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Für dich

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24.10.2025
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Für dich

Das Erste, was ich wahrnahm, war das monotone Piepen des EKGs. Eine Infusion tropfte langsam durch die Kanüle in meinem Arm. In der Luft hing ein säuerlich-metallischer Geruch. Draußen war es diesig und kühl; ein schwacher Lichtstrahl fiel mitten in den Raum.

Fuck. Was war passiert? Erinnerungen schwammen bruchstückhaft durch meinen Kopf, verschwommen wie unter einem Schleier.

Eine Schwester stellte einen Becher auf den Nachttisch.
„Bitte alles austrinken. Ist wichtig.“

Das Zeug schmeckte widerlich, aber ich zwang mich, es hinunterzuschlucken. Mein Handy lag am Bett und lud. Ich brachte es nicht über mich, es einzuschalten. Was würden meine Eltern denken? Vor allem mein Vater. Hauptkommissar. Schon lange enttäuscht und wütend auf mich – wahrscheinlich voller Scham.

Dann klopfte es an der Tür.
„Besuch für dich“, sagte die junge Schwester.

Es war Mam. Sie huschte an ihr vorbei und stand plötzlich im Zimmer. Panik stieg in mir auf. Vorwürfe? Zorn? Oder der endgültige Abschied – Du bist für mich gestorben?

„Hi“, sagte sie leise, mit einem schwachen Lächeln. Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich neben mein Bett.
„Na, wie geht’s dir?“

„Naja… ging schon besser.“ Ich versuchte zu lächeln.

Tränen schossen ihr in die Augen. Sie fiel mir um den Hals.
„Oh Gott, du weißt gar nicht, wie froh wir sind, dass du noch lebst.“

„Vorsicht, Mam, das Schlauchdings geht sonst ab.“

Sie ließ mich los, sank zurück in den Stuhl und wischte sich die Tränen ab. Eine Weile saßen wir schweigend da. Nur das Summen der Geräte durchbrach die Stille.

„Und wo ist Dad?“, fragte ich.

„Schatz, du weißt doch… na ja, er kann das einfach nicht.“

Sie brach wieder in Tränen aus. Ich konnte es kaum ertragen. Mam war todunglücklich – und ich war der Grund. Da begriff ich: Mein Konsum zerstörte nicht nur mich. Auch die, die mich liebten, litten darunter. Wollte ich das wirklich?

„Mam, ich geh zur Entgiftung!“, platzte es aus mir heraus. Ich hoffte, sie zu beruhigen. Stattdessen weinte sie noch mehr.

„Ach, Luki, wie oft hatten wir das schon?“

Sie sah mich an – mit den großen, dunklen Augen, die ich von ihr geerbt hatte.

„Nein, Mam, diesmal wirklich. Versprochen.“

Ich legte meine Hand auf ihren Handrücken. Sie umfasste sie fest mit beiden Händen.
„Okay“, flüsterte sie heiser. Ihr Lächeln war schwach, aber voller Liebe.

Ein paar Minuten später stand sie auf, um zu gehen. An der Tür drehte sie sich noch einmal um.
„Wir zwei, hm…“ Sie lächelte schmal.
„Sind uns so ähnlich. Pass auf dich auf. Ich hab dich lieb.“

Dann warf sie mir einen Luftkuss zu und verschwand.

Tränen stiegen mir in die Augen. Mam hatte nie Drogen genommen – sie würde sie wahrscheinlich nicht einmal erkennen, wenn sie vor ihr lägen. Aber dieser letzte Satz traf mich mitten ins Herz. Ich weinte die ganze Nacht.

Draußen war es stockfinster, der Vollmond kämpfte sich durch den Spalt zwischen den grauen Vorhängen.

„Ich verspreche es dir, Mam – für dich“, flüsterte ich.

Dann zog ich die Decke bis zum Kinn und lauschte dem gleichmäßigen Piepen des EKGs. Zum ersten Mal seit Langem wollte ich nichts mehr betäuben.
Das Piepen war kein Alarm – es war mein Herz, das wieder Takt fand.

