen die Kochtöpfe am Boden. „Ihr kommt mir gerade recht. Ich werde euch im Frühjahr mit Blumen bepflanzen und auf die Terrasse stellen.“ Sebastian hob die Stofftiere auf. Oma, darf ich die beiden behalten?“ Die Großmutter strich ihren Enkel übers Haar: „Klar, darfst du sie behalten. Aber zuerst kommen sie in die Waschmaschine.“ Als sie den ungläubigen Blick ihres Enkels vernahm, fuhr sie fort: „Hab keine Sorge, mein Junge. Nach dem Waschgang werden sie wieder wie neu aussehen.“

Alle waren zufrieden, in einem so schönen Zuhause gelandet zu sein. Sie mussten keine Angst mehr haben, dass man sie in die Mülltonne wirft. Sebastian ging mit seinen frisch gewaschenen Freunden ins Bett. Diese nahm er fest in den Arm und schlief selig mit ihnen ein.

 

Wow, jetzt gebührt mir der erste Kommentar für eine frischgebackene Geschichte. Aufregend.
Irgendwie passt die Geschichte in die moderne Upcycling Phase.
Unterm Strich ist mir die Geschichte etwas zu nett und zu gradlinig. Zielgruppe sind zwar Kinder, aber auch die mögen es etwas aufregender. Es gibt keinen wirklichen Konflikt in der Geschichte. Ich hätte es z.b. spannend gefunden, wenn der Junge die Geräte ein paar Tage lang vor der Oma versteckt hätte, Essen für die Gans hätte suchen müssen, oder der Computer außer Rand und Band geraten wäre.
Auch kapieren Kinder ja schnell, dass die Oma zwar nett ist, aber es schon unrealistisch ist, sich allerlei Gerümpel ins Haus zu holen. Was soll die Oma mit ner Gans? Was würde passieren, wenn noch mehr Gerümpel käme.

Ich habe mich ein bisschen an die Bremer Stadtmusikanten erinnert gefühlt, sicher Absicht. Vielleicht kann man da was klauen?

Der letzte Absatz mit den Kuscheltieren ging mir zu schnell.
HTH,
bruegge

 

Guten Morgen Bruegge,

zunächst einmal herzlichen Dank für dein Feedback.
Nun, bei der Geschichte hatte ich nicht die Bremer Stadtmusikanten im Kopf. Diese Geschichte habe ich in nur zehn Minuten zu Papier gebracht.
Als Außenstehender sieht man die Dinge immer anders. Ich mag konstruktive Kritik. Diese bringt mich weiter.

Liebe Grüße Aledi

 

Hallo Aledi,

Eine schöne Idee für eine Geschichte! Und so wichtig, Kindern dieses Bewusstsein mit auf dem Weg zu geben und die Erwachsenen daran zu erinnern!
Sehr schön, wie du beschreibst, wie die alten Sachen wieder zu Wert kommen. :-)

Für mich als Leser wäre es stimmiger, wenn ich mit einer Figur von Anfang bis Schluss mitfühlen könnte. Erst ist es der alte Birnbaum, der aber dann gar nicht mehr relevant ist für die Geschichte, als dann der Junge kommt. Du könntest die Geschichte zum Beispiel mit dem Jungen beginnen lassen, wie er die Geräte entdeckt. Das wär für mich persönlich runder.

Oder ganz aus der Sicht der Geräte, aber dann wärst du wirklich bei den Bremer Stadtmusikanten. ;-)

Falls du weiterhin mit dem Birnbaum anfangen möchtest, fände ich es schön, wenn er dazwischen auch mal vorkäme und auch das Schlusswort hat, dann wäre er sowas wie der Märchenerzähler.

Als er nach unten sah, traute er seinen Augen nicht. Es war eine seltsame Truppe, die es sich unter ihm breitgemacht hatte. Es waren Gerätschaften aus dem Haushalt. Alle machten einen müden Eindruck.
Das musste ich mehrmals lesen, das war für mich ein rechter Bruch. Wie Gerätschaften? Hatte erst nicht realisiert, dass es ein "Märchen" ist.
Du könntest sein "den Augen nicht trauen" noch etwas ausbauen, seiner Verwunderung noch mehr Raum geben. Drum meinte ich auch mit der Entdeckung des Jungen anfangen, da kann man emotional mehr mitgeben.
Aber das mag anderen anders gehen.

Liebe Grüsse, Akelei

 

Guten Tag Akelei,

ich freue mich, dass dir meine Geschichte im Großen und Ganzen gefallen hat. Für Kritik bin ich immer zugänglich. Nur durch konstriktive Kritik kann man auch etwas lernen.


Liebe Grüße Aledi

 

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