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Fünf Wochen

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24.01.2009
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Fünf Wochen

Sie ist betrunken, als sie die Bar in den frühen Morgenstunden verlassen. Diesmal bringt er sie nach Hause, nach oben, ins Bett. Alles an ihm ist so vertraut, sein Geruch, seine Haut, seine Bewegungen ...

Getrennt hatte er sich bereits vor Jahren. Seitdem kam und ging er als Freund. Sie verbrachte viel Zeit mit Warten. Auf ihn oder ein Ende.

… seine Mimik kurz vor dem Höhepunkt. Alles scheint wie damals und doch ist da - nichts. Keine Ameisenarmee, kein Feuerwerk. Während er schläft, raucht sie die Zigarette danach. Ihr Verlangen löst sich in Luft auf und zieht durch die offenen Fenster in den Morgen.

Sie steht hinter der Wohnungstür und lauscht den Schritten im Treppenhaus. Er geht und es fühlt sich gut an. Aus dem Kühlschrank holt sie eine Flasche Sekt, aus der Kammer - Eimer und Putzlappen. Sie arbeitet sich vom Bad über das Schlafzimmer zum Wohnzimmer vor. Wie besessen putzt, saugt, wischt und wäscht sie. Ihr Chaos findet Platz in einem Müllbeutel und acht Litern Wischwasser.

Immer wieder schiebt sie den kleinen Pfeil über den Link, hinter welchem sich die Bilder ihres Ferienhauses verbergen. Es ist eine Frage von Minuten, bis sie das Telefon in ihr Großstadt-Großraumbüro zurückholt. Sie hat zu arbeiten, diese Woche noch.

Ihr Haus ist das letzte an der Straße, welche durch das kleine Dorf führt. Wenige Häuser, umgeben von Wald.
Innen ist es still und hell und sauber. Ja, beinahe steril. Sie streift die Sandalen ab und geht barfuß in den Garten. Die Grashalme erzeugen ein angenehmes Kribbeln, während ihr Fuß leicht über deren Spitzen streift.
Im Haus breitet sie großzügig ihre Sachen aus, schafft absichtlich etwas Unordnung. Mit einem Roman und einer Tasse Kaffee setzt sie sich auf die Terrasse. Für einen kurzen Augenblick genießt sie die Wärme der Sonne auf ihrer Haut, schließt die Augen und überlegt, was sie noch tun müsse. Alles, woran sie denken kann, bewegt sich um die Frage, was noch zu erledigen sei. Ihr fällt nichts ein, es ist alles getan. Für heute und für die nächsten vier Wochen.
Sie schlägt das Buch auf, die Wörter rauschen Zeile für Zeile an ihr vorbei, aber sie ergeben keinen Sinn. Am Ende der ersten Seite beginnt sie von vorn. Nach dem dritten Versuch gibt sie auf.

In der Nacht kann sie nicht schlafen. Sie lauscht in die Stille, wartet auf ein Geräusch – ein Auto, das Bellen eines Hundes, auf irgendwas, auf irgendwen. Erst im Morgengrauen, mit dem einsetzenden Zwitschern der Vögel, kommt sie zur Ruhe.
So sehr sie sich auch an diesem Nachmittag bemüht, es gelingt ihr nicht, den Zeilen von Uwe Johnson zu folgen. Vielleicht sollte sie es mit Maeve Binchy versuchen. Maeve würde es ihr leichter machen.

Als der Abend anbricht, zieht sie ihre Turnschuhe an und beginnt zu laufen, bis das Seitenstechen so heftig ist, dass sie aufhören muss. Sie ringt nach Luft, spürt den Schmerz, das wilde Schlagen ihres Herzens und den klebrigen Schweiß auf der Haut. Sie ist kraftlos, aber glücklich. Erschöpfung und Rotwein lassen sie in dieser Nacht tief und fest schlafen.

