Mitglied
- Beitritt
- 21.08.2001
- Beiträge
- 4
Existenzängste
Im Hintergrund ein Atomkraftwerk der 50-er Jahre. Ein grauer Mann verlässt sein Haus, sein aschfahles Gesicht leuchtet schwach im Widerschein einer milchigen Laterne.
Auf der anderen Strassenseite steigt er in ein dunkles Auto; Scheinwerfer durchtrennen die von Aschenebel getrügte Morgendämmerung.
Im Haus steht eine Frau mit dem Rücken an die gekälkte Wand gelehnt.Ihr blasses Gesicht schaut auf ihren Bauch hinab, der sich unter ihrer schmutzigen Küchenschürze wölbt. Die dünnen Finger, an denen die weissen Knöchel heraustreten umklammern eine Stuhllehne.
Sie murmelt:"Bald kommt Papa wieder, in ein paar Stunden, langen Stunden..."
Sie streicht über ihren Bauch, ihr trauriger Blick schweift aus dem Fenster. "Grau, grau nichts zu sehen, immer ist es so schrecklich nebelig. Sie wendet sich resigniert ab und fängt leise an zu singen. Mit einer Hand zieht sie sich eine schwere Strickjacke enger über den Schultern zusammen. Sie fröstelt.
"Morgen früh wenn Gott will..."
Ihr scheint, als habe eine zweite Stimme mit eingesetzt, jemand singt leise mit.
Sie dreht sich einmal um sich selbst und fragt leise in die gefährliche Stille des Raumes:"Hallo...ist da jemand?" Ein leises, gedämpftes Kichern ist zu hören, es klingt wie das Echo aus einer tiefen schwarzen Höhle.
"Wer ist denn da? Hör´auf damit, Du machst mir Angst..."
Das Gekichere verstummt, eine ebenso leise gedämpfte Stimme spricht:"Ich weiß, doch ich bin ein Teil von Dir und dieser furchtbaren Welt!"
Sie spürt einen heftigen Tritt gegen ihre Bauchdecke, sie sinkt auf die Knie, der rauhe Boden schürft ihre dünne, weisse Haut auf. Ein hysterisches Kichern ertönt aus ihrem Inneren.
Sie starrt angewidert auf ihren angeschwollenen Leib:"Warum tust Du das?" Ihre Stimme überschlägt sich. Verärgert spricht die Stimme:" Warum tusr Du MIR das an?" Diese Welt..."
Die Frau faltet die Hände und murmelt ein Gebet:"Heilige Mutter Maria..."
Wieder unterbricht sie die gemeine Stimme: "Kein Wunder, keine Rettung..."
Sie schlägt die Hände auf die Ohren, der Knall hallt dumpf in Ihrem Kopf:"...und gebenedeit ist die Frucht Deines Leibes..."Sie greift kraftlos nach dem kalten, weissen Telefonhöhrer. Ein Finger berührt die gelbe Wählscheibe.
Der Aschfahleim Auto.Ein Zweiter Blasser daneben. Die Dunkelheit verschluckt das Auto, der Scheibenwischer wischt monoton die Asche von der Frontscheibe, wieder und wieder.
Der Zweite murmelt:"Ob es Deiner Frau nicht zuviel wird auch noch für einen Gast zu kochen?" Er hüstelt nervös. "In ihrem Zustand?" Der Zweite sagt mit fast ärgerlichem Tonfall:"Wird´sich freuen!" Das Motorengeräusch verschluckt das Ende jeden Wortes.
Die Autotür fällt ächzend zu, Schritte knirschen auf dem Kies.
Der rostige Schlüssel dreht sich unwillig im Schloss. Der Mann gefolgt von dem Zweiten Fahlen, geht in die Küche.
Ein Schrei! Ein schwerer Koffer fällt hallend auf den Steinboden.Sille.
Eine junge Frau.
Den Blick in die Ferne gerichtet, die Wangen rosig, den Mund noch wie zum Gespräch geöffnet.
Den Höhrer in der kalten Hand. Und das Freizeichen des Telefons durchtrennt die Totenstille.