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Fleischer
Es war jetzt drei Tage her, dass das letzte Stückchen Nahrung seinen Gaumen verwöhnt hatte und Magenzugang fand aber auch das war irrelevant. Eigentlich gab es auch keine wirklichen Gründe sich zu beschweren.
Sein Körper wurde von Mauern umschlossen, darin waren eine Tür, zwei Fenster und obendrauf hatte ein kluger Mann eine Betonplatte installiert. Es konnte also schlechter für ihn aussehen.
Sicher, er war nicht eine der Rollen, die Charles Bronson zu verkörpern pflegte aber auch kein Woody Allen, die Funktionstüchtigkeit seines Penis befand sich ebenfalls im grünen Bereich, er hatte festen Stuhlgang und Schweißfüße der Größe Zweiundvierzig.
Insgesamt also durchaus zufrieden, einzweiundsiebzig groß, kahler Schädel, ansonsten starke Körperbehaarung und Falten am Gesäß.
Wer verglich sich auch schon ernsthaft mit diesen Sperma spuckenden Muskelpaketen, angefüllt mit dem großartigsten männlichen Gelee, dass eine Leinwand jemals zu Gesicht bekommen hatte, die jeden Tag in der Wunderwelt des Pornounterhaltungsbranche zu sehen waren und bei ihm, dank Pay-TV, rauf und runter liefen. Nun, er tat das jedenfalls nicht…
Das er eigentlich schon tot war interessierte ihn wenig, wie sollte es auch, er war ja tot, nicht mehr zum Denken und Reflektieren befähigt, innerlich ausgebrannt wie der Plenarsaal des Reichstags Neunzehnhundertdreiunddreißig und fühlte sich ausgesprochen Wohl in seiner Rolle.
Dose rauf, zum Mund führen, diesen öffnen, Dose schwenken, schlucken, absetzten, zurückschwenken, Dose wieder runter und den Arm auf der Sessellehne platzieren.
Wie ein Kranfahrer, tagein, tagaus, zum Tag und zur Nacht, ob im Winter oder Sommer.
Dazu gab es meistens Kartoffelsalat, der in ähnlichem Ablauf konsumiert wurde.
Penis rein, einmal rühren und wieder raus, ein schöner Anblick, wie er fand.
Doch eines Tages wurde sein verdienter Frieden jäh gestört: ein Mensch hatte sich zu seiner Türklingel in der Tarostraße verirrt und diese dazu auch noch betätigt!
Eigentlich würde er darauf gar nicht erst reagieren, doch dieses Subjekt schrillerte unermüdlich und mit der Ausdauer eines Zugvogels.
Penis rein, Penis raus, Dose rauf, Dose runter.
„Gurkenscheibe. Lecker. Gurkenscheibe lecker.“ Die elektrischen Teilchen schossen nur so durch seinen Verstand und der Riese begann sich zu rühren.
Staub rieselte von seinem spiegelnden Schädel, Zigarettenfilter mit abgebrannten Ende fielen auf die Fliesen seiner schmierigen, garstig riechenden Behausung und ein Salve von Knackern fuhr durch seine 137 Kilogramm.
Linkes Bein, rechtes Bein, Penis rein, Penis raus, Dose rauf, Dose runter.
Schon hatte er die Hälfte des Weges hinter sich gebracht, trippelnd und schwankend wie eine fette Maus mit einem Wehrturm auf ihrem Rücken, als morsche Knochen zu brechen begannen.
Bumms.
Er, Herr Fleischer aus dem Fünften, hatte einen Schritt zu viel in seinem Leben gewagt und fand sich in seinem eigenen Saft, mit der Wange an der Wand klebend, wieder und wirkte, wie eine gestrandete Meeresschildkröte.
„Gurken. Dose anheben, schwenken.“
Doch es reichte nicht, all sein Mühen war umsonst, er war schließlich tot…