Die folgenden Tage vergehen im gleichbleibenden Rhythmus. Sie enden, wie sie begonnen haben.
Wenn sie nicht gerade liest, ist sie in der Küche beschäftigt, entzieht sich der Mittagssonne durch Spaziergänge im Schatten des Waldes oder besorgt im Dorf Nachschub für den Kühlschrank.
Anfangs erschien ihr dieser Weg noch lästig. Sie hatte befürchtet, dass die Bewohner ihr durch Neugierde zu nahe kommen, sie wie einen Eindringling beobachten würden. Aber diese grüßten stets nur freundlich und dafür ist sie ihnen dankbar.
Auch der Einkauf bei der alten Dame im Bäcker vollzieht sich stets nach dem gleichen Muster.
„Ich hätte gern ein Halbes von dem Kleinen dort.“
„Ein halbes Schrotbrot?“
„Ja.“
Dann packt die Alte es umständlich lange ein. Zeit, die ihr zu Beginn wie eine Ewigkeit vorkam, aber inzwischen hat sie sich daran gewöhnt.
„Ein Euro vierzig, bitte.“
Sie zahlt, nimmt das Brot und wünscht noch einen angenehmen Tag.
„Ihnen auch“, hört sie, immer wenn sie den Laden verlässt.
Heute jedoch sagt die Alte, während sie das Brot dreimal in Papier einschlägt,
„Siehst dünne aus, Kindchen“. Dieser Satz stellt sie vor ein Rätsel, aber die Alte scheint nicht gewillt, einen weiteren Satz anzufügen.
Später, im Haus, muss sie schmunzeln. Wie hat sie es nur geschafft, unbemerkt eine Streuselschnecke zwischen den Papierlagen unterzubringen? Sie ist nicht dünn. Sie hat Übergewicht. Nicht viel, aber genug, um die Waage im Badezimmer zu meiden.
Die abendlichen Runden im Wald tun ihr gut. Nicht nur körperlich. Sie vermisst nichts und niemanden.

In der Nacht zieht ein ordentliches Gewitter auf. Es riecht herrlich am Morgen. Mit der ersten Tasse Kaffee genießt sie die frische Luft. Es ist kühler als an den vorherigen Tagen, fröstelnd geht sie zurück ins Haus.
In der Küche klingelt das Handy. Nicht jetzt! Der Morgen und der erste Kaffee gehören nur ihr. Es ist Zeit für Johnson.
Wieder das Telefon. Sie hat keine Zeit, der Roman lässt sie nicht gehen. Später zwingt sie der Hunger in die Küche. Das Display zeigt nun drei Anrufe in Abwesenheit. Einen hat sie wohl überhört. Alle aus der Firma, aber es war nicht ihr Büro. Nein, diesmal nicht!
Nach dem alltäglichen Spaziergang im Wald ist sie heute ungewohnt müde. Erst spät am Nachmittag wird sie, durch das Trommeln der Regentropfen am Fenster, geweckt. Noch nie zuvor hat sie hier einen Nachmittag verschlafen. Eine SMS bittet um dringenden Rückruf.

Die Hände zittern bei dem Versuch, eine Zigarette anzuzünden. In ihrem Kopf herrscht Chaos. Keine klaren Gedanken. In einer Woche soll sie sich entschieden haben.
In großen Buchstaben schreibt sie IRLAND auf ein Blatt, darunter teilt sie es in zwei Spalten, pro und contra.
Alles, was ihr durch den Kopf geht, ordnet sie der einen oder anderen Seite zu. Es ist nicht immer einfach zu entscheiden, ob etwas nun dafür oder dagegen spricht. Nach einer halben Stunde schaut sie auf das vollgeschriebene Blatt. Denke rational! Alle emotional gefärbten Bedenken werden gestrichen, unterm Strich bleibt nicht viel. Sie überträgt die wenigen Stichpunkte auf ein neues Blatt und pinnt es an den Kühlschrank. Noch ist Zeit.
Ihr Chef will sie für diesen Job in Irland. Eine Streuselschnecke zur Feier des Tages. Sie wird nur eine Streuselschnecke kaufen, kein Brot. Die Alte wird verstehen. Beim Bäcker steht ein junges Mädchen am Tresen. Die Alte ist nicht zu sehen. Sie kauft ein halbes Schrotbrot.
Auch am nächsten und übernächsten Tag kann sie die Alte durch die Fenster der Bäckerei nicht erspähen. Sie will nicht fragen. Es ist gewiss nichts passiert. Sicher ist sie okay. Sie zwingt sich zu diesem Gedanken. Sie will, dass es ihr gut geht.

