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Eine Schreckensnachricht aus Germanien

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15.01.2005
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Eine Schreckensnachricht aus Germanien

Simone und Birgit sitzen ganz vorn in der ersten Reihe, auf dem Tisch und mampfen selbstgebackene Blaubeermuffins, während wir alle auf den Dozenten warten. Ich sitze hier, weil ich muss und auch sonst nicht wüsste, was ich mit der Zeit anfangen sollte. Simones Vater ist Lateinlehrer und sie uns meistens eine Lektion voraus. Ich knetsche etwas zu laut auf dem bereits ausgekautem Kaugummi herum und teile dem Verantwortlichen allein über meine Mimik mit, dass ich mich nicht freiwillig für den Kurs entschieden habe.

Streiche mir ständig mit den Fingern durchs Haar und über meine Lippen. Ich überbrücke Zeit. Schlage sie tot. Schon seit zwei Ewigkeiten und warte. Erst auf das Ende, dann auf den Bus und später darauf, dass ich endlich einschlafe.
Ich warte auf eine Nachricht von ihm und nur ein kleines Stückchen Glück, das vom Himmel fällt - mir direkt zu Füßen. Auf die Post, den nächsten Regen und Schuhe in Regenbogenfarbe.
Ich warte auf den nächsten Rauschzustand, auf Morgen und Gestern. Eine ganze Nacht mit Bier und fettigem Haar - berauschender Musik und genug Zigaretten, die mir die Zunge teeren. Jemand, der mich packt und nicht mehr los lässt.
Ich warte auf bessere Zeiten. Mit grün lackierten Fingernägeln und einer Packung Schokokeksen in der Tasche.

Der Dozent bittet nachdrücklich um einen Freiwilligen für die Übersetzung Einer Schreckensnachricht aus Germanien. Simone verrenkt sich halb den Arm, vom vielen Melden, während ich nur stur den Bleistift spitze und mit meinem Holzperlenarmband spiele.

Immer schräg am Anspruch vorbei. Ich starre Löcher in die Luft und will ab Freitag schwimmen gehen.
Vielleicht ja dann auch zwei Mal in der Woche. Ich werde nebenbei arbeiten und viel mehr lesen. Nur noch die richtigen Dinge. Oder ich lerne Schlagzeug spielen und rasiere mir die eine Hälfte Haare ab. Ich könnte Aufstand schlagen und dann die Welt verändern, allen Ungerechtigkeiten trotzen. Egal. Nur machen.

Die ersten hält es nicht mehr auf den Stühlen, die letzten Bahnen warten nicht. Der Dozent bringt uns unbeirrt weiter altrömisches Kulturgut nah. Simone sitzt noch immer in der ersten Reihe. Die Hände vor sich ineinander gefaltet, eifrig seinen Worten lauschend. Ich packe meine Sachen in die Tasche und ziehe los. Genug gewartet.

 

Hallo Tryzna,

ein Text vom eigenen Überdruss, immer planen, nichts umsetzen, morgen ist ja auch noch ein Tag. Ob Prot wirklich in ein anderes Leben zieht, bleibt abzuwarten.
Ein bisschen vermisse ich das, was den Tagebucheintrag zu einer Geschichte erhebt, den Grund, warum du es erzählst und warum ich als Leser es lesen muss.

Lieben Gruß, sim

 

ja, ich kann dir da nur zustimmen. ich muss mich noch ein wenig blog-entwöhnen. das ganze beim nächsten versuch, besser umsetzen.

:) trotzdem danke.

 

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