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Endlich Drei

Beitritt
06.06.2005
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Endlich Drei

Heute ist mein dritter Geburtstag.
Er unterscheidet sich bisher nicht sonderlich von den letzten beiden.
Vater und Mutter konnten wieder vor Aufregung die ganze Nacht kein Auge zumachen, sind immer wieder in meinem Zimmer herumgeschlichen, um irgendetwas zu finden, was sie hier versteckt zu haben glauben und denken wohl, ich könne bei dem Lärm schlafen.
„Hallo, könnt ihr vielleicht mal ...!“
Nach dem gemeinsamen Frühstück, bei dem ich immer wieder einzunicken drohe, präsentieren sie mir meine Geschenke.
Oh Duplo-Steine, toll! Die wissen wirklich, wie sie einen langweilen können.
„Die haben wir vom Flohmarkt.“ Diese virenverseuchten Dreckssteine könnt ihr euch sonst wo hinstecken.

Dann kommen auch schon die Gäste.
Ich bin nicht sonderlich beliebt in unserem Bekanntenkreis. Ein Kleinkind mit Oberlippenbart zieht so manche unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich und das macht sie nervös. Aber gekommen sind sie trotzdem. Wenn es was zu Essen gibt, kleben sie an einem wie die Fliegen.
„Herzlichen Glückwunsch, Jochen! Du bist jetzt drei.“ Der Arsch, wer hat den eingeladen?
Ich leugne nicht, dass ich reif bin, für einen Dreijährigen, leider fällt es mir noch schwer, es ihnen mitzuteilen. Immer wenn ich es irgendwie versuche, kommen so Sachen wie „Schau, er versucht zu reden, wie süß.“ Dass ich bisher noch nicht einmal Mama gesagt habe, scheint hier niemanden zu verwundern.

Es ist immer wieder dasselbe.
Gewünscht habe ich mir die geilen Schlangenleder-Cowboystiefel, die ich bei Deichmann im Schaufenster gesehen habe, bekommen habe ich nur langweiligen Mist. Aber wen jucken in diesem Haushalt schon meine Wünsche?
Ich beende dieses verunglückte Treffen, indem ich mein Gesicht in die Torte stecke und einatme, die Folgen werden denen dann doch zu bunt. Empört steht die ganze Sippschaft auf und verlässt brabbelnd unser Haus.
„Aber er hat doch nur ... Bleibt doch noch!“ Mein Vater ist schon eine Witzfigur.

Sie legen mich in mein umzäuntes Bett und schließen die Tür. Wenn sie nur nicht immer dieses dämliche Glockenspiel anmachen würden.
„Lalelu ...!“
Was bleibt, sind ein paar Erinnerungen an die Brüste meiner Cousine und ein flaues Gefühl in der Magengegend. Ich bin jetzt alt genug, unabhängig zu sein.
Ich streiche mit den Fingerspitzen über meinen Schnurrbart.
„Mein lieber Moustache.“
Morgen werde ich mich auf den Weg machen.

 

Hi Krilliam,

merkwürdig finde ich die Geschichte und lachen kann ich nur, weil ich nicht zugeben mag, nichts verstanden zu haben. Hoffentlich bemerkt es keiner!

GD

 

die direkte aussage, dass man kindern in dem alter zu wenig zutraut, ist eigentlich nichts für mich, dafür beschäftige ich mich erlich gesagt zu wenig mit ihnen, was ja nicht heißt, dass nicht die ein oder andere sache, der elternrealität entnommen sein kann.
ich habe zB mal freunde mit kind besucht, da lagen so um die fünf dieser plüsch-spieluhren rum und jede davon spielte lalelu, das ist doch schon wahnsinn.
Ja, eben: Sowas ist ziemlich hinüber. Deshalb hab ich auch nicht ausgeschlossen, daß das ein Thema für Dich wäre, obwohl es irgendwie nicht so ganz gepaßt hat.
Man hält die Kinder heutzutage ja extra dumm. Als mein Sohn zum Beispiel zweieinhalb war, konnte er, wenn die Sirene seines Feuerwehrautos nicht mehr ging, bereits selbständig die Batterien wechseln. Das Batteriefach war, damit es kindersicher ist, mit vier kleinen Schrauben zugeschraubt, die er auf- und wieder zugeschraubt hat. Als er drei wurde, hat ihm irgendjemand große, kindgerechte Plastikschrauben samt Plastikwerkzeug, mit dem man nichts anfangen konnte, geschenkt. :D