Erst an ihrem vorletzten Urlaubstag ist sie wieder im Geschäft. Obwohl sie diesmal wegen eines Brotes kommt, kauft sie eine Streuselschnecke. Nur eine Streuselschnecke.
Die Alte schmunzelt: „Siehst gut aus, Kindchen.“
Zurück im Haus nimmt sie die Pro-Contra-Irlandliste vom Kühlschrank und setzt sich auf die Terrasse. Es ist nicht viel dazugekommen. Genau genommen nichts. Die rationale Sicht der Dinge hat einen eindeutigen Pro-Überhang erschaffen. Die Vorstellung, das zweijährige Projekt in Irland zu betreuen, gefällt ihr. Es schmeichelt ihrem Selbstbewusstsein. Ja, sie wird im Herbst nach Irland fliegen.
Trotz der Vorfreude fällt ihr der Gedanke, dieses Haus und den Garten zu verlassen, nicht leicht. Sie hat sich sehr wohl gefühlt, es geht ihr gut.

Am letzten Morgen sitzt sie in der Küche, nicht wie sonst draußen auf der Terrasse. Im Haus ist es wieder alles steril. Sie wird bald fahren, es ist Zeit, ins Bad zu gehen.

Sie hatte gedacht, sie ist ihn los, hatte ihn gehen lassen, ohne zu denken, komm wieder, bleib hier. Neununddreißig, sie muss sich entscheiden. Mit zittriger Hand ergänzt sie auf der Liste – schwanger.

 

Hey Fliege!

Normalerweise langweile ich mich bei Geschichten, in denen nicht viel passiert, aber dieses Nichts in deiner Geschichte war so klar und nachvollziehbar, dass ich mich nicht gelangweilt habe, also muss mir die Geschichte wohl gefallen haben. ;D

Was ich nicht ganz verstehen kann, eigentlich verstehe ich es schon, nur verstehe ich nicht, wieso du den Typen so kurz kommen lässt. Im wahrsten Sinne des Wortes. ;P Er kommt am Anfang und am Ende wieder vor, ich sehe seine Berechtigung und ohne ihn als Figur wäre die Geschichte nicht dieselbe, aber genau deshalb hätte man ihm mehr Charakter geben können.
Ansonsten habe ich auch nichts auszusetzen, sehr ruhige Geschichte, die ich gerne gelesen habe.

JoBlack

 

Danke JoBlack,

für Die Rückmeldung.

... dass ich mich nicht gelangweilt habe, also muss mir die Geschichte wohl gefallen haben.

Da bin ich aber echt froh, ich hatte schon die Befürchtung:

Normalerweise langweile ich mich bei Geschichten, in denen nicht viel passiert, ...

wohl auch nicht zu unrecht ;).

Was den Typen betrifft, ich hab mal den genialen Halbsatz in einer KG gelesen:

... davor war ich unsterblich in ihn verliebt und danach auch.

Ich hoffte klar herauszustellen, dass diesen DANACH nun endlich vorbei, sie ihn endlich los ist. In diesem Sinne verliert er an Farbe und Kontur.
Sprich, er verschwindet, aus ihrem Leben, aus der Geschichte. Der Sex mit ihm ist austauschbar, emotional genau so erregend wie mit einem x-beliebigen anderen und von daher ...

So was in der Art hab ich mir gedacht, vielleicht gab es da Transportprobleme. Wenn ich Elisabeth Wilhelms Problem unter die Lupe nehme, werde ich das Deinige dazu tun.

Vielen Dank und Grüße
Fliege

 

hi fliege!

an dieser geschichte scheiden sich bei mir die geister. einerseits mag ich den langsamen, aber dennoch instensiven erzählstil, andererseits erzielt die pointe bei mir wohl nicht die erwünschte wirkung. erst durch lesen der interpretationen konnte ich mir zusammenreimen, was ich wohl fühlen sollte.

vielmehr hinterlässt das ende bei mir einige logiklücken (ich kann mich allerdings auch nicht wirklich in eine schwangere frau hineinversetzen). ich gehe hier davon aus, dass sie schon vor dem antritt der reise wusste, dass sie schwanger ist.

