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Fernweh
Fernweh
Ich bin am Bahnhof und ich will weg. Ich habe Angst davor, nach Hause zu gehen. Der Angst vor dem Alltag. Ich will weg. Ich suche mir Züge aus dem Fahrplan aus, setze mich irgendwo auf eine Bank, stelle mir vor, ich sitze in dem Zug, als würde ich eine Reise irgendwohin unternehmen. Es ist nur eine Vorstellung, sagt eine Stimme in mir, die aber gleich verstummt.
Die Züge fahren ein, ich habe meine Augen geschlossen und ich höre den Bahnhof. Menschen steigen aus, steigen ein, ich sitze auf der Bank und ich tue so, als gehörte ich dazu, in meiner Vorstellung. Ich will auch einsteigen, in den Zug und einfach flüchten. Die Ferne, das Weite, die Sehnsucht in mir ruft mich.
Ich versuche mir vorzustellen, wie ich stundenlantg in der Bahn sitzen würde und aus dem Fenster schauen würde, und mich langweilen. Vielleicht würde ich mich aber auch mit jemandem unterhalten, den ich gar nicht kenne, aber der zufällig im selben Abteil sitzt. Ich würde Menschen kennenlernen, die ich sonst nie kennengelernt hätte.
Ich versuche Landschaften aus dem Zugfenster zu sehen, das nur in meinem Kopf existiert.
Es wird kalt. Ich merke, ich bin eingeschlafen, ich sitze immernoch auf der Bank, nicht in Berlin, nicht in München, nicht in meinem Traum. Ich versuche mich zu erinnern, wo ich in meinem Traum ausgestiegen bin, vergeblich.
Ich wünschte, ich wäre irgendwo gewesen, zurückgekommen, und dann auf der Bank eingeschlafen. Ich nehme mir vor, dass es so war. Ich war auf einer langen Reise.
Nein, ich bin auf einer langen Reise.
Ich gehe nach Hause. Als ich den Bahnhof verlasse, blicke ich zurück. Eigentlich könnte ich nochmal wegfahren. weit weg.