Solche Sachen sind schon ziemlich pervers.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi Krilliam,

erstaunlich, wie unterschiedlich die Reaktionen sind.
Ich saß in der Tat eher ratlos vor dem Text, erst recht, da ich sternenseglers Kritik zuvor gelesen hatte. Das verstärkte in mir das Gefühl, den Text überhaupt nicht verstanden zu haben. Ich fand ihn alles andere als komisch.
Bei der ersten Erwähnung des Barts dachte ich noch an einen Film mit Robin Williams, in dem er ein Kind spielt, das körperlich krankheitsbedingt schnell altert. Beim dem Gesicht in der Torte dachte ich an die vielen Menschen, die ihre Haustiere so sehr vermenschlichen, dass sie diese an Kindesstatt annehmen, was die Geschichte um so tragischer macht, da es sich wirklich um ein Kind zu handeln scheint.
Und bei der letzten Strophe wusste ich gar nichts mehr. Den Zusammenhang von LaLeLu, Moustache und dem Weg, auf den er sich machen wird habe ich beim besten Willen nicht kapiert.

Ratlose Grüße, sim

 

Hi sim,

ich kann deine verwirrung verstehen. die unterschiedlichen reaktionen kommen wohl durch die unterschiedlichen deutungen und die kommen wohl daher, dass nicht ganz klar ist worum es geht. "räusper"
lustig findens wohl nur die, die es einfach so lesen wie es da steht. (und natürlich den richtigen humor dafür mitbringen)

EDIT: die kernaussage ist wohl, dass es nicht immer so kommt, wie man es sich vorstellt.

danke dir fürs lesen und kommentieren

gruß
krilliam

 

Hi Krilliam,

wenn man den Text wirklich nur so liest, wie er dasteht, dann ist er mächtig witzig. Ich zumindest habe mich köstlich amüsiert. Bringe insofern also anscheinend auch den geforderten Humor mit. Dennoch konnte ich mich ähnlicher Gedankengänge, wie sim sie plagten, nicht erwehren. Irgendwo ist die Geschichte auch sehr hart, und man kann tatsächlich eine Menge hineininterpretieren, was sie weit weg führt, aus der Sparte des Humors...
Da sie aber hier gepostet ist, sollte man sich wohl am besten einfach auf die lustige Seite einlassen. Und wenn man das ohne weiter zu hinterfragen tut, ist die Kg wirklich gelungen!

Warum ist das Baby bei mir nur so eng mit deinem Profilfoto verlinkt? ;)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Krilliam,

manchmal habe ich den Eindruck, mein Humor befindet sich in einem Orthogonalraum zu dem, worüber andere lachen. Ich zumindest fand die Geschichte zwar locker, aber in keiner Weise lustig. Im Gegenteil: Das ist doch eine ziemlich klaustrophobische Angelegenheit, im Körper eines Kindes gefangen zu sein. Nimmt mich irgendwie ziemlich mit.
Auch die Ambitionen der Eltern, etwas aus ihrem Kind zu machen, was es selbst schon jetzt gar nicht sein will.
Da steckt so viel drin.

Nachdenklich,
Naut

P.S.: Brudervomweber, wenn ein Kind nicht lacht, teilt es vielleicht nur nicht deine Auffassung von Humor. ;)

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo weltenläufer und Naut,

musste mich nochmal mit der Geschichte auseinandersetzen, bevor ich was zu euren Anmerkungen schreibe.

dass mein Sinn für Humor nicht so ganz konform geht mit den üblichen Definitionen, wird mir in letzter Zeit immer klarer. (letztens erst, eine Abmahnung wegen Beleidigung eines Vorgesetzten)

Dass, wenn man es so sehen mag, die Situation dieses Jungen, beängstigend sein kann, sehe ich ein und das ist auch nicht ganz unbeabsichtigt.
Situationen, über die ich lachen kann, finde ich selber selten in Komödien. das scheint sich irgendwie auch auf meine eigenen Ideen zu übertragen.

Betrachtet man die Geschite oberflächlich kann ein dreijähriger mit Bart schon lustig sein, finde ich zumindest. dass es, wenn man es näher durchleuchtet, oder anders an die Sache rangeht auch übel sein kann, leuchtet mir ein, auch wenn ich das beim schreiben nicht so empfunden habe.
wenn ich mich da an Humoristen orientiere, dann sind es wohl die Farrelly brüder, die eigentlich üble Situationen so überspitzen, dass zum Teil ganz gute Lacher dabei herumkommen.

Ohje, hab wohl lange nicht mehr auf eine kritik meiner Geschichten geantwortet.

Ich danke euch jedenfalls fürs kommentieren speziell weltenläufer für das mitbringen des "richtigen" Humors und Naut für das viel drin stecken sehen.

Danke und Gruß
krilliam

 

krill Bill,

ja, jaha, jaajaaajaaa !
Die finde ich großartiglichst, brilliantös, es kommt nicht oft vor, wirklich nicht oft, daß ich lachend vorm Rechner sitze, doch bei Deiner kleinen Erzählung kam es vor, wiederholt.
Die Worte sitzen, treffen, genau in mein Verständnis von Humor und abgründiger Witzhaftigkeit, und _was_ Du hier wieder erzählst... das ist ein Jahrhundertwein von einem ohnehin schon guten Weingut.
Ich liebe solche Geschichten und wenn mich überhaupt etwas an ihr stört : sie kommt - wieder - nicht von mir. Doch ich bin froh und dankbar, daß sie da ist.

Grüße,
C. Seltsem

Dass mein Sinn für Humor nicht so ganz konform geht mit den üblichen Definitionen, wird mir in letzter Zeit immer klarer.
was denn, das hätte ich Dir schon vor 10 Jahren sagen können (und erinnere mich dunkel, es auch getan zu haben) :)

 

Alo Monsieur Seltsém,

du erlebst mich verlegen, auch wenn du warscheinlich schon friedlich schlummernd in deinem Bettchen liegst.

freut mich natürlich ungemein, etwas zu bestätigen, was du schon vor 10 Jahren wusstest ;) und nochmehr, bei meinem alten Freund un Kupferstecher ins Schwarze getroffen zu haben.

danke und gruß
krillse

 

Die Geschichte ist großartig und lustig. :thumbsup:
Bei deinem Protagonisten musste sofort an Stewie von family guy denken. :Pfeif:

Humor ist immer sehr subjektiv und hängt auch von der jeweiligen momentanen Stimmung ab. Ich liebe "Stromberg", während andere bei dieser Fernsehserie nur den Kopf schütteln oder gähnen. "Frauen sind wie Hobbits. Am Ende wollen sie alle nur den Ring" :lol:

 

Schönes Ding!!! Egal ob das Thema alt oder neu ist.
Mehr kann ich dazu nicht sagen.

 

Hey Bufo,

danke für die Horizonterweiterung (die gleichzeitig aber irgendwie auch ernüchternd ist) es scheint wirklich alles schon zu geben, das ich mir ausdenke. (auszudenken glaube)

thnx und gruß
krilliam

 

Ach, den Schnurrbart hat Stewie normalerweise gar nicht. Deine Idee hat also schon ihre unplagiatierte Form...
Ich schließe mich dem allgemeinen Lob an. Gibt zwar schon viele Geschichten, in denen aus der Sicht von Babys oder Kleinkindern "erwachsen" erzählt wird, aber selten in so schön absurd gehaltener Form.
Daumen hoch von meiner Seite!

Bie dez

Frenutzer

 

hi ho,

die serie kannte ich tatsächlich nicht, bin wohl für manches mittlerweile zu alt.
nur sprechende tiere hats wohl noch mehr gegeben.

danke dir jedenfalls für den daumen.

gruß
krilliam

 

Hi!
Na ja. Ist irgendwie nicht so mein Ding, deine Geschichte. Ein Dreijähriger mit Schnurrbart, auf dem geistigen Stand eines Dreizehnjährigen? Da ich viel mit Kindern zu tun habe, schaudert mich diese Vorstellung und ich finde sie leider kein bisschen lustig.
Ist aber Geschmackssache!!
cja

 

Hi merettschen,

komisch, das mit dem schaudern habe ich irgendwie schon häufiger zu dieser geschichte gehört. aber humor ist es trotzdem, da bestehe ich drauf. ich habe mich bei "zwei Nasen tanken super" auch immer hinterm Sofa verstecken müssen.

danke jedenfalls für deine Meinung

besten Gruß
krilliam

 

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