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Einfach so

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19.10.2006
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Einfach so

Gewidmet an Niklas

Es ist schon dunkel, als wir ankommen und die Stimmung ist ziemlich bedrückend. Eigentlich sollte das unser Abend werden, wir fünf und niemand sonst, so wie früher. Aber weil David seine Freundin mitbringen wollte und keiner von uns diese wirklich leiden kann, wird das wohl nichts. Zumindest scheint es momentan so. Ob es die gesellschaftliche Moral ist, die uns davon abhält, das zu tun, was wir unter uns tun würden, wenn Anna nicht dabei wäre, oder ob es einfach daran liegt, dass es schon zu lange her ist, dass wir wirklich alle zusammen waren, statt nur zu zweit oder zu dritt, weiss ich nicht. Abwarten, mehr fällt mir dazu nicht ein.
Jetzt sitzen wir im Park, es wird über oberflächliche Themen gesprochen, die keinem von uns nahe liegen. Anna scheint gemerkt zu haben, dass sie unerwünscht ist, räuspert sich und zieht sich noch mehr zurück, als sie es vorher schon getan hat, falls das möglich ist. Niemand weiss etwas zu sagen, nicht einmal Markus, der selbst auf einer Beerdigung für beste Laune sorgen kann. So verharren wir eine ganze Zeit, meistens schweigend und darauf hoffend, dass der andere etwas sagt.
Nach einer Weile öffnen wir die Flasche Korn und den Eistee. Wir trinken, schweigen uns weiter an und trinken wieder. Nachdem die Flasche leer ist, wird auch der Whisky geöffnet, ich mag das Zeug nicht, aber weil es verdammt kalt ist, und der Park nicht unbedingt die nötige Wärme bietet, trinke ich trotzdem. Da Chris kaum etwas trinkt, bleibt für uns vier, und Anna etwas mehr über. Anna ist es unangenehm, mit uns zu trinken, man sieht es ihr an, es ist zu offensichtlich, doch David macht ihr Mut, so dass auch sie einige Schlücke nimmt.
Ich weiss nicht, wie viel Zeit vergeht, wir sind, bis auf Chris, alle recht angetrunken, als ich mich das Bedürfnis überkommt, etwas zu tun.
Ich möchte reden, die Stimmung heben, etwas Sinnvolles sagen, was auch immer. Hauptsache irgendwas. Aber nicht ich bin es, der das Eis bricht, sondern Vicki.
„Ich mag dich nicht. Keiner von uns mag dich, Anna.“
Das hat gesessen. Wir sind alle überrascht über das gerade Gesagte und Niemand weiss, was er tun kann, um dem nichts hinzufügen zu müssen.
Selbst der neben Anna sitzende David sitzt nur so da und schaut auf seine Hände runter, tut so, als würde er sich irgendwas abkratzen, aber ich weiss, dass dort nichts ist.
Vicki nimmt gelassen noch einen Schluck Whisky, als sei nichts geschehen.
Anna scheint einerseits verwirrt und geschockt über die Aussage zu sein, andererseits aber macht sie den Eindruck, als hätte sie damit gerechnet, dass dieser Satz an diesem Abend gesagt werden würde.
Chris sitzt neben mir auf dem Rasen und schaut abwechselnd von Anna zu Vicki und wieder zurück, Markus tut es ihm nach. Sie erwarten wohl so etwas wie einen Kampf oder eine Prügelei.
Ich starre Anna an, wohl eher unbewusst, und plötzlich sieht sie mir in die Augen und ich muss gestehen, ich schäme mich. Ich schäme mich dafür, dass ich sie nicht mag, und sie weiss es. Ich fühle mich schlecht, psychisch als auch physisch. Vor allem aber physisch. Noch immer sieht sie mich an, ich öffne den Mund, möchte etwas sagen, doch sage ich keinen Ton.
