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- 24.02.2005
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Endlich allein
Ich verließ meinen Körper und schwebte zur Tür hinaus. Dorothee rannte mir hinterher und erwischte im Hechtsprung meine Ferse. Ich versuchte, sie in die Höhe zu ziehen. Keine Chance. Dorothee hatte einen Kugelbauch und hielt unseren einjährigen Alvin im Arm. Es blieb mir nichts anderes übrig, als ihr mit dem freien Fuß ins Gesicht zu treten. Endlich ließ sie von mir ab. Ich zog die Beine an, holte tief Luft und gewann dabei an Höhe. Dann atmete ich nach unten pustend aus und beschleunigte. Dorothees Nase blutete. Sie zog sich den Ehering vom Finger, nahm ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und reckte ihn schnaubend in die Höhe. Fast schien es, als würde sie mich dabei anvisieren. Sue kam aus dem Haus gerannt und hielt sich an ihrer hässlichen Schürze fest. Dann hoben die drei in meine Richtung ab. Der Ring leuchtete glühend rot und entwickelte immer mehr Triebkraft. Ich ließ einen gewaltigen Furz fahren, der meine Familie aus der Flugbahn brachte. Wie ein Pfeil schoss ich ins All.
Keine Ahnung, warum ich mich im Vakuum besser fühlte als je zuvor. Vermutlich war es die herrliche Stille. Ich drehte eine Runde um den Mars und bewunderte einen Vulkan, der sich wie eine geschwellte Brust aus der rötlichen Landschaft erhob. Der kreisrunde Krater war von einer dunklen Gesteinsschicht umgeben, die diesen Eindruck noch verstärkte. Ich drehte ab und schwamm in gemütlichen Rückenzügen durchs Universum. Jupiter war mir eine Spur zu hell. Also nahm ich Kurs auf den Saturn. Dabei sah ich ein Objekt, das zwischen dem Gasplaneten und seinem Ring kurz aufleuchtete und dann wie von einer Schleuder geschossen beschleunigt wurde. Es war Dorothee, fetter und hässlicher als je zuvor. An ihrer linken Tatze hing Sue und an deren Hand hing unser einjähriger Alvin. Meine Familie hatte sich im Unterschied zu mir auf groteske Weise aufgebläht. Ein Wunder, dass ihnen die Augen noch nicht aus dem Schädeln poppten. Ich kraulte einer seltsamen Krümmung im Raum entgegen, die sich als schwarzes Loch entpuppte. Meine Arme zogen sich schmerzhaft in die Länge, dann wurde ich mit einem unfreiwilligen Flik-Flak in die Tiefe gezogen. Plötzlich konnte ich sie nicht mehr sehen. Doch ihre Stimmen kamen immer näher.
„Hilf uns Papaaaa“, rief Sue und klang dabei so erwachsen.
„Wir kriegen dich“, keifte Dorothee.
„Wie kommen wir hier raus?“, rief eine Männerstimme im Stimmbruch, die womöglich zu Alvin gehörte. Da, ein Fünkchen Licht, eine fleischige Öffnung, von der ein kräftiger Sog ausging. Es wurde heller und heller. Sie flogen parallel zu mir. Dorothees Haare waren schlohweiß. Ihr Gesicht - nur noch ein Wust von Falten. Sue hingegen war zu einer bezaubernden Frau herangereift. Allein ihre Kurven. Das Universum wankte.
„Simon! Simon, wach auf!“
Jemand rüttelte mich. Ich schlug die Augen auf. Dorothee.
„Ich bin noch nicht so weit“, murmelte ich.
„Du hast Sue versprochen, dass wir gemeinsam zu Abend essen.“
Dorothee versuchte, mir die Pfeife zu entwinden, doch ich hielt sie fest umschlungen.
„Das Zeug macht dich noch fertig!“
„Du machst mich noch fertig!“
„Gehts dir gut Papa?“, fragte Sue.
„Ja, Papa geht’s sehr gut.“
„Was hast du denn da geraucht?“
„DMT.“
Dorothees Augen verwandelten sich in Eiskristalle.
„Was ist DMT?“, fragte Sue neugierig
„Das erklär ich dir, wenn Du achtzehn bist.“
Ich setzte mich an den Küchentisch, kramte Stift und Papier aus meiner Hemdtasche und begann, meinen Trip so detailliert wie möglich niederzuschreiben. Dorothee klatschte mir einen Schlag Kartoffelbrei auf den Teller.
