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Eivelan
„Wenn sie sich so wenig für die alte römische Geschichte interessieren Frau Weil, warum haben sie diese Reise dann überhaupt mitgemacht." Der Reiseleiter schaute die junge Studentin aus Frankfurt böse an, die sichtlich gelangweilt an der Öffnung des Mausoleums lehnte.
"Weil ich es meiner Oma versprochen habe", antwortete Eva schnippisch.
"Wollen Sie jetzt etwa auch noch frech werden?"
"Nein warum. Meine Oma hat die Reise gebucht und konnte leider nicht teilnehmen, weil sie krank wurde. Sie hat mich regelrecht gezwungen an ihrer Stelle die Tour mitzumachen."
"Sonderlich begeistert scheinen sie darüber ja nicht zu sein."
"Geschichte hat mich noch nie interessiert", sagte Eva. "Lassen sie mich einfach in Ruhe und machen sie ihre Führung weiter. Ich verspreche auch ganz brav zu sein und ihre Vorträge nicht zu stören."
"So ein freches Ding", sagte eine ältere Dame zu ihrem Mann. "Früher hätten wir uns so etwas nicht getraut."
Eva hatte nun endgültig die Nase von dem kalten Gewölbe voll und beschloss draußen auf die Gruppe zu warten. Eine Diskussion über die guten alten Zeiten war das letzte wonach ihr der Sinn stand.
Auf dem Weg nach draußen verspürte Eva plötzlich einen Stich in der Brust. Schwindel packte sie und Eva schaffte es nicht mehr einen Fuß vor den anderen zu setzen. Vergeblich versuchte sie einen Halt an den glatten Wänden zu finden und sank bewusstlos zu Boden.
Eva zitterte am ganzen Körper als sie aus der Bewusstlosigkeit erwachte. Sie konnte sich nicht erinnern jemals in ihrem Leben derartig gefroren zu haben. Langsam öffnete sie die Augen. In der fast völligen Dunkelheit konnte sie zunächst kaum etwas erkennen. Sie versuchte sich an die zurückliegenden Ereignisse zu erinnern. Eigentlich müsste ich doch jetzt lauter besorgte Reisende um mich herumstehen haben, dachte sie, merkte aber schnell, dass sie völlig alleine war. Die Umgebung schien sich total verändert zu haben, und außer ihrem eigenen Atem konnte sie nicht das leiseste Geräusch hören. Verwundert stellte Eva fest, dass der Untergrund, auf dem sie lag, aus dickem Eis bestand. Auf der glatten Oberfläche konnte sie um sich herum nichts erkennen. Eva war klar, dass sie nicht einfach auf dem Eis liegen bleiben konnte, wenn sie sich in T-Shirt und kurzen Hosen nicht den Tod holen wollte. Nachdem sie einige Schritte gegangen war, stieß sie mit ihren Füßen gegen etwas Weiches. Erschreckt wich Eva wieder ein paar Schritte zurück Sie befürchtete auf ein wildes Tier gestoßen zu sein und schaute einen Moment lang ängstlich auf den vor ihr liegenden Fellberg. Eva konnte keine Bewegung erkennen und wurde wieder etwas mutiger. Sie ging auf das Bündel zu und stellte erleichtert fest, dass es ich dabei um Kleidungsstücke aus dickem Fell handelte. Eva überlegt nicht lange und zog die fremden Sachen rasch an. Sie machte sich keine Gedanken darum wem die Sachen gehören konnten und wunderte sich nur darüber, dass sie ihr passten, als wären sie für sie gemacht. Schon nach kurzer Zeit spürte sie, wie sich ihr Körper langsam aufwärmte. Eva hatte noch immer nicht die leiseste Ahnung wo sie war und beschloss die Umgebung weiter zu erkunden. Da sie sich offensichtlich auf einem zugefrorenen See befand, ging sie einfach immer geradeaus in eine Richtung. Irgendwann würde sie das Ufer schon erreichen. Die neue Kleidung war ein wahrer Segen für Eva. Lediglich im Gesicht spürte sie den eisigen Wind, der immer stärker zu werden schien.
