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Es war einer dieser gläsernen Septembertage

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24.07.2004
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Es war einer dieser gläsernen Septembertage

Es war einer dieser gläsernen Septembertage, die blank und strahlend sind und dennoch schon nach Herbst riechen.
Ich saß auf der Veranda einer Holzblockhütte, von der meine Freundin in allerhöchsten Tönen geschwärmt und die ich auf ihr Drängen hin doch noch gemietet hatte.
Idyllisch sollte sie sein, direkt am Wasser gelegen.
Ich würde jeden Abend beim Sonnenuntergang dem Quaken der Frösche zuhören können und der tiefe Friede würde sich von ganz allein über mich senken.
„Von ganz allein“, dachte ich grimmig.
Vielleicht verhinderte auch das Päckchen Briefe auf meinem Schoss ja eben diesen Frieden.
Seine Briefe, seine Liebesbriefe.
„Wem willst du was vormachen?“ fragte meine Sehnsucht mich überraschend zärtlich.
Ja, wem wollte ich was vormachen?
Die ganzen drei Tage schon, seit ich hier war, hatte er mein Denken und Fühlen auf eine hartnäckige Weise besetzt gehalten.
Gestattete keinem anderen Gedanken sich niederzulassen in meinem wirren Kopf, ließ meinen Körper schmerzen, wie auf dem Entzug von den Berührungen seiner Hände.
Er, der Mann in meinem Leben, mein Dozent, meine Liebe.
Er, der Mann einer anderen Frau, der Vater ihrer Kinder, der verheiratete Familienmensch.
Ich lernte ihn in einer Kneipe kennen.
Meine Freundin hatte mich mitgenommen und mich dem ganzen Grüppchen Studenten am Tisch vorgestellt.
Er sah gar nicht aus, wie einer, der unterrichtet, eher wie jemand, der ganz hinten im Hörsaal sitzt und kluge, bissige Bemerkungen an den Dozenten richtet.
Auch damals war er es, der redete, die ganze Gruppe mühelos unterhielt.
Witzig, schlagfertig und überaus scharmant.
Nach meiner Vorstellung hatte ich mich leise und unauffällig an den Rand der Tischbank gequetscht.
Mich bemüht, leiser zu atmen, in der Hoffnung, unsichtbar zu werden.
Und zugehört. Ihm zugehört.
Sein Gesicht, mit der kurzen, breiten Nase, den oftmals zornig oder verächtlich geblähten Flügeln und den vollen, am liebsten spöttisch verzogenen Lippen konnte man nun wirklich nicht als schön bezeichnen.
Und doch ging eine unbeschreibliche Faszination von ihm aus..
Er konnte alles mit Worten machen, Welten erschaffen und wieder zerstören, toten Dingen Leben einhauchen und einen die Farben schmecken lassen.
Ich war eine der letzten, die noch am Tisch saßen, wollte solange wie möglich seiner Stimme lauschen, wollte nicht, dass dieser Mann aus meinem Leben wieder verschwand.
Bereits vier Wochen später waren wir ein Liebespaar.
Schon damals kannte ich die Tatsache, dass er verheiratet war und seine Frau nicht verlassen würde.
Konnte mich aber dem lockenden, undurchdringlichen Blick aus seinen schräggeschnittenen, grünlichen Augen nicht entziehen.
Konnte meinem Körper, der sich so sehr nach seinen Berührungen sehnte, dass es weh tat, keinen Einhalt gebieten.
In der ersten Nacht, als wir, noch voll angezogen, auf meinem schmalen Bett lagen, fand ich heraus, dass er noch mehr konnte, noch mehr wusste.
Er wusste, wie man eine Frau anfasste. Ich glaube, es war das, was er am besten konnte.
Er bewegte seine Hände meine Schenkel hinauf und zog mir meine Hose aus, als sei sie eigens zu diesem Zweck erfunden worden. Zum Ausziehen.
Wie von selbst suchte sein Mund den meinen, er berührte meine Lippen und ich schmeckte seinen Atem.
Die Versuchung, mich in seinem männlichen Duft zu vergraben, war übermächtig.
Mein Name, kehlig und heiser von ihm geflüstert, klang zärtlicher als jede Liebeserklärung.
Seine Stimme, die flüsterte, bettelte und mir leise ins Ohr schmeichelte, war meine Droge, von der ich täglich eine größere Dosis brauchte.

Jetzt war ich hier. Vor ihm geflohen. Vor dem Wahnsinn geflüchtet. Um zur Ruhe zu kommen, um nachzudenken, um mein Leben zu ordnen.
Das schmeichelhafte Licht der beginnenden Dämmerung hatte bereits eingesetzt und über dem ruhigen Wasser hoben sich die zarten Nebel wie perlmutfarbene Schleier, als mich das knarrende Geräusch der alten Holztür aus meinen Gedanken aufschreckte.
Er...er war gekommen...hat mich aufgespürt, mich wie eine fliehende Beute gestellt.
Mein Herz wummerte bei seinem Anblick los und das Blut pulste mit rasender Geschwindigkeit durch meine Adern.
Seine Stimme war tief, aber ruhig, als er zu sprechen ansetzte. Gefährlich ruhig.
Er sprach langsam, wählte jedes seiner Worte mit Bedacht.
In meinem Kopf machte sich ein Brausen breit, und hinter den Schläfen begann es schmerzhaft zu klopfen.
Jeder Muskel in meinem Körper verkrampfte sich.
Meine Wangen begannen zu prickeln, und ich hatte das Gefühl, unter mir sacke der Boden weg.
Und dann, als mein Verstand endlich realisierte, was er da sagte, überrollte mich die Wut wie eine gewaltige Woge, machte meinen Bauch gefühllos und den Kopf gleichzeitig ganz leicht.
Er sei nur gekommen, um sich zu verabschieden.
Von mir...ich sei eine zu große Belastung für ihn geworden.
Dabei strich er sich mit dem Daumen über den Mundwinkel, und sein Lächeln war seidenweich.
Ach ja...bevor er es vergesse : er danke mir auch schön für die „Vorarbeit“, die ich für sein neues Buch geleistet hätte. Ich hätte ganz brauchbare Ideen geliefert.
Meine Gesichtszüge entgleisten ob dieser bodenlosen Unverschämtheit, während mein Verstand präziser als je zuvor funktionierte, eine bösartige, perfekte Maschinerie, die mich nicht zur Ruhe kommen ließ.
Es war keine „Vorarbeit“ für sein neues Buch...
Es war die Roh-Fassung meiner Diplom-Arbeit, die er unter Vorspiegelung falscher Tatsachen mir gestohlen hatte.
Mein Körper weigerte sich noch immer hartnäckig seine normalen Funktionen wieder aufzunehmen, nur die Tränendrüsen, die sprangen mühelos an und lieferten ungewollt und ungefragt jede Menge heißer, wütender Sturzbäche, die meine Wangen hinabliefen.
Er muss meine Körpersprache falsch gedeutet haben, denn jetzt lächelte er sinnlich, beugte sich zu mir vor, küsste mir eine Träne weg und schnurrte genüsslich :“ Dann stimmt es also, kleine Mädchen sind tatsächlich aus Zucker gemacht“.
Das war der Moment als mein Körper ruckartig und bebend vor ungezügelter Energie zum Leben erwachte.
Mein Knie schnellte vor und platzierte den Schlag äußerst präzise, mitten in seinen Weichteilen.
Der mörderische Schmerz ließ sein Gesicht konzentriert aussehen, als er sich krümmte und vor mir auf die Knie fiel.
Wie in Zeitlupe kippte sein Körper seitlich weg.
Natürlich entschuldigte ich mich später für meinen für mich absolut untypischen und ungewohnten Wutausbruch, aber nie wieder im Leben hatte ich ein dermaßen befriedigendes Gefühl empfunden.
Ich blieb noch die vollen zwei Wochen, die ich gebucht hatte, in der Blockhütte.
Allein.
Er war weg, sobald er wieder stehen konnte und unsere Wege haben sich niemals im Leben wieder gekreuzt.

 

Hallo immerfernweh,

Nun, was soll ich zu dieser Geschichte sagen. Du hast zwar sehr schön die Liebesgeschichte beschrieben, doch fehlt für mich eine wichtige grundlegende Aussage: Warum verlässt zuerst die Studentin den Professor? Waren sie im Streit?
Auch nicht zufrieden bin ich mit dem Titel bzw. Anfangssatz. Der Titel hört sich so an, als sei dir nichts besseres eingefallen.

So, noch ein paar Zitate:

"Von ganz allein.,“ dachte ich grimmig.

Zuerst die Anführungszeichen, dann das Komma.

Er, der Mann einer anderen Frau, der Vater ihrer Kinder, der verheirateter Familienmensch

der verheiratete Familienmensch

Das schmeichelhafte Licht der beginnenden Dämmerung hatte bereits eingesetzt und über dem ruhigen Wasser hoben sich die zarten Nebel wie perlmutfarbene Schleier, als mich das knarrende Geräusch der alten Holztür aus meinen Gedanken aufschreckte.

Ist für mich ein wenig arg dick aufgetragen

Mein Herz wummerte bei seinem Anblick los und das Blut pulste mit rasender Geschwindigkeit durch meine Adern.

"wummerte los" ist mit Sicherheit nicht die optimale sprachliche Lösung. Vielleicht einfach das herkömmliche "begann zu schlagen".

“ Dann stimmt es also, kleine Mädchen sind tatsächlich aus Zucker gemacht“.

Wieder sehr dick aufgetragen

cu_christoph

 

Hallo Christoph,
danke für deine Rückmeldung... ;)
Vor allem für die Berichtigung der Rechtschreibfehler. :)
Aber weißt du...manchmal WILL frau einfach ziemlich dick auftragen...
Und das mit dem Titel für die Geschichte...da tue ich mich immer schwer...
Nie fehlt mir was richtig Geistreiches ein...*seufz*

 

Und das mit dem Titel für die Geschichte...da tue ich mich immer schwer...

Das kenne ich... Meine Titel zeugen auch nicht gerade von Originalität :D

cu_christoph

 

Hello immerfernweh,

das ist mehr eine Momentaufnahme als eine Geschichte, trotz des Schlusses mehr ein Stimmungsbild - wenn auch ein eindringliches und schön erzähltes. Mir ist der Action-Teil im Verhältnis zum Gefühlsrückblick-Teil etwas zu kurz gekommen.
Wie Christoph habe ich mich gefragt, warum sie ihn am Anfang verlassen wollte - um der Hörigkeit zu entfliehen?

Das fand ich richtig witzig:
'...und zog mir meine Hose aus, als sei sie eigens zu diesem Zweck erfunden worden....'

Dies ist mir noch aufgefallen:

'...dennoch schon nach Herbst riechen... ' meinst Du 'duften'? Schliesslich haben sie keine Nase!

Viele Grüsse vom gox

 

Hallo gox!
So sind sie, die Männer ! *breit, überbreibt grins*
Das mit der Hose ging klar, aber wie der Tag nach Herbst riechen kann??? *lach*
Warum sie ihn am Anfang verlassen wollte?
Die alte, uralte Geschichte: bevor frau eingeht, geht sie weg...sollte...müsste...wenn sie denn klug ist...*nachdenk*
Aber danke für die Rückmeldung! *strahl*
nata

 

Hallo Immerfernweh,

ich glaube, die leise Enttäuschung, die auch ich verspürte, als ich mich dem Ende deiner Geschichte näherte, hängt damit zusammen, dass sie in R/E eigentlich falsch platziert ist. Trotz der Hinweise auf gekonntes Liebesspiel finde ich sie nicht klassisch erotisch und trotz der Faszination, die der "Held" auf die Prot ausübt, nicht romantisch.

Es ist eher eine Alltagserfahrung, weil sie sicher schon fast jeder mal gemacht hat, in welcher Intensität auch immer: enttäuscht, hintergangen, gelinkt zu werden von einem Menschen, dem man tiefes Vertrauen entgegengebracht hat.

Im großen und ganzen ist die Story gut geschrieben, manchmal - wie schon erwähnt - etwas viel Pathos, aber ich akzeptiere den Autorenwillen, Gefühle aufzuspachteln statt zu lasieren.

Grüße!
Chica

 

Chica schrieb:
... aber ich akzeptiere den Autorenwillen, Gefühle aufzuspachteln statt zu lasieren.

:D :D :D

 

Es war einer ...

Hi Immerfernweh,

eine schöne Episode.
Mir gefallen die Bilder die du erzeugst.

Okay, dein Plot ist nichts neues, aber welcher ist das schon(seufz)
Ich finde es auch nicht unbedingt logich, dass Er, Ihr nachgereist ist, wo Sie sich doch schon zurückgezogen hatte, da Männer ja meist feige sind und sich gerne unsichtbar aus einer Affäre schleichen. :Pfeif:

Aber hätte er das nicht getan, hättest du dies nicht schreiben können (höchstens in einer Rückblende)

Mein Knie schnellte vor und platzierte den Schlag äußerst präzise, mitten in seinen Weichteilen.
Der mörderische Schmerz ließ sein Gesicht konzentriert aussehen, als er sich krümmte und vor mir auf die Knie fiel.
einfach herrlich :thumbsup:

habs gerne gelesen

lieben Gruß, coleratio

 

Hallo Chica! :)
Mensch! Du bist echt hart zu mir... ;)
Aber ok...es hilft ja auch...
Danke fürs Lesen und ich werde mir Mühe geben!
nata

 

Hallo coleratio! :)
Auch dir vielen Dank für deine Rückmeldung...
Das Leben ist einfach schön, wenn frau beides bekommt: Tadel UND Lob! :D

 

coleratio schrieb:
...da Männer ja meist feige sind und sich gerne unsichtbar aus einer Affäre schleichen. :Pfeif:

Hoho, völlig neben der Sache!
Frauen trennen sich im Stillen und verkünden danach ihre einsame Entscheidung - wollen aber dann gern in epischer Breite darüber sprechen. Noch lieber hätten sie's, wenn er dann noch mindestens 3 Trauerjahre einlegen täte. ;-)

Es wäre auch in dieser Geschichte ganz leicht für ihn gewesen, sie 'zurückzuerobern'. Nein, nicht mit einem tränenreichen Gespräch. Er hätte sich mit einem jungen, süßen Mädel, dessen Figur sich nur mit den Händen beschreiben lässt, im Arm 'erwischen' lassen müssen und schon hätte die Protagonistin ihre Entscheidung überdacht. Frauen sind wankelmütig.

Viele Grüsse vom gox

 

Gox? *grins*
Wir wollen jetzt nicht vom Besonderen auf das Allgemeine schließen, ja? *lieb guck*
Das wäre induktives Denken...*grins*
nata

 

Richtig!!!

@gox

. Noch lieber hätten sie's, wenn er dann noch mindestens 3 Trauerjahre einlegen täte. ;-)
Ja super gox :thumbsup: Genau so soll es sein.

Hach, ist es schön eine Frau zu sein :D

 

Hallo Immerfernweh,

mir hat deine Geschichte gefallen. Denn in meinen Augen ist sie eine Geschichte. Ich konnte gut verstehen, dass deine Prot. vor ihrem Prof. wegläuft. Sie versucht ihn zu vergessen, hofft, dass ihre Gefühle während ihrer "Auszeit" verschwinden. Sie merkt, dass diese Beziehung ihr nicht gut tut, dass diese Beziehung sie auf Dauer aufreiben wird. Insofern für mich wirklich nachvollziehbar, dass sie wegläuft. Auch ohne, dass du hier nähere Beweggründe schilderst.

Tja... und dann kommt der Gute an und erzählt ihr, dass er sie auf gut Deutsch, nur verarscht hat. Deine Prot. war wütend und ich glaube, dass diese Wut ihr gut getan hat. Wut ist oft besser als Schmerzen, auch wenn sie die sicherlich auch noch haben wird.

Die stimmungsvolle Sprache, die schönen Bilder - das alles hat mir sehr gefallen und zumindest mir geholfen, mich in deine Prot. hinein zu versetzen.

Hinsichtlich der Rubrik muss ich den anderen Recht geben. R/E ist für mich nicht ganz dir richtige. In Alltag wäre sie wirklich besser aufgehoben.

Textkram:

„Von ganz allein.“, dachte ich grimmig.

Der Punkt nach "allein" muss weg.

Vielleicht verhinderte auch das Päckchen Briefe auf meinem Schoss ja eben diesen Frieden.

Liest sich etwas unschön. Streiche die Worte "auch" und "ja eben". Für mich klingt der Satz dann sehr viel besser.

Er sah gar nicht aus, wie einer, der unterrichtet, eher wie jemand, der ganz hinten im Hörsaal sitzt und kluge, bissige Bemerkungen an den Dozenten richtet.

Gut!

Witzig, schlagfertig und überaus scharmant.

Schreibt man scharmant nach der neuen Rechtschreibung so? Oh je, ich werd mich wohl nie daran gewöhnen können.


Mein Name, kehlig und heiser von ihm geflüstert, klang zärtlicher als jede Liebeserklärung.

Das finde ich etwas abgegriffen.

Mein Gesichtszüge entgleisten ob dieser bodenlosen Unverschämtheit, während mein Verstand präziser als je zuvor funktionierte, eine bösartige, perfekte Maschinerie, die mich nicht zur Ruhe kommen ließ.

Meine

LG
Bella

 

Hallo Bella!
Gib mir "fünf"! :thumbsup:
Klar, der Punkt musste weg und es heißt natürlich "meinE" und nicht "meiN" Gesichtszüge.
Scharfes Auge! :thumbsup:
Das Andere kann ich einerseits verstehen, andererseits möchte ich es doch so stehen lassen.
Aber ein dickes, fettes "Dankeschön" für aufmerksames Lesen! :naughty:

 

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