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Fabelhafte Zeiten

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25.02.2007
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Fabelhafte Zeiten

Vertraute Geräusche, Stimmen, Wände aus Glas. Jemand ist hier: ich spüre Musik. Sie fliesst und schwingt wie eine stetige, leichte Strömung. Um mich herum kann ich kleine Luftblasen sehen, die tänzelnd nach oben steigen. Unentwegt. Begleitet von einem eingängig rauschenden Ton - mir so wohlbekannt, dass ich ihn kaum noch wahrnehme. Und dann tauche ich das kurze Stück nach oben, zu dem, was mich am Leben erhält.

Feine grüne Flocken regnen langsam auf die Wasseroberfläche. Bisher ist davon nichts auf den Boden gesunken, so leicht ist es, und immer hell, immer die gleiche Temparatur. Doch hin und wieder gibt es auch hier Abwechslung. Dann werde ich behutsam in etwas Gleichwarmes, Kleineres, ohne Rauschen und ohne Licht gehoben. Irgendwann bin ich dann wieder dort, wo die Anderen sind, und ich finde Neues, Fremdes und Unbekanntes vor. Fremde Gewächse, Steine, und Wesen, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe. Meisst sind sie um Einiges grösser als ich, und leuchtender.
Nach ihrer Ankunft, wenn sie noch aufgeregt hin- und herschwimmen, betrachte ich, hinter meinem Farn versteckt, ihr farbiges Schimmern im Lichtschein, und verfolge ihre leuchtenden Schleier, die wehend ihre Kreise ziehen. Und für einige Zeit kann ich in dem Glauben leben, mich an einen anderen Ort fortbewegt zu haben, bis Etwas auf das Wasser fällt, dessen Geschmack meinem Irrglauben ein Ende setzt.

 

Hi erstmal!

Sorry, sorry, sorry, Schattenblume, aber der Schatten hat sich mMn über deine Geschichte gelegt!

"Die Geschichte eines Fischs" hättest du die Story auch gleich nennen können, aber eine wirkliche Geschichte finde ich hier nicht, eher ein Rätsel wie z. B. "Wer bin ich?"

Falls du Schriftstellerin werden willst, schreibe Geschichten, Storys, weißt du was das ist?

Handlung, Anfang, Mittelteil, Schluss, Figuren, (oder zumindest Wesen) und IRGENDETWAS sollte in Geschichten passieren...
Was soll ich kritisieren, wenn es nichts zu kritisieren gibt?

Dein Schreibstil hat mir gefallen und deine Beschreibungen haben mir gefallen!

Schreib demnächst mal ne Geschichte und ich verspreche sie zu lesen, oder hast du schon eine geschrieben, mal guck'n.

MFG
Torsten

 

hi Torsten,
mir ist schon klar, dass dieser Text wenig klassische Merkmale einer sogenannten KG aufweist - darum befindet er sich auch in dieser die Rubrik.
Ob jemand nun Schriftsteller werden möchte oder nicht, spielt für mich,
was die objektive Beurteilung eines Textes anbelangt, weniger eine Rolle,
auch wenn mir bewusst ist, dass die Zielsetzungen eines Autors zumindest bekannt sein sollten.

Was mich angeht, habe ich auf dem Gebiet des KG-Verfassens wenig eigene Erfahrungen, also damit auch eine ideale Basis, um solche zu sammeln ;)

dass es ´nichts zu kritisieren´ gibt, will ich jedoch so nicht hinnehmen -
möglicherweise gibt es ja hier viel zu viel davon :hmm:

Gruss

 

Hi Schattenblume,

dass der Text nicht die klassischen Merkmale einer Kurzgeschichte vorweist, ist dir ja auch schon bewusst. Meiner Meinung nach reicht es aber gerade noch aus, um es als solche gelten zu lassen. Ansonsten müsste deine Geschichte nämlich gelöscht werden.

Der dringenste Verbesserungsvorschlag den ich dir mache ist die Formatierung zu ändern. Ich sehe es ein, wenn man einen Zeilensprung bei einem wichtigen oder entscheidenden Satz macht. Aber immer? Was soll das? War dir die Geschichte sonst zu kurz?

Bisher ist davon nichts bis auf den Boden gesunken,
bisher und gleich drauf bis klingt nicht schön.
Warum nicht: Bisher ist davon nichts auf den Boden gesunken.

In etwas grösseren Zeitabständen werde ich behutsam in einen Kunststoffbehälter umquartiert,
um meinen Lebensraum sachkundig zu reinigen und das Wasser erneuern zu können.
So liest es sich so, als würde sein Lebensraum von ihm selbst gesäubert. Aber er wird ja gesäubert.
umquatiert, damit jemand meinen Lebensraum sachkundig reinigen und das Wasser erneuern kann.

