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Elegie

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26.09.2001
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Elegie

PSYCHE

Sie hatte sich geistig immer schon den schweren Weg gehen lassen und alles unendlich viel komplizierter gemacht als es in Wirklichkeit war. Irgendwie hatte sie es nie zu einer bewußten Flexibilität gebracht um das Leben ein mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten und sich gewisse Dinge zu vereinfachen.
Typisch dafür war ihre Assoziation der Welt:
Die Welt war der Feind!
Der Feind der sie in die Knie zwingen wollte und nichts als Verachtung und Mißgunst für sie übrig hatte!
Gegen ihr eigentlich besseres Wissen versuchte sie Doktrinen wie:
„ Binde dich an nichts, dann kannst du nichts verlieren!“
oder
„ Erwarte immer das Schlechteste, dann kannst du nur positiv überrascht werden!“
zu leben.
Sie war nicht dumm und es war ihr auf eine nicht greifbare Weise auch klar, daß diese Sätze keine Hilfen für ein besseres und angenehmeres Leben waren.
Doch ihre Intelligenz und ihre starken Emotionen waren nur selten im Gleichgewicht und oft wußte sie daß es für sie selbst nicht gut war, was sie fühlte und wollte, war aber gleichzeitig in ihrer Handlungsweise wie gelähmt etwas anders zu machen.
Im Gegensatz zu den meisten Menschen um sie herum nahm sie nicht für sich in Anspruch, genau zu wissen wer sie war und wie sie selber gerne betonte, hatte sie aber auch nicht den Hauch einer Ahnung wer oder was sie sein könnte. Ab und zu gingen ihre Gedanken seltsame, verschlungene Wege, die sie nicht verstand und ihr das Gefühl gaben, nicht Herrin ihrer selbst zu sein.
In solchen Momenten überkam sie Angst, richtige Angst, nicht diese kleine alltägliche Furcht mit der jedermann der Ungewissheit Tag für Tag gegenübertritt und dann fühlte sie sich plötzlich unendlich einsam, zerrissen und verwundbar. Dieser Gefühlszustand, so kurz aber intensiv er auch nur anhielt, wurde ein fundamentaler Teil ihres Wesens und beeinflußte in ihrem Unterbewußtsein als eine leise Präsenz ihr Leben.

Es war ihr nicht immer klar, aber dieser Umstand schlug sich vehement in ihren Zwischenmenschlichen Beziehungen nieder, für die sie ihrer Meinung nach nicht geschaffen war. Allein der Begriff „Liebe“ entzog sich ihrem Verständnis und sie war sich nicht sicher, so ein Gefühl jemals verspürt zu haben, noch es je spüren zu werden.
Sie war lange Single gewesen, zwei Beziehungen mit Sturm und Donner versenkt und hatte immer noch nicht herausgefunden ob es ihr Gefallen hatte oder nicht.
Liebe!
Sie träumte immer wieder davon und es war angenehm sich an diese Träume zu Erinnern, doch in der Realität hatte sie so etwas noch nicht erfahren.
Sie hegte zwar Sympathien für einige Menschen, aber über das gern haben glaubte sie noch nie hinausgekommen zu sein. Immer noch wartete sie auf derart intensive Glücksgefühle, die sie um den klaren Verstand brachten, dieses verwirrende Spiel der Sinne das angeblich die Welt bewegt, jedoch vergeblich.
Also verlor sie im Lauf der Zeit den Glauben daran.
Nicht etwa weil sie zu zynisch oder verbittert war um von vornherein solche Gefühle nicht zuzulassen, sie wartete eben einfach darauf, daß die Welt ihr das Gegenteil bewies und sie endlich Glauben konnte!
Es gab nichts wonach sie sich mehr sehnte und nichts, was sie mehr fürchtete.

