Was ist neu

Endstation (Fassung 2)

Mitglied
Beitritt
15.10.2009
Beiträge
24
Zuletzt bearbeitet:

Endstation (Fassung 2)

Am Montag habe ich Herbert zum ersten Mal gesehen. Ich saß ganz hinten und konnte alles überblicken. Unter mir brummte der Motor und vorne stieg Herbert ein. Mit seiner alten Ledertasche in der Hand, zeigte er lächelnd sein Ticket vor und setzte sich neben Roswita. Ganz unscheinbar. Ich beobachtete ihn auch tatsächlich nicht weiter. Jeden Tag steigen auch ein paar Leute ein, die man nie wieder sieht. Ich dachte, Herbert wäre einer von ihnen.
Ich hatte mich geirrt.

Am Dienstag begann Herbert komisch zu werden. Ich sah ihn schon, bevor der Bus hielt. Ein wenig verträumt stand er da im morgendlichen Grau des Herbstes, eine Hand in der Jackentasche vergraben. Zwischen den Anderen fiel er gar nicht auf. Als der Bus vor ihnen hielt, drehten sie sich alle wie Magneten zur Tür des Fahrers. Hinten darf man nicht einsteigen.
Ich saß etwa in der Mitte, eine Reihe hinter Dirk, dem lustigen Dicken der Truppe. Als Herbert einstieg, beschlug seine Brille. Er blieb weit vorne stehen, stellte seine Ledertasche zwischen die Füsse und wischte mit einem Taschentuch die Feuchtigkeit von den Gläsern. Wie ein Maulwurf sah er aus. Blind und hilflos. Aber dann setzte er die Brille wieder auf, schaute sich ein wenig um und sah mich, wie ich ihn beobachtete.
Es zog mir kalt durch die Därme. Ich kam mir eigenartig ertappt vor und wollte schon wegsehen, aber dann passierte es: Herbert lächelte mich an. Nur ganz kurz. Aber ich hatte es gesehen. Schnell wog ich ein paar Reaktionsmöglichkeiten ab. Mit sowas rechnet ja keiner. Herbert hatte mich kalt erwischt. Ich nickte ihm zu und sah dann aus dem Fenster. Weitere Konfrontationen wollte ich an diesem Tag vermeiden. Zum Glück muss Herbert vor mir raus. Ich wusste das Lächeln nicht richtig zu deuten. Heute weiß ich es. Eine bittere Vorschau auf das, was noch kommen sollte.
Kurz bevor ich ausstieg fiel mir auf, dass neben dem Fenster der kleine Hammer fehlt, mit dem man in Notsituationen die Scheibe einschlägt.

In der Nacht zu Mittwoch schlief ich nicht besonders gut. Ich träumte schlecht. Herbert war auch in dem Traum.

Ich fahre jetzt seit sechs Jahren jeden Morgen mit dem Bus zur Arbeit. Zieht man Wochenenden, Urlaubs- und Krankheitstage ab, sind das im Jahr etwa 220 Tage. Fast jeden Tag davon sehe ich sie alle. Wenn ich einsteige, zeige ich Kuno meine Fahrkarte. Er ist sehr dick und riecht nach Rheumasalbe. Roswita hat langes schmutzig-blondes Haar und liest immer Groschenromane. Und Wong ist der dürre Asiate, dessen Alter ich nicht schätzen kann. Für die Blinde habe ich keinen Namen, aber sie arbeitet bestimmt in der Sonderschule, bei der sie immer aussteigt. Ich mag sie, sie hat sehr schöne Hände. Und sinnliche Lippen.
Ich habe noch nie mit einem von ihnen gesprochen. Nur Herberts Namen kenne ich. Weil er ihn mir gesagt hat.

