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Fluchtgeschwindigkeit: der letzte Transport

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21.06.2005
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Fluchtgeschwindigkeit: der letzte Transport

Fluchtgeschwindigkeit: der letzte Transport

Im Grau des Wintervormittags leuchten die Neonanzeigen der Schwebebahn unangenehm grell in mein Gesicht. Außer Atem von meinem Sprint zur Plattform trete ich an eine Transportkapsel und gebe am Außendisplay mein Ziel ein. Die Kapsel öffnet sich zischend. Ein Schwall metallisch-süßlicher Luft trifft mein Gesicht. Der Boden neben der Transportliege ist, wie so häufig, halb bedeckt mit leeren Quetschbeuteln. Ein buntes Firmenlogo springt mir ins Auge: Morgengold. Eine vage Erinnerung steigt in mir auf: Frühstücksflocken mit Milch, ein Tisch gedeckt für eine Familie, frisch gebackenes Brot. Ich schiebe die Bilder zur Seite. Es ist lange her, dass Morgengold, oder irgendeine andere Marke, Lebensmittel für Menschen hergestellt hat. Wie als Ermahnung, meine Gedanken auf das hier und jetzt zu richten, zieren rotbraune Flecken die Transportliege, auf die ich mich schnalle: Reste der „Morgengold Artificial Blood™“-Mahlzeiten. Seit ein paar Jahren ohne echte menschliche Zutaten. Wir sind zu rar geworden, als dass SIE uns noch leicht aufspüren könnten.

Noch rarer geworden ist das Kaffeepulver, von dem ich seit Tagen eine Packung mit mir herumschleppe. Es ist die letzte, die ich im Lager unter dem Safe House finden konnte, und ich werde einen Teufel tun und es hier in der Stadt zurücklassen. Der flüchtige, luxuriöse Duft, der mir aus der Packung in die Nase steigt, wirkt dem Geruch von Artificial Blood™ in der Kapsel entgegen und macht die Reise etwas erträglicher. Ich bin auf diesen Transport angewiesen. Zwischen IHNEN zu laufen ist zu gefährlich, jeder flüchtige Zusammenstoß wäre mein Todesurteil. Und in alten Cop-Shows stirbt immer der, der eigentlich seinen letzten Tag vor der Rente hat, den letzten Auftrag vor dem Ruhestand. Und heute ist mein letzter Tag unter IHNEN. Bin ich dadurch gefährdeter? Ich glaube ja, das Schicksal mag solche Spielchen. Ich habe Angst.

„Ihre Zieleingabe: Oberer Markt. Bitte bestätigen Sie Ihre Eingabe mit der grünen Eingabe-Taste oder korrigieren Sie mit der roten Korrektur-Taste“. Ich drücke auf Grün und lehne mich mit einem Seufzen zurück. Ich mag diese Stimme. Sie ist künstlich erzeugt, wie die meisten Stimmen für automatisierte Ansagen, aber sie klingt beruhigend echt. Und mit echt meine ich menschlich. Die Kapsel, die an den Schienen hängt wie der Anhänger einer Kette, schaukelt leicht im Höhenwind. Das Abfahrtssignal ertönt. Die Geschwindigkeit drückt mich fest in die halb aufgerichtete Transportliege, ich kann gerade so meinen Kopf drehen, um die Stadt zu betrachten. Unter mir liegt die Stadt in der Dämmerung, um mich herum spannt und wölbt sich das komplexe und erstaunlich filigrane Schienennetz, das SIE nach den Plänen der Besucher gebaut haben.

Die Kapseln, so hat Omar es mir erzählt, sind für menschliche Körper eigentlich zu schnell. Deswegen sei die tägliche Nutzung eine Gefahr für unsere Gesundheit. Ich musste lachen, als er es mir erzählt hat. „Die Kapsel nicht zu benutzen ist ja wohl gefährlicher“, habe ich gesagt. Omar hat nicht gelacht. Er war alt. So alt, dass er sich noch erinnern konnte an die Zeit, als wir viele waren. Und SIE wenige. Die Erde, wie sie war, ehe die Raumschiffe ankamen mit ihren außerirdischen Besuchern – alle lange tot, außer ihren Parasiten. Und trotzdem waren sie unser Verderben.