Etwas das sie sehr erschreckte, waren die mächtigen Eindrücke der Stille, wenn sie in sich selbst hineinhorchen wollte um herauszufinden, was sie denn nun wirklich fühlte.
Ein großes schweigendes Rauschen, so eintönig, daß man es kaum wahrnahm, breitete sich unter den aufgesetzten Emotionen aus, die ihr die Welt eingetrichtert hatte, weil es normal war, so zu empfinden.
Zum Beispiel fiel es ihr schwer, bei schlimmen Nachrichten oder Vorkommnissen von denen sie nicht unmittelbar und persönlich betroffen war, Mitleid zu zeigen, zu heucheln, daß ihre menschliche Seele ob der zahlreichen Tragödien auf diesem Erdball erschüttert wäre.
Nur selten in ihrem bisherigen Leben war sie von irgendwas wirklich tief berührt gewesen.
Innerlich war sie angewidert von der Angewohnheit, Gefühle und Verhaltensweisen vorzuspielen, weil einfach jeder darauf vertraute, daß sie NORMAL reagierte
Verständlicherweise machte das die Interaktion mit Fremden für diese oft zu einem unverständlichen Vorgang, dem sie in Zukunft gerne aus dem Weg gehen würden, was nach einiger Zeit dazu führte, daß sie von sich aus immer weniger nach der Gesellschaft und dem Verständnis anderer strebte.
Sie hielt sich auch nicht für so Interessant und Gescheit, als daß jemand von einem Gespräch mit ihr profitieren könnte.

Grundlegend hatte sie nach eigener Meinung nur ein Problem:

Sie wußte ganz genau was sie falsch machte, aber es fehlte ihr der Wille und die Kraft etwas zu verändern.
Darum war es auch nutzlos ihr ihre Probleme aufzuzählen, denn sie kannte sie ohnehin.

MERKWÜRDIGE VISIONEN

hatten sich in ihren Kopf geschlichen, von Menschen die Krieg gegen Gott führten, als er mit dem Jüngsten Gericht drohte.
Träume, Halluzinationen und Gedanken verschmolzen zu einem riesigen, schaumartigen Pilz in ihrem Gehirn, der alles überwucherte, bedeckte , versiegelte und sie für Stunden in sich selbst isolierte.
Tausend bunte Vögel explodierten vor ihren Augen als ihre Sicht wieder klar wurde und die Strahlen der Sonne in ihre Pupillen stachen.
Sie konnte sich nicht daran Erinnern, wann es hell geworden war, jedenfalls stand die Sonne schon relativ hoch.
Das alles umfassende , weiche Rauschen in ihr war zu einem sanften Brummen, tief in ihrem Gehirn abgeklungen, das sie daran erinnerte was gewesen und anzeigte, daß es nun vorbei war.
Die Gegenwart wollte ihr hartnäckig nicht Bewußt werden, dafür präsentierte das innere Auge Erinenrungen wie einen Dia-Vortrag aus der Vergangenheit.
Sie erkannte Dinge, Orte und Menschen wieder, an die sie schon lange nicht mehr gedacht hatte.
Warum eigentlich?
Schließlich war das alles IHR Leben, ihre Summe der Erinnerungen die sie in diesem Moment zu einer eigenen Persönlichkeit machte.
Seit sie hierher gezogen war, hatte sie mit niemandem der damals dabei gewesen war sprechen können.
Gemeinsame Erfahrungen halten länger an und verbinden.
Vielleicht hatte sie überhaupt keine Vergangenheit wenn sie nie darüber sprach!?

Weil sie nie Zufrieden gewesen war mit dem WAS sie war, versuchte sie ihr Leben lang etwas außergewöhnliches darzustellen.
Dabei war sie im Grunde ihres Herzens so außergewöhnlich wie ein grüner Grashalm.
Sie spürte deutlich wie ihre Verärgerung über diese eigene Unzulänglichkeit einen Hitzeball der Wut in ihr formte und wünschte sich sehnlichst, es würde regnen.
Regen machte sie immer sanft und ausgeglichen.