wieso wurde sie denn als schwangere frau für das projekt in irland vorgeschlagen? wieso denkt sie in ihrer situation überhaupt daran, das angebot anzunehmen? wieso drehen sich ihre gedanken in der ganzen zeit nie darum? ich würde diese geschichte gerne verstehen, es gelingt mir aber nicht.

dennoch hat mir das lesen spaß gemacht, und dass ich mir den kopf darüber zerbrechen musste, spricht eigentlich nur für die geschichte.

gruß, hasu

 

Hallo Fliege,

jetzt muss hier ich den Nachzügler spielen. :(
Dabei habe ich mir seit Tagen vorgenommen, Deine Geschichte endlich zu lesen, aber wie das halt immer so ist ...

Wie bei der anderen Geschichte, die ich von Dir gelesen habe, passiert nicht viel, zumindest nichts Spannendes, und trotzdem hältst Du den Leser bei der Stange durch die Atmosphäre, die Du verbreitest.

Anscheinend liegen Dir genau diese ruhigen Töne. Du bist in der Lage, aus banalen Alltagssituationen, die eigentlich keine Rede wert wären, eine Geschichte zu zaubern, sie so zu würzen und mit Bildern anzureichern, dass das Banale und eigentlich Uninteressante des Lebens interessant wird.

Genau das sehe ich als die hohe Schreibkunst an, auch wenn ich weiß, dass Du das nicht gerne hörst ;)

Wenn man einen tollen, spannenden Plot und super Ideen hat, kann man daraus eine gute Geschichte schreiben, keine Frage.
Bei Dir braucht es das aber nicht. Du kannst aus der Einfachheit der Dinge etwas herausholen und das finde ich klasse.

Ich bin sehr gespannt auf weitere, ruhige und atmosphärische Geschichten von Dir.

LG
Deine Giraffe :)

 

Lieben Dank Euch Dreien,

für Eure lobenden Worte, die ich wirklich gern gelesen habe.

Da das Seitenstechen jetzt bereits zum zweiten Mal erwähnt wurde, habe ich mich entschieden, den Fehler in meinem Sprachgebrauch zu suchen und habe es verändert, wahrscheinlich wäre ich mit einem Blick in den Duden auch schlau geworden, beim nächsten Mal werde ich solche Anmerkungen sofort recherchieren (Ich habe immer noch nicht in den Duden geschaut, werde es aber gleich tun, versprochen!).

@ hasufly

... erst durch lesen der interpretationen konnte ich mir zusammenreimen, was ich wohl fühlen sollte

:), um so großartiger, dass Du ihr trotzdem etwas abgewinnen konntest.

ich gehe hier davon aus, dass sie schon vor dem antritt der reise wusste, dass sie schwanger ist.

Genau da liegt das Problem. Sie hatte Sex, geht eine Woche arbeiten und fährt dann in den Urlaub. Nun, nach einer Woche ist es wirklich noch nicht an der Zeit, um eine Schwangerschaft zu wissen. Sie kann es noch nicht wissen.
Erst, als sie aus dem Bad kommt (da werden in der Regel die Schwangerschaftstest für den Hausgebrauch gemacht), hat sie es schwarz auf weiß. Natürlich muss ihr vorher schon der Gedanke gekommen sein, so einen Test hat man ja nicht stets bei sich ;), aber sie will das Wissen darum hinaus schieben, es ist ja in ihrer Situation nicht unbedingt die Nachricht auf die man wartet, also hofft man und erträgt die Ungewissheit, so lang dies eben möglich ist. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Ich hoffe die Zeilen konnten Dir helfen.

Ich freu mich, dass Ihr mir Eure Gedanken mitgeteilt habt, dreimal Danke!!!

Liebe Grüße
Fliege

 

Hallo Fliege,

eigentlich hast du schon viel länger einmal eine Kritik verdient - so fleißig wie du bist - vielleicht liegt das an deinem Nick, denn mich nerven Fliegen ab April bis Oktober sehr ;) ? Ich nenn dich nun für mich Fliegenbienchen :).