Kurz nach unserem Gespräch haben SIE Omar erwischt – in einer Kapsel. Das passiert manchmal. Wir verstehen nicht wie – woran SIE uns erkennen, wenn SIE uns nicht direkt berühren. Aber wir alle kennen jemanden, der in einer Kapsel entdeckt wurde. Und bei Omar habe ich die Durchsage selbst gehört – ich war nur wenige Kapseln hinter ihm. Erst das Knacken in der Lautsprecheranlage, die mit allen Kapseln und allen Stationen verbunden ist. Dann die knarzende Stimme. Nicht die künstliche, sondern die Stimme von einem von IHNEN. So offensichtlich nicht menschlich. So fremd. Mutiert durch intelligente Parasiten, die unsere toten Weltraumgäste zu uns gebracht haben, ehe sie sich uns zugewandt haben. Mutiert zu einer neuen Spezies, die uns innerhalb weniger Dekaden überrannt und buchstäblich ausgesaugt hat.

Was die knarzende Stimme damals von sich gab, war ein Todesurteil. „Kapsel 517, Sie werden in der Verdistraße für eine Identitätskontrolle gestoppt. Verhalten Sie sich ruhig und bleiben Sie angeschnallt.“ Eine so harmlose Durchsage. Aber schon Sekunden später konnte ich von meiner Kapsel aus die Schemen sehen, die auf dem Absatz kehrtmachten und zu rennen begannen. Die aus Hauseingängen strömten, aus hochgelegenen Fenstern sprangen. Wie sie sich gegenseitig aus dem Weg schubsten, übereinander stolperten, sich beim Sprung aus den Fenstern die Beine brachen und sich dann mit den Händen voranzogen, völlig von Sinnen. Alle in Richtung Südbahnhof. Um etwas abzubekommen, um nicht der letzte zu sein, um ihre Zähne in einen echten Menschen schlagen zu können.

Die Szene vermischt sich in meinem Kopf mit Erzählungen aus einer Zeit, als die Menschen zum Spaß Vampir- und Zombiefilme angeschaut haben. Ehe SIE kamen. Ehe wir alle dem Untergang geweiht waren.

Aber ab heute Nacht ist das Versteckspiel vorbei. Dies, sage ich mir, war meine letzte Reise durch diese Stadt, das letzte Mal Angst. Ab morgen bin ich vor IHNEN sicher.

Die Kapsel bremst vor meinem Zielbahnhof ab. Ich wische mir den Schweiß von der Stirn und bereite mich auf den Spießrutenlauf zu unserem Safe House vor. Rami, Cora und Marie sind sicher schon ungeduldig. Ich sehe geradezu vor mir, wie Cora sich auf die Unterlippe beißt vor Ungeduld, und Rami und Marie sich unablässig zanken. Besonders Rami teilt aus, wenn er nervös wird. Überrascht stelle ich fest, dass ich trotz aller Angst grinsen muss, wenn ich an Maries hochgezogene Augenbrauen denke, und wie liebevoll sie darunter immer hervorspät. Rami, Cora, Marie, sage ich in meinem Kopf vor mich hin, wie ein Mantra. Die einzigen Menschen, die ich mit Namen nenne. Meine Familie.

Und wenn alles gut geht, werden wir das Safe House nach heute Abend nicht mehr brauchen. Nie mehr bei jedem Geräusch zusammenzucken, nie mehr Panikattacken beim Gedanken an eine flüchtige Berührung. Erlösung.

Diese Aussicht macht mich zittrig vor Aufregung. Das ist nicht gut, ich muss aufmerksam bleiben. Nur noch heute. Ich atme tief durch und warte, bis mein Herz aufhört, zu rasen. Dann visualisiere ich jeden Schritt, jede Abzweigung, jedes mir bekannte Hindernis, damit ich IHNEN ausweichen kann.