Mittwoch ist Herbert auf die Barrikaden gegangen. Er stand bei der hinteren Tür, kaum fünf Meter von mir entfernt und betrachtete aufmerksam die vorbeiziehende Landschaft. Wenn die Sonne aufgeht, kann man auf den Feldern manchmal ein paar Rehe oder Hasen sehen. Scheinheiliger Dreckskerl! Ich hatte wie gesagt schlecht geschlafen und war deswegen nicht ganz bei der Sache. Bestimmt war das von ihm so geplant.
Erst als seine Haltestelle näherrückte, hab ich ihn wieder ins Visier genommen. Dann hielt der Bus, Kuno drückte den Knopf und während sich die Türen öffneten, drehte sich Herbert ein Stück zu mir und hob die Hand. Eine kleine Geste. Aber ich hatte verstanden. Wie weit wollte er noch gehen? Was wollte dieser Mensch nur von mir? Ich habe doch gar nichts! 59 Quadratmeter mit Südbalkon, na gut. Aber sonst? Kein schickes Auto, keine hübsche Frau, niemanden der "Papa" zu mir sagt.
Zu stehlen oder entführen gab´s also nichts. Ich war völlig ratlos und wurde langsam richtig nervös. Wozu sind Menschen fähig? Die Zeitungen sind voll davon!

Donnerstag war mein letzter Tag im Bus. Ich hatte ein paar Baldrian geschluckt und war extra früh schlafen gegangen. Nochmal sollte er mich nicht vor versammelter Mannschaft bloßstellen. Ich stand hinten bei der Tür und wartete. Und er kam. Zuerst sah es so aus, als wollte er bei Wong stehen bleiben, aber dann sah er mich zwischen all den Köpfen hindurch - und lächelte nochmal. Runde zwei war eröffnet. Ich war bereit.
Er hatte seine Tasche schon zwischen den Füßen abgestellt, aber als er mich sah, hob er sie wieder auf. Der Motor dröhnte leise, als der Bus anfuhr. Herbert bat sich hier und da durch, vorbei an Dirk und Roswita, hangelte sich wie ein Affe von Stange zu Stange, manövrierte seine Tasche geschickt um Kniee und an meiner Blinden vorbei. An der Stange wurde mir die Hand schwitzig und mein Puls pochte. "Was hat der vor, was hat der vor, was hat der vor?!" Meine Nackenhaare richteten sich auf.
Dann stand er vor mir. Ganz dicht. Er beugte sich runter, stellte seine Tasche ab und hielt mir die Hand hin.
»Hallo. Ich bin Herbert.«
Meine Pupillen weiteten sich, mir trat der Schweiß auf die Stirn, der Puls raste in meiner Brust. Entsetzen, wie ich es noch nie im Leben gespürt hatte. Plötzlich ging alles ganz schnell.
Hydraulisch schnaufen die Bremsen, eine Reflektion im Augenwinkel, die Türen gehen auf, zwischen mir und ihm noch immer die Hand. "Raus! Nur raus!!" Ich schubse ein Mädchen zur Seite, stürze mich aus dem Bus und renne; renne nach Hause, so schnell ich kann.
Als ich ankomme kreischen meinen Lungen und mein rechter Fuß pocht vor Schmerz. Ich bin wohl umgeknickt, als ich rauskam. Aber ich hab´s geschafft! Die Tür knallt ins Schloss und ich schliesse zweimal ab.

Heute ist Montag. Meinen Job bin ich wohl los.
Ich habe kein Telefon. Nur ein Handy, dass in meiner Wohnung keinen Empfang hat.
Der Supermarkt ist gleich auf der anderen Straßenseite. Aber ich kann hier nicht weg. Ich sitze im Flur auf einem Klappstuhl und halte Wache. Seit Donnerstag habe ich zweieinhalb Stunden geschlafen. Gestern Nacht habe ich Schritte vor meiner Tür gehört. Er ist da draussen und wartet.
Ich habe nur noch einen Apfel und mein Magen knurrt schon. Aber ich gehe hier nicht raus. Nein. Niemals! Ich komme nicht! Der kriegt mich nicht klein!
»Hörst du mich, Herbert?! Du kriegst mich nicht!!!«

Ende.

 

Hier nun nach langem Grübel, Tüfteln, Feilen und Polieren die zweite Fassung. Altes Schema, zwei neue Figuren und die Risiken des Nahverkehrs. Ich hoffe, sie vermag mehr Leser zu fesseln, als die erste Version und wird reichlich kommentiert. Viel Spaß beim Lesen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Loui,

in der ersten Fassung wird Deine Geschichte interessant, als Herbert und der Erzähler ihr Bus-Spiel beginnen. Bei dieser Version habe ich das Gefühl, Du traust der Wirkung dieses stillen Kampfes nicht und baust lauter (unnötigen) Kram ein.

zeigte er lächelnd sein Ticket vor und setzte sich neben Roswita
Wer ist Roswita (ich weiß wer Roswita ist, aber nur, weil ich die erste Version gelesen habe)? Auch die anderen, Dirk, Wong, Kuno - du zerrst sie kurz auf die Bühne, nur um sie dann gleich wieder in die Kulissen zu schubsen. Mich lenkt das ab.