 

Hallo @rodja ,

eine kurze Szene über einen Drogensüchtigen, der im Krankenhaus aufwacht und seiner Mutter verspricht, davon wegzukommen.

Du erzählst aus der Ich-Perspektive, die Geschichte ist möglicherweise wirkungsvoller, wenn du sie in der Gegenwart schreibst, anstatt in der Vergangenheitsform. Also beginnend mit: "Das Erste, was ich wahrnehme, ist das monotone Piepen des EKGs."

Außerdem würde ich dir den Tipp geben, mal zu überlegen, ob Mutter und Sohn/Tochter sich tatsächlich in dem Moment so unterhalten würden. Damit meine ich zum Beispiel Sätze wie "Oh Gott, du weißt gar nicht, wie froh wir sind, dass du noch lebst." Anscheinend passiert das ja nicht zum ersten Mal, es klingt manches ehrlich gesagt eher, wie ich es in einer Seifenoper erwarten würde und nicht im echten Leben.

Nach dem Lesen verschwindet der Text leider schnell wieder aus meinen Gedanken, da ich über die beteiligten Personen kaum etwas weiß. Dafür müsste der Text also entsprechend länger sein, so wie bisher bleiben es Fremde für mich, die sich kurz unterhalten, mehr halt auch nicht.

Es war Mam.
Mom (oder hast du es extra so geschrieben?)

„Hi“, sagte sie leise, mit einem schwachen Lächeln.
Bei den Adjektiven könntest du noch mal überlegen, ob sie so passend sind. Was zum Beispiel ist ein schwaches Lächeln? Macht diese Beschreibung in dieser Szene Sinn?

Sie fiel mir um den Hals.
Kann ich mir schwer vorstellen, während er/sie im Krankenbett liegt. Auch bei solchen Beschreibungen würde ich genauer arbeiten.

Ergänzend dazu könntest du überlegen, an manchen Stellen anstatt einem Punkt ein Ausrufezeichen zu verwenden.

Soweit ein paar Eindrücke, viele Grüße,
Calmer

 

Draußen war es diesig und kühl; ein schwacher Lichtstrahl fiel mitten in den Raum.
Kann der Held vom Bett aus raussehen, noch ohne sich aufzurichten, gerade nach dem Erwachen? Oder bemerkt er das Licht um sich herum und schließt nur daraus auf das Wetter? Oder bemerkt er das Licht, und welchen Eindruck es erzeugt? Letzteres fände ich wahrscheinlicher. Die nähere Umgebung ist beim Wiedereintauchen in das Bewusstsein meist interessanter.

Fuck. Was war passiert? Erinnerungen schwammen bruchstückhaft durch meinen Kopf, verschwommen wie unter einem Schleier.
Die ersten beiden Sätze sind göttlich gut. Und dann bekomme ich gar nichts, kein einziges zusammenhangloses Bildfragment, was im Nebel der Gedanken, abgelenkt von der Wärme der Decke, nicht festzuhalten ist. Fuck. Was war passiert? Ich möchte diese Frage durch rätselhafte Details nicht beantwortet bekommen. :)

Nur das Summen der Geräte durchbrach die Stille.
Der Copyeditor in mir sagt, ich denke das EKG piept so dominant. Wieso jetzt Summen? Und wenn es ständig vorhanden ist, durchbricht es nichts, weil keine Stille aufkommen kann.

Sie fiel mir um den Hals.
„Oh Gott, du weißt gar nicht, wie froh wir sind, dass du noch lebst.“ „Vorsicht, Mam, das Schlauchdings geht sonst ab.“
So dämlich ist keine Mama. :) Also ja, irgendwas wird sie tun. Aber nicht einem gerade aufgewachten Kind um den Hals fallen. Und so, wie Infusionen festgeklebt sind, geht da eigentlich nichts einfach so ab. Man könnte Angst haben, dass sie unbeholfen daran hängen bleibt und das ist sicher nicht angenehm. Sagt auch mein interner Copyeditor. Es soll einen Ausdruck geben, dass sie ihr Kind liebt und der Ausdruck soll bisschen am Beton scheuern, wie Ulla Meinecke mal schrieb, was absolut passend ist. Vielleicht kann sie das irgendwie anders tun.