Beim Aussteigen scannen meine Augen routiniert die Umgebung. Außer mir hält hier niemand. Gut. Die Plattform und die Rolltreppe hinunter zur Straße sind leer. Unten auf der Straße sind ein paar wenige von IHNEN unterwegs – die Schultern hochgezogen, die Köpfe gebeugt im kalten Wind, die Wangen gerötet, sehen sie so harmlos aus. So menschlich. In einem Hauseingang unterhalten sich zwei Frauen, eine hat einen Besen in der Hand. Die andere nippt an einem Becher To-Go, die Flüssigkeit darin dampft. Die beiden berühren sich immer wieder an den Schultern, den Armen, den Hüften, wie SIE es eben tun. Es sieht so liebevoll aus.

Ich fahre die Rolltreppen hinunter, die behandschuhten Hände fest in meine Manteltaschen gesteckt. Unten angekommen biege ich links ab: Der Gehweg ist frei. Die meisten Leute laufen auf der anderen Straßenseite, wo der beißende Wind von einer Reihe Bäumen abgemildert wird. Nach etwa fünfzig Metern muss ich die Straßenseite wechseln, um in eine schmale Gasse zwischen alten Lebensmittel-Lagern einzubiegen. Wie immer halte ich angespannt die Luft an: Käme jetzt jemand aus der Gasse gelaufen, wäre ein Zusammenstoß und damit mein Tod unausweichlich.

Die Gasse ist leer. Erleichtert gehe ich auf das Tor im Schatten der Lagerhallen zu, fasse nach dem Henkel der kleinen Tür, die in das Tor eingelassen ist, ziehe sie auf: Da passiert es. Ein junger Mann kommt herausgeschossen. Er hat ein Handy am Ohr, ruft aufgeregt irgendetwas hinein, und als ich versuche auszuweichen, rumple ich schmerzhaft gegen seinen abgespreizten Ellenbogen.

Ich schreie auf vor Entsetzen: Das war’s. Das ist das Ende. Vor meinem inneren Auge sehe ich wieder die Schatten aus den Fenstern springen, sehe ich ihre vor Gier zuckenden Gliedmaßen, und ich presse die Augen zusammen. Bitte, lass es schnell vorbei sein, denke ich. Er packt meine Schulter, Nägel bohren sich schmerzhaft in meinen Arm. Ich ziehe scharf die Luft ein und warte auf die Zähne, die sich in meinen Hals schlagen. Feuchte Wärme breitet sich von meinem Schoß über meine Beine aus.

„Steh auf, los, steh schon auf“, zischt eine Stimme. Eine menschliche Stimme. Ich öffne die Augen. Der junge Mann steht vor mir, seine Augen suchen hektisch die Umgebung ab. Mich sieht er nicht an.
„Schnell, jetzt mach! Wenn uns jemand sieht, sind wir geliefert!“
Ich schlucke. „Du …“, krächze ich.
„Ja, ich auch.“ Er schaut auf mich herab, sieht den nassen Fleck auf meinen Hosen. „Scheiße, du hast dich angepisst! Wenn DIE das riechen …“ Niemand weiß, ob SIE uns am Urin erkennen können. Vermutlich nicht, denn dann wären all unsere Verstecke wahrscheinlich schon aufgeflogen. Aber die Unsicherheit bleibt.