Als sei es das Natürlichste auf der Welt, stehe ich auf, gehe zu ihr und meine Beine bewegen sich fast wie von alleine, ich lege ihr meine Hand auf die Schulter und bin fest davon überzeugt, dieses Mal etwas sagen zu können, doch das nächste, was ich spüre, ist die bittere Flüssigkeit, die mir hoch kommt. Ich will mich zurückhalten, mich umdrehen, doch bevor ich das kann übergebe ich mich und Anna schreit und springt zurück, aber man kann schlecht springen, wenn man sitzt, also versucht sie auszuweichen, so gut es geht, um nicht von meinem Erbrochenen übergossen zu werden, doch es ist zu spät, viel zu spät, ich habe sie angekotzt. Sie weint und schreit und es ist mir so unendlich peinlich, ich schäme mich, wie ich es noch nie zuvor in meinem Leben getan habe und ich frage mich, was jetzt passieren wird, wird sie gehen oder bleiben oder werden wir alle gehen und wird sie jemals wieder mit mir reden? Doch bevor ich diese Gedanken, diese Fragen, ordnen kann, höre ich etwas.
Jemand lacht und lacht und scheint nie wieder damit aufhören zu wollen. Es ist Markus, wer sonst? Und auch auf Vickis Gesicht stielt sich ein kleines Grinsen, ich bin verwirrt, schaue zu Chris, der mich genauso perplex anstarrt.
Ich verstehe nicht, was vor sich geht, und auf einmal fängt auch David an zu lachen, statt sich um Anna zu kümmern, sie weint doch.
Chris schliesst sich den anderen an, wir leben schließlich in einer Demokratie, und da entscheidet die Mehrheit, was zu tun ist.
Markus lacht aus tiefstem Herzen und röchelt bereits, weil er keine Luft mehr bekommt, David liegt auf dem Rasen, und weint Freudentränen, Chris´ Oberschenkel müssen bereits rot angelaufen sein, so oft, wie er drauf haut und Vicki sitzt mit der Flasche in der Hand mir gegenüber, legt langsam den Kopf in den Nacken und lacht.
Und dann begreife ich.
Es überkommt mich einfach, auch ich lache, das Warum oder Weshalb ist hier nicht wichtig, es wird nicht danach gefragt. Wir sind hier, das zählt und was wir daraus machen. Wir hätten wohl auch genauso gut alle zusammen weinen können, doch Lachen, so wie damals, ist das Etwas, das uns gefehlt hatte, vielleicht hat der ein oder andere es schon vergessen, Vicki bestimmt nicht, aber das ist auch nicht wichtig, denn es ist wieder da, es ist hier und es ist jetzt. Und ich wünsche mir, dass es für immer bleiben könnte.
Ich weiss nicht wie lange wir so hier gesessen und gestanden haben, doch Anna ist schon längst nicht mehr da und Markus hat sich mittlerweile hingesetzt, denn seine Knie werden immer schwach vom Lachen. Vicki steht auf und setzt sich neben mich, sie riecht stark nach Whisky.
„Du weißt genauso gut wie ich, dass das hier nicht für immer ist. Also genieß´ es, Roy, irgendwann ist es vorbei.“
Sie haucht mir einen Kuss auf die Wange und das war´s. Ich weiss nicht, was ich ihr hätte antworten können, ich nicke nur und biete ihr eine Zigarette an, sie muss mich wohl für ziemlich beschränkt halten. Ich beobachte Markus und Chris noch eine Weile, wie sie sich auf David stürzen, sich raufen und Vicki drohen, dass auch sie gleich dran sei und als ich mich über sie alle lustig mache, wollen sie auch auf mich losgehen, doch ich weiche aus und dann gehe ich.
Ich gehe und genieße und hoffe, dass unser Jetzt doch nicht ganz so schnell vorbei ist.

