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Einmal verrückt sein, in die Elf rein

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27.12.2005
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80

Einmal verrückt sein, in die Elf rein

Ich steh auf dem Bahnsteig, oder wie das heißt bei Straßenbahnen, weiß ich gerade nicht, und denke nach. Weil gerade die Elf gekommen ist. Und weil das nicht meine Linie ist. Und weil ich nichtmal weiß, wo die hinfährt, die Elf. Also es steht ja drauf, die Endstation mein ich, aber ich weiß nicht, wo das ist. Dabei wohne ich jetzt fast schon ein Jahr hier. Und weiß immer noch nicht, wo das ist. Schon komisch, wie wenig man so von seiner Umwelt mitbekommt, manchmal, wenn man zu tun hat.
Jedenfalls kommt die Elf und ich überlege, wie es wohl wäre, einmal richtig verrückt zu sein. In dieser regulierten Welt einfach mal in die Elf zu steigen. Egal jetzt, ob das die Elf ist oder die Sechs oder was weiß ich. So als Beispiel. Und dann zu fahren. Schauen, wo es einen hinbringt. Die Elf. Oder die Sechs.
Vielleicht würde man etwas ganz Neues erleben. Einen neuen Stadtteil sehen, oder neue Menschen bloß. Vielleicht auch ganz neue Welten. Sich auf den ersten Blick verlieben, in eine Frau oder eine Straße nur. Umziehen. Oder heiraten. Oder beides. Ein neues Leben anfangen. Durch eine Straßenbahnfahrt nur.
Vielleicht würde man auch merken, wie wenig einem die Stadt gefällt, in der man wohnt. Und ausziehen. Weggehen. Für immer weg. In ein hübsches kleines Dorf ziehen, oder wo es keine Straßenbahnen gibt. Eigentlich: Hauptsache keine Straßenbahnen. Nicht mehr dieses Gedränge, jeden Tag, dass ich so hasse.
Vielleicht würde sich alles ändern. Die Elf entgleisen. Oder so. Auch wenn ich weiß, dass das unrealistisch ist. Und dann würde ich vor dem Schöpfer stehen und in den Himmel wollen und er würde es mir vielleicht verweigern, weil ich die schlimmste aller Sünden begangen habe und alles hier auf der Welt wie im Schlaf habe an mir vorbeiziehen lassen, traumhaft, im negativen Sinne. Oder einfach sterben. Und alles wäre vorbei. Einfach so. Weil ich in die Elf gestiegen bin.
So stehe ich da in Gedanken auf dem Bahnsteig, ja, ich glaube, es heißt so, auch bei Straßenbahnen, und fasse diesen Entschluss. Ich steige ein.
In die Fünf, die mich zur Uni bringt.

 

Hallo Santa,

schade, dass es in der Geschichte beim Konjunktiv bleibt, dadurch bleibt sie in den Kinderschuhen stecken. Gerade das, was passieren wird, würde mich als Leser brennend interessieren - denn die Frage: Was wäre wenn stellen sich viele Menschen, aber das zu durchleben, trauen sich die wenigsten.

Ich fände es spannend, wenn du diese KG nun als Anreiz siehst, eben in die Elf zu steigen :).

Der Titel gefällt mir übrigens gut - jedoch ist er irreführend ;)

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo Santas little helper,

ja, ich kenne diese Gedanken. Jeden Morgen, wenn ich auf die 12, die 13 oder die 25 warte. Beim Einsteigen in die 6 oder 11 (zufällig sind es bei mir dieselben Zahlen) würde auch mein Tag anders verlaufen als wie ich es im Büro täglich erlebe. Aber das ist off-topic.;)

Nun, es ist ein kurzer Text, der die Gedanken eines Menschen wiedergibt, der sich die Frage stellt, was wäre, wenn er einmal "unvernünftig" wäre und in eine andere Bahn einsteigen würde.

Gefällt mir und ist für mich schlüssig bis auf:

So stehe ich da in Gedanken auf dem Bahnsteig, ja, ich glaube, es heißt so, auch bei Straßenbahnen, und fasse diesen Entschluss. Ich steige ein.
In die Fünf, die mich zur Uni bringt.

Meinier Meinung nach braucht es keinen Entschluß, um genau das zu tun, was man jeden Tag macht. Einen Entschluß würde es brauchen, wenn man sich für "das andere Leben, den Einstieg in eine andere Linie" entschließen würde.

Gruß, Buddy

 

Hallo,

der Text gibt in der Formal passenden Form ein Ereignis wieder, das den meisten bekannt sein dürfte. Er ist in dem, was er machen möchte, tadellos.
Der Gedanke dahinter: Wir leben in einer Welt, die unzählige Möglichkeiten bietet, und trotzdem beschränken wir uns Tag für Tag auf die immergleichen Wege, als hätten wir diese Möglichkeiten nicht, sondern lebten wie Urahnen.
Aus demselben Gedanken könnte man ein riesen Epos stricken - und sie würde es tragen -, hier in dem Fall wird sie recht nackt präsentiert und trägt tadellos zwanzig Zeilen, oder wieviele das sind. Ich hab's gern gelesen.

Gruß
Quinn

 

Hallo santa´s little helper,
Ich muss sagen:
Ich bin sichtlich beeindruckt von deiner Geschichte. Sie ist einfach geschrieben und stellt trotzdem den kompliziert verstrickten Gedankengang eines Menschen dar! Die Geschichte erinnert mich ein bisschen an "San Salvador" von Peter Bichsel. Diese ist auch so kurz geschrieben und mit solchen Kürzestgecshichten - weiß nicht ob man diese schon als solche bezeichnen - trifft man schon meist meinen Geschmack und wenn die dann noch innere Monologe, darüber, was wäre wenn, darstellen, bin ich entzückt.

 

Hej Santas little Helper,
(cooler Nick übrigens, aber was machst Du nach Weihnachten?)

Deine kleine Geschichte hat mir gefallen, vielleicht ein bisschen zu umgangssprachlich, aber es hat mich nicht wirklich gestört.
Schade, dass der Ich-Erzähler nicht in die Elf (oder die Sechs) gestiegen ist, sondern ganz langweilig in die Fünf zur Uni. Ich hätte doch zu gern den anderen Stadtteil kennengelernt, ich war da nämlich auch noch nie.
Naja, wie das Leben so spielt, man schöpft einfach nicht die Möglichkeiten aus, die sich einem bieten. Meistens aus Zeitgründen, so ist das bei mir. Immer steht irgendwas wichtiges am Horizont, das erledigt werden muss, Zeit für Verrücktes bleibt nicht. Deine kleine Episode zeigt mir, dass man sich viel öfter trauen sollte, in die Elf zu steigen.

Gerne gelesen und schönen Schnee-Sonntag
Giraffe :)

 

Erstmal möchte ich mich bei alle fürs Lesen und Kommentieren bedanken, ich freue mich sehr über jeden Beitrag von euch und natürlich auch darüber, dass euch die Geschichte zum großen Teil gut gefallen hat. Ich versuche mich mal im Einzelnen zu äußern...

Hallo Santa,

schade, dass es in der Geschichte beim Konjunktiv bleibt, dadurch bleibt sie in den Kinderschuhen stecken. Gerade das, was passieren wird, würde mich als Leser brennend interessieren - denn die Frage: Was wäre wenn stellen sich viele Menschen, aber das zu durchleben, trauen sich die wenigsten.

Ich fände es spannend, wenn du diese KG nun als Anreiz siehst, eben in die Elf zu steigen.

Der Titel gefällt mir übrigens gut - jedoch ist er irreführend.

Liebe Grüße
bernadette

Hallo Bernadette,
erstmal müsste ich dich fragen, wieso der Titel in die Irre führt :)
Was passieren würde, wenn der Protagonist in die Elf steigt? Wenn wir ganz ehrlich sind: Vermutlich würde er eine Runde fahren, er würde wieder aussteigen, wo er eingestiegen ist und vor allem zu spät zur Uni kommen. ;)

Natürlich interessiert den Leser, was denn nun tatsächlich passieren würde, ob sich denn nun das Leben ändern würde... aber diese Enttäuschung finde ich gerade wichtig, damit der Leser merkt "Vielleicht sollte ich mal selber in die Elf steigen, wenn es schon der Protagonist nicht tut." Denn wie du schon sagst: Das trauen sich die wenigsten.

Ich hoffe es klingt nicht so, als würde ich mir die Kritik nicht zu Herzen nehmen, denn du hast vollkommen recht mit dem, was du sagst. Vielleicht lasse ich ja demnächst tatsächlich mal jemanden einsteigen...