Die Idee, das Leben aus der Sich eines Fisches zu beschreiben fand ich nicht einmal schlecht. Obwohl der Text so kurz ist, wird die Monotonie des Alltages deutlich und spürbar. Stilistisch gibts ebenfalls nicht viel zu bemängeln.

Du hast es geschafft in der Kürze die nötige Stimmung einzufangen. Das hat mir gefallen. Und somit auch die Geschichte.

lg neukerchemer

 

neukerchemer schrieb:
Der dringenste Verbesserungsvorschlag den ich dir mache ist die Formatierung zu ändern. Ich sehe es ein, wenn man einen Zeilensprung bei einem wichtigen oder entscheidenden Satz macht. Aber immer? Was soll das? War dir die Geschichte sonst zu kurz?

nein, keinesfalls, ist mir doch auch bekannt, dass sich die Aussage eine KG nicht mittels Zeilenschaltungen trimmen lässt :rolleyes:
Diesen unangebrachten Formatierungs-Tick habe ich mehr meinen lyrischen Tendenzen zu verdanken...

neukerchemer schrieb:
bisher und gleich drauf bis klingt nicht schön.
Warum nicht: Bisher ist davon nichts auf den Boden gesunken.

ja, warum nicht ? Jetzt seh ich´s auch - Danke!. Solche Kleinigkeiten entdeckt wohl das dritte Auge des Lesers auf Anhieb (während ich noch dabei bin, dem wuchernden Algengrün hinter meinen Ohren Herr zu werden).

neukerchemer schrieb:
So liest es sich so, als würde sein Lebensraum von ihm selbst gesäubert. Aber er wird ja gesäubert.

- das gleiche in Grün w.o....
da werde ich mal schnell diesen Fisch von seiner hausfraulichen Pflicht befreien !

dass du hier auch noch Lobenswertes finden konntest,
freut mich schon, auch wenn ich das (noch) nicht zu schätzen weiss, da mir deine literarischen Ansprüche bisher noch verborgen sind,
und mir nicht bekannt ist, ob du an Newbies gerne Trostpflaster verteilst, damit die Kritik nicht so schmerzt :sealed:

salut
+Gruss

]

 

Hi Antonym,

ich mag diese Geschichte. Sie schafft den Mikrokosmus im Aquarium, ein Leben in Abhängigkeit, in dem man sich über kleine von anderen gesteuerte Veränderungen freut und fast masochistisch optimistisch das Abenteuer darin sucht und auch findet. Fast wie im Arbeitsleben oder im Leben eines Kindes (Hände, die uns am Leben erhalten).
Doch irgendwann wird der Geschmack des Lebens bei allen Veränderungen wieder gleich, das ist der pessimistische Ausklang, der konsequent ist, wenn andere über das Leben bestimmen. So ein Fisch im Aquarium hat keine eigenen Möglichkeiten, etwas zu ändern. Er hat nicht mal die Möglichkeit, ein anderer Fisch zu werden. Aus einem Guppie wird kein Hai, nicht mal ein Goldfisch. Übertragen darauf kann man fragen, ob unsere soziale Herkunft nicht in den meisten Fällen unser Aquarium ist?
Zwei Vorschläge habe ich trotzdem:

ich erkenne es daran, dass jetzt Musik zu hören ist. Sie fliesst und schwingt im Wasser wie eine stetige, leichte Strömung.
Mein erster Impuls war, dir anstelle von "hören" zu "spüren" zu raten, denn Fische haben ja diese Seitenlinien, über die sie Schwingungen tastend wahrnehmen. Aber Fische haben durchaus auch ein sogar gutes Gehör. Allerdings konnte ich nicht ermitteln, ob sie mit diesem auch Geräusche, die außerhalb des Wassers entstehen hören. Was mich auch nach der Recherche an "spüren" als Vorschlag festhalten lässt, ist der folgende Satz, denn er deutet die Wahrnehmung der Musik über die Schwingungen des Wassers an, nicht über die Schallwellen (die vom Wasser allerdings auch gut geleitet werden).
Begleitet von einem eingängig rauschenden Ton
Hier wiederum sind wir beim Gehör eines Fischs, das am Ton sogar die Größe einer Luftblase wahrnehmen kann. Das sagt ihm zum Beispiel, ob der sich nähender andere Fisch gefährlich ist. Da er die Luftblasen kennt, weiß er sie einzuschätzen, es ist also stimmig, sie kaum noch wahrzunehmen. Ob er es aber als Rauschen hört, oder doch eher als Hintergrundgeblubber, weiß ich nicht (bin ja kein Fisch), würde aber eher zum Zweiten tendieren.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Antonym,

ich mag deine Geschichte auch. Es wirkt, als wird der Leser von außen allmählich nach innen gelenkt bis man sich sicher ist, dass es die Geschichte eines Fisches ist.