Der junge Mann zieht mich am Arm hoch. Dann schiebt er sich eine blonde Locke aus dem Gesicht. „Okay, komm mit, da vorn ist ein Safe House.“ Das weiß ich, ich wohne dort, aber woher kennt er es? Aus den Augenwinkeln sehe ich Leute, IHRE Leute, am Eingang der Gasse vorbeilaufen. Der blonde Typ hat Recht. Wenn einer von IHNEN auch nur einen Blick in die Gasse hier wirft, sind wir verloren. Ich nicke und laufe vor ihm her durch das Tor, schließe die Tür hinter mir, und klettere eine Feuerleiter hinauf in den 3. Stock. Die Eisentür, die ins Haus führt, ist hinter einem alten Kaminschacht vor neugierigen Blicken versteckt. Ich ziehe sie auf und husche ins dunkle Innere des Hauses. Der blonde Typ folgt mir und bleibt mit dem Rücken zur geschlossenen Tür stehen.
„Die anderen sind schon weg“, sagt er. Ich drehe mich nach ihm um. „Wie, schon weg. Alle drei?“, frage ich, und will nicht verstehen, was das bedeutet.
„Ich habe sie schon vor einer Stunde losgeschickt, die Zeit war schon knapp“, sagt er.
Dann: „Sorry, ich habe mich nicht vorgestellt.“ Komische Aussage. Wir stellen uns einander nicht vor, wenn wir nicht ein Safe House teilen. Dann wird mir klar, was er meint. „Du bist der Schleuser.“ Er nickt. „Ja, und eben war ich am Telefon, um Bescheid zu geben, dass aus diesem Safe House einer fehlt. Du. Sieht so aus, als hätte ich dich gefunden.“ Er runzelt die Stirn und streicht sich wieder eine Locke aus dem Gesicht. Als er den Kopf hebt, sehe ich es schon in seinen Augen. Mein Herz rutscht mir in die kalte, bepisste Hose. Mir wird übel.
„Es tut mir Leid, du bist zu spät“, bestätigt er meine schlimmste Ahnung. Meine Knie geben nach, und ich muss mich an die Wand lehnen. Zu spät. „Aber ich dachte …“, sage ich schwach, und weiß doch, dass es sinnlos ist. Wir wussten nicht genau, wann ein Schleuser uns zum Schiff bringen würde. Heute. Sonst nichts. Und ich habe mich verkalkuliert, so einfach ist das. Wollte noch einmal an den Fluss, noch einmal in den Park, mich verabschieden. Von dieser Stadt. Von diesem Planeten.

Und jetzt muss ich bleiben. Ich rutsche kraftlos an der Wand entlang und starre blind in die Dunkelheit des Flurs. Etwas presst gegen meinen Bauch. Ich ziehe es unter meinem T-Shirt hervor und lache bitter. Es ist die Packung Kaffee, die ich auf das Raumschiff mitnehmen wollte. Auf die Reise der Hoffnung, wie wir vier in unserem Safe House das Vorhaben genannt haben, die Menschheit zu retten.

Ich schaue auf, und Blondschopf steht noch immer da. „Was ist mit dir?“, frage ich, „reist du nicht mit?“ Blöde Frage, denke ich, während ich das sage. Wenn ich es nicht mehr hinschaffe, schafft er es auch nicht. Ein Gedanke kommt mir, der mir vor schlechtem Gewissen Übelkeit bereitet. „Hast du es wegen mir nicht geschafft?“ Er sieht mich einen Moment unverwandt an. Dann schüttelt er energisch den Kopf, so dass seine blonden Locken tanzen. „Ich … ich bleibe.“

Ich starre ihn mit offenem Mund an. Er bleibt freiwillig? Er sieht wohl mein Unbehagen, denn er sagt mit Nachdruck: „Ich gebe nicht auf. Die Erde gehört uns, nicht IHNEN! Wir holen sie uns zurück, wir, die zurückbleiben!“ Seine Augen blitzen kampflustig, als erwarte er, dass ich ihm widerspreche.

Ich seufze resigniert. Natürlich ist das ein hoffnungsloses Unterfangen. Aber wie groß sind schon die Chancen derjenigen, die heute die Reise der Hoffnung antreten? Die Suche nach einem anderen, für Menschen bewohnbaren Planeten?

Wenn sie es überhaupt bist zum Schiff schaffen.
Wenn sie es überhaupt starten können.
Wenn unsere verbliebenen Forscher sich nicht irren.
Wenn, wenn, wenn.