Eva wusste nicht genau, wie lange sie jetzt schon stur in eine Richtung gelaufen war. Während ihres Marsches dachte sie immer wieder darüber nach, wo sie sich befand und wie sie in diese eisige Welt gekommen war. Ein Traum konnte es nicht sein, dafür waren die Schmerzen im Gesicht zu deutlich zu spüren. Eva war immer ein sehr realistischer Mensch gewesen und hatte nie an andere Welten oder Dimensionen geglaubt. Je länger sie jedoch in der beängstigenden Dunkelheit über das dicke Eis lief, desto stärker kam ihr der Gedanke, dass sie sich nicht mehr in der Welt befand, in der sie bisher gelebt hatte. Plötzlich konnte Eva weit vor sich einen schwachen Lichtschein erkennen. Glücklich darüber, endlich ein Ziel vor Augen zu haben, beschleunigte sie ihr Tempo. Das Licht war jedoch weiter entfernt, als Eva zunächst angenommen hatte. Sie spürte langsam, wie die Kraft ihren Körper verließ. Lange stehe ich das nicht mehr durch, dachte sie sich und legte eine kurze Rast ein.
Sehnsüchtig schaute Eva zu dem flackernden Licht. Für einen kurzen Moment schien es, als würde das Licht näher kommen. Leider war es aber nicht so. Außer der großen Eisfläche war noch immer nichts zu sehen. Das Seeufer musste also noch ein ganzes Stück entfernt liegen. Eva nahm noch einmal ihre ganze Willenskraft zusammen und zwang sich weiter zu gehen. Endlich sah Eva vor sich eine schneebedeckte Erhöhung. Auch das Licht, das sie jetzt deutlich als Feuer erkennen konnte, schien nicht mehr weit entfernt zu sein. Eva schaffte es mit letzter Kraft die Feuerstelle zu erreichen. Um die Feuerstelle herum hatten sich einige dick vermummte Männer versammelt. Dies nahm Eva jedoch gar nicht mehr richtig wahr und brach neben dem Feuer völlig erschöpft zusammen.
Als sie erwachte schaute Eva direkt in das Gesicht eines unbekannten jungen Mannes, der sie freundlich anlächelte. "Willkommen in der Welt des ewigen Eises", sagte er.
Eva schaute den Fremden, verwundert an. "Wer sind sie?"
"Ich bin Hendrik, der Herr des Eisvolkes. Wir freuen uns dich endlich hier bei uns begrüßen zu können."
"Wieso endlich?", fragte Eva verwirrt.
"Die Prophezeiung sagt , dass am heutigen Tage unsere Retterin aus der Welt der Menschen den Weg zu uns findet."
"Ich verstehe kein Wort von dem, was du da sagst," sagte Eva. "Wo bin ich hier? Wie bin ich hierher gekommen? Und von welcher Prophezeiung sprichst du?"
"Du befindest dich hier in Eivelan, einer Parallelwelt zu der Welt in der du lebst", sagte Hendrik. "Eivelan war nicht immer so, wie du es jetzt siehst. Vor langer Zeit erstrahlte unser Land in einem immergrünen Glanz. Hier wuchsen die schönsten Blumen, die du dir vorstellen kannst. Wir hatten riesige Wälder, herrliche Wiesen und einige wunderschöne tiefblaue Seen. Allen Menschen und Tieren ging es gut in Eivelan."
"Sag mal bist du dir sicher, dass du von dem Land sprichst, indem wir uns gerade befinden?", unterbrach Eva den Stammesführer. Die anderen Menschen, die mittlerweile auch in die Hütte hereingekommen waren, verhielten sich ruhig und schienen Eva überhaupt nicht wahr zu nehmen.
"Zur damaligen Zeit kam die böse Hexe Xerra fast nie aus ihrem Palast heraus. Tat sie es doch, konnte sie immer von der guten Fee Shela in ihre Schranken gewiesen werden. Eines Tages verliebte sich Xerra in den damaligen Stammesführer Kai und begann den Menschen in Eivelan gutmütige Geschenke zu machen. Kai, der nicht an das Gute in der Hexe Xerra glaubte, wies diese ab. Es kam zu einem furchtbaren Kampf zwischen den beiden, bei dem Kai tödlich verletzt wurde. Shela versuchte alles um Xerra doch noch zu besiegen. In ihrem Zorn gelang es Xerra jedoch Shela zu verbannen. Nur ihr Amulett schütze die Fee vor dem sicheren Tod. Xerra gab sich aber immer noch nicht zufrieden. Sie schwor den Bewohnern von Eivelan endlose Rache und verdunkelte mit ihrem Zauber die Sonne. Dadurch wurde Eivelan in die Eiswelt verwandelt, in der wir jetzt leben. Dies ist jetzt fünfzig Jahre her. Wenn die Prophezeiung stimmt, findet am heutigen Tag unsere Retterin den Weg zu uns."
"Und genau da liegt das Problem", unterbrach Eva den Stammesführer. Ich bin nicht eure Retterin und werde es auch niemals sein."
"Bist du dir da so sicher?"
"Ja das bin ich. Und jetzt schafft mich zurück in meine Welt."