FRÜHLING

Es war Frühlingsbeginn.
Die ersten wirklich warmen Sonnenstrahlen brachen durch die bis dahin permanent vorhandene dichte Wolkendecke und Janet kniff die Augen fest zusammen, als das helle Licht unangenehm schmerzlich in ihre Netzhaut stach.
Die letzte Dust-Kapsel hatte wie ein Mahlstrom ihre Gedanken auf den Grund eines Ozeans gezogen und dort in träger Schwerelosigkeit verankert.
Langsam schlenderte sie durch die Straßen, die sich immer mehr mit Menschen füllten die das schöne Wetter genießen wollten und sie war sich sicher bald von schweren Frühlingsdepressionen heimgesucht zu werden.
Schon vor einiger Zeit war ihr entfallen, wohin sie ursprünglich zu gehen vorhatte und es war ihr auch herzlich egal.
Janet blieb stehen und beobachtete fasziniert einen Schwarm bunter, blinkender Flecken der quer über die Straße zog und dabei unablässig seine Form veränderte.
Am gegenüberliegenden Straßenrand streckten sich der Baum des Mondes und der Baum der Sonne ihre Zweige entgegen und schlangen ihre Äste ineinander zu einem silber-grünen Flechtwerk von symmetrischer Unordnung.
Grüne Stücke, wie Gras mit noch etwas Erde an den Wurzeln, fielen in den Himmel.
Den Kopf zurückgelegt sah sie ihnen so lange nach bis sie im ewigen Blau verschwanden.
Spiralen drehten sich hoch in die Lüfte hinauf, verzerrten sich mit den unterschiedlichsten Windströmen in alle Richtungen und Janet spürte eine Leichtigkeit in ihren Beinen, so daß sie gar nicht mehr sicher war, den Boden zu berühren.
In ihren Augenwinkeln wurde die Welt schwarz und als sie zur Seite sehen wollte, es aber nicht mehr vermochte, schlug ihr Gehirn Alarm und etwas wie ein peitschender elektrischer Schlag ließ sie zusammenfahren.

Ihre Sicht zerriß.
Hart prallte der Boden gegen ihre Fußsohlen.
Keuchend schlug sie die Augen auf.

Nach einer verwirrenden Sekunde war die Welt wieder da.
Ihr wurde klar, daß sie um ein Haar im Nebel gelandet wäre und der Himmel sie verschlungen hätte.
Obwohl ihr die Konsequenzen bekannt waren, brachte ihr träges Bewußtsein keine angemessene Reaktion zustande und so setzte sie ihren Weg mit einem Achselzucken fort.
Nur unbewußt vermied sie es, nach oben zu sehen.
Am Rande bemerkte sie, daß sie den kleinen Bogen verlassen hatte und sich schon mitten in DownTown befand, wo die Häuser immer höher und die Straßen immer schmaler wurden, was zur Folge hatte, daß sie fast immer im Schatten lagen.
Sie bog um die Ecke und blieb erstaunt stehen.
Der erste Gedanke war, daß sich vor ihr ein riesiges Maul mit gläsernen Zähnen auftat, um sie zu verschlingen.
Janet trat einen Schritt zurück und sah sich um.
Sie kannte den Ort, nur hatte sich etwas verändert.
Die großen Scheiben des Lokals waren zerbrochen und die Räume innen vollkommen ausgebrannt.
Wände und Decke waren geschwärzt, vom Mobiliar war außer ein paar verbogenen Metallstühlen nichts übriggeblieben.
Vorsichtig, um sich nicht an den spitzen Glaskanten zu verletzen, stieg sie durch das Fenster ins innere, wo es roch wie in einem Kohlenkeller. Sie nahm einen der Stühle, bog dessen Beine auseinander, so daß er wieder einigermaßen sicher stand und setzte sich.
Nachdem sie sich eine Zigarette angezündet hatte, lehnte Janet sich zurück und starrte an die Decke.
Als sie den Rauch ausatmete und zusah wie er nach oben verschwand, stellte sie sich vor wie Flammen um sie herum emporschlugen und die Holztäfelung knackte und splitterte.
Eine Zeit lang interpretierte sie Formen in die Rußflecken über ihr, bis es langweilig wurde und sie lieber durch die großen Fenster auf die Straße sah.
Sie dachte nach worüber sie nachdenken könnte und kam zu der Frage, warum die Menschen über alles nachdenken und alles wissen wollen.
Plötzlich verspürte sie den starken Wunsch, lieber ganz woanders zu sein, jedoch empfand sie es gleichzeitig als unendlich Mühsam, sich jetzt zu bewegen, also blieb sie erst mal wo sie war.
Das Gefühl verging nicht und Janet konnte keine logische Erklärung dafür finden, also beschloß sie kurzerhand, ihre Persönlichkeit zu zerbrechen und eine neue zusammenzusetzen, so wurden ihre Gedanken zu selbstständigen Existenzen, die sie mit Freude unterdrückte, indem sie ihren Emotionen zuwiderhandelte und sich nicht vom Fleck rührte.