Ich spiele gedankenverloren an der Packung Kaffee. „Wie wollt ihr das machen, euch die Erde von IHNEN zurückholen? Wie viele seid ihr überhaupt?“ frage ich. Der Blondling und die Mitstreiter, die er zu haben scheint, sind ja nun meine einzige Hoffnung aufs Überleben. „Hier in der Stadt? Vielleicht fünfzig, Männer und Frauen.“ Die Betonung des letzten Satzes lässt darauf schließen, dass er hofft, dass es mehr werden. Er fährt schulterzuckend fort: „Im ganzen Land? Keine Ahnung, aber wir haben Nachricht aus mehreren Städten im Bundesland. Dort bleiben auch so zwischen zwanzig und dreißig Menschen. Und wer weiß, wie es in ländlichen Gebieten aussieht.“ Er schweigt kurz, sieht mich durchdringend an und erklärt dann: „Du gehörst jetzt zu uns.“ Ich nicke, weil das wohl stimmt. Er zieht eine kleine Tube aus der Jackentasche und wirft sie mir zu. Eine Paste, die, so behaupten es manche Menschen, dabei hilft, von IHNEN unentdeckt zu bleiben. Ich habe meine Zweifel, aber für Blondie hier scheint es funktioniert zu haben. Ich zeige auf die Packung in meinen Händen. „Kaffee?“ frage ich.

Als es dunkel wird, stehen wir auf dem Dach des Lagerhauses und lauschen. Alle paar Minuten verkündet Blondie die Uhrzeit. Bisher keine Schreie, keine rennenden Schatten. Keine Blutgier. Aber auch keine dröhnenden Maschinen. Jeder von uns hält einen Becher dampfenden Kaffees in der Hand, während wir Richtung Westen blicken. Dort, in Richtung der untergehenden Sonne liegt das Raumschiff, mit dem das Verderben zu uns Menschen kam. Das unserer Spezies jetzt Hoffnung auf Rettung gibt.

Dann, als der letzte glühende Sonnenstrahl verschwindet, beginnt ein Donnern und Dröhnen, das ich als Erschütterung bis in die Zehenspitzen spüre.

Jetzt rennen die Schemen, purzeln übereinander, werfen sich lustvoll vorwärts, wissen auch ohne Berührung, wer für dieses Getöse verantwortlich ist. Aber sie sind zu spät. Mein Herz hüpft, und Hoffnung steigt in mir auf – Hoffnung für die anderen, wenn schon nicht für mich.

Gleißendes, weißes Licht flutet die Stadt, und eine metallene Festung erhebt sich in den Himmel. Nimmt Fahrt auf. Steigt hoch, hoch in den Himmel, wo jetzt die ersten Sterne zu sehen sind. Ich winke dem Raumschiff, meinen Freunden, die IHNEN entkommen sind, und lasse lachend meinen Tränen freien Lauf. Blondie legt seine zitternde Hand auf meine Schulter.

Aus dem gleißenden Licht der Scheinwerfer wird ein Glühen am Himmel, dann ein sanftes Leuchten. Ein neuer Stern, der langsam verblasst.

 

Hallo @ardandwen,

tolle Geschichte! Mir gefällt der Weltenbau, der drinsteckt. Du hältst dich nicht zu lange mit den Hintergrundinfos auf und erklärst nur das Nötigste. Fast schon zu spärlich für meinen Geschmack, aber das ist zumindest besser als umgekehrt.

Rein auf den Schreibstil bezogen sind mir einige Füllwörter aufgefallen. Und du verwendest gerne den Doppelpunkt, das hat mich manchmal irritiert. Im Detail:

Aus dem Grau des Winternachmittags leuchten die Neonanzeigen der Schwebebahn unangenehm grell in mein Gesicht. Blinzelnd und außer Atem von meinem Sprint zur Plattform hinauf trete ich an eine Transportkapsel und gebe am Außendisplay mein Ziel ein.
Ich finde es ungünstig, dass der allererste und der zweite Satz so lang und ohne Kommas sind. Da gelangt man beim Lesen sozusagen außer Atem.
Wie als Ermahnung, meine Gedanken auf das hier und heute zu richten
Klingt ungewöhnlich. Ich hätte "Hier und Jetzt" erwartet.
Noch rarer geworden ist das Kaffeepulver, das ich seit Tagen mit mir herumschleppe. Es ist die letzte, die ich im Lager unter dem Safe House finden konnte
Warum ein anderer Artikel? Vielleicht: die letzte Packung?
Der flüchtige, aber luxuriöse Duft, der mir aus der Packung in die Nase steigt
Aber ist für einen Gegensatz, der hier zwischen flüchtig und luxuriös nicht unbedingt gegeben ist. Ist ein Füllwort, das weg kann.
Die Kapsel, die an den Schienen hängt wie ein Anhänger an einer Kette, schaukelt leicht im Höhenwind.
Um die Wiederholung zu vermeiden: Die Kapsel, die von den Schienen baumelt
Das Baumeln ist vielleicht nicht ganz ideal, wenn du hohe Geschwindigkeiten willst. Hattest du eher eine Seilbahn mit Gondeln als Vorbild oder eine Schwebebahn?
um die Stadt unter mir zu betrachten. Unter mir liegt die Stadt in der Dämmerung,
Ich würde das erste unter mir streichen
So alt, dass er sich noch erinnern konnte an die Zeit, als wir Viele waren. Und SIE Wenige.
viele
wenige
Kapsel 517, Sie werden in der Verdistraße für eine Identitätskontrolle gestoppt.
Es gibt eine Verdistraße in München. Zufall oder ist das der Schauplatz der Geschichte?
Um etwas abzubekommen, um nicht der Letzte zu sein, um ihre Zähne in einen echten Menschen schlagen zu können.
der letzte
Dies, sage ich mir, war meine letzte Reise durch diese Stadt, das letzte Mal Angst.
die Stadt fände ich besser
zu unserem Safe House vor, das ich mit drei menschlichen Mitbewohnern teile. Sie sind meine Familie, meine Freunde, meine Vertrauten.
Das bleibt leider bei der Behauptung, die drei bekommen keinen eigenen Auftritt. Wenn du hier im Rahmen bleiben willst, kann deine Hauptperson zumindest noch etwas länger an sie denken. Ich finde, es würde nicht schaden, wenn man von den Mitbewohnern zumindest ein bisschen was erfährt. Wie stehen sie zueinander, vermissen sie und die Hauptperson sich gegenseitig? Das macht die Geschichte ein Stück echter und bringt mehr Emotionen rein.
Die Plattform und die Rolltreppe hinunter zur Straße sind leer.
Ich steige die Treppen hinunter
Ist das derselbe Treppenabgang? Lieber so beschreiben, dass das besser hervorkommt
Die meisten Leute laufen auf der anderen Straßenseite, wo der beißende Wind von einer Reihe Bäumen abgemildert wird.
Bäume
Die Gasse ist heute leer.
Füllwort
Vor meinem inneren Auge sehe ich wieder die Schatten aus den Fenstern springen, sehe ich ihre vor Gier zuckenden Glieder
Was meinst du hier mit Glieder? Gliedmaßen?
Wenn einer von ihnen auch nur einen Blick in die Gasse hier wirft, sind wir verloren.
Ich würde IHNEN einheitlich so schreiben
Ich nicke und laufe vor ihm her durch das Tor, schließe die kleine Tür hinter mir, und klettere eine Feuerleiter hinauf in den 3. Stock.
Der blonde Typ folgt mir und bleibt dann mit dem Rücken zur geschlossenen Tür stehen.
Kann man streichen
Ich habe sie schon vor einer Stunde losgeschickt, die Zeit war schon knapp
Ich würde mindestens eines davon entfernen
„Du bist der Schleuser“.
Punkt in die direkte Rede verschieben
Sieht so aus[,] als hätte ich dich gefunden.
Komma
Er runzelt die Stirn und streicht sich wieder eine Locke aus dem Gesicht. Als er den Kopf wieder hebt, sehe ich es schon in seinen Augen.
Sind für mich Füllwörter
„Aber ich dachte …“[,] sage ich schwach, und weiß doch, dass es sinnlos ist.
Komma, Füllwort
Wir wussten nicht genau, wann ein Schleuser uns zum Schiff bringen würde. Heute. Sonst nichts.
Du schreibst am Anfang, es ist Nachmittag. Lass es doch Vormittag sein, dann wirkt der Fehler nicht ganz so dumm.
„Was ist mit dir[?]“, frage ich
Fragezeichen
Wie wollt ihr das machen, euch die Erde von ihnen zurückholen?
Auch wieder: IHNEN
Wie viele seid ihr überhaupt?“[,] frage ich schließlich.
Komma. Schließlich ist auch so ein Füllwort, das ich vermeiden würde.
Er schweigt kurz, sieht mich dann durchdringend an und erklärt:
Füllwörter
Blondie legt eine zitternde Hand auf meine Schulter.
Hoffentlich seine, oder?

Eine Anmerkung noch zum Titel: Ich fände Reise der Hoffnung besser. Wird ja auch im Text erwähnt und Der letzte Transport klingt irgendwie nicht nach Personentransport.
Ich hoffe, meine Anregungen waren hilfreich.

Viele Grüße
Michael

 

Hallo @ardandwen,

ich habe leider aktuell nicht viel Zeit, hier zu kommentieren, aber ich wollte wenigstens ein kurzes Feedback hier lassen.

Die Geschichte gefällt mir total gut. Worldbuilding klasse, Spannungsaufbau perfekt, die dosierten Infos über "SIE" tragen zur Spannung bei, der Held ist eher ängstlich und pisst sich vor Angst ein ... und gleichzeitig machst du ihn damit nicht zum Honk, sondern es trägt zum Realismus und der Spannung bei.

Und dann die traurige Erkenntnis: "Zu spät". Das Schiff wird ohne ihn abheben, mit einem kleinen Hoffnungsschimmer von Widerstand.

Wirklich klasse. Das gehört zu den besten SciFi-Kurzgeschichten, die ich in letzter Zeit gelesen habe. ??? Von mir gibt es dafür drei von drei Aliens.
Die Anmerkungen von @Michael Weikerstorfer und die, die noch kommen werden, würde ich nutzen, aber das Gesamtbild ist jetzt schon klasse.

LG,
Gerald

 

Hallo,

spannende Geschichte! Ich hab noch einen kleinen Rechtschreibfehler entdeckt, und zwar: Spießroutenlauf -> Spießrutenlauf.

Viele Grüße

Nik

 

Lieber @Michael Weikerstorfer,

vielen Dank für deine hilfreichen Kommentare und dein Feedback!
Es freut mich sehr, dass es dir gefallen hat.
Deine Kommentare hab ich direkt übernommen - vielen Dank für die Mühe!

Es gibt eine Verdistraße in München. Zufall oder ist das der Schauplatz der Geschichte?
Die kenne ich tatsächlich, aber ich dachte, dieser Straßenname dürfte in mehreren Städten zu finden sein. :)

Ich habe den Mitbewohnern momentan nur wenig hinzugefügt - vielleicht geht die Geschichte weiter irgendwann, oder aus Sicht einer der Mitbewohner, aber bisher weiß ich selbst nicht mehr :)

Ich glaube mit dem Titel hast du Recht - ich ändere ihn.

Danke und LG
Ardandwen


Lieber @C. Gerald Gerdsen,

wow, da bleibt mir nichts als mich zu bedanken - es freut mich sehr, dass du die Geschichte gut fandst!

Liebe Grüße,
Ardandwen

Lieber @nikodemus,
Willkommen! Ich freue mich, dein erster Kommentar geworden zu sein :)
Und danke für den Hinweis, ich habe das Wort direkt verbessert, und natürlich freue ich mich, dass du die Geschichte spannend fandst :)

LG Ardandwen

 

Hallo @ardandwen,

mir gefällt vor allem, wie du nach und nach aus verschiedenen Puzzleteilchen ein Bild der Welt zusammenfügst, in der deine Geschichte spielt. Die Einzelheiten werden beiläufig erwähnt, aus der Sicht des Protagonisten geschildert, und dadurch braucht es keine langen Erklärungen. Etwas enttäuscht war ich, als diese zu Zombies mutierten Menschen auftauchten. Schon wieder, dachte ich. Neben unzähligen anderen hat sich z.B. Steven King mit seinem Roman „Puls“ daran abgearbeitet. Aber immerhin war die Geschichte spannend genug, dass ich bis zum Ende durchgehalten habe.

Eine logische Unzulänglichkeit ist mir noch aufgefallen: Die Außerirdischen tot, nicht gemacht für die Erdatmosphäre? Hatten sie keine Raumanzüge? Konnten sie die Atmosphäre nicht analysieren, bevor sie sich ihr aussetzten? Das sollte man doch bei einer Spezies voraussetzen können, die in der Lage ist, zu anderen Welten zu reisen.

Grüße
Sturek

 

Hallo ardandwen,
will mal versuchen, einen Kommentar zu einer Geschichte loszuwerden, bevor sie gelöscht wird:dozey:
Ich kann mich zunächst in den Chor der positiven Kritiken einreihen, habe das Teil recht gern gelesen, es war auch jederzeit genügend Antrieb vorhanden, bis zum Ende durchzuhalten (wir wissen, das ist nicht immer der Fall). Das Setting war recht gut, auch wenn es an manchen Stellen zu vage scheint, ich hätte mir gewünscht, dass du hier und da mehr ins Detail gehst. Keine Erklärungen zu liefern, wenigstens keine offensiven, sondern um das Bild etwas genauer zu beschreiben.

Die Kapsel bremst vor meinem Zielbahnhof ab. Ich wische mir den Schweiß von der Stirn und bereite mich auf den Spießrutenlauf zu unserem Safe House vor, das ich mit drei menschlichen Mitbewohnern teile. Sie sind meine Familie, meine Freunde, meine Vertrauten. Die einzigen Menschen, die ich mit Namen nenne, deren Namen, wenn sie erwischt würden, für immer in mein Herz eingebrannt wären. Rami, Marie, Cora. Und wenn alles gut geht, werden wir das Safe House nach heute Abend nicht mehr brauchen.

Dieser Abschnitt ist mir besonders aufgefallen, hältst du dich bis dahin an die Devise, so wenig wie möglich zu tellen, fällst du hier völlig aus dem Rahmen. Dabei böte sich doch hier gerade die Möglichkeit, etwas für die Stimmung, die Atmosphäre zu tun. Ich meine, du kannst doch die Beziehung des Prot zu den drei Mitbewohnern über Fragen definieren, die dem Prot in den Sinn kommen, Gefühle oder so. Na, du weißt schon.

Im Ganzen, denke ich, war ich dann doch enttäuscht, was du aus dem Grundgerüst gemacht hast. Wobei ich finde, dass das Ganze tatsächlich nur ein "Grundgerüst" ist. Bis jetzt hat der Text nur den Anschein einer Zustandsbeschreibung, und das ist mir zu wenig (wenn ich das richtig sehe, hast du den Titel nachträglich ergänzt und willst vielleicht Teil 2 abliefern.:D

Was ich sehr vermisse, ist eine halbwegs erkennbare Spannungskurve. Irgendetwas, an dem ich mich als Leser festhalten kann, das mich zum Weiterlesen (im besten Falle zum atemlosen Weiterlesen) treibt. Derzeit ist es so, dass ich nur wissen will, was es mit den Fremden auf sich hat und wie das Verhältnis zu den Menschen ist. Es fehlt mir die Geschichte.
Und, seien wir ehrlich. Diese Welt hat schon Wells beschrieben, Heinlein noch viel besser und es gibt unzählige Werke, die sich mit genau dieser Konstellation beschäftigen (einen Filmtitel muss ich loswerden zu