"Das können wir leider nicht."
"Was soll das denn schon wieder heißen?" Eva sah Hendrik mit funkelnden Augen an. Der Punkt, an dem sie die ganze Sache noch interessant fand, war längst vorbei. Eva hatte immer noch das Gefühl einen schlechten Traum zu erleben. Sie wollte nur noch zurück in ihre Welt. Mittlerweile hätte sie sogar lieber die Führung mit diesen schrulligen Tanten mitgemacht, als noch mehr Zeit in dieser öden Eiswelt zu verbringen.
"Wir haben nicht die Macht dich zurück zu schicken", sagte Hendrik. "Auch wenn du es mir nicht glauben willst. Du bist unsere Retterin."
"Wenn du dir da so sicher bist, beweise es mir", forderte Eva.
"Du hast eine Kette mit einem Amulett um den Hals", sagte Hendrik. "Hole es bitte hervor."
"Woher weißt du das?"
"Tu es einfach."
Eva fuhr mit der rechten Hand unter ihre Jacke und zog langsam die Kette hervor. Hendriks Augen begannen zu leuchten, als er das Amulett sah.
"Dieses Amulett beweist, dass du ausgesandt wurdest, um unser Volk zu retten."
"Aber das gehört mir nicht", sagte Eva. "Diese Kette mit deinem komischen Anhänger habe ich nur um den Hals, weil meine Großmutter es unbedingt wollte, dass ich es immer bei mir trage . Sie ist die Besitzerin dieses Amuletts." Eva wurde bleich und setzte sich auf den Boden. Wenn das alles stimmte, was dieser Hendrik ihr erzählt hatte, war ihre Großmutter die gute Fee von Eivelan. Sogar der Name passte. Ihre Großmuter hatte ihn nur von Shela in Sheila umgeändert. Wie konnte das alles sein? Sicher hatte Eva als Kind viele phantastischen Geschichten von ihrer Oma erzählt bekommen. Nie wäre sie aber auf die Idee gekommen, dass auch nur der kleinste Teil dieser Geschichten wahr sein könnte. Wenn die Prophezeiung des eivelanischen Volkes stimmte, hatte Eva durch das Amulett von ihrer Großmutter die Funktion der Beschützerin von Eivelan übernommen.
"Glaubst du mir jetzt?", fragte Hendrik die völlig verwirrte Eva leise.
"Ja ich fange an dir zu glauben. Aber verstehen kann ich das alles nicht, was du mir hier erzählst. Nehmen wir einmal an, es stimmt alles was du sagst, wie geht es dann jetzt weiter?"
"Deine Aufgabe ist es Xerra zu vernichten und den Eispalast zu zerstören. Erst wenn du das geschafft hast wird die Sonne wieder über Eivelan aufgehen."
"Das ist unmöglich, was du hier von mir erwartest", sagte Eva.
"Ist es nicht", antwortete Hendrik stur.
"Ich gebe es auf. Anscheinend bist du nicht von der Idee abzubringen, dass ich eure Retterin bin. Wenn es also die einzige Möglichkeit ist, von hier wieder weg zu kommen, werde ich eure Hexe zum Teufel jagen. Du musst mir jetzt nur noch sagen, was ich tun soll."
"Gehe zum Eispalast. Du wirst wissen, was zu tun ist."
"Also gut Hendrik, bringen wir die Sache hinter uns. Gib mir meine Waffen." Eva sah den Stammesführer fordernd an.
Glücklich darüber, dass Eva nun endlich ihre Bestimmung annehmen wollte, drückte Hendrik ihr ein Schwert in die Hand.
"Was soll ich denn damit? Ich weiß gar nicht wie man mit einem Schwert umgeht."
„Du wirst es wissen, wenn es soweit ist.“
Eva wurde langsam zornig. Sie verstand Hendrik nicht. Auf der einen Seite sollte sie die große Retterin sein, auf der anderen Seite gab er ihr aber nur sehr vage Antworten. „Das Ding ist viel zu schwer. Damit werde ich nie im Leben einen Kampf überstehen.“
"Verlasse dich auf das Amulett. Es wird dir helfen." Hendrik ging langsam hinter Eva her, die den letzten Satz gar nicht mehr gehört hatte und bereits wütend aus der Hütte heraus gegangen war. Hoffentlich geht das gut, dachte er.
Nur langsam beruhigte sich Eva. Sie schritt den langen Weg zum Eispalast entlang und fluchte innerlich weiter über ihre Situation. "Die hätten mir wenigstens ein Pferd geben können", schimpfte Eva.
Als Eva am Fuße des Berges angelangt war, auf dessen Gipfel der Eispalast stand verlor sie einen großen Teil ihrer Sicherheit. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er so gigantisch groß war. Mit einem mulmigen Gefühl stieg sie langsam die Treppe zum Palast hinauf. Auch wunderte sich Eva darüber, dass sie bisher nicht das Geringste von dieser Hexe gehört hatte. Zu Evas großer Überraschung öffnete sich der Eingang des Palastes von alleine, als sie am Ende der Treppe angekommen war. Eva zögerte noch einen kleinen Moment, fasste dann all ihren Mut zusammen und betrat den Palast.
Zunächst einmal passierte gar nichts. Eva stand in einer riesigen Eingangshalle aus Eis und schaute sich unsicher um. Auf Einrichtung schien Xerra keinen großen Wert zu legen. Die Halle war völlig leer und hatte auch keine sichtbaren Türen. Das war es dann wohl, dachte Eva.
Plötzlich wurde die Stille von einem donnernden Lachen zerrissen. "Du sollst also die große Retterin sein", hörte Eva eine spöttische Stimme, von der sie sicher war, dass sie nur von Xerra stammen konnte.
"Zeige dich, oder bist du zu feige und hast Angst vor mir?", rief Eva.
"Angst vor dir. Das ich nicht lache." Wie aus dem nichts erschien die Gestalt der Hexe am anderen Ende der Halle. "Mit dir werde ich mich gar nicht lange aufhalten", sagte sie. "Auch wenn ein bisschen Abwechslung ja nie schaden kann."
"Ich verlange, dass du dem Volk von Eivelan die Sonne zurück gibst", sagte Eva.
"Und wenn ich das nicht will?"
"Werde ich dich vernichten."
Xerra brach in ein schallendes Gelächter aus. Selten hatte sie erlebt, dass ihr jemand derartig frech gegenübergetreten war. "Ich bewundere deinen Mut", sagte sie. "Aus diesem Grund werde ich dich auch nicht sofort töten, sondern erst einmal eine Weile in meinem Kerker schmoren lassen. Wir werden schon sehen, ob du in ein paar Tagen immer noch so vorlaut bist."
"Wenn du mich in deinen Kerker sperren willst, musst du mich erst einmal kriegen", spottete Eva.
"Ich habe dich bereits. Du hast es nur noch nicht gemerkt. Und jetzt ist genug geredet."
Erschreckt sah Eva, wie sich an den Händen der Hexe kleine, blaue Flammen bildeten. Xerra hob die Arme und schleuderte die Flammen dann in Evas Richtung. Eva versuchte noch auszuweichen, aber es war zu spät. Beide Blitze trafen sie am linken Bein und Eva krachte zu Boden. Sie spürte, wie das Gefühl aus ihrem Bein wich. Langsam kroch die Taubheit in ihrem Körper hoch.
"Ist das alles", höhnte die Hexe. "Hast du mir denn gar nichts entgegen zu setzen? Wie dumm musst du sein, dass du meine Festung völlig wehrlos betrittst? Hat dich Hendrik so schlecht auf deine Aufgabe vorbereitet?"
Xerra verspottete die junge Studentin noch weiter, aber Eva hörte gar nicht mehr zu. Verzweifelt versuchte sie sich gegen die Lähmung in ihrem Körper zu wehren. Doch ohne Erfolg. "Nimm das Amulett, es wird dich vor Xerra schützen", hörte Eva die Stimme ihrer Großmutter.
Eva griff mit der rechten Hand unter ihre Jacke. Schon bei der ersten Berührung mit dem Amulett spürte sie, wie die Lähmung langsam aus ihrem Körper wich. Eva holte das Amulett hervor und stellte staunend fest, dass es viel wärmer war als vorher und silbern leuchtete. Bisher hatte es Eva immer für billigen Modeschmuck gehalten. Langsam stand Eva auf und sah die Hexe fordernd an. "Ganz so leicht, wie du dir das vorstellst, bin ich nicht zu besiegen", sagte sie.
"Das werden wir ja sehen", schrie die Hexe. Wieder erhob sie ihre Hände. Die Flammen, die aus ihrem Körper zu kommen schienen, wurden nun stärker. Wütend schleuderte Xerra zwei weitere Blitze auf ihre Widersacherin.
Doch diesmal war Eva auf den Angriff gefasst. Schnell hielt sie das Amulett gegen die ankommenden Blitze. Die Wucht war so stark, dass sich Eva fast nicht auf den Beinen halten konnte, aber ihre Aktion hatte Erfolg. Das Amulett schlug die Blitze zurück. Sie schlugen dicht über Xerras Kopf in die Eiswand. Die Hexe hatte dabei noch Glück, dass sie nicht von den herunter brechenden Eisstücken getroffen wurde.
Eva wurde durch diesen Teilerfolg mutiger. Fest umklammerte sie den Griff des Schwertes und wunderte sich darüber, wie leicht sie es auf einmal bewegen konnte. Entschlossen ging sie ein paar Schritte auf die Hexe zu.
Xerra merkte schnell, dass es wenig Sinn machte Eva direkt zu attackieren. Zornig schleuderte sie ihre Blitze in die Decke der Halle. Ihr triumphales Gelächter, das den ganzen Raum auszufüllen schien, begleiteten die Eisbrocken auf dem Weg nach unten. Mit einem Hechtsprung gelang es Eva nur knapp den Eisbrocken zu entgehen.
Schnell sprang Eva wieder auf die Füße und stürmte auf die Hexe zu. Diese hatte so schnell nicht mit einer Attacke der Gegnerin gerechnet und schaffte es nicht ganz, dem Schwerthieb zu entgehen. Knapp unterhalb der Schulter traf sie das Schwert und trennte ihren linken Arm vom Rumpf ab.
Xerra geriet nun völlig außer sich. Ohne zu zielen schoss sie ihre Blitze wild durch den Raum und flüchtete in den hinter ihr liegenden Gang. Wieder lösten sich eine ganze Menge Eisbrocken aus der Decke und den Wänden.
Eva hätte gerne die Verfolgung aufgenommen, wurde aber von einem der kleineren Eisstücke mitten auf der Stirn getroffen. Wieder sank Eva zu Boden und blieb einen Moment lang benommen liegen. Als es ihr endlich wieder besser ging, war es still um sie herum geworden. Von Xerra war weder etwas zu sehen noch zu hören.
„Zeige dich, du feiges Biest“, schrie sie zornig nach ihrer Widersacherin. Eine Antwort bekam sie nicht. Eva sah sich ratlos in der Eishalle um. Gerade als sie aufgeben und die Halle wieder verlassen wollte, entdeckte sie eine dünne Blutspur. Eva folgte der Spur und gelangte in einen schmalen Gang. Jetzt habe ich dich, dachte sie und ging vorsichtig weiter. Plötzlich hörte die Spur abrupt auf. Xerra hatte ihr eine Falle gestellt und stürzt sich fauchend aus einer Nische, die Eva trotz aller Vorsicht übersehen hatte. Gerade noch rechtzeitig schaffte sie es sich um zu drehen um stach der Hexe das Schwert tief in die Brust. Eva stürzte sich an ihr vorbei und lief einige Schritte zurück Richtung Eingangshalle. Aus sicherer Entfernung sah sie dem Todeskampf der Hexe zu. Nur langsam wich die Anspannung aus Evas Körper. Müde stützte sie sich auf dem Schwert ab und beobachtete wie der Körper der Hexe langsam verging.
Mit dem Tod der Hexe wurde es auch langsam wärmer und das Eis begann zu schmelzen. Die Decke zeigte erste Risse und drohte einzustürzen. Eva musste jetzt sehen, dass sie aus dem Eispalast herauskam, wenn sie nicht unter dem Eis begraben werden wollte. Hastig lief sie in Richtung Ausgang und schaffte es gerade noch rechzeitig sich aus dem Eispalast zu retten. Eva hatte jedoch nicht bedacht, dass die Treppe unmittelbar vor dem Eingang begann. Sie konnte den Schwung nicht mehr abbremsen und stürzte die Stufen hinab. Das Letzte was sie noch sah, waren die ersten Sonnenstrahlen die Eivelan erhellten. Der Fluch war gebrochen und das eivelanische Volk hatte seine Sonne wieder. Schon bald würde das Land in altem Glanz erblühen.
Als Eva erwachte, sah sie sich verwundert um. Völlig verdutzt blickte sie in das besorgte Gesicht des Reiseleiters. "Was ist passiert?"
"Sie sind auf einmal ohnmächtig geworden", sagte der Reiseleiter. "Geht es ihnen jetzt besser?"
"Ja es geht schon", antwortete Eva. Sie war total verwirrt, jetzt wieder mitten in der Reisegruppe zu sitzen. Sollten die Ereignisse in Eivelan etwa ein Traum gewesen sein?
Eva tastete auf ihrem T-Shirt nach dem Amulett ihrer Großmutter. Es war verschwunden. Eva erinnerte sich, dass es beim Kampf mit der Eishexe zerstört worden war. "Dann stimmt es also doch", sagte sie leise, so dass es niemand hören konnte.