„ Wie war dein Tag?“
Sie nahm den Monotrichter aus ihrer Tasche und kramte nach den Kapselhüllen.
„ Das Leben ist ein großer auf Dich gerichteter Revolver, geladen, der Hahn gespannt und du weißt nie wann der Schuß losgeht!“
„ Und sonst?“
„ Sonst?“ Sie sah mich nachdenklich an : „ Sonst habe ich einen Typen getroffen, der mir irgendwas von sich bewegenden Fleisch und gefangenen Seelen erzählt hat. Glaub ich wenigstens.“
„ Was? Daß du ihn getroffen hast oder was er dir erzählt hat?“
„ Ich war zu bis obenhin“ antwortete sie ungeduldig: „ Was erwartest du?“
Sie hielt in ihrer Suche inne.
„ Noch weniger Ahnung habe ich, wo diese Scheißkapseln geblieben sind!“
Schließlich fand sie sie in einer der Seitentaschen und begann den Trichter zu füllen.
„ Ach ja“ sagte sie plötzlich „ Ich habe Hal´s Freundin getroffen, du weißt schon, die Rothaarige!“
„ Niki?“
„ Genau!“ Sie spannte die Kapselhälften ein: „ Sie sah ziemlich mitgenommen aus.“
Der Trichter schnappte zu und Janet preßte die zwei Hälften zusammen.
Dann nach einer Pause: „ Aber eigentlich habe ich sie noch nie anders gesehen!“


IN 1000 JAHREN

„ Ich möchte in tausend jahren noch hier sein um zu sehen was aus der Welt geworden ist! Ob ich mich geirrt habe, was die Chancen der Menschheit zu Überleben betrifft oder nicht. Egal ob dann noch Leben, nur Tod oder überhaupt nichts mehr existiert, ich möchte es nur WISSEN! Vielleicht erkenne ich dann auch ob mehr hinter dem Leben steckt als ich denke.“


Es war Janets Geburtstag und an diesem Tag war es Tradition das Gehirn mit allen Hilfsmitteln an den Rand des Wahnsinns zu katapultieren und wenn es nach ihr ginge, noch ein weites Stück darüber hinaus. Die Menge Dust die sie seit Mittag zu sich genommen hatte war schon weit jenseits jeder empfehlenswerten Tagesdosis.
Die Momente in denen sie noch Bewußt ihre Umgebung wahrnahm wurden seltener und bald würden sie enden um in einen Abgrund zu springen, von dem keiner wußte wie tief er war und was er enthielt. Für winzige Augenblicke konnte sie es fühlen. Wenn der Wahnsinn von innen heraus wie eine MG-Salve gegen ihre Stirn trommelte um alle trägen, auferlegten Zwänge zu zersplittern und ihren tiefsten, grausamsten und ehrlichsten Gefühlen und Gedanken einen Weg an die Oberfläche zu bahnen. Dann kämpfte sie um den Rest an Selbsbestimmung der ihr geblieben war, bis sich endlich wieder gnadenvolle Ruhe ausbreitete.
Jedes Jahr kam der Tag an dem Janet sich vor den Gedanken an Zeit, Alter und Tod in Sicherheit bringen wollte: ihr Geburtstag.
Noch nie hatte sie eingesehen, warum man den Tag an dem man zum ersten mal gezwungen wurde, etwas zu tun um in dieser Welt überleben zu können, feiern sollte. Es sei denn man war froh daß man den vorigen Tag trotz aller gegenteiligen Bemühungen überlebt hatte.
Für sie war dieser Tag ein Mahnmal dafür, wie schnell die Zeit verging und das Ende ihres Lebens mit ungeheurer Geschwindigkeit auf sie zu kam um entweder den finalen Frieden oder Terror zu bringen. Immer schon hatte sie sich gefragt was einem durch den Kopf ging, wenn man WUSSTE, daß man gleich sterben würde und Janet war sich nicht sicher was ihr lieber wäre: es zu wissen und darauf vorbereitet zu sein, oder ahnungslos mitten aus dem Leben gerissen zu werden.
Im Moment hatte sie ihre Gedanken zumindest noch unter Kontrolle und war dem Thema Alter verfallen und redete träge , an jedem Wort verzweifelt festhaltend.
„ Stell dir vor du bist 60 Jahre alt, also im Durchschnitt kannst du annehmen daß zwei drittel deines Lebens schon vorbei sind. Muß doch ein Scheißgefühl sein, nicht mehr so lange zu leben wie man schon gelebt hat, oder?“
Er nickte langsam, während sich das Zimmer vor seinen Augen langsam in helle und dunkle Farbklekse auflöste, deren Konturen ineinander verschwammen.
„ Dabei ist doch der Sinn des ganzen zu sehen wie es weitergeht! Wozu schaffe ich denn im besten Fall etwas , daß mich überlebt, wenn ich nicht beobachten kann wie es weitergeht und endet?“
Sie versuchte ächzend sich vom Boden zu erheben, ließ es aber dann bleiben und rollte mehr zu ihm herüber.
„ Meine Mutter hat mir gesagt“ fuhr sie in amüsierten Ton fort „ Sie hat mir gesagt, daß ich gewisse Dinge einfach akzeptieren muß weil ich sie nicht ändern kann!“
Sie lachte so daß ihr Körper davon geschüttelt wurde, bis sie Tränen in den Augen hatte, dann endete dieser Ausbruch so aprubt wie er begonnen hatte.
„ Ab und zu“ sagte sie nun nachdenklich ernst und griff nach seiner Hand, als ob sie einen Halt suchen würde, der sie sicher im Jetzt verankerte „ Überfällt mich die Gewißheit absoluter Ohnmacht und Hilflosigkeit gegenüber diesen Dingen, die ich nicht ändern kann. Dann möchte ich am liebsten Schreien, Tanzen und alles zu Trümmern schlagen! Was macht es schon für einen Unterschied? Wen interessiert es und wer wird sich schon jemals daran Erinnern?“


