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Fang den Hut ( feat. Tserk)
Julian war von Natur aus blass. Er ging in die dritte Klasse der Hauptschule für überdurchschnittlich begabte Hunde. Karin, seine Besitzerin, hatte ihn dort angemeldet, und er wurde nach erfolgreich bestandenem Aufnahmetest ... aufgenommen.
Katrin spielte für ihr Leben gerne „Fang den Hut“, ein Spiel, bei dem sie ihren ganzen Scharfsinn und ihre Gerissenheit einsetzen konnte und sogar musste, um zu gewinnen. So gut er auch war, gegen sie hatte Julian keine Chance. Noch nicht ... Sollte er die fünfte Klasse hinter sich haben, würde das Blatt sich wenden, das war gewiss.
Da Karina dieses unglaubliche Talent zum Bewältigen dieses Spiels hatte, dürfte es niemanden weiter verwundern, dass sie eines Tages den Hut eines älteren Mannes fing, den ein gar frecher Windstoß ihm vom Kopfe geweht hatte. Der Greis überschüttete sie daraufhin regelrecht mit Danksagungen, sodass Katharina es schon fast bereute, ihr Talent so leichtfertig zur Schau gestellt zu haben.
Doch das sollte sich schlagartig ändern ...
„Hey, Mädel, ich hab sofort erkannt, dass du Talent hast ... „Fang den Hut“, das dürfte dein Credo sein ... Wir haben uns heute nicht zufällig getroffen. Ich organisiere ein internationales „Fang den Hut“-Turnier, die besten Spieler der ganzen Welt werden da sein ... betrachte dich als ‚geadded’. Ye-yeaahyyy. Ooouukayy.“
Mit diesen mysteriösen Worten löste sich der Mann, er war übrigens sehr groß und in schwarze Kleidung gehüllt, in Luft auf.
„Uwwhot?“, fragte Karenina. Sie glaubte schon, alles sei nur ein Tagtraum gewesen, hervorgerufen durch das gestrige spannende Spiel gegen Julian, das aus seiner Sicht wohl eher als „Fang-den-Hut-Massaker“ bezeichnet werden würde, wenn er die Fähigkeit dazu hätte, irgendetwas zu bezeichnen außer Papier. Doch dann fand sie in ihrem Ausschnitt einen winzigen Zettel, auf dem in großen Lettern zu lesen war:
Groooooooooßes „Fang-den-Hut“-Turnier, und ich meine, wirklich groß. Ohne Scheiß jetzt. Und international. Net schlecht, ge? Und DU bist dabei! Miss dich mit internationalen Top-„Fang-den-Hut“-Stars, beweise dein Können im one-on-one-„Fang-den-Hut“-last-man-standing-survivor-battle, 2-gegen-2-„Fang-den-Hut“-Hardcorematch, 2-gegen-1-„Fang-den-Hut“-Handicapmatch, im „Fang-den-Hut“-Cagematch oder im „Fang-den-Hut“-Royal-Rumble. Es wird sooo geil. Also komm, und zeig, was du drauf hast ... erscheine oder weine ... muahaha
Noch bevor Kathleen sich fragen konnte, wer so verrückt sein konnte, „muahaha“ auf einen Zettel zu schreiben, veränderte sich der dort stehende Text. Also, besser gesagt, sie drehte den Zettel um und eine Adresse sowie eine Uhrzeit und ein Datum erschienen. Carmen kombinierte blitzschnell – das Kombinieren hatte sie sich in zahllosen Spielen angeeignet und verfeinert –, dass es sich um die Daten für den Turnierstart handelte.
Sie lieferte Julian im städtischen Tierheim ab und begab sich gut gelaunt, ein Liedchen trällernd, zu dem vereinbarten Treffpunkt, da das Turnier laut dem Zettel in circa einer Stunde anfangen würde. Zum Glück wusste sie, wo die Adresse war, sodass sie in einer halben Stunde da war. Dort angekommen, musste sie erst mal nach Luft schnappen. Kein Wunder, dass ihr die Adresse so bekannt vorgekommen war: Es war die Hundeschule von Julian!
Sie trat ein, von nun an gab es keine Wiederkehr.
Carrie hatte es bis ins Finale des „Fang-den-Hut“-Turnieres geschafft. Nun hatte sie einen außergewöhnlichen Gegner vor sich stehen: Es war ein Schäferhund. Während des Turniers hatte sie schon so manchen Gegner eliminiert, der nicht-menschlich war, darunter zum Beispiel einige Katzen (Katzen gelten durch die Trainingsadaption, ein Spiel namens „Fang-die-Maus“, als überaus talentierte „Fang-den-Hut“-Zockerinnen), eine Giraffe und Michael Jackson. Aber ein Hund? Wie hatte der es denn geschafft, die Regeln zu verstehen? Sie vermutete, dass der Hund Beziehungen hatte, vermutlich war er der Sohn des Veranstalters oder etwas in der Richtung. Trotzdem würde sie alles geben; das wäre doch gelacht: Haha!
Das Spiel mit dem Schäferhund zog sich nun schon drei Stunden hin. Beide schienen am Ende ihrer Kräfte, doch ebenso wollte keiner aufgeben. Stures Pack. Nee, jetzt mal ehrlich, is doch doof.
Inzwischen hatten sich ungefähr eine Millionen Zuschauer um den kleinen Spieltisch versammelt und folgten gespannt dem Spielverlauf. Um ehrlich zu sein waren sie eher gelangweilt, da drei Stunden nun mal ne lange Zeit sind. 180 Minuten. Mindestens.
Plötzlich lachte der Hund auf: „Haha, ich bin es, Julian, ich habe mich aus dem Tierheim befreit und werde gewinnen!“
Das hätte er nicht sagen sollen. Karin besann sich wieder darauf, wer sie war und wer er war und gewann mit der guten alten „Kopfloser-Hut“-Variante, auf die Julian jedes Mal reinfiel. Das Publikum war erleichtert. Der Moderator wurde geweckt und verkündete:
„Gewinnerin und Finalistin: Karin Katrin Karina Katharina Karenina Kathleen Carmen Carrie Karin Müller! Herzlichen Glückwunsch!“
Das Finale gewann K. K. K. K. K. K. C. C. K. Müller mit Leichtigkeit und wurde kurze Zeit später von dem großen Mann in der schwarzen Kleidung umgebracht.
Moral: Sei niemals besser als der Meister des Spiels, selbst wenn er gar nicht am Turnier teilnimmt.