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Erlösender Schmerz

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27.01.2004
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Erlösender Schmerz

Zuerst war da nichts als Dunkelheit. Eine allumfassende schwarze Masse.
Kein Ton. Kein Gefühl. Kein irgendwas.
Bin ich tot?
Allein dieser aufkeimende Gedanke verrät mir, dass dem nicht so ist. Zumindest etwas lebt noch.
Bin ich physisch noch am Leben?
Keine Antwort. Kein Hinweis darauf.
Bin ich denn überhaupt noch etwas, außer dem Ich, etwas mehr, als bloße Gedanken?
Oder bin ich nur mehr das einzig wahre Zentrum meines Ichs, das Bewußtsein?
Ich strecke meine Gedanken aus, taste mich vorwärts. Wo ich auch hinfühle. Nichts als Schatten und Stille. War es jemals anders?
Kein Gefühl, ich spüre meinen Körper nicht. Nein!
In Erinnerungen blättere ich in Zeitungen, lese von Querschnittgelähmten. Von Wachkomapatienten, die zwar leben, aber ...
Ist das ein Leben? Etwas Neues: Angst.
Ich denke, also bin ich.
Doch bin ich noch mehr, als ein denkendes Etwas, ohne Gefühl und Körper? Habe ich noch eine Hülle, die sich steuern lässt?
Irgendwo in der Schwärze pocht etwas. Mein Herz.
Dann geht alles ganz schnell.
Endlich, ein Gefühl. Ich bin noch. Ein Gefühl! Und was für eines; wie glühende Dolche fressen sich Eindrücke in mein Gehirn. Es wird unangenehm. Hitze. Aber ich bin! Ich bin!
Schmerzen. Unerträgliche Schmerzen. Ich reiße die Augen auf, meine Zunge entkommt den Kiefern nicht mehr, die ich in schierer Agonie aufeinanderpressen.
Ich bin!
Ich rieche. Verbranntes Fleisch. Ich spüre. Hitze.
Ich fühle. Unerträgliche Schmerzen.
Aber ich bin! Das allein zählt.
Nicht der Schmerz. Nicht das sich in der Hitze verformende Blech, das meinen Körper zerquetscht. Nicht der Kunstoff, der sich verflüssigt, mit meinem brutzelnden Fett verschmilzt. Und nicht das Lenkrad, das meinen Brustkorb zertrümmert hat.
Ich bin. Kein Leben im Nicht-Sein. Alles andere ist unwichtig.

 

... beeindruckend! Ich finde, du hast es geschafft mit wenigen Worten ein Gefühl zu beschreiben, dass man eigentlich so gar nicht beschreiben kann...
Alles Liebe, Dome

 

Hallo Dome!

Dnake dir für's lesen und deine netten Worte! Es freut mich, wenn es bei dir so gut angekommen ist.

Gruß!
One

 

Hallo one weak,
einen beeindruckenden Text hast du da geschrieben. Ich dachte die ganze Zeit an Wiedergeburt. Na, da lag ich wohl daneben.
Einige Dinge möchte ich aber doch ansprechen:

Bin ich tot?
Allein dieser aufkeimende Gedanke verrät mir, dass dem nicht so ist.
Sehe ich nicht so. Nach meinem Verständnis ist der Geist vom Körper trennbar und dennoch allein fähig zu denken.
Somit könnte er schon tot sein.
Doch bin ich noch mehr, als ein denkendes Ding, ohne Gefühl und Körper?
Er hatte ja gerade festgestellt, daß er nicht tot ist, also einen Körper hat.
Ein Ding ist ein Körper, sonst wäre es kein Ding.
Dann geht alles ganz schnell.
Endlich, ein Gefühl. Ich bin noch. Ein Gefühl! Und was für eines; wie glühende Dolche fressen sich Eindrücke in mein Gehirn.
Auf mich hat das so gewirkt wie: Aah, da ist ja doch noch was. Schön, hab ich doch noch einen Körper...
Aber: Der Typ brennt, unerträgliche Schmerzen, Hitze, der brodelnde Wahnsinn, der ihn flehen lässt wieder die Besinnung zu verlieren. Aus dieser Sicht ist mir das Ende etwas zu schwach.

Der Text hat mir trotzdem gut gefallen.
Gruß 3

 

Hallo Dreimeier!

Danke dir fürs lesen und deinen Kommentar. Ich freu mich, dass dir der Text gefallen hat.

Sehe ich nicht so. Nach meinem Verständnis ist der Geist vom Körper trennbar und dennoch allein fähig zu denken.
Somit könnte er schon tot sein.
Ja, da hast du recht, wobei ich dies aber unter Ansichtssache stellen würde. Allerdings wird das noch geändert.

Er hatte ja gerade festgestellt, daß er nicht tot ist, also einen Körper hat.
Ein Ding ist ein Körper, sonst wäre es kein Ding.
Hast recht, 'Ding' ist schlecht ausgedrückt. Aber der PRot hat nur die Angst, dass er zwar denken kann, aber keinen Körper mehr hat, den er steuern kann. Deswegen auch die Anspielung auf Wachkomapatienten etc.

Auf mich hat das so gewirkt wie: Aah, da ist ja doch noch was. Schön, hab ich doch noch einen Körper...
Aber: Der Typ brennt, unerträgliche Schmerzen, Hitze, der brodelnde Wahnsinn, der ihn flehen lässt wieder die Besinnung zu verlieren. Aus dieser Sicht ist mir das Ende etwas zu schwach.
Nun, der Titel sollte darauf ein klein wenig hinweisen. Er hat Angst davor, ein Nicht-Sein zu erleben. Denken, ja, aber bewegen, sich verständigen, nein. Davor hat er Angst. Diese Ungewißheit wird ihm genommen, als er Gefühle verspürt, daher weiß er, dass er nocht ist. Insofern erlösen ihn die Schmerzen, die er fühlt (zugegeben, gewaltige Schmerzen) von seiner Ungewißheit und darüber ist er froh. Vielleicht ist nun das Ende besser verständlich.
Ansonsten bitte ich um Hilfe, es zu verbessern.

Gruß!
One

 

Hallo OneWeak,

das ich am Ende deiner Geschichte eine Gänsehaut bekommen habe, sagt ja wohl schon aus, dass du dein Ziel erreicht hast.
Anfangs dachte ich, dass dein Prot. gestorben ist und irgendwo auf dem Weg ins Jenseits umherschwebt. Dann glaubte ich, dass er wohl fast tot war, jetzt aber im Krankenhaus ist und gerettet wird. Das Ende hat mich dann schon sehr überrascht. Am heftigsten fand ich die Stelle mit dem gebrutzelten Fleisch.

Hast du sehr gut beschrieben!!

LG
Bella

 

hallöle one,

ja, irgendwie bin ich in letzter zeit bei allen geschichten spät dran, die ich kommentieren möchte (obwohl ich das ja schon irgendwie hab, nicht wahr ;) ), aber ich stotter sie schon alle ab. wart nur.

Zuerst war da nichts als Dunkelheit. Eine allumfassende schwarze Masse.
Neulich, im Debattierteam...

Bin ich denn überhaupt noch etwas, außer dem Ich, etwas mehr, als bloße Gedanken?
gefällt mir sehr gut!

du weißt ja sicher, dass sie mir gefällt. Dein Stil ist flüssig und doch eigen. Gefällt mir sehr gut.

Analysieren muss ich den Text ja nicht, hast schon aufgeklärt.

Also, liebe Grüße
Tama

ich seh grad, dass es diesmal äußerst kurz ausfällt. naja, siehs positiv...

 

Hallo Bella, hallo Tama!

Danke Euch beiden fürs lesen und kommentieren.

@Bella

das ich am Ende deiner Geschichte eine Gänsehaut bekommen habe, sagt ja wohl schon aus, dass du dein Ziel erreicht hast.
Tatsächlich eine Gänsehaut? Na dann hab ich nicht versagt ;)
Am heftigsten fand ich die Stelle mit dem gebrutzelten Fleisch.
Ja, das wollt ich unbedingt drin haben. Soll auch ein wenig heftig sein, wenns andere genauso sehen - umso besser!

Freut mich, dass es dir gefallen hat!

@Tama

(obwohl ich das ja schon irgendwie hab, nicht wahr ;) )
Da hast du recht und deshalb freuts mich besonders, dass du's ein zweites Mal machst :)
Neulich, im Debattierteam...
:D
ich seh grad, dass es diesmal äußerst kurz ausfällt. naja, siehs positiv...
Inwiefern? Dass ich weniger zu tippen hab ;)
Im Ernst: ja, der Gedanke ging nicht viel länger :)

Ansonsten freut es mich natürlich, dass es auch dir gefallen hat!

Euch beiden einen lieben Gruß,
One

 

Hallo one weak,

ein eindringlicher, bewegender Text. Gut geschrieben, bis auf einige kleine Wort-Schlageisen, die hier schon genannt wurden.

Mir kam bei dem Zusammenhang "Schmerz" und "Erlösung" eher ein ausgewachsenes Borderline-Syndrom in den Sinn. Dass es am Ende ein Autounfall ist, der (unfreiwillig) erlöst, überrascht und bringt mich etwas aus dem Tritt.

Dennoch - gerne gelesen.

M.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo one weak,

jetzt werde ich meinen Beitrag mal umkopieren...

Sorry für den Fehler,

tschüß... Woltochinon

 

Abend Der Weg (geiler nick :D)!

danke fürs lesen, freut mich, wenn es dir gefallen hat.
Eine Frage hab ich aber: Was ist das Borderline-Syndrom?

Abend Woltochinon!

Ist natürlich kein Problem ;)

Grüße,
One

 

Hi one,

ohne wirklich firm in der Materie zu sein, folgendes: mit Borderline verbindet man gemeinhin die Selbstverstümmelung zur Überwindung seelischer Qualen. Du weißt schon: junge Frauen, die sich mit Messern die Unterarme verletzen (nicht suizidal) oder sich bewußt Brandwunden zufügen, etwa um sich selber wieder zu spüren oder von ihrem seelischen Leid für einen Moment ablassen zu können.
Allgemeiner fällt unter ein Borderline-Syndrom wohl eine lebensverneinende, selbstgefährdende (z.B. Drogenabhängigkeit, leichtfertige sexuelle Begegnungen ohne Schutz etc.) Lebensweise, die mehr oder weniger bewußt so gewählt wird, um über seelische Unzufriedenheit hinwegzuhelfen. Ich schätze, man könnte es wohl eine psychische Erkrankung nennen... aber ich lasse mich da auch gerne belehren. Habe mich nur mal am Rande damit beschäftigt.

Gruß,
M.

 

hey nachmal!


Hola, siehste, weider was gelernt. Hab ich ned gewusst. Vielen Dank für die Info.

Gruß,
One

 

Hi one,

oh Mann, eine eindrucksvolle, erschreckende Geschichte.
Ich habe keine Gänsehaut bekommen, mir wurde ganz heiß.

Wäre ich an der Stelle deines Prots gewesen, wäre mir das Nichtempfinden in der Dunkelheit lieber gewesen.
Sein erster Gedanke, nachdem er Schmerz empfand, war: Ich bin noch.
Dann müsste sein zweiter gewesen sein: Aber nicht mehr lange. :(

Wirklich seltsame Empfindungen, die dein Prot hat.

Nicht der Schmerz. Nicht das sich in der Hitze verformende Blech, das meinen Körper zerquetscht. Nicht der Kunstoff, der sich verflüssigt, mit meinem brutzelnden Fett verschmilzt.
Klasse :thumbsup:
Ich bin. Kein Leben im Nicht-Sein. Alles andere ist unwichtig.
Der Schmerz vernebelt seine Sinne, denn sonst wäre ihm klar, dass er wenige Augenblicke später, im Nicht-Sein leben wird.
Obwohl es kein Nicht-Sein gibt, aber das weiß der Junge wohl noch nicht. :D

Hat mir sehr gut gefallen. Hier empfand ich wirklich in der Kürze die Würze :)

lieben Gruß, coleratio

 

Hallo coleratio!

Vielen Dank fürs lesen und deinen Kommentar. Hab mich gefreut, weils dir so gut gefallen hat.

Wirklich seltsame Empfindungen, die dein Prot hat.
Naja, ehrlich gesagt wäre ich auch lieber tot, als nur mehr "halb" zu sein.
Der Schmerz vernebelt seine Sinne, denn sonst wäre ihm klar, dass er wenige Augenblicke später, im Nicht-Sein leben wird.
Obwohl es kein Nicht-Sein gibt, aber das weiß der Junge wohl noch nicht.
Es wäre vielleicht ein zweiter Gedanke, aber ... siehe oben. Mit nicht Sein, meine ich den Zustand, dass man zwar lebt, aber ncihts mehr empfindet, und sich nicht bewegen kann.

Liebe Grüße,
One

 

Hi one!

Tolle Idee! Gut geschrieben!
Und die wäre mir beinahe entgangen!
Schande über mich!

Eines aber:

der bin ich nur mehr das einzig wahre Zentrum meines Ich’s, das Bewußtsein?
meines Ichs - kein Apostroph!

In diesem Sinne
c

 

Hey chazar!

Tut mir leid, dass ich erst jetzt antworte, aber irgendwie schwirrt alles so an mir vorbei.

Tolle Idee! Gut geschrieben!
Das freut mich jetzt sehr. Aufmunterung in solchen Zeiten sind der Balsam auf der Seele.
Fehler wird ausgebessert.

Danke dir für's lesen!

Grüße,
One

 

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