Ganz unscheinbar. Ich beobachtete ihn auch tatsächlich nicht weiter. Jeden Tag steigen auch ein paar Leute ein, die man nie wieder sieht. Ich dachte, Herbert wäre einer von ihnen.
Das ist absurd. Der Erzähler beachtet Herbert nicht, aber für dieses Phänomen wird der halbe Absatz verbraten.
"Zuerst habe ich Herbert gar nicht beachtet" würde ausreichen und mich nicht mit der Nase darauf stoßen, das Herbert ja überhaupt nicht bemerkt wird.


Als wir gehalten hatten, drehten sie sich alle wie Magneten zur Tür des Fahrers.
Diesen Satz verstehe ich nicht, meinst Du, dass alle wissen wollen wer überhaupt einsteigt, und was hat das mit hinten einsteigen zu tun, macht das jemand?

wenig um und sah mich, wie ich ihn beobachtete.
Vorschlag: wenig um und sah, wie ich ihn beobachtete.
Dass er dabei auch "ihn" sieht, lässt sich schlecht vermeiden.

Es zog mir kalt durch die Därme. Ich kam mir eigenartig ertappt vor und wollte schon wegsehen, aber dann passierte es: Herbert lächelte mich an.
Es zog mir kalt durch die Därme. Ertappt wollte ich wegsehen, als es passierte: Herbert lächelte mich an.

Entschuldige, dass ich hier so rum kürze, ich hör schon auf.

Ich nickte ihm zu und sah dann aus dem Fenster. Weitere Konfrontationen wollte ich an diesem Tag vermeiden.
In der ersten Version hast du Dir, glaube ich, mehr Zeit gelassen. Mir hat das besser gefallen. Das prompte Nicken als Reaktion wirkt eben nicht kalt erwischt.

Herbert lächelte mich an. Nur ganz kurz. Aber ich hatte es gesehen. Schnell wog ich ein paar Reaktionsmöglichkeiten ab. Mit sowas rechnet ja keiner. Herbert hatte mich kalt erwischt.
Das ist gut.

In der Nacht zu Mittwoch schlief ich nicht besonders gut. Ich träumte schlecht. Herbert war auch in dem Traum.
*Haare rauf* Zum einen hat dieser kurze Einschub nicht sehr viel mit dem Darüber und Darunter zu tun. Wozu ist er da?
Und Herbert war ganz sicher nicht in dem Traum, er kam höchstens darin vor.

Ich fahre jetzt seit sechs Jahren jeden Morgen mit dem Bus zur Arbeit. Zieht man Wochenenden, Urlaubs- und Krankheitstage ab, sind das im Jahr etwa 220 Tage. Fast jeden Tag davon sehe ich sie alle. Wenn ich einsteige, zeige ich Kuno meine Fahrkarte. Er ist sehr dick und riecht nach Rheumasalbe. Roswita hat langes schmutzig-blondes Haar und liest immer Groschenromane. Und Wong ist der dürre Asiate, dessen Alter ich nicht schätzen kann. Für die Blinde habe ich keinen Namen, aber sie arbeitet bestimmt in der Sonderschule, bei der sie immer aussteigt. Ich mag sie, sie hat sehr schöne Hände. Und sinnliche Lippen.
Ich habe noch nie mit einem von ihnen gesprochen. Nur Herberts Namen kenne ich. Weil er ihn mir gesagt hat.
Konntest Du Dich nicht trennen? ;) Das kenne ich. An dieser Stelle ist der Zug für solche Erklärungen mMn längst abgefahren.

Wenn die Sonne aufgeht, kann man auf den Feldern manchmal ein paar Rehe oder Hasen sehen.
Wieder so ein transplantiertes Detail. Gut möglich, das es da Hasen und Rehe gibt, aber das will ich jetzt nicht hören. Gerade hast Du von Herbert und den Barrikaden angefangen, auf einmal ist Ostern!

Bestimmt war das Absicht.
Was und von wem?

