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Für immer?
Der Himmel ist voller Schneewolken. Grau und eisig. Meine Nase brennt beim Einatmen und meine Wangen schmerzen vor Kälte. Ich sitze schon den ganzen Tag hier, hier auf dem Balkon, starre auf die Straße und warte auf dich. Doch du kommst nicht.
Warum kommst du nicht, obwohl ich dich eingeladen habe? Nicht das du es verdient hättest, du hast mich schon ewig nicht mehr zu dir eingeladen. Aber ich wollte dich mal wieder sehn. Doch du bist einfach nicht gekommen.
Keinen einzigen meiner Telefonanrufe hast du beantwortet. Du hast mich doch gehört auf dem Anrufbeantworter, warum hast du nicht zurückgerufen? Wenn du mich nicht mehr sehen willst, dann ruf doch einfach an und sag es mir. Aber lass mich nicht so hängen. Das ertrag ich nicht.
Und warum denn so plötzlich? Es lief doch alles so toll, wir hatten Spaß, wir haben über die Jungs getratscht, gelacht, gesungen. Wir wollten Freunde sein, für immer. Was hab ich dir denn getan? Wenn ich dich beleidigt oder verletzt hab, warum sagst du’s mir dann nicht? Seit einer Woche kein Sterbenswörtchen. Und wo warst du in der Schule? Selbst wenn du mich hasst, du kannst keine Woche Schule schwänzen. So kenne ich dich gar nicht. Mein Gott, was hab ich denn bloß gemacht?
Warum tust du mir das an, du weißt, dass ich dich brauche. Wenn du nicht da bist, wer soll mir denn zuhören? Wir konnten doch immer über alles reden. Wer lacht mit mir? Wer?
Die Krähen sitzen auf den kahlen Bäumen. Sie starren mich an, als wollten sie sagen: Du weißt doch, warum sie sich nicht mehr meldet. Du weißt es ganz genau.
Vielleicht verzeihst du mir, und dann kommst du zurück und kommst mich wieder besuchen. Dann können wir wieder lachen, tratschen und singen, wieder Spaß haben. Bitte.
Meine Mutter steckt den Kopf durch die Tür .„Es ist Zeit.“ Sie gibt mir den Strauß Lilien in die eisige Hand und fängt an zu weinen.