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Eintrag Tagebuch 2.345 - Besuch von Ben
Und da sitze ich wieder hier. Tränen kullern meinen Wagen herunter. Alleine fühle ich mich, obwohl ich weiß, dass ich nicht alleine bin. Meine Gefühle sind rein egoistisch veranlagt, dennoch fühle ich mich verloren, ungeliebt und als kleine Versagerin. Abgelehnt zu werden ist nicht schön und heute habe ich wieder ein Nein kassiert. Liegt es an meinem schlechten Karma? Vielleicht ja, möglich.
Ich denke auch, dass ich nicht alleine bin mit meinen Gefühlen. Seit längerer Zeit, beziehungsweise seit Jahren bin ich Single. Und ehrlich gesagt nicht glücklich. Ja, ich befinde mich auf der Suche. Aber das was ich meine gefunden zu haben, stellt sich im Nachgang als falsch heraus. Besonders Männer, die schon glücklich vergeben sind. Diese Männer finde ich meistens sehr anziehend. Und hierbei liegt mein Dilemma.
Mein momentaner Kollege Ben ist ein charismatischer, äußerst intelligenter, vielseitiger und schöner Mann. Zum Anbeißen und Lieben gemacht. Ein Problem gibt es und das nennt sich eine jahrelange, glückliche Beziehung mit einer bestimmt ebenfalls charismatischen und schönen Frau. Ja, ich bin neidisch auf diese Frau. Und freue mich auch, dass sie ihn hat und glücklich ist.
Habe ich ein Recht über Liebe, Beziehungen und zwischenmenschlichen Konstellationen zu urteilen oder gar eine fachspezifische Meinung zu haben, mit meinen geringen Erfahrungen? Kann ich wissen, wie es ist in einer romantischen Beziehung geliebt zu werden? Mit meinen geringen Erfahrungen?
Die Themen Liebe, Beziehungen, Frau, Mann, Sex - Das ist doch alles schon tausendmal erwähnt und feinsäuberlich durchgekaut. Warum habe ich das Spiel noch nicht verstanden? Was habe ich verpasst, was andere schon lange aufgenommen und umsetzen können?
Ja, und ich fühle mich schlecht. Ben war heute bei mir zu Besuch. Zeitüberbrückung, nehme ich an. Wir haben uns wirklich gut unterhalten. Seine Augen ruhten auf mir. Schöne mehrfarbige warme Augen mit einem sanften, wohltuenden Lächeln, welches mein Herz stückweise entzückt. Seine Stimme ist sinnlich. Ich verfalle wieder in Schwärmereien für einen Mann, den ich nicht erreichen kann. Er saß neben mir auf meiner Couch. Seine Wärme habe ich an meinem Arm, der an seinem Körper lehnte, gespürt.
Da ich meist meine Empfindungen nicht verdecken kann und sehr offen darüber rede, habe ich auch Ben meine Situation zu ihm geschildert. Er sei ein schön anzusehender Mann mit einer sehr mitreißenden Art, die ich nur bewundern kann. Und das ich mir schon einige Gedanken gemacht hätte, wie es wohl wäre ihn zu küssen. Meine Hände bewegten sich auf seinem Rücken und seine Schultern, rhythmisch und intensiv. Mein Begehren war sehr groß. Verlegenheit lag in seinem Gesicht. Er versicherte mir, dass er mich auch interessant findet und mich nicht von der Bettkante stoßen würde, dennoch könnte er es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren und er ist glücklich in seiner langjährigen Beziehung. Das verstünde ich doch auch. Ja, tue ich, aber schön finde es trotzdem nicht. Mein Ego ist sehr groß und erneut einen Korb zu kriegen, ist hart.
Leider haben sich meine Lippen kurze Zeit auf seine Wagen befunden. Was ihm stutzig machte und nachträglich nicht gut gefallen hat. Seine Blicke waren sehr aufwühlend und dennoch interessiert, mein Trieb und Wille war noch nicht ganz erloschen, obwohl ich weiß, dass ich es lieber lassen sollte.
Sein schlagartiges Aufstehen und bitten auf das Weiterziehen wurden begründet mit der Aussage, dass er nicht wüsste, ob nun etwas zwischen uns passieren würde und wir lieber gehen sollten, da er Angst hat, etwas zu tun, was er im Nachhinein bereuen würde.
Diese Blicke von ihm waren durcheinander und für mich sehr schwierig zum Deuten. Er hat mich zum Nachdenken angeregt und nun sitze ich hier und schreibe darüber. Über eine Situation, die so wie sie geschehen ist, gut war, dennoch mich nicht zur Ruhe bringt. Habe ich etwas falsch gemacht? Ja, bestimmt. Meine Tränen trocknen sich langsam und ich denke nach.