Zu stehlen oder entführen gab´s also nichts.
Darauf kann der Leser nach Deiner Ausführungen vorher selber schließen.

Donnerstag war mein letzter Tag im Bus.
Wie, danach nie wieder?

Ich war extra früh schlafen gegangen und hatte mir Baldrian besorgt.
Ist er am Abend vorher extra früh schlafen gegangen?
Oder hat er sich Baldrian besorgt, um es im Bus zu nehmen?

ber dann sah er mich zwischen all den Köpfen hindurch - und lächelte nochmal. Runde zwei war eröffnet. Ich war bereit.
Er hatte seine Tasche schon zwischen den Füßen abgestellt, aber als er mich sah,
Er sah ihn, lächelte ... und dann gehst Du praktisch rückwärts - und der Leser muss auch rückwärts gehen - um das Detail mit der Tasche einzubauen.
Die alte Version hat mir besser gefallen.

Nackenhaare richteten sich auf.
Ganz allgemein?

Plötzlich geht alles ganz schnell.
ging alles ganz schnell. Du bist erst im letzten Absatz in der Gegenwart angekommen.

mein Magen knurrt schon.
Also, die Begegnung mit Herbert war am Donnerstag, jetzt ist Montag, da klingt "schon" ein bisschen untertrieben.

Ich glaube, dass Du die erste Version unterschätzt. Was da stört ist die lange Einleitung. Anstatt die angemessen zu ersetzen bzw. wegzulassen, hast du Teile davon und noch mehr in den Text gestreut und ihn komplett durchgerührt.

Es tut mir leid, dass Du Dir soviel Arbeit gemacht hast und ich Dir so wenig Positives zur neuen Fassung sagen kann. Lass Dich davon nicht entmutigen (ist ja eh nur meine Meinung).

Viele Grüße
Ane

 

Hallo, Ane.

Danke für Deine Kritik. Hier ein paar Erklärungen, bzw. Erläuterungen.
Ich hab alles zeitlich gestaucht und auf großartige Erklärungen bezüglich der anderen im Bus verzichtet um schneller zum Punkt zu kommen. Ganz weglassen konnte ich Roswita und Co. aber keinesfalls: Sie sind ja der Clou der Geschichte. Sie sind die Familie nach der er sich insgeheim sehnt (deshalb auch der wie Du angemerkt hast eigentlich überflüssige Satz "Zu stehlen oder entführen gabs also nichts." - ich wolte vermeiden, dass der Leser denkt, dass sich der Erzähler seines Familienwunsches bewusst ist. Mit "niemand der mich Papa nennt." zu schliessen hätte zu sehnsüchtig geklungen - und wäre damit zu plump gewesen.).

Dass das mit den Magneten, die sich zur Fahrertür drehen, nicht funktionieren würde, hatte ich befürchtet. Damit sind die Menschen an der Haltestelle gemeint. Der Bus fährt an die Haltestelle und kurz bevor er hält, drehen sich die Leute, die da stehen wie Metallteilchen zur sich öffnenden Fahrertür. Sie richten sich quasi aus. Da sind meine Formulierungskünste an ihre Grenzen gestossen. Ein so kleines Detail wollte ich nicht zu umständlich beschreiben. Vielleicht lasse ich es einfach weg.

"Hinten darf man nicht einsteigen." zeigt, dass der Erzähler normversessen ist und sich wie ein streberhaftes Kind als eine Art Aufseher fühlt, der um jeden Preis vermeiden will, dass irgendetwas sein Reich im Bus durcheinander bringt.

Mit der Traumsequenz wollte ich vermeiden, dass der Leser glaubt, dass der Erzähler morgens den Bus verlässt und dann eben nicht mehr an Herbert denkt. Dieser Typ beschäftigt ihn aber. Er verfolgt ihn sogar in seinen Träumen. Vielleicht sollte ich die Traumsequenz (die ja eigentlich keine mehr ist) durch Nervosität oder Unkonzentriertheit am Arbeitsplatz ersetzen. Aber eigentlich wollte ich im Dunkeln lassen, was für einen Beruf der Erzähler hat.

Donnerstag ist sein letzter Tag im Bus. Genau. Für immer. Wird das denn am Ende nicht klar? Der Erzähler wird seine Wohnung nicht verlassen. Nie wieder. Er ist völlig paralysiert von der Vorstellung, dass Herbert draussen wartet; er wird verhungern. (Sein Magen knurrt erst am Montag, weil er noch ein paar Nahrungsmittel im Kühlschrank hatte. Jetzt sind sie aufgebraucht. So dachte ich zumindest.)

Danke für Lob und Tadel. Ich freue mich über beides.

 
Zuletzt bearbeitet:

Sie sind ja der Clou der Geschichte.
Finde auch, sie bilden die Basis für alles weitere. Nach meinem Empfinden funktioniert es so wie Du es jetzt aufgebaut hast bloß nicht. Herbert ist schon längst in Aktion getreten, der Kampf begonnen worden, als Du Kuno und so weiter vorstellst. Warum kann der Erzähler nicht einfach sagen, wie es ist: Er hat niemanden sonst und dieser Mangel führt zu den beinahe familiären Gefühlen zu den fremden Leuten im Bus. Herbert ist ein Eindringling.

"Hinten darf man nicht einsteigen." zeigt, dass der Erzähler normversessen ist
Das ist ja okay, aber: Der Fahrer sitzt vorne:
1. Warum gucken jetzt alle dahin, da steigen halt Leute ein, das ist ja in einem Bus kein anormales Verhalten oder etwas besonderes. Und:
2.Wenn jemand hinten einsteigt, dann habe ich anscheinend immer noch nicht begriffen, wer. Herbert? Wo steht das?

Mit der Traumsequenz wollte ich vermeiden, dass der Leser glaubt, dass der Erzähler morgens den Bus verlässt und dann eben nicht mehr an Herbert denkt.
Ich kann nur für mich sprechen, aber Sätze wie:

Es zog mir kalt durch die Därme.
Herbert hatte mich kalt erwischt.

wirken auf mich nicht so, als wäre der Erzähler besonders locker. Und grundsätzlich finde ich die Idee mit dem Traum gut, Du könntest sie einbauen (auch ohne Erwähnung des Arbeitsplatzes), er könnte sich z.B. im Bus sitzend erinnern, was er geträumt hat.

Donnerstag ist sein letzter Tag im Bus. Genau. Für immer. Wird das denn am Ende nicht klar?
Um ehrlich zu sein, ich frage mich am Ende weniger, ob der Ärmste wohl je wieder Bus fahren wird, weil ich voll und ganz mit seiner Unfähigkeit, die Wohnung zu verlassen beschäftigt bin.
Zu dem Zeitpunkt, als du es erwähnst, weiß der Erzähler aber noch gar nicht, dass dies sein letzter Tag in Bus sein wird.

Du schreibst ja auch nicht: "Heute ist Montag. Mein erster Tag zu Hause."

Die Idee der Geschichte gefällt mir immer besser. Ich hoffe, Du kannst noch andere dafür erwärmen.

 

Hallo Loui,

in deiner Geschichte geht es um die die Überschreitung von gewohnten Grenzen. Dein Prot genießt es, aus der anonymen Distanz Menschen in einem Bus zu betrachten, ihnen Fantasie-Namen zu geben und sich Gedanken über sie zu machen.

Es erschreckt ihn aber, dass bei der Begegnung mit Herbert diese für ihn offensichtliche notwendige und beruhigende Distanz plötzlich ins Wanken gerät. Ein zufälliger Blickkontakt und eine daraus resultierende Reaktion führt dazu, dass Herbert sich eines Tages dazu aufgerufen fühlt, aus der Anonymität herauszutreten, um sich mit dem Prot bekannt zu machen.

Was wiederum deinen Prot - der nicht alle Ziegel auf dem Dacht hat - in eine schwere Krise stürzt.

Die Idee finde ich gut. Du hast es auch grundsätzlich ganz gut geschrieben. Aber in zwei wesentlichen Punkten könntest du meines Erachtens deine Story noch optimieren.

- Die Beschreibungen der Nebenfiguren auf ein Minimum beschränken.
- Die Konstellation Prot/Herbert vielleicht noch etwas verdichten

Das sollten nur ein paar kleine Kunstgriffe sein, keine radikalen Änderungen. Die Geschichte ist wirklich interessant. Ich fahre selbst oft Bus und kenne dieses Betrachten anderer Menschen aus sicherer Distanz.

Manchmal kann dann ein plötzliches Lächeln als Reaktion ganz schön irritierend sein :-)

Rick

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom