Was ist neu

Eine verzweifelte Seele

Mitglied
Beitritt
22.10.2012
Beiträge
5

Eine verzweifelte Seele

Der Teufel ist unter uns. Erbitternd und gewaltig zugleich. Es herrscht Krieg. Ganz nah ist er schon, aber noch so fern. Er wütet übers Land. Wo er hingelangt, verbreitet er Angst und Schrecken. Das Entsetzen ist groß. Die Menschen fliehen. Furcht spiegelt sich auf meinem verzerrten Gesicht wider. Denn… Jederzeit könnte er auch hierhin kommen. In unsere Stadt. Über uns sind Flugzeuge. Die Warnsignale waren oft wochenlang zu hören. Doch nichts passierte. Bis jetzt. Das große Donnern steht kurz bevor. Der riesige Knall wird kommen. Wenn nicht heute, dann morgen.
Und so war es dann auch. Die Bomben fielen, wie gewaltige Hagelkörner vom Himmel. Es gab kein Entrinnen. Niemand war mehr sicher. Tagelang herrschte absolutes Chaos. Panik brach aus. Die Menschen liefen, wie Ameisen furchtsam umher. Und dann… ganz plötzlich. Totenstille. Nichts war zu hören. Kein Bom-beneinschlag. Kein Geschrei. Nicht einmal ein Flüstern. Es war fast so, als ob die Welt stehen geblieben wäre. Für ein paar Minuten. Nach einer gefühlten Ewig-keit traute man sich aus den Bunkern nach draußen. Die Menschen standen auf den Straßen und wurden ganz bleich. Denn… Von diesem Moment an gab es nichts, wofür es sich gelohnt hätte, zu leben. Alles um sie herum lag in Trümmern. Der Wind trug die Asche mit sich fort. Die einen waren gezeichnet. In den Gesichtern sah man nichts als Angst, Furcht und Verzweiflung. Die anderen wa-ren fort. Sie sind gegangen. Und jetzt? Jetzt stellt man fest, der Krieg hat sich alles genommen.
Auch von mir nahm er sich alles: meine Familie, mein Zuhause, meine große Lie-be. Einen Mann, der fortging, um als Soldat seine Pflicht zu erfüllen. Nun ist er tot. Er kam nach Hause. In einem Sarg. Entzwei brach dann nicht nur mein Herz, sondern ebenfalls meine Welt. Mir wurde klar, ich bin von diesem Augenblick an… Ganz allein. Er wird nicht wiederkommen. Das macht mich traurig. Sehr traurig. Denn… Ich werde ihn nie mehr spüren. Ihn nie mehr sehen. Dies ist schlimmer als der Tod. Jeden Abend weine ich mich in den Schlaf. Er fehlt mir so sehr. Ich kann nicht essen, nicht trinken. Ich bin verzweifelt. Ich kann ohne ihn nicht leben. Der Schmerz ist unerträglich. Für mich. Die Kraft zum Leben fehlt mir. Ich liege auf meinem Bett. Ich schließe die Augen. Ich sehe ihn. Ganz deutlich. Er reicht mir die Hand. Es herrscht Dunkelheit. Mein Leben ist vorbei.

 
Zuletzt bearbeitet:

Herzlich willkommen hierorts,

liebe Persephone –

wie mag es angehn, so frag ich mich in der Gegenüberstellung Deines Namens mit dieser Geschichte hier vor Ort, dass die Königin der Unterwelt, Gatte des Hades (dessen Name die Unterwelt trägt, was demnach unserer Hölle entspräche), wie kann es angehn, dass sie nicht nur eine „verzeifelnde Seele“ hat, sondern ist? Persephone ist Tochter der Demeter, der Erdgöttin, die für Fruchtbarkeit und Wachstum steht, und verbringt eine Jahreshälfte mit der Mutter und die andere mit dem Gatten. Der Name Persephone symbolisiert somit Blüte & Verblühen, Werden & Vergehen!

Es mag angehn, wie's ja auch die ursprünglich friedensbewegten Grünen waren, die für einen blödsinnigen Militäreinfall auf dem Balkan in den 1990-er Jahren stimmten (der Name Fischer wird nun sicherlich keinem Friedensengel mehr zugesprochen werden) und nach der Jahrtausendwende Afghanistan mit verbockten (wessen Freiheit wird da am Hindukusch verteidigt?, eine Frage, über die selbst Bundespräsidenten stolpern können)

Der Teufel ist unter uns
heißt es am Anfang Deiner kleinen, wie ich finde melancholischen Skizze.
Was wohl wahr ist und doch nur halbwahr, wenn der Teufel unsere dunkle Seite symbolisiert, die wohl selbst ein Heiliger mit sich trägt, wenn er sie auch besser im Griff hat als andere. Aber schon die folgende Partizipbildung

Erbitternd …
riskiert viel, zu viel, wie ich meine. Es stammt ab vom Adjektiv „bitter“ und somit vom scharfen, den meisten widerlichen Geschmack, der freilich hier im Widerspruch zum Schluss dieser kleinen Skizze führt, denn „erbittert“ ist derjenige, der mit Groll erfüllt ist und Zorn verspürt, also gegen ankämpft, hier aber ist der Lebenswille gebrochen, nichts spürt man vom Kampf gegen das Böse. Und das beginnt nicht erst dann, wenn der Mann in den Krieg zieht, seine Pflicht zu erfüllen und als Sache (Leichen wird nach bürgerlichem Recht der Personenstatus aberkannt)… Selbst Adolf Eichmann glaubte, nur seine Pflicht zu tun!

Wie sang schon Wolf Biermann 1965 bei Wolfgang Neuss:
„[…]
Soldaten sind sich alle gleich / Lebendig und als Leich. //
Soldat, Soldat wo gehst das hin
Soldat, Soldat wo ist der Sinn
Soldat, Soldat im nächsten Krieg
Soldat, Soldat gibt es kein Sieg
Soldat, Soldat die Welt ist jung
Soldat, Soldat so jung wie du
Die Welt hat einen tiefen Sprung
Soldat, am Rand stehst du. //[…]" - was den Schmerz des Protagonisten sicherlich nicht mildern wird.

Gruß

Friedel

 

Ich muss sagen, dass ich den Stil mag. Die kurzen abgehackten Sätze lassen das Gefühl einer kommenden Bedrohung aufkommen und der Satz "Der Teufel ist unter uns" schreit geradezu nach Spannung. Kurze Sätze = Spannung.

Allerdings scheint diese Geschichte keine Spannung zu brauchen. Daher würde ich empfehlen manche Sätze zusammen zu bringen. So haben sie die Möglichkeit die Stimmung einer Nachkriegswelt zu tragen. Zum Beispiel

Der Schmerz ist unerträglich. Für mich.
Alleine hier hätte man auf den Punkt verzichten können. Generell wirkt das abgehackte im letzten Abschnitt zu viel. Es zer-hackt im wahrsten Sinne des Wortes die Stimmung.

Entzwei brach dann nicht nur mein Herz, sondern ebenfalls meine Welt.
Netter Satz, aber er scheint nicht ganz zur Stimmung zu passen. Während alles abgehackt wird, ist dieser Satz arg poetisch. Entzwei ist zudem ein Wort, das eine Teilung in zwei Teile impliziert und nicht Zerstörung. Daher würde vielleicht etwas wie "zerspringen" oder "bersten" besser passen, zumal das Adjektiv (ist es ein Adjektiv?) am Anfang des Satzes unpassend ist.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom