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Falter im Herzen

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08.11.2004
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Falter im Herzen

Eduard steht am Fenster und blickt auf die ruhelose Bewegung der Großstadt tief unter ihm herab. Plötzlich taucht ein orange gescheckter Schmetterling dicht vor seinem Gesicht auf. Die Fensterscheibe ist so sauber geputzt, dass Eduard sie vergisst und nach dem Schmetterling zu greifen sucht. Erst die Kühle des Glases an seinen Fingerspitzen ruft ihm seine Trennung von dem schwerelosen Wesen in Erinnerung. „Ach“, denkt er, „wie konnte ich das vergessen?“
Hinter ihm berichtet der achtundzwanzigjährige Doktorand Peter G. (Jura? BWL? Eduard weiß es nicht mehr so genau) über das Verhältnis zu seiner Mutter.

„ … meinem Bruder habe ich das nicht gesagt, er sieht dass ja auch anders, als Ältester und so, aber manchmal möchte ich sie umbringen. Ich weiß, dass klingt jetzt total nach Psycho, aber es ist so. Es ist noch nicht mal Wut oder so was, sondern einfach die neutrale Feststellung, dass Frau Mama sterben muss. Wenn ich sie besuche und wieder nur zu hören kriege, was sie alles um meinetwillen aufgeben musste, ich sollte ja gar nicht mehr kommen, noch ein Kind und das so kurz bevor es nicht mehr ging … „

Eduard setzt sich wieder auf den Stuhl gegenüber seinem letzten Patienten für heute. „Vielleicht hätte ich doch die Couch nehmen sollen, dann viele es nicht so auf, wenn ich umhergehe.“ Aber das war dem ausgebildeten Tiefenpsychologen zu freudianisch.

„ … wenn ich ein Mädchen geworden wäre, dann ja, bitte. Vier Jungs waren mehr als genug und so musste ich dauernd Kleider tragen ... “

Eduard schaut auf seine Hände. „Viel zu breite Hände für einen Intellektuellen“, denkt er, „wo sind Vaters Hände geblieben?“ Doch seine Hände sind nicht sonderlich breit, sie sind sogar sehr regelmäßig geformt. Der Ringfinger länger als der Zeigefinger, den Ring trägt er am Mittelfinger. Am Handrücken eine Notiz, die ihn an die Einkäufe erinnert. „Ich muss mir einen Timer besorgen.“

„ … dabei darf ich ja so etwas gar nicht sagen, denn sie hat ja wirklich viel für mich aufgegeben, sie hat ja schon den Berufswiedereinstiegs-Kurs gemacht. Und als meine Brüder aufwuchsen, da gab es ja nichts, die hatten bestimmt nicht so viele Chancen wie ich, die mussten nach der Realschule gleich arbeiten gehen … “

Eduard denkt zurück: „Irgendwann saß ich doch auch mal auf einem solchen Sessel und mir wurde geholfen, was mach ich denn falsch? Wo ist all das denn hin? - Weg. Alles weg, genauso wie der Schmetterling.“
Auf einmal erfüllt ein Schluchzen den kleinen Raum. Der Patient Peter G. weint, das Gesicht in den Händen vergraben. Eduard versucht sich an dessen letzte Worte zu erinnern und spricht:

„Es ist gut, Peter. Etwas in dir verändert sich. Du wächst.“ Peter schnieft. Eduard geht zum Schreibtisch, holt Taschentücher heraus und gibt sie ihm. „Deine Mutter ist jetzt nicht hier. Jetzt geht es nur um dich. Wir sind hier, damit es dir besser geht.“

Peter fängt sich, putzt sich die Nase. Er blickt auf, sein Therapeut lächelt ihm zu, „Hey! Große Jungs, große Tränen, oder ?!“ Sie schmunzeln beide. „Da bist du also“, denkt Eduard und sagt: „Die Welt ist so unendlich groß, Peter, so schön und so viel größer als unser aller Probleme zusammen.“

Peter und Eduard gehen zusammen raus. An der Tür zur Praxis hängt ein Schild, auf dem neben Eduards Namen und seinem Titel der Spruch steht: „In jedem Gespräch steckt ein Schmetterling.“

Als sie das Gebäude verlassen, fragt Peter: „Kann ich sie in die Stadt mitnehmen, Doc?“ Eduard will eigentlich sagen, dass er kein Doktor ist, aber ihm fällt etwas Wichtigeres ein: „Ja, gerne. Meine Frau meinte, ich soll noch einkaufen.“ Sie steigen ein, Peter setzt sich die Sonnenbrille auf. „So ein Pantoffelheld“, denkt er, grinst und fährt los.

 

Hello Monty Schwarz,

eine launige Geschichte, bei der mich allerdings am Ende der überraschende Perpektivwechsel stört. Den ganzen Text über lese ich von Eduards Sicht der Dinge, plötzlich ist Eduard 'der Therapeut' und ich erfahre, was Peter denkt...
Man hat beim Lesen ein schönes, rundes Gefühl, weil der Schmetterling vom Anfang am Ende wieder vorkommt, sehr gelungen!

Es kommt sehr häufig das Wörtchen 'ja' in der direkten Rede vor, das ist vielleicht verzichtbar.

Viele Grüsse vom gox

 

Hallo Monty,

nun, diese Geschichte erscheint mir leider nicht ausgereift. Deine Protagonisten bleiben mir zu oberflächlich, die Handlung ist mir zu wenig, im großen und ganzen fehlt es bei deiner Geschichte an Geschichte, wenn du verstehst was ich meine :) Überleg doch mal, was du ursprünglich eigentlich schreiben wolltest. Die Charakterisierung zweier Personen? Die ist zu knapp. Eine Stunde beim Psychiater? Ließe sich da nicht mehr herausholen?
Und zum Schmetterling... am Anfang liest es sich ganz gut. Die nochmalige Aufgreifung wirkt leider etwas kitschig. Den Perspektivwechsel ganz zum Schluss finde ich unnötig, er macht weder Sinn noch ein gutes Ende. Besser wäre vielleicht, wenn du das Wichtige, das Eduard einfällt, ausbaust, um dem ganzen zu etwas mehr Handlungzu verhelfen, und damit auch etwas mehr Spannung... denn wäre der Text länger gewesen, hätte ich mich sehr gelangweilt.

„Kann ich sie in die Stadt mitnehmen, Doc?“
Sie

lieben Gruß,
Anea.

 

Guten Abend Miss Anea und Mr. Gox,


Danke euch beiden für die Koms, auch wenn meine Reaktion jetzt massiv verspätet kommt.

Ja, "Falter" geschrieben, so um die Zeit herum, wo mit meiner Ex aus einem reichlich hässlichem Grund Schluss war und drückt aus, was so in mir vorging. Selber Erfahrung mit diesem Berufsstand gemacht (wegen Studium und die Mama macht das beruflich). Darüber hinaus ist (bzw. war) der Monty auch immer so Ansprechmensch für andere und zur Falter-Zeit dachte ich: was kann ich dir schon sagen, wenn es mir selber scheiße geht. In Falter sollte u.a. rüberkommen, dass es trotzdem geht. Manchmal muntert einen nichts so auf, wie andere aufzubauen.

Der Schmetterling ist so das Prinzip unter dem ich versuche, mein Leben zu führen. Ich will nicht sagen Christ, denn dieser ,gerade unter jungen Menschen gerne und oft geführte Begriff hat mittlerweile so was Enges, aber stark in diese Richtung. Und zu der Zeit erschien der Schmetterling (mein Schmetterling) wie hinter einer Scheibe.

Schlaft gut,
Monty

 

Hi Monty,


Ich kann mich meinen Vorgängern nur anschließen - viel zu unausgereift. Das kannst du doch besser, oder?

Und was soll denn das? ;)

Maggie3 schrieb:
Danke fürs Lesen!
Also wirklich, Monty, wenn du dich schon doppelt anmeldest, solltest du darauf achten, mit welchem Nick du deine Dankbarkeit kundtust :D

Mein Tipp für doppelt Angemeldete: Postet nicht die selben Geschichten zweimal und schreibt keine Empfehlungen für eure - unter anderem Nick - veröffentlichten Geschichten (außer sie sind genial)


Gruß,
131aine

 

Hi!


Ein interessanter Gedanke, Maggie und ich sind in Wirklichkeit ein und dieselbe Person. Kann schon sein, ich meine auf dem MR-KG-Treffen hat sie sich auch ein Weizen bestellt und ich mag eigentlich kein Bier. Also der Monty-Teil meines dissoziativen Ichs mag kein Bier, der Maggie-Teil mag es wohl. Ja, und ne Brille haben wir beide, vermutlich sind wir also wirklich eins.

Auch gut recherchiert von dir. Wenn du dir Maggies Geschichten anschaust und dann meine, dann merkt man schon, dass das dieselbe Person geschrieben hat. So wegen Wortwahl, Thematik und Satzbau. Hätte ich mir wohl mehr Mühe beim Erstellen meines neuen Ichs geben sollen.


Aber Spaß beiseite: Der letzte Satz wurde mir schon mehrfach angekreidet. Im Laufe des Kom.dialogs neige ich dazu, den Kritikern allzu schnell recht zu geben. Durch den letzten Satz wollte ich die beiden wieder auf eine Ebene hohlen. Ich meinte, dass Eduard auch nicht unantastbar ist. Und sein Patient ist nur während der Therapie so gefühlvoll. Außerhalb zeigt er lieber seine lässige Seite.


Lieben Rosenmontagsgruß,
Monty

 

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