Da begriff ich: Mein Konsum zerstörte nicht nur mich. Auch die, die mich liebten, litten darunter. Wollte ich das wirklich?
Die lebensverändernde Erkenntnis kommt hier und am Schluss. An dieser Stelle nimmt es die Spannung heraus und es geht mir zu schnell. "Da begriff ich:" ist unnötig und könnte weg. Vielleicht könnte das Kind hier irgendwas denken, was es am Schluss wieder aufgreift, um zur Erkenntnis zu kommen, sein Leben zu ändern. Angesichts der Erkenntnis müsste ihm dann auch klar werden, dass es den Gedanken nicht zum ersten Mal hatte, so meinte und ausdrückte. Was ist dieses Mal anders? Diese Szene gibt es nicht das erste Mal und nicht zum ersten Mal sieht es, dass es seiner Mama Leid bereitet. Ist es dieses Mal wirklich anders?

Ein paar kleine Details, aber in Summe finde ich die Geschichte gut. So, wie sie ist.

 

Auch ich finde den Text zu kurz. Die wenigen Bilder in der Geschichte wirken dann so stereotyp. Das EKG piept, wahrscheinlich, weil du an eine Filmszene denkst. Er benutzt "Mam" und "Dad", wahrscheinlich, weil du an eine Filmszene denkst. Er gelobt Besserung und so endet die Geschichte, wahrscheinlich, weil du an eine Filmszene denkst.

In der Luft hing ein säuerlich-metallischer Geruch.
Als Geschmack hätte ich es nachvollziehen können, aber mit dem Geruch bin ich überfordert. Hier könntest du beschreiben, woher dieser stammt. Geht es um Blut? Bleibt er dann so ruhig, nachdem er bereits an einem Schlauch hängt und Erinnerungslücken hat?

„Vorsicht, Mam, das Schlauchdings geht sonst ab.“
Ja, ich fand den Satz auch nicht so passend. Dabei könntest du zeigen, wie das Verhältnis zwischen den beiden ist (z.B. reagiert er mit Kommandoton, weil er sie nicht ernst nimmt?) oder wie er erneut auf die Unterbringung im Krankenhaus reagiert (z.B. kennt er vielleicht doch den Begriff, weil er häufiger untergebracht wurde?).

Ich legte meine Hand auf ihren Handrücken. Sie umfasste sie fest mit beiden Händen.
Ich glaube, dann müsste er sich mehr drehen oder aufrechter positioniert sein?

„Wir zwei, hm…“ Sie lächelte schmal.
„Sind uns so ähnlich. Pass auf dich auf. Ich hab dich lieb.
Ich verstehe die Reaktion der Mutter an dieser Stelle nicht. Warum sagt sie das plötzlich?

Mam hatte nie Drogen genommen – sie würde sie wahrscheinlich nicht einmal erkennen, wenn sie vor ihr lägen. Aber dieser letzte Satz traf mich mitten ins Herz. Ich weinte die ganze Nacht.
Woher kommt sein plötzlicher Zusammenbruch? Was ist die Geschichte dahinter? Vielleicht kannst du das auch indirekt erzählen.

Was mir gut gefiel, ist der Einstieg. Das sticht unter den anderen Geschichten momentan heraus. Ich erfahre auch erst irgendwann, was passiert ist und wollte es endlich erfahren.

So an sich sind Krankenhäuser ätzend. Die Pflegerin passt gut in ihrem Verhalten. Ich frage mich nur, ob du eher an die Intensivstation gedacht hast oder er dann schon in einem Einzelzimmer ist? So richtig kann ich mir nicht vorstellen, wie er und der Aufenthaltsraum aussehen. Körperlich müsste es ihm vielleicht auch noch deutlich schlechter gehen, wenn er erst jetzt aufgewacht ist.

Der Vater ist kaum bekannt, was auch nicht stört. Nur die Erwähnung des Berufs, muss es sein? Für mich baute es Spannung auf, aber ich habe keine Auflösung, warum es die Beziehung der beiden dadurch noch schwieriger macht. Ein Kommissar jagt Verbrecher. Ist der Sohn kriminell?

 

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