 

Hallo DaDiLa

Ich finds ja echt mies, wenn man auf Kosten anderer lacht, und die nicht mitlachen können, aber ich MUSSTE einfach lachen:shy:

Wie du das peinliche Schweigen beschreibst, weil jemand die Vertrautheit stört, finde ich spitze. Ich kann es förmlich spühren.

In der Mitte, als Anna dem Prot. in die Augen sieht, da finde ich, schwächelt es etwas. Der Prot. macht sich viele hochstehende Gedanken, aber irgendwie fehlt in diesem Teil... was pfiffiges. Ich kann da wohl die Gefühle des Prot. verstehen, aber ich spühre sie nicht mehr...

Ja, und der Schluss ist einfach nur gemein und lustig... Vielleicht ein bisschen lang.

Toll finde ich, dass eigentlich, obwohl doch Anna die Stöhrende war, die "alten Zeiten" ihretwegen wieder kamen...

Gern gelesen

Grüsse

Juddl

 

Hallo Juddl,

danke fürs Lesen, es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat. damit hab ich eigentlich nich gerechnet, denn ich habe niedergeschrieben was ich so gedacht hab, einmal drüber gelesen und hab sie dann einfach ins Netz gestellt. Nunja jetzt hab ich es mir nochmal angeguckt, und dafür, dass er so angetrunken ist macht der Prot sich wahrscheinlich wirklich ein bisschen zu viele Gedanken als sie sich in die Augen sehen...
Ich werd´s gleich mal ändern.
Vielen Dank für deine Kritik! =)
greez
DaDiLa

 

Hej DaDiLa,

die Momentaufnahme dieses Abends ist gut gelungen. Meine Auffassung: ein Trupp ehemaliger Freunde (oder auch nur Schulkameraden) trifft sich nach längerer Zeit (Warum??), es ist eine dabei, die nicht dazugehört, der Prot kotzt sie an und darauf ist die Gemeinsamkeit des Trupps wieder da.
Nur fehlt mir zugegebenermaßen ein bisschen mehr Nähe zum Prot, um hinter den Grund der Geschichte zu kommen. Auch seine Schlussfolgerung würde ich gern besser verstehen. Woher kommt der Wunsch, dass das Jetzt, das ihm eben noch so peinlich war, vielleicht doch nicht ganz so schnell vergeht?

Obendrein schreibst Du sehr lange und verschachtelte Sätze, die mir mit der wenig gegliederten Formatierung der Geschichte ehrlich gesagt das Lesen reichlich schwer machen.
Vielleicht schaust Du mal, dass Du ein paar mehr Absätze machst und einige Sätze trennst, dann muss man nicht am Ende des Satzes den Anfang überlegen ;);)

Ein Beispiel:

Ob es die gesellschaftliche Moral ist, die uns davon abhält, das zu tun, was wir unter uns tun würden, wenn Anna nicht dabei wäre, oder ob es einfach daran liegt, dass es schon zu lange her ist, dass wir wirklich alle zusammen waren, weiss ich nicht.

Eine Idee dazu:

Ich weiß nicht woran es liegt, dass Annas Anwesenheit uns davon abhält, zu tun was wir unter uns tun würden. Ist es die gesellschaftliche Moral? Oder ist es einfach schon zu lange her, dass wir wirklich alle zusammen waren?

Wobei ich ehrlich gesagt den Zusammenhang zwischen Annas Anwesenheit und der Zeit zwischen dem letzten und diesem Treffen nicht nachvollziehen kann.

Sprachlich find ich die Geschichte ansonsten gut gelungen, Du schaffst es, den Trupp Freunde in wenigen Sätzen recht deutlich zu charakterisieren.
Mir ist nur ein Zeitsprung im Satz aufgefallen:

Ich weiss nicht, was ich ihr hätte antworten können, ich habe nur genickt und ihr eine Zigarette angeboten, sie muss mich wohl für ziemlich beschränkt halten.

... ich nicke nur und biete ihr eine Zigarette an, ...

Liebe Grüße
Tamlin

 

Hallo Tamlin,
zu erst einmal möchte ich dir danken, dass du dich so sehr mit meiner Geschichte auseinander gesetzt hast. Leider hab ich das Problem, dass ich etwas mit einem bestimmten Gedanken niederschreibe, es aber vom Leser ganz anders aufgenommen wird, als ich es wollte. Dass alle zusammen etwas gemacht haben, war eher so gemeint, dass sie sich immer zu zweit oder zu dritt treffen, aber sie haben selten Zeit, sich alle zusammen zu treffen. Ich werdemich da auf jeden Fall noch einmal dransetzen, denn es macht wirklich den Eindruck, als hätten sie alle lange gar nichts mehr miteinander zu tun gehabt.
Nunja ich wollte den Prot als jemand nachdenklichen darstellen, allerdings ist mir auch das wohl nicht ganz so gelungen.
Dass die Sätze meist verschachtelt sind, ist zum einen Absicht, weil es meist eine Anreihung kleiner Ereignisse gibt, und zum anderen ist das einfachmein gewohnter Schreibstil, was man z.B. an diesem Satz merkt ;-)
Dein Vorschlag, den satz umzuändern, muss ich leider ablehnen, obwohl es sich gut liest, aber das passt einfach nicht zu meinem Schreibstil =)
Ich danke dir auf jeden Fall für die Kritik!