„Frika?“
„Ohja, ich bitte darum. Die Guten aus dem Sechserpack?“
„Arschloch!“
„Hört auf, euch zu streiten!“, flehte Sue. Alvin fing an zu weinen. Dorothee schob den Kinderwagen hin und her. Obwohl ich nicht vom Blatt aufschaute, spürte ich, wie sich ihr giftiger Blick in mein Fleisch grub. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sie Sue den Kopf streichelte.
„Mach dir keine Sorgen. Morgen geht Papa wieder auf Arbeitssuche.“
„Nein“, sagte ich so ruhig wie möglich. „Morgen verkauft Papa seinen Kurzgeschichtenband.“
Keine Ahnung, warum ich mich im Vakuum besser fühlte als je zuvor. Vermutlich war es die herrliche Stille. Ich drehte eine Runde um den Mars und bewunderte einen Vulkan, der sich wie eine geschwellte Brust aus der rötlichen Landschaft erhob. Der kreisrunde Krater war von einer dunklen Gesteinsschicht umgeben, die diesen Eindruck noch verstärkte. Ich drehte ab und schwamm in gemütlichen Rückenzügen durchs Universum. Jupiter war mir eine Spur zu hell. Also nahm ich Kurs auf den Saturn. Dabei sah ich ein Objekt, das zwischen dem Gasplaneten und seinem Ring kurz aufleuchtete und dann wie von einer Schleuder geschossen beschleunigt wurde. Es war Dorothee, fetter und hässlicher als je zuvor. An ihrer linken Tatze hing Sue und an deren Hand hing unser einjähriger Alvin. Meine Familie hatte sich im Unterschied zu mir auf groteske Weise aufgebläht. Ein Wunder, dass ihnen die Augen noch nicht aus dem Schädeln poppten. Ich kraulte einer seltsamen Krümmung im Raum entgegen, die sich als schwarzes Loch entpuppte. Meine Arme zogen sich schmerzhaft in die Länge, dann wurde ich mit einem unfreiwilligen Flik-Flak in die Tiefe gezogen. Plötzlich konnte ich sie nicht mehr sehen. Doch ihre Stimmen kamen immer näher.
„Hilf uns Papaaaa“, rief Sue und klang dabei so erwachsen.
„Wir kriegen dich“, keifte Dorothee.
„Wie kommen wir hier raus?“, rief eine Männerstimme im Stimmbruch, die womöglich zu Alvin gehörte. Da, ein Fünkchen Licht, eine fleischige Öffnung, von der ein kräftiger Sog ausging. Es wurde heller und heller. Sie flogen parallel zu mir. Dorothees Haare waren schlohweiß. Ihr Gesicht - nur noch ein Wust von Falten. Sue hingegen war zu einer bezaubernden Frau herangereift. Allein ihre Kurven. Das Universum wankte.
„Simon! Simon, wach auf!“
Jemand rüttelte mich. Ich schlug die Augen auf. Dorothee.
„Ich bin noch nicht so weit“, murmelte ich.
„Du hast Sue versprochen, dass wir gemeinsam zu Abend essen.“
Dorothee versuchte, mir die Pfeife zu entwinden, doch ich hielt sie fest umschlungen.
„Das Zeug macht dich noch fertig!“
„Du machst mich noch fertig!“
„Gehts dir gut Papa?“, fragte Sue.
„Ja, Papa geht’s sehr gut.“
„Was hast du denn da geraucht?“
„DMT.“
Dorothees Augen verwandelten sich in Eiskristalle.
„Was ist DMT?“, fragte Sue neugierig
„Das erklär ich dir, wenn Du achtzehn bist.“
Ich setzte mich an den Küchentisch, kramte Stift und Papier aus meiner Hemdtasche und begann, meinen Trip so detailliert wie möglich niederzuschreiben. Dorothee klatschte mir einen Schlag Kartoffelbrei auf den Teller.
„Frika?“
„Ohja, ich bitte darum. Die Guten aus dem Sechserpack?“
„Arschloch!“
„Hört auf, euch zu streiten!“, flehte Sue. Alvin fing an zu weinen. Dorothee schob den Kinderwagen hin und her. Obwohl ich nicht vom Blatt aufschaute, spürte ich, wie sich ihr giftiger Blick in mein Fleisch grub. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sie Sue den Kopf streichelte.
„Mach dir keine Sorgen. Morgen geht Papa wieder auf Arbeitssuche.“
„Nein“, sagte ich so ruhig wie möglich. „Morgen verkauft Papa seinen Kurzgeschichtenband.“
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