Einzelschicksal
Der Nachhall eines erstickten Schreis scheint, realitätszerfetzend, viel zu lange in der Luft zu hängen, die stille der Nacht wie ein wütend zerschmissenes Glas zu zersplittern. Schreckgeweitete Augen starren aus allen Betten ins Leere. Nichts regt sich. Stille lähmt den peinlichen Moment. An Schlaf ist nicht zu denken. Doch steht niemand auf, rastlose Starre. Kein Handlungsschema abrufbereit. Gelaberte Courage verfliegt schneller, als flüssiger Äther auf dem versifften Leinentuch.
Alles erwartet, der Perversion bewusst, den zweiten Schrei, der nicht erklingen will.
Bald ist er vergessen, totgeschwiegen, unbewußt absichtlich nicht erinnert. In kollektiv absurdem Gedankenaufwand exekutierte Vergangenheit, bedeutungslos gemacht, nicht hinterfragt.
Ach zivilisierte Welt aus bibeltreuen Christen, Humanisten, Lämmern, die wie kleine Kinder - im Angesicht des unerwünschten – beschämt die Straßenseite wechseln.
Angst ersetzt den Impuls, als reprogrammierter Instinkt. Seht ja alle weg, ihr könntet retten, oder in Peinlichkeit verschwimmen.
Böse Welt, die furchtbares toleriert, um weiter mit Bauklötzen zu spielen. Bedeutungsschwangerschaft zu zelebrieren, sich abzugrenzen vom Tier und seiner Einfachheit.
Untätigkeit macht Mittäter, nicht zu bestrafen mangels Gewissen.
Brennender Schmerz macht sich schleichend bemerkbar, als, nicht wahrgenommene Ewigkeiten später, Licht durch die Dumpfheit der Wahrnehmung dringt. Brennend eingerissene Körperöffnungen, Hämatome am Leib, puppenhaft unbewußt, nächtlich benutzt. Was tun, wen beklagen? Tötendes Gefühl benutzter Wertlosigkeit, das sich ventillos im Inneren verteilt, sich hineinfrißt, verharrt, tief in der Persönlichkeit. Ich ziehe Mißhandlung an, bin Spielball, bin Opfer, zum verletzenden benutzen gemacht, Triebventil.
Das Opfer weiß, es ist nur Körper, den kein Schutz umgibt, der nicht nur rechtlos ist, sondern verdient und selbst verschuldet, was ihm widerfährt.
Der Schlag des Vaters als Kind... verdient, die Fremdabhängigkeit... verdient, die Wertlosigkeit... in die Wiege gelegt. Schicksal, Fügung, Strafe, Prüfung, gerecht und unrächbar.
Suizidnachrichten sind unangenehm, unverständlich, Drogentode ebenfalls, melancholisch gefärbter Gesprächsstoff für sentimental besoffene Abende vorm Einschlafen.
Reaktionsbare Schreie, unverknüpft, zusammenhanglos... in unbequemer Leichtferigkeit vergessen.
Solange es niemand abwendet sind wir dem Schicksal geliefert, das Fremde uns bereiten.