Und danke, Juddl, ich war mir da nicht so sicher, was richtig ist, und hab einfach das stehen gelassen, was sich besser anhörte. Jetzt hab ich es aber verbessert =)
Greez,
DaDiLa

 

Hallo DaDiLa,

eine nette Geschichte. Obwohl sie nicht besonders lang ist, schaffst du es, dem Leser ein Gefühl zu geben, als wenn man im Geschehen drin ist. Das ist, mMn, schon ne Leistung. Dein Schreibstil ist zwar durch die verschachtelten Sätze etwas eigenartig, aber ich finde, dass er zu der Situation in der Geschichte passt. Allerdings finde ich, dass du den Prot ruhig dem Leser etwas näher hättest bringen können...
Ansonsten sehr gerne gelesen.
Lg, Engelchen

 

Hallo Engel92,
vorweg erstmal danke fürs Lesen.
Öhm, dass mein Schreibstil eigenartig ist, liegt nahe, es ist schließlich mein Schreinbstil :D

Allerdings finde ich, dass du den Prot ruhig dem Leser etwas näher hättest bringen können...
Hast du ein Beispiel Wie?

Ansonsten danke für die Kritik und es freut mich dass du die Geschichte doch ganz nett findest.
Greez,
DaDiLa

 

Hallo DaDiLa,

Ja, es geht doch nichts übers Kotzen, wenn es darauf ankommt, einer Situation die Verspanntheit zu nehmen. ;)

Ein kleiner Fehler vorweg:

Ich fühle mich schlecht, psychisch als auch physisch.
Ich glaube, ein "sowohl" ist hier nötig. (...sowohl psychisch als auch physisch.)

Deine Geschichte hat mir ziemlich gut gefallen. Es gelingt dir einfach, die passenden Worte zu finden, um aufzuzeigen, was zwischen den Freunden vorgeht.
Verbesserungswürdig finde ich allein die Passage nach:

Jetzt sitzen wir im Park, es wird über oberflächliche Themen gesprochen, die keinem von uns nahe liegen.
Da könntest du ein bisschen näher ans Geschehen heran gehen, ein paar Gesprächsfetzen einbauen. Das würde dann auch erlauben, die einzelnen Personen etwas schärfer zu zeichnen. Allerdings wäre die Geschichte dann wohl ein klein wenig länger - ist wahrscheinlich Geschmackssache.


Gruß,
Abdul

 

Hallo DaDiLa,
mir hat diese Momentaufnahme im Park auch gut gefallen. Allerdings kann ich Davids Reaktion, als seine Freundin angegriffen wird, nicht so ganz verstehen. Normalerweise hätte er doch seine Freundin verteidigen müssen. Also, wenn mein Freund sich so verhalten hätte, und sogar noch mit gelacht hätte, den hätte ich sonst wohin geschickt.

Zur besseren Übersichtlichkeit würde ich noch ein paar Absätze einfügen.
Manche Kommata fand ich überflüssig, an einigen Stellen fehlten sie.
Bei der Szene, wo sie die Flaschen aufmachen, hast du ein bisschen zu oft das Wort "trinken" benutzt.
Auch das Wort "wohl", das eh nur ein überflüssiges Füllwort ist, kommt oft in deinem Text vor.
"Wir alle sind überrascht über das gesagte... "Gesagte"

Wie schon gesagt, gerne gelesen.
LG
Blanca

 

Hallo Blanca
Ich habe jetzt ein paar Absätze eingefügt, ich hoffe das reicht erstmal. =)

Allerdings kann ich Davids Reaktion, als seine Freundin angegriffen wird, nicht so ganz verstehen
Der Prot selbst versteht sie auch nicht, allerdings ist dieses Lachen ja eigentlich weniger ein Auslachen und mehr ein Mitlachen (mit den anderen).

Also, wenn mein Freund sich so verhalten hätte, und sogar noch mit gelacht hätte, den hätte ich sonst wohin geschickt
Verständlich :D

Es freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat, danke fürs Lesen und für die Kritik =)
Greez,
DaDiLa

 

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