Manche hielten sie für anstrengend und ungefestigt, er aber hatte gelernt, daß sie vielleicht oft hilfesuchend wirkte aber keine solche erwartete oder gar bereit gewesen wäre sie anzunehmen. Das war ihm nicht unrecht, in dieser Beziehung waren sie sich ähnlich. Wie zwei Blätter die in einem reißenden, niemals stillstehenden Strom trieben, hielten sie sich aneinander fest ohne der Illusion einander je zum Anhalten zu verhelfen, aber mit der tröstlichen Gewißheit nicht alleine fortgetragen zu werden. Er hätte ihr gerne gesagt, daß manchmal wenn er nachdacht, meistens vor dem Einschlafen oder wenn er eben nichtstuend herumhing, ihm auch das Alter einfiel. Nichts besonderes, oder? Es waren und sind die zwei einzigen ewigen Wahrheiten: Du alterst und du stirbst.
Warum war der Mensch so gebaut? Es mochte ja sinnvoll sein um eine Übervölkerung in einem bgrenzten Lebensraum zu verhindern, daß Menschen sterben müssen, aber warum mußte ein Verfallsprozeß dahinter stehen? Warum konnte man nicht dis zur Reife heranwachsen und bis zum letzten Atemzug jung und kräftig bleiben? Wieso konnte nicht einfach das Herz zu schlagen aufhören wenn es denn sein mußte?
Auch er würde alt werden. Er verfiel. Er würde sterben.
Dieses Bewußtsein würde erlöschen und es gab aber auch nicht das geringste, daß er dagegen zu tun vermochte. Wenn er ernsthaft darüber nachdachte, dann bekam er Angst die sich wie eine eiskalte Schlange um sein Rückgrat nach unten wand. Dann erschien ihm das Leben so kurz, daß sich eine Anstrengung dafür überhaupt nicht lohnte! Das waren die kurzen Augenblicke seines Lebens, in denen er nur im Hier und Jetzt lebte. Die Entscheidungen die er dann traf, bereute er zumeist schon am nächsten Tag.
Doch das war Gedankengut das Janet in ihrere jetzigen Verfassung am wenigsten notwendig hatte. Er würde bis Morgen warten. Oder es vergessen.
Sie langte auf den Couchtisch hinauf um in der Dose darauf nach einer Vacchara zu greifen, mit dem Erfolg, daß sie scheppernd auf den Boden fiel. Da jedoch zwei gedrehte herausrollten, nahm sie Zufrieden eine in den Mund und zündete sie an.
Währenddessen sagte sie mit der Vacchara im Mund „ Nur weil ich weiß, daß ich die Welt nicht ändern kann, heißt das noch lange nicht daß sie mir so gefallen muß wie sie ist und ich mit allem Einverstanden bin!“


