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Einmal Pizza Tonno mit extra Käse
Es war einer jener faulen Samstagnachmittage, an denen man einfach gar nichts machen wollte, außer sich mit einer Tüte Chips und einem Bier in den Sessel zu fläzen und fernzusehen. Und genau das tat Dennis, als es plötzlich an der Tür klingelte. Er hatte nicht die geringste Lust, jetzt aufzustehen, immerhin war "die Mumie" im Fernseher gerade dabei, einen Forscher zu erwürgen, aber andererseits könnte das an der Tür ja etwas wichtiges sein. Außerdem klingelte dieser Verrückte jetzt schon seit zwanzig Sekunden Sturm. Oder war es am Ende gar eine Sie? Die gutaussehende neue Nachbarin vielleicht, die sich unbedingt Salz leihen mußte?
Einen Moment lang glaubte Dennis wirklich, es wäre seine Nachbarin, die da dringend zu ihm mußte, darum fuhr er sich noch mal kurz durch die Haare, bevor er die Tür öffnete. Bereit, seiner Traumfrau gegenüberzutreten. Aber er wurde bitter enttäuscht.
"Einmal Pizza Tonno mit extra Käse."
"Was?"
"Einmal Pizza Tonno mit extra Käse."
"Ich habe keine Pizza bestellt."
"Ich habe auch keine Pizza dabei.", sagte sein ungebetener Gast.
"Warum behaupten Sie dann sowas."
"Habe ich das gesagt? Nein, ich sagte nur Pizza Tonno mit extra Käse. Ist das verboten?"
"Nein... leider nicht. Ich hasse Thunfisch."
"Wissen Sie was? Ich auch! Wollen Sie mich denn nicht hereinbitten?"
"Warum sollte ich Sie denn in meine Wohnung lassen?"
"Ich bin sicher, wenn ich der Zeitungsjunge wäre, würden sie mir sogar ein Bier anbieten."
"Ich habe kein Bier.", log Dennis "Und selbst wenn, würde ich es nicht mal dem Zeitungsjungen geben. Schon gar nicht, seit er damals fast mein Fenster mit der scheiß Zeitung eingeschmissen hätte. Am liebsten würde ich ihm..."
"Hier, halten Sie das mal!", unterbrach der Fremde ihn rüde und drückte Dennis seinen Aktenkoffer in die Hand. Dann fischte er umständlich einen Umschlag aus seiner Manteltasche hervor.
"Das ist unser Vertrag.", erklärte er.
"Wir haben einen Vertrag?"
"Ja, haben wir. Habe ich Ihnen das nicht erzählt?"
"Sie haben mir noch gar nichts erzählt."
"Oh, das tut mir leid. Aber ich bin zur Verschwiegenheit aufgefordert. Darf ich jetzt endlich reinkommen?" Ohne auf eine Antwort zu warten, stürmte der Fremde an Dennis vorbei in dessen Wohnzimmer, wo er sich mit staunenden Augen umsah. "Ja, eine sehr schöne Wohnung, die Sie da haben. Darf ich mal?" Er trat auf die Wand neben der Tür zu und klopfte ein wenig mit den Knöcheln seiner rechten Hand auf dem Putz herum. An einer bestimmten Stelle wurde der Ton dumpf, als wäre die Wand hohl.
"Haben Sie vielleicht einen Hammer?"
"Was wollen Sie denn mit einem Hammer?"
"Ja, wollen Sie das Loch etwa mit Ihren Zähnen in die Wand knabbern?"
"Ach ja... das Loch... das muß ich vergessen haben..." Der sarkastische Unterton in Dennis? Stimme schien seinem Gast entgangen zu sein.
"Haben Sie den Vertrag denn nicht gelesen?"
"Nein. Ich weiß auch gar nicht, um was es hier eigentlich geht."
"Die Hölle." Nichts hätte Dennis mehr überraschen können.
"Die Hölle?", fragte er deshalb noch mal nach.
"Das sagte ich doch. Habe ich doch gesagt, oder?"
"Ja, Sie haben es gesagt. Aber was wollen Sie denn in der Hölle?"
"Ich muß da einige Sachen koordinieren. Sie wissen schon, Weltuntergang und so."
"In der Hölle..."
"Ja, genau da. Ich wohne dort und finde es sehr gemütlich."
"Sind Sie sowas wie ein Dämon?"
"Ja."
"Ach so."
"Erstaunt Sie das nicht? Normalerweise springen meine Kontaktpersonen an dieser Stelle immer schreiend aus dem Fenster. Dann muß ich dem Leichenwagen bis ins Krankenhaus folgen, was bei diesem Verkehr gar nicht so einfach ist, müssen Sie wissen, die Nacht abwarten, bis alle schlafen, die Leiche zurücktragen, wiederbeleben, ihr dann alles nochmal erklären und... ach, es ist eine Qual..."
"Nein, es überrascht mich nicht. Ich habe den Poststempel auf dem Vertragsumschlag gesehen. Die drei Sechsen und der Dreizack waren deutlich zu erkennen."
"Danke, hab ich selbst designed. Haben Sie jetzt einen Hammer?"
"Nein, habe ich nicht. Und jetzt sagen Sie mir endlich, was Sie eigentlich von mir wollen!"
"Einen Hammer."
"Nein... warum Sie ein Loch in mein Wohnzimmer schlagen wollen, meinte ich."
"Weil ich gerne nach Hause möchte. Sie haben also keinen Hammer? Gut, dann mache ich es anders."
"Nur, damit ich das richtig verstehe, Sie meinen, in meiner Wand ist der Eingang zur Hölle?"
"Ist das so schwer zu verstehen? Natürlich ist er da. Viele Wände führen direkt in die Hölle. Wie sollen wir Dämonen denn sonst wieder nach Hause kommen? Das Problem ist nur, daß wir immer sehr lange suchen müssen, bis wir eine Wand finden, die funktioniert."
"Und meine funktioniert also."
"Ja."
Der Dämon holte ein Stück roter Kreide aus seiner Tasche und malte einen Teufel an die Wand. Um die dämonische Fratze zeichnete er ein Pentagramm und einige seltsame Schriftzeichen, die Dennis so gar nichts sagten. In dem Moment, in dem der Gast seine Zeichnung vollendet hatte, begann die Wand, seltsam grünlich zu glühen. Übel riechender Rauch stieg empor und sammelte sich unter der Decke, als die Wand begann, sich aufzulösen und in Form von Asche auf den Teppichboden zu rieseln. Dennis dachte mit Grausen daran, wie er das übermorgen mit seinem Staubsauger da wieder wegbekommen sollte. Bis dahin ist das sicher festgetreten und vor Montag darf man nun mal nicht staubsaugen. Die Kaution für den Teppich konnte Dennis wohl vergessen
An der Stelle, an der vorher noch seine weiße Tapete mit Fischgrätenprägung prangerte, war nun ein Loch in der Wand. Zwei Meter hoch und einen Meter breit, fast wie eine Tür.
"Vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen.", sagte der Dämon, schritt durch das Tor und löste sich vor Dennis? Augen in Luft auf.
"Halt! Warten Sie!"
"Was denn noch?", fragte die Stimme seines Gastes.
"Was soll ich denn jetzt mit dem Loch in der Wand machen?"
"Benutzen Sie es als Wandschrank."
"Ich brauche aber gar keinen Wandschrank und überhaupt stinkt es da drinnen nach Schwefel."
"Mann, Sie gehen mir tierisch auf den Zeiger!" Der Dämon materialisierte sich wieder in der Tür und begutachtete noch einmal die Wand.
"Na gut, das sieht wirklich ein wenig komisch aus, da haben Sie Recht."
"Allerdings."
"Vielleicht könnten wir die Sauerei mit einem Wandteppich abdecken... Man bräuchte nur vier Nägel. Und einen Wandteppich."
"Es wird Sie überraschen, aber ich habe keinen Wandteppich."
"Das überrascht mich wirklich. Haben sie einen Kleiderschrank?"
"Im Schlafzimmer."
"Spräche etwas dagegen, ihn hier vor das Loch zu stellen?"
"Ich."
"Warum das denn?"
"Ich habe keine Lust, morgens nackt durch meine Wohnung zu laufen, um meine Unterhosen aus dem Schrank zu holen."
"Sie schlafen nackt?"
"Das geht Sie gar nichts an. Was ist jetzt mit meinem Loch?"
"Ich habe eine Idee... Haben Sie zufällig Mörtel da?"
"Der ist mir gestern ausgegangen."
"Sie brauchen hier gar nicht sarkastisch zu werden! Ich muß Ihnen hier nicht helfen. Eigentlich könnte ich jetzt einfach nach Hause und Sie mit der Scheiße hier alleine sitzen lassen. Aber ich helfe Ihnen."
"Sie hätten das Loch gar nicht machen müssen."
"Wie soll ich denn sonst nach Hause kommen? Die Leute sagen das jedesmal. ?Warum machen Sie ein Loch in meine Wand? Muß das denn sein??" Mit den letzten Worten imitierte er wohl die Stimmen anderer besorgter Menschen, zumindest klang seine Stimme ein wenig höher, als normal. "Ich kann Ihnen sagen, es ist nicht immer leicht, ein Dämon zu sein. Die Leute erwarten immer von mir, daß ich human mit ihnen umgehe. Aber warum soll ich mir das immer gefallen lassen? Ich bin mächtiger, als die gesamte Menschheit zusammen und könnte sie mit einem Augenschlag alle ausradieren, wenn ich wollte." Die letzten Worte schrie er in die Welt hinaus und schien mit der bloßen Kraft seiner Stimme die Erde zum Beben zu bringen.
"Jaja, tut mir leid. Ich wollte Sie nicht verärgern."
"Schon gut. Da ist wohl eben der Derwisch mit mir durchgegangen. Eigentlich bin ich ein ganz netter Kerl. Wenn wir uns unter anderen Umständen kennengelernt hätten, würden wir sicher gut miteinander auskommen."
"Sie meinen, wenn Sie kein Loch in meine Wand geschlagen hätten?"
"Jetzt werden Sie schon wieder unfair. Ich muß das tun. Tapete."
"Wie bitte?"
"Tapete. Wir könnten tapezieren."
"Ich habe keinen Leim."
"Ich aber. Tja, da staunen Sie jetzt aber!" Das tat Dennis wirklich. Der Dämon zog tatsächlich eine kleine Schale Leim aus seiner Aktentasche. "Fragen Sie mich bitte nicht, warum ich den dabei habe."
"Das würde mir nie einfallen.", log Dennis.
"Sie lügen. Aber das ist jetzt egal. Haben Sie eine Tapete da?"
"Ja, einen Moment." Dennis hatte wirklich noch einen kleinen Rest von der letzten Renovierung übrig und den holte er aus dem Badezimmer, wo er alle wichtigen Dinge aufbewahrte. Die beiden machten sich flink ans Werk und pinselten mehrere Bahnen dick mit Leim ein. Der Dämon ging durch das Loch in der Wand und Dennis verdeckte es mit der noch feuchten Tapete. Nur noch ein leichtes rotes Leuchten kündete jetzt von dem Tor in die Hölle.
Ein wenig enttäuscht, weil letztlich nichts für ihn dabei rausgesprungen war, setzte Dennis sich wieder in seinen Sessel. Immerhin hatte er einem Dämon geholfen, wieder nach Hause zu kommen. Da konnte er doch ein wenig Dankbarkeit wirklich erwarten, oder? Verdammte Hölle! Wegen diesem Typen hatte er jetzt ein Loch in der Wand, Asche auf dem Boden, Schwefel in der Luft und eine glühende Tapete. Und was bekam er dafür? Nichts.
Auf einmal fiel Dennis der Brief ein, der immer noch auf der Kommode lag, wo er ihn vorhin abgelegt hatte. Er öffnete den Umschlag und las den Vertrag. Ganz unten stand geschrieben, worin die Gegenleistung des Dämons bestand.
In diesem Moment klingelte es an der Tür.
"Hallo. Sie kennen mich vielleicht nicht, ich bin erst vor einer Woche gegenüber eingezogen und jetzt ist mir das Salz ausgegangen. Könnten Sie mir vielleicht etwas leihen?"