Das Monotone in deiner KG wird nicht langweilig. Die Schwangerschaft kommt dann fast wie aus heiterem Himmel - obwohl es doch da jemanden gibt.
Dadurch wird der Titel auch sinnig. Und nun? Erst dachte ich: Da hätte der Autor doch wieder einen Bogen schlagen müssen. Aber dann kam mir der Gedanke: Nein, das genau ist so richtig. Man hat Dates und geht danach als Frau seinem Leben weiter - plötzlich die Schwangerschaft. Dann fragt man sich wieder: Wo ist die Vernunft - Aids ist doch Thema? Was ist das für eine Protagonistin - denkt sie nicht an Schutz? Da hakt es noch etwas in meinen Augen. Wie ist sie drauf?

Ansonsten: Der Mut, eine gewisse Lethargie/Monotie in die KG zu setzen, gefällt mir. Wie schon andere schrieben: Noch nicht ganz rund. Aber schreib weiter, das wird - mit Hilfe von uns - schon noch was mit dir.

Sie arbeitet sich vom Bad, über das Schlafzimmer, zum Wohnzimmer vor.
beide Kommas weg
Wie besessen putzt, saugt, wischt und wäscht sie. Erst als die Wohnung einem Museum gleicht, bemerkt sie, dass sie Hunger hat.
Der Vergleich mit einem Museum finde ich nicht sehr treffend.
Durch das Putzen wird doch die Einrichtung nicht alt oder antik. Es geht doch um die Sauberkeit, also die Sterilität.
Wieso soll denn gerade ein Museum blitzeblank sein? Was ist denn normalerweise steril oder sehr sauber? Ein Krankenhaus, ein Labor ...

Das Haus ist das letzte an der Straße, an der einen Straße, die durch das Dorf führt.
Was ist das denn für ein Satz? Was will der Autor damit sagen?
Das Haus liegt am Ortsende direkt an der Straße?

Dahinter schließt sich der Wald an.
Das ist zu bürokratisch.

Drinnen ist es still und hell und sauber. Ja, beinahe steril.
Ich habe die Kg vorher nicht durchgelesen und gleich mit meinen Kommentaren angefangen. Du benutzt hier auch das Wort steril. Also sind wir der gleichen Meinung. Dann zeig das auch am Anfang!

Die Halme erzeugen ein angenehmes Kribbeln, während sie den Fuß, leicht über die Spitzen streift.
Oh, ein Kommaverschwender :D - nach Fuß kommt jedenfalls keines.

Alles woran sie denken kann, bewegt sich um die Frage, was noch zu erledigen sei.
Alles, woran

Irgendetwas. Ihr fällt nichts ein. Es ist alles getan. Für heute und für die nächsten vier Wochen.
Nun kein Fehler, aber ich würde, rein vom Gefühl her, das Irgendetwas
rausnehmen. Das ist so schubidu.

In der Nacht kann sie nicht schlafen. Sie lauscht in die Stille, wartet auf ein Geräusch – ein Auto, das Bellen eines Hundes, auf irgendwas, auf irgendwen. Erst im Morgengrauen, mit dem einsetzenden Zwitschern der Vögel, kann sie einschlafen.

Da fände ich am Ende besser: ... der Vögel, kommt sie zur Ruhe.
Sie hatte befürchtet, dass die Bewohner ihr durch freundlichen Smalltalk zu nahe kommen oder sie wie einen Eindringling beobachten würden. Aber, sie grüßten stets nur freundlich und dafür ist sie ihnen dankbar.
Warum Smalltalk und nicht aufmunternde/(freundliche-> dann müssten sie anders grüßen) Worte?

Dann packt die Alte es umständlich lange ein. Minuten, die ihr zu Beginn wie eine Ewigkeit vorkamen, aber inzwischen hat sie sich daran gewöhnt.
Minuten ... überlege und zähle mal. Zum Broteinpacken!