JANET SCHOSS SICH IN DEN KOPF

Sie blickte den kleinen Revolver erstaunt an und legte ihn dann vorsichtig vor sich auf den Tisch.
Als sie sich von ihrem Stuhl erhob, fiel ihr ein, daß sie schon immer davon geträumt hatte, durch das weite All zu spazieren und die vielen Planeten, Gürtel und Nebel zu betrachten.
Die derzeitige Situation schien ihr angemessen, sich diesen Wunsch zu erfüllen.
Janet erinnerte sich daran, wie überquellend ihre Phantasie als junges Mädchen gewesen war, doch dieser Augenblick sprengte ihre wildesten Vorstellungen und ein verträumtes, etwas wehmütiges Lächeln legte sich auf ihre Lippen.
Welches Wetter draußen herrschte, konnte sie nicht erkennen, aber sie wünschte sich ruhigen, leichten Regen der gerade vom Himmel fiel und alle Unannehmlichkeiten aus der Luft wusch.
Seit einigen Jahren hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als etwas zu haben, woran sie glauben konnte – irgendetwas!
Doch Tage,Wochen, Monate und Jahre waren gekommen und gegangen ohne die ersehnte Hoffnung zu bringen und Janet hatte darüber sinniert, welche Kraft den Menschen dazu brachte, so erbittert am Leben zu hängen.
Natürlich war kein großer Gedanke erschienen um sie zu erleuchten.
So etwas passierte nur alten Menschen in der Wüste!

Ob sie wohl rauchen konnte?
Gedankenverloren klopfte sie ihre Taschen nach einer Packung Zigaretten ab. Erfolglos.
Obwohl sie keinerlei Hungergefühl verspürte, ging sie zum Kühlschrank, öffnete ihn, nahm wahllos ein Stück Käse und steckte es in den Mund.


Es fühlte sich an wie geschmackloser Kaugummi.
Janet verzog das Gesicht und spuckte das Stück aus. Dann fiel ihr Blick wieder auf das Kühlfach und erstaunt stellte sie fest, daß das selbe Käsestück wieder exakt an dem Platz lag, von dem sie es weggenommen hatte.
Auch das ausgespuckte Klümpchen war verschwunden.
Janet verbrachte die nächsten zehn Minuteb damit, daß sie das Käsestück aß, schluckte und feststellte, daß es danach immer wieder unverändert an seinem Platz lag.
Dann wurde es langweilig.
Anscheinend hatte sie die Fähigkeit verloren, sich länger über etwas zu wundern und sie beschloß statt dessen sich einige Wünsche zu erfüllen.

Janet ging in die grauen, schweren Regenwolken auf und fiel als Regen auf die Erde.
Jeder Tropfen war ein Teil ihres Ichs.
Sie fiel auf jeden Stein, jeden Grashalm, jedes Dach und jede Blume.
Mit ihrem Bewußtsein benetzte sie weite Felder und enge Gassen, spürte jedes Detail und hinterließ ihren Persönlichkeitsabdruck auf allem was sie berührte.
Die Vielfalt der Eindrücke wogte auf sie zu und begrub sie in tiefen Wellentälern der Empfindungen aus denen sie am liebsten nie wieder aufgetaucht wäre.

Ganz benommen kehrte Janet daraufhin in die unbeschreibliche Enge ihres Körpers zurück und lernte das Gefühl von qualvollem eingesperrt sein kennen.
Doch löste sich dieser Eindruck auf wie Rauch im Wind, bis nur mehr eine vage Erinnerung übrigblieb.