Buddy schrieb:

Hallo Santas little helper,

ja, ich kenne diese Gedanken. Jeden Morgen, wenn ich auf die 12, die 13 oder die 25 warte. Beim Einsteigen in die 6 oder 11 (zufällig sind es bei mir dieselben Zahlen) würde auch mein Tag anders verlaufen als wie ich es im Büro täglich erlebe. Aber das ist off-topic.

Nun, es ist ein kurzer Text, der die Gedanken eines Menschen wiedergibt, der sich die Frage stellt, was wäre, wenn er einmal "unvernünftig" wäre und in eine andere Bahn einsteigen würde.

Gefällt mir und ist für mich schlüssig bis auf:

Zitat:
Zitat von Santas Little Helper
So stehe ich da in Gedanken auf dem Bahnsteig, ja, ich glaube, es heißt so, auch bei Straßenbahnen, und fasse diesen Entschluss. Ich steige ein.
In die Fünf, die mich zur Uni bringt.
Meinier Meinung nach braucht es keinen Entschluß, um genau das zu tun, was man jeden Tag macht. Einen Entschluß würde es brauchen, wenn man sich für "das andere Leben, den Einstieg in eine andere Linie" entschließen würde.

Gruß, Buddy

Das Gefühl scheinen ja tatsächlich mehr Leute zu kennen, als ich dachte.
Ich finde es braucht schon einen gewissen Entschluss, in die Fünf einzusteigen (also mich kostet es schon immer ein bisschen Überwindung, wieder zur Uni zu gehen), denn nicht nur den Leser würde es sicherlich interessieren, was in der Elf passiert, sondern auch den Protagonisten. Auf der anderen Seite soll die Formulierung natürlich den Leser ein bisschen in die Irre führen, er soll denken "Ah, endlich steigt er ein" und dann quasi enttäuscht werden. Ich bin ja ein Schelm, nicht wahr?

Aber dankeschön für die Anregung.

Quinn hat geschrieben:

Hallo,

der Text gibt in der Formal passenden Form ein Ereignis wieder, das den meisten bekannt sein dürfte. Er ist in dem, was er machen möchte, tadellos.
Der Gedanke dahinter: Wir leben in einer Welt, die unzählige Möglichkeiten bietet, und trotzdem beschränken wir uns Tag für Tag auf die immergleichen Wege, als hätten wir diese Möglichkeiten nicht, sondern lebten wie Urahnen.
Aus demselben Gedanken könnte man ein riesen Epos stricken - und sie würde es tragen -, hier in dem Fall wird sie recht nackt präsentiert und trägt tadellos zwanzig Zeilen, oder wieviele das sind. Ich hab's gern gelesen.

Gruß
Quinn

Schön, dass du es gern gelesen hast.

Sicherlich, ein Epos wäre möglich... aber ich wollte besonders die Alltäglichkeit dieser Situation zeigen, die ja hier auch einige zu kennen scheinen ;) Deshalb auch die schnörkellose Sprache.

Ob´s zwanzig Zeilen sind, weiß ich übrigens nicht...

Danke für deine Einschätzung.

Matthias Spruch hat gesagt:

Hallo santa´s little helper,
Ich muss sagen:
Ich bin sichtlich beeindruckt von deiner Geschichte. Sie ist einfach geschrieben und stellt trotzdem den kompliziert verstrickten Gedankengang eines Menschen dar! Die Geschichte erinnert mich ein bisschen an "San Salvador" von Peter Bichsel. Diese ist auch so kurz geschrieben und mit solchen Kürzestgecshichten - weiß nicht ob man diese schon als solche bezeichnen - trifft man schon meist meinen Geschmack und wenn die dann noch innere Monologe, darüber, was wäre wenn, darstellen, bin ich entzückt.
Tatsächlich, die Verbindung zu San Salvador war mir bislang nicht in den Sinn gekommen, aber jetzt wo du es sagst... Es hat tatsächlich viel davon. Auch wenn ich glaube, dass es nicht immer San Salvador sein muss. Es kann nämlich auch die gleiche Stadt sein, nur mal die Straßenbahnlinie zu wechseln würde vielleicht schon reichen ;)

Aber danke, danke, danke, so eine gute Kritik habe ich vermutlich noch nie bekommen :)

Und schließlich merkte Giraffe an:

Hej Santas little Helper,
(cooler Nick übrigens, aber was machst Du nach Weihnachten?)

Deine kleine Geschichte hat mir gefallen, vielleicht ein bisschen zu umgangssprachlich, aber es hat mich nicht wirklich gestört.
Schade, dass der Ich-Erzähler nicht in die Elf (oder die Sechs) gestiegen ist, sondern ganz langweilig in die Fünf zur Uni. Ich hätte doch zu gern den anderen Stadtteil kennengelernt, ich war da nämlich auch noch nie.
Naja, wie das Leben so spielt, man schöpft einfach nicht die Möglichkeiten aus, die sich einem bieten. Meistens aus Zeitgründen, so ist das bei mir. Immer steht irgendwas wichtiges am Horizont, das erledigt werden muss, Zeit für Verrücktes bleibt nicht. Deine kleine Episode zeigt mir, dass man sich viel öfter trauen sollte, in die Elf zu steigen.

Gerne gelesen und schönen Schnee-Sonntag
Giraffe


Was ich nach Weihnachten mache? Kurzgeschichten schreiben natürlich ;)

Ich finde diese Umgangssprache auch oft fragwürdig, zumindest dann, wenn sie unnatürlich wirkt. Tut sie das denn bei mir? Wäre nett, wenn du mir da noch eine kurze Einschätzung geben könntest.
Ja, Zeitgründe. Wer kennt sie nicht? Aber so eine Straßenbahnfahrt dauert ja gar nicht so lange. Vielleicht sollte man es wirklich mal ausprobieren.
Und wenn du noch nie in dem anderen Stadtteil warst, dann fahr doch hin :) Wenn du das gemacht hast, würde ich mich sehr freuen, wenn du mir davon berichtest. Mein Prot machts schließlich nicht... aber irgendwer muss es ja machen. Vielleicht du? ;)

 

Hallo Santas Little Helper,

ich mochte die kleine Episode sehr. Weder hat mich das umgangssprachliche gestört, noch finde ich, er hätte in die elf einsteigen dürfen.

Wer steht schon an einer Starßenbahnhaltestelle und denkt in sprachlich polierten Sätzen? Die gewählte Sprachform verleiht dem Text die Authentizität, die es am Ende ja auch ermöglicht, dass sich so viele darin wiederfinden können.

Auch, dass er am Ende gerade nicht einsteigt, ist das alltäglich - normale - der Wiedererkennungswert der Geschichte. Ich denke, wie oft sagen wir in Gedanken dem Chef die Meinung, setzen uns nie zu Fremden in Kneipen an den Tisch ... sondern verbringen unseren Alltag im gewohnten Trott und gehen eben selten - ungewohnte, neue Wege.

:thumbsup: Fliege

 

Hallo Santas Little Helper,

ich mochte die kleine Episode sehr. Weder hat mich das umgangssprachliche gestört, noch finde ich, er hätte in die elf einsteigen dürfen.

Wer steht schon an einer Starßenbahnhaltestelle und denkt in sprachlich polierten Sätzen? Die gewählte Sprachform verleiht dem Text die Authentizität, die es am Ende ja auch ermöglicht, dass sich so viele darin wiederfinden können.

Auch, dass er am Ende gerade nicht einsteigt, ist das alltäglich - normale - der Wiedererkennungswert der Geschichte. Ich denke, wie oft sagen wir in Gedanken dem Chef die Meinung, setzen uns nie zu Fremden in Kneipen an den Tisch ... sondern verbringen unseren Alltag im gewohnten Trott und gehen eben selten - ungewohnte, neue Wege.

:thumbsup: Fliege

Hallo Fliege,

erst einmal vielen Dank für das Lesen meiner Kurzgeschichte und dafür, dass du dir die Mühe gegeben hast, deine Einschätzung hier hin zu schreiben. Dass die Einschätzung dann auch noch so positiv ausfällt, freut mich natürlich ganz besonders.
Schön, dass dir auch mein Sprachstil gefällt, ich finde Texte in Umgangssprache selber zum Lesen oft schwierig, da sie aufgesetzt wirken, aber dies scheinst du zumindest nicht zu empfinden bei meinem Text, das freut mich umso mehr :)

Liebe Grüße
Knecht Ruprecht

 

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