Noch nie zuvor, hat sie hier einen Nachmittag verschlafen. Eine SMS bittet um dringenden Rückruf.
Komma weg


Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo,

Irgendwie deprimierend, deine Geschichte. Ich habe das Gefühl, dass sie ihren Urlaub nicht wirklich geniesst, sondern nur noch auf das unausweichliche Ende wartet. Auf die Entscheidung, nach Irland zu fliegen, fern von ihrem Freund. Ich hoffe, ich habe das richtig interprätiert. Ihr Treiben im Ferienhaus ist irgendwie Willenlos und vom Außenwelt getrennt. Ich finde es sehr schön, wie du die Anrufe aus dem Büro (und von ihm?) als etwas nebensächliches, und doch greifbar wichtiges darstellst. Und die Bäckerei mit der alten Frau, zu der sie eine stumme Beziehung pflegt. Und ein Schattengedanke an die Hinterlassenschaft in Ihrem Bauch, den du am Schluß erwähnst gefällt mir auch. Aber ich als Leser muss mich ein wenig anstrengen, um ihre Wahre Gefühle hinter den Taten und beiläufig hingeworfenen Beschreibungen zu entdecken; muss viel dazudenken. Irgendwie gefällt mir das.

Die Lebenssonde

 

Lieben Dank bernadette,

für's Lesen und kommentieren, die viele Zeit und Mühe mit meinem Text.

... vielleicht liegt das an deinem Nick, denn mich nerven Fliegen

Sorry, wenn es soweit ist, gebt mir Bescheid :D.
Der Nick kam eigentlich von einem Sternbild am Südsternhimmel, da hab ich ihn flux genommen und erst danach festgestellt, was man denn so geläufiger Weise mit Fliege assoziiert. Sterne jedenfalls weniger. Schon klar.

Das Monotone in deiner KG wird nicht langweilig.

Vielen Dank. Das macht mir die Arbeit gleich um einiges leichter.

Dann fragt man sich wieder: Wo ist die Vernunft - Aids ist doch Thema? Was ist das für eine Protagonistin - denkt sie nicht an Schutz?

Nein, Aids war für sie sicher kein Thema. Die beiden waren lange ein Paar, dann haben sie sich getrennt, er etwas mehr und sie weniger. Der Kontakt blieb, sie kennt also die Damen welche, und endlich schläft er mal wieder mit ihr (so wie früher), was dann aber gar nicht so ist, wie früher ....
Aids nicht, schon ehr die Schwangerschaft und daran habe ich beim Schreiben gar nicht gedacht, dass Frau ja zu verhüten weiß.
Vielleicht war sie in dieser Nacht auch emotional so bewegt, dass es ihr schlicht weg egal war und besoffen war sie zudem auch. Ich glaub, so will ich es haben. Was mich dann aber doch wieder zu JoBlack bringt, und ich dem Typen und der Ex-Beziehung doch mehr Aufmerksamkeit schenken sollte.

Aber schreib weiter, das wird - mit Hilfe von uns - schon noch was mit dir.

Jaaaa, ist auch sehr schön hier bei Euch!
Im Ernst, ich bin wirklich dankbar für die Anmerkungen und Hilfestellungen Eurerseits.

Weiter zum Text:

Der Vergleich mit einem Museum finde ich nicht sehr treffend.

Wenn ich meine Bude auf Hochglanz bringe (manchmal) bevor Besuch kommt, dann sitze ich in einem Raum, der so ordentlich ist, dass ich mich nicht mal traue, ein Buch aus dem Regal zu nehmen, damit das Gesamtbild nicht zerstört wird. Dann sitze ich auf dem Sofa und denke, ist wie im Museum hier, sieht gar nicht danach aus, dass hier jemand wohnt - lebt! Und die "bitte nicht berühren" Schilder hängen virtuell eh überall.
Mein Vergleich ging ehr so in die Richtung, als steril.

Warum Smalltalk und nicht aufmunternde/(freundliche-> dann müssten sie anders grüßen) Worte?

Weil man in einem sehr kleinen Dorf nur selten freundlich zu Fremden ist, aber immer neugierig. Deshalb Smalltalk. Ich werde den Satz in diese Richtung ändern und ein deutsches Wort bemühen.

Jetzt werde ich mir einen Kaffee kochen und überarbeiten. Und ich muss sagen, ich freu mich drauf.

Lieben Dank noch einmal und ganz besonders.
LG Fliege


Lieben Dank auch Dir Sonde,

Ich hoffe, ich habe das richtig interprätiert.

Das schöne an Geschichten ist doch, dass jeder sie lesen und verstehen kann, wie er mag. Da gibt es kein Richtig und kein Falsch. Meine Meinung jedenfalls.
Es ist sehr spannend zu erfahren, wie die Geschichte verstanden wird. Insofern freut es mich, dass Du mich an Deinen Gedanken teil haben lässt.