Sie wurde ein Planet.
Eine riesige bewußte Präsenz, aber zu träge um aktiv zu sein.
Ihre lebende , atmende Biosphäre gebar Leben und nahm es am Ende der Zeit wieder auf wie eine Mutter ihr verlorengegangenes Kind.
Die Erde war ihr Fleisch, die Gebirge und tiefen Gesteinsadern ihre Knochen, das kochende Magma ihr Blut und das Wasser Abbild ihrer Tränen.
Mit erstaunlicher Klarheit erkannte Janet ihre Position in der bestimmenden Ordnung des Kosmos genauso wie ihre unglaubliche Einzigartigkeit im Zufälligen Chaos des Universums.


Hier war das Ziel!
Das Ende das überhaupt erst einen Anfang ermöglichte!

Sie schloß die Augen.

Janet schoß sich in den Kopf.
Sie blickte verwundert auf ihre leeren Hände.
Als sie sich erheben wollte, bemerkte sie, daß rund um sie nichts zu existieren schien als Schwärze.
Allerdings keine große, unendliche Leere, sondern eine Substanzhaltige, feste Dunkelheit, die man fühlen und atmen konnte.
Sie konnte sogar das Ende sehen, wußte aber mit Sicherheit, daß sie es nie erreichen würde.
Viele Dinge wurden ihr Bewußt.
Zum Beispiel, daß das Leben nicht der Ur-Zustand des Seins war, sondern der Tod.
Es gab kein Leben.
Nur ein Nicht tot sein.

Langsam blickte sie an sich herab.
Ihre Füße und Beine waren bereits Schwarz und das Dunkel kroch immer höher an ihr Hinauf um sie willkommen zu heißen.
Eine Träne lief in das Schwarz an ihrem Hals.

Janet war endlich zu Hause.

 

Hey,

Sie hatte sich geistig immer schon den schweren Weg gehen lassen und alles unendlich viel komplizierter gemacht als es in Wirklichkeit war.
Das „unendlich viel“ macht den Einstiegssatz unendlich viel zäher als er sein müsste. Ein erster Satz muss attraktiv sein, irgendwie sexy, um den Leser gleich von Anfang an zu fesseln. Der hier ist wie Kaugummi.

Irgendwie hatte sie es nie zu einer bewußten Flexibilität gebracht um das Leben ein mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten und sich gewisse Dinge zu vereinfachen.
Wir könnten jetzt mal auf die Jagd nach Füllwörtern gehen. Da hätten wir „irgendwie“ und „ein mal“ und einen tranigen Satzbau. Wenn wir den Satz entschlanken, auflösen und beschleunigen, liest es sich: Sie hatte es nie zu einer bewussten Flexibilität gebracht. Hatte das Leben nie aus einer anderen Perspektive betrachten können. Hatte sich gewisse Dinge nie vereinfachen können.
Das ist zwar auch nicht gerade Hemingway, aber na ja.

Sie war nicht dumm und es war ihr auf eine nicht greifbare Weise auch klar, daß diese Sätze keine Hilfen für ein besseres und angenehmeres Leben waren.
Ah, der auktoriale Erzähler. Natürlicher Feind des Lesers.

Ehm, wow. Der Text braucht dringend eine Diät. Man könnte aus jedem Satz zwei oder drei Wörter rauskürzen und aus jedem Absatz zwei oder drei Sätze. Und es täte dem Text stilistisch sehr gut. Es liest sich unglaublich zäh und verwirrend. Außerdem erkenne ich trübe Satzbauprobleme und zwar massive.
Inhaltlich: Ich weiß nicht. Pubertärer Weltschmerz gekoppelt mit pseudo-philosophischen Ausbrüchen, irgendwelche Drogen-Visiönchen. Überladene Bilder. Verworrene Struktur. Die armen Szenen ertrinken im Meer der tranigen Reflexionen. Ich kann da nicht folgen. Will es auch nicht. Der Text bietet mir zu wenig.
Liest sich als wäre deine Protagonistin eine vierzehnjährige Internatsschülerin, die einen Joint raucht, Dune liest, auf dem Bett liegt und tagträumt, während sie auf den Prinzen in goldener Rüstung wartet. Am Ende gewinnt aber doch nur die Todessehnsucht.
Keine Ahnung.


Gruß
Quinn:read:

 

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