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01.05.2006
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So, nun stehe ich hier wieder. Im Supermarkt, der in der Ludwigstraße, dort wo sie die Herrmannstraße kreuzt, oder die Petersstraße? Eigentlich weiß ich gar nicht welche Straße das ist. Ich denke ich sehe nach, wenn ich hier raus bin. Wenn ich hier raus komme...
Jeden Tag stehe ich hier an der Kasse. 5 Leute vor mir. Die meisten kenne ich. Die Frau da, die Zweite in der Schlange, die kommt einmal in der Woche her. Hat immer einen voll beladenen Wagen und die ganz teuren Produkte, die legt sie immer oben drauf. Soll’n ja alle sehen, dass sie nicht den 2 Mark, sondern den 10 Mark Wein kauft. Die wohnt bestimmt in den teuren Eigentumswohnungen um die Ecke.
Und der junge Mann vor mir, den seh’ ich auch oft, hat den ganzen Korb voller Bier und nur so ungesundes Zeug, Chips und... und was ist denn das? Sogar ein unanständiges Magazin. Oh, jetzt dreht er sich um, ich schaue lieber schnell weg, er soll ja nicht denken, dass ich mich in anderer Leute Sachen einmische... Wenn ich’s so recht bedenke, die Polizei, die letzte Woche vorm Haus gegenüber stand, die wollten doch bestimmt zu ihm. Der tut zwar immer so freundlich, aber wer weiß denn wie Kriminelle heutzutage schon aussehen, da hört man doch immer wieder was. Es könnte jeder sein, die Nachbarn, oder, oder der Postbote. Obwohl, nein der Postbote glaub ich nicht, der lächelt mich immer so nett an, wenn er meine Briefe bringt.
Noch 3 Menschen vor mir. Ja, der Supermarkt. Ich komme gern hierher. Eigentlich jeden Tag, um mein Essen zu kaufen. Ich mein’, ich könnte mir das Essen ja auch liefern lassen, aber, wer weiß, was die ins Essen alles so rein tun, da hab’ ich ja schon die grausigsten Geschichten gehört, dass mal jemand einen Fingernagel im Essen gefunden hat. Ja, stellen Sie sich das doch mal vor. Ich sitze gemütlich beim Essen und auf einmal habe ich einen Fingernagel im Mund, was ist denn, wenn ich mich daran verschlucke und ersticke...? Nein, da mach ich mir mein Essen doch lieber selbst und gehe das kleine Stück zum Supermarkt, jeden Tag. Das schaff’ ich noch ganz gut.
Ich mein’, ich brauche ja nicht viel, so’n bisschen Milch und Butter, aber auch Obst, das ess’ ich eigentlich gar nicht so gerne, aber sonst denkt die Kassiererin noch, dass ich mich zu ungesund ernähre. Manchmal kauf ich auch ’nen Schnaps, aber den versteck’ ich dann ganz unten im Korb, damit die anderen Leute nicht denken, dass ich trinken würde.
Naja, heute brauch’ ich mir darüber keine Gedanken zu machen, heut ist das anders. Da hab ich auch mal den 10 Mark Wein gekauft und stolz oben auf den Korb präsentiert, ja, da kann die liebe Frau mal sehen, ich kann mir das auch leisten. Und eingekauft habe ich heute auch viel, denn meine Tochter kommt ja zu Besuch! Und wenn ich dann mit meinem voll gepackten Wagen an die Kasse komme, wird die junge Kassiererin sagen: „Frau Schmidt, da haben sie aber ordentlich eingekauft“, und ich werde antworten: “Ja, ich koche heute groß, meine Tochter besucht mich heute.“ „Und eine gute Flasche Wein haben sie da“, wird sie dann sagen und ich werde stolz antworten: „Für meine Tochter nur das Beste:“, dann werde ich ihr einen tröstenden Blick zuwerfen, weil sie ja nicht dabei sein kann.
Nun bin ich an der Reihe. Die Kassiererin tippt meine Waren ein. Sie sagt nichts. Ich bezahle. Sie sagt noch immer nichts, verzieht keine Miene. Ich gehe.
Wie unhöflich! Nun gehe ich Tag für Tag hier einkaufen und kenne sie nun schon seit 5 Jahren und die sagt keinen Ton. Die ist doch bloß neidisch, sie bekommt auf jeden Fall keine Weihnachtskarte von mir, das heißt, wenn ich welche schreiben würde. Aber sie kann sich zumindest auf ein frostiges „Guten Tag“ gefasst machen, wenn ich wiederkomme! Die sind ja alle nur neidisch!
Naja, nun schlepp ich die schweren Beutel die Treppen hoch, meine Güte, irgendwie fiel mir das auch mal leichter. Die Treppe knackt schon unter der Last. Aber besser die Treppe, als meine Knochen, denke ich manchmal.
Nun bin ich in meiner Wohnung angekommen. Ich habe soweit alles vorbereitet, nun muss ich nur noch warten. Ich habe mich ganz dich an die Tür gesetzt, denn manchmal kann ich es schon gar nicht mehr unterscheiden, ob es an der Tür oder in meinen Ohren klingelt.
Ich frag mich wann sie kommt, ich könnte ja was lesen, aber ich werde davon so schnell müde und ich will ja nicht einschlafen und ihren Besuch verpassen.
Ich stehe auf und hole meine Strickzeug, aber was soll ich nur stricken, alle meine Lampen haben bereits Bezüge...ich könnte ihr einen Schal stricken, den kann man immer gebrauchen, nur in welcher Farbe? Rosa, das mögen alle Mädchen gerne.
So, wann kommt sie bloß? Ich mein sie hat gesagt, sie kommt diese Woche vorbei und heute ist ja schon Montag, oder Dienstag?
Sie hat ja schon oft gesagt, dass sie kommt und dann..., aber so sind ja die jungen Leute, heute hüh, morgen hott. Aber diesmal ist es anders, denn diesmal hat sie es mir versprochen..., also warte ich hier.
Vielleicht sollte ich noch was einkaufen gehen, ich glaube, ich hab nicht genug Milch. Wenn sie kommt, hat sie ja einen Schlüssel und es ist ja nur ein kurzes Stück zur Halle und vielleicht treffe ich ja ein paar Bekannte...?

 

Hallo Zuckerschneckchen,

treffend geschrieben, alte, einsame Frau geht einkaufen. Die Preise existieren bei ihr noch in Mark und nicht in Euro :)
War im großen und ganzen stimmig.

Gruß
Leia4e

 

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