Ciao MiK

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Antonym,

"Fabelhafte Zeiten" - ist das schon ein Hinweis?

Ich habe letztens schon eine andere Geschichte (von einer anderen Autorin) kritisiert, da ging es um einen fabelhaften Reiher. Hier ist es ein Fisch in seiner "natürlichen" Umgebung: Einem Aquarium.

Ja, ich habe schon wieder dasselbe Problem, und es muss tatsächlich an mir liegen, dass ich einfach mit dieser Form von Geschichten nicht klar komme.

Wobei ich bei deiner (sehr schön geschriebenen) Geschichte meine Probleme klar benennen kann, weil sie sich an Begriffen festmachen lassen.

Ich versuch's einfach mal:

Vertraute Geräusche, Stimmen, Wände aus Glas. Jemand ist hier - ich erkenne es daran, dass jetzt Musik zu hören ist.

An diesem Satz stören mich zunächst die Begifflichkeiten: Ein Fisch, der weiß, was Stimmen, Wände aus Glas und Musik sind - vielleicht ließe sich das irgendwie anders beschreiben, als mit diesen typisch menschlichen Definitionen. Wenn nicht hier Metaphern, wann dann?

Dass der Fisch am Ende etwas erkennt, weil Musik zu hören ist, darüber habe ich länger nachgedacht. Im ersten Moment habe ich natürlich gedacht: Das ist ein Fehler, weil ... Erkennen/Musik.

Aber: Fische haben keine Ohren, oder? Meinst du dann erkennen eher im Sinne von Spüren oder Empfinden, über die Schallwellen, die er im Wasser ortet?

Regelmässig streut eine grosse Hand hellgrüne Flocken auf die Wasseroberfläche, wohldosiert, in gefriergetrockneter Form.

Auch hier stören mich die markierten Begriffe. Vor allen Dingen aber das wohl dosierte und gefriergetrocknete - das ist so gar nicht gängiges Fischwissen. Aber wie sollte man das anders schreiben?

Ich hätte einen Vorschlag: Regelmäßig lässt Gott hellgrünes Leben auf das Wasser niederregnen, und das hält mich am Leben.

Oder sowas in der Art. Irgendwie fischiger. Nicht so von menschlichen Gedanken durchzogen.


Und hier schon wieder:

ihr fluoreszierendes Schimmern im Schein der Neonröhre,
und verfolge ihre leuchtenden Schleier, die wehend ihre Kreise ziehen

Ein sehr gebildeter Fisch, der Worte kennt, die manche Menschen nicht einmal richtig schreiben könnten (bitte nicht böse verstehen!).

Auch hier wäre mein Empfinden, dass du andere Beschreibungen finden müsstest, Metaphern aus Sicht des Fisches, wo eine Neonröhre vielleicht eher eine "kalte Sonne" wäre oder etwas in der Art.

Ich hoffe, ich kann das wirklich verständlich machen, was ich meine.

Die andere Möglichkeit wäre es natürlich, solch eine Geschichte total zu vermenschlichen und damit satirisch zu überspitzen. Vielleicht mal das Leben einer Familie aus der Sicht eines Fisches, das er nur anhand der Tischgespräche verfolgen kann. Und der Fisch führt darüber eine Art Tagebuch. Da geht jetzt aber meine Fantasie mit mir durch.

Hab ich noch etwas vergessen? Ja!

Willkommen im aufregenden Aquarium dieses Kurzgeschichtenforums. Hier gibt es Fische jeder Art. Und natürlich auch Haie.

Grüße von Rick

 
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ahoi sim,

mit deinen Assoziationen zu diesem Text rennst du bei mir offene Türen ein,
und es freut mich, dass sie anhand der KG imaginierbar sind.

sim schrieb:
... ein Leben in Abhängigkeit, in dem man sich über kleine von anderen gesteuerte Veränderungen freut und fast masochistisch optimistisch das Abenteuer darin sucht und auch findet...

- klasse umschrieben. Damit berührst du das, was mich mit diesen Bildern verbindet, sehr nahe, und ermutigst mich, daran glauben zu können, dass es auch Leser gibt, die in der Lage sind, ein kleines Stück über den Beckenrand hinauszublicken (*blubber*).