Irgendwie gefällt mir das.

Danke. Mich freut es.

Einen schönen Abend und Gute Nacht
Fliege

 

Hallo Fliege!

Leider kann ich mich dem Enthusiasmus der meisten Leute hier nicht anschließen. Für mich liest es sich wie das Tagebuch einer Hausfrau im oberen Mittelstand in deren Leben ... hmmm ... eigentlich garnichts passiert. Zumindest nichts, was in irgendeiner Weise Spannung aufkommen lässt. Der abservierte Lover wird nicht zum Stalker, die Psyche der Protagonistin geht wegen der Einsamkeit nicht mit ihr durch, sondern wird mit pro/kontra Listen besänftigt, sie hat ihre körperliche Fitness durch laufen so sehr im Griff, dass sie beim Bäcker mit gutem Gewissen Kuchen klauen und anschließend aufmampfen kann (die einzige Stelle, an der man ein wenig Spannung hätte erzeugen können ...) und dem Embryo in ihrem Leib blüht, ob in Deutschland oder in Irland, eine strahlende Zukunft. Aber ... aber !?! ... nichts aber. Leider.
Für mich liest es sich leider wie eine Abart der klischeehaften Geschichte über die arme unfähige Hausfrau mit dem langweiligen unerfüllten Leben. Nur dass deine Protagonistin nicht über die gesamte Story hinweg untätig jammert, sondern auf andere Art und Weise einschläfernd unspektakulär ist.

Ausgesprochen gut ist allerdings der stlistische Aspekt. Die Geschichte wirkt im überaus positiven Sinne glatt und gefeilt und liest sich sehr flüssig.

Liebe Grüße!

 

Danke XioN,

fürs Lesen und Deine offenen Worte.

Mein Focus ist halt mehr auf Personen und Innenleben gerichtet, während Du scheinbar mehr der "Aktionär" ;) bist. Ich glaub, da werden meine Geschichten Dich nie so richtig vom Hocker reißen können. Aber das ist auch gut so, dass wir Menschleins verschiedene Interessen hegen. Von daher freue ich mich, dass Du bis zum Ende durchgehalten, noch mehr, dass Du auch noch einen Komm verfasst hast.

Ich frag mich nur die ganze Zeit, wo Du die Hausfrau her nimmst? Und den geklauten Kuchen? Wenn es so gelesen werden kann, sollte ich unbedingt die betreffenden Stellen ändern.

Ausgesprochen gut ist allerdings der stlistische Aspekt. Die Geschichte wirkt im überaus positiven Sinne glatt und gefeilt und liest sich sehr flüssig.

Bohh, wie schön. Das wirkt nach den kritischen Worten gleich doppelt stark.
Haben ja auch eine Menge Leute dabei geholfen ;).

Lieben Dank und Gruß
Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Fliege!

Ich frag mich nur die ganze Zeit, wo Du die Hausfrau her nimmst? Und den geklauten Kuchen? Wenn es so gelesen werden kann, sollte ich unbedingt die betreffenden Stellen ändern.

Vielleicht bin ich beim Lesen unaufmerksam gewesen. Moment, ich suche es mal raus:

Später, im Haus, muss sie schmunzeln. Wie hat sie es nur geschafft, unbemerkt eine Streuselschnecke zwischen den Papierlagen unterzubringen? Sie ist nicht dünn.

Ja, so rein Grammatikalisch habe ich wohl recht damit, dass - wie du schreibst - deine Protagonistin die Streuselschnecke unbemerkt dort hinein getan hat. Aus dem Kontext heraus hätte mein kleines Spatzenhirn es sich aber eigentlich erschließen müssen, dass es die Verkäuferin war (sie hat ja auch vorher den Kommentar gemacht). Wenn du etwas änderst, was meiner Meinung nach nicht wirklich notwendig ist, dann reicht es wohl einfach, das "sie" irgendwie durch die Verkäuferin zu ersetzen.

Das mit der Hausfrau habe ich geschrieben, weil mich ihre Urlaubstätigkeiten so stark an dieses eintönige isolierte Leben erinnert haben.

Bohh, wie schön. Das wirkt nach den kritischen Worten gleich doppelt stark.
Haben ja auch eine Menge Leute dabei geholfen .

Ich bereue, dass mein Satz neben dem ganzen negativen Gelaber so winzig aussieht, denn das, was du hier geleistet hast, liest sich echt lupenrein. Auch wenn ich den Inhalt nicht mag :-)

Mein Focus ist halt mehr auf Personen und Innenleben gerichtet, während Du scheinbar mehr der "Aktionär" bist.

Ich mag es auch, mich auf das Innenleben von Menschen zu konzentrieren. In deinem Fall hat mich aber einfach die Protagonistin durch nichts reizen können, weil sie in keinster Weise speziell ist. Das Problem ist einfach, dass unsere Geschmäcker unterschiedlich sind und es eben keine Faustformel für eine gute Geschichte gibt. Stilistische Richtlinien einmal außen vor - aber die hast du ja vortrefflichst bewältigt :) Einige Leuten mögen eben Geschichten über ganz normale Menschen und ganz normale Dinge - ich gehöre leider nicht dazu.

Liebe Grüße!

 

Nochmals Dank,

mensch, jetzt hab ich Dich durch meine Frage dazu gebracht, Dich nochmals mit dem Text zu beschäftigen. Ich hoffe, ich kann dass irgendwann mal wieder gut machen :).

Für mich war es voll logisch, dass das "sie" sich auf die Verkäuferin bezieht, da ja auch sie diejenige ist, die das Brot umständlich lange in Papier einwickelt.
Und da es Dir ja auch aufgegangen ist, werde ich es erst mal so stehen lassen.

Jetzt verstehe ich es auch mit der Hausfrau.
Meine Prot. flüchtet aber genau dort hinein, weil sie ihr anderes Leben eben gerade nicht ertragen kann. Sie rennt vor sich selbst weg sozusagen. War jedenfalls meine Intention beim Schreiben. Insofern ist sie schon besonders, wer will schon freiwillig einen solch monotonen, isolierten Alltag?

Ich bereue, dass mein Satz neben dem ganzen negativen Gelaber so winzig aussieht, ...

Alles Bestens :).

Liebe Grüße Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Carduela,

für meine heutigen Hausaufgaben habe ich mir auch mal einen Text von Dir herausgesucht.

Aber Du warst doch schon ganz fleißig bei den Eiern :). Trotzdem freue ich mich, dass Du diese Geschichte gelesen hast. Weil, ich habe die schon lange nicht mehr gelesen und freue mich jetzt richtig darauf, da noch mal drüberzugehen, die Fehler rauszunehmen und vielleicht ändere ich gleich noch mehr, mal sehen, was das erneute lesen mir bringt. Auf jeden Fall eine Reise zu meinen Anfängen :).

Getrennt hatte er sich bereits vor Jahren.
Müsste es nicht heißen: Getrennt hatten sie sich ...

Er hat sich von ihr getrennt und sie hatte ewig zu knabbern daran, also sie hat sich nicht so richtig lösen können. Von daher empfinde ich das - er hat sich getrennt - als richtiger.

Der Rest wird noch heute ausgebessert.

Die Geschichte lässt mich ein wenig ratlos zurück, vor allem das Ende verstehe ich nicht so recht. Hat sie es darauf angelegt, von ihm schwanger zu werden? Will sie den Job in Irland annehmen, obwohl sie schwanger ist?

Nein. Sie dachte, sie hat es endlich geschafft sich von ihm zu lösen. Sie ist ihn endlich los. Und dann, als alles gut für sie aussieht, ist er doch wieder in ihrem Kopf (und Körper), wegen des Kindes, was sie nun erwartet.
Ob sie sich für das Kind oder für Irland entscheidet lässt die Geschichte offen.

Danke fürs buddeln und die Zeitreise die nun auf mich wartet.
Beste Grüße, Fliege

Edit: Ich bin jetzt fertig mit reisen. Es gibt sehr viel, was ich heute anders machen würde. Eigentlich fast alles. Deshalb habe ich nur ein paar ganz kleine Sachen geändert, der Rest bleibt Zeitzeuge meiner Anfänge :).

 

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