Entsprungen ist dieses Ding übrigens einer weltwirklichen Situation: in einem China-Restaurant, neben (?) einem Aquarium...

und wie du bereits bemerkt hast, ist meine Sprache hier noch nicht fischig genug. Die Frage ist, wieviel ´vermenschlichte´ Begriffe verwässern dieses Bild, und wie viel Konsequenz kann ich ihm einräumen, ohne in den Beschreibungen die offensichtliche Erwartungshaltung des Lesers voll und ganz zu erfüllen - was meiner A.n. oft zu einem langweilenden Ergebnis führt.

Zwar sind Fische sehr wohl in der Lage, Geräusche, deren Ursprung ausserhalb des Wassers liegt, hören zu können, doch gefällt mir dein Vorschlag, den Fisch Musik ´spüren´ zu lassen, wesentlich besser - es erinnert auch an ´Berührung´, daran, etwas an sich ´heranzulassen´bzw.
erreichbar zu sein.

Bei dem ´rauschenden Ton´ bin ich mir nicht sicher, ob ich ihn so stehen lassen will - vielleicht findet sich ja eine gänzlich andere Lösung dafür.
Die Schwimmbrille behalte ich also noch auf, und tauche, auch Dank deiner Anregungen, vergnüglich wieder ein...


hallo Mik,
danke für´s Füttern - dein Kom. macht mir soeben klar,
dass sich das langsame Eintauchen noch verstärken lässt,
in dem ich zu Beginn das ´Wasser´ aus dem Tank lasse.
Du bist schuld !


Rick schrieb:
Ja, ich habe schon wieder dasselbe Problem, und es muss tatsächlich an mir liegen, dass ich einfach mit dieser Form von Geschichten nicht klar komme

welche Form von Geschichten meinst du, Rick ?
Sehnst du dich etwa nach dem klassischen Handlungsverlauf: Anfang, Mittelteil, Schluss, oder liegt es etwa an mir, dass ich nicht verstehe, mit welcher Problematik du dich herumzuschlagen glaubst ?


Was die Definition von Wahrnehmung anbelangt, sind diese Punkte ja bereits berührt worden (s.u.), und deine Hinweise beziehe ich gerne mit in die Korrektur ein.
Nur: dass stattdessen dem Fisch ein Gott Leben aufs Wassser regnen lässt, kann ich nun gar nicht annehmen. Zum einen, da diese Metapher (?) so unfischig wie nur was ist, und abgesehen davon meine ich auch, dass eine ´gute´KG das Angeln nach grossartigen Metaphern nicht nötig hat, sofern der Autor über ein gewisses Maß an Sprachvermögen und Wortschatz verfügt - Beispiele finden sich dafür in diesem Haifischbecken genug ;)


Rick schrieb:
Die andere Möglichkeit wäre es natürlich, solch eine Geschichte total zu vermenschlichen und damit satirisch zu überspitzen. Vielleicht mal das Leben einer Familie aus der Sicht eines Fisches, das er nur anhand der Tischgespräche verfolgen kann. Und der Fisch führt darüber eine Art Tagebuch. Da geht jetzt aber meine Fantasie mit mir durch.

das ist wohl eine andere Baustelle, doch die Idee hat was ^^


danke auch fürs Willkommen-Heißen - ich halte schon mal die Hapunen bereit :D

Gruss

Antonym

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Antonym

Zitat: welche Form von Geschichten meinst du, Rick ?
Sehnst du dich etwa nach dem klassischen Handlungsverlauf: Anfang, Mittelteil, Schluss, oder liegt es etwa an mir, dass ich nicht verstehe, mit welcher Problematik du dich herumzuschlagen glaubst ?

Da hast du mich wirklich völlig falsch verstanden, ich bin der letzte, der oberlehrerhaft mit der Messlatte neben einer Geschichte sitzt. Ich lote selbst gern Grenzen aus, jenseits irgendwelcher Richtlinien (manchmal jedenfalls).

Nein, mein Problem sind grundsätzlich Geschichten mit einem tierischen Prot. Aber das ist nun mal so, dass hat wirklich nichts mehr der Qualität deiner Geschichte zu tun, sondern mehr mit meiner Unfähigkeit, solche Perspektiven annehmen zu können.

Aber vielleicht nutzt dir auch eine solche Lesermeinung trotzdem irgendwie. Ich muss sicher stärker an meiner diesbezüglichen Vorstellungskraft arbeiten, als du an deinem Text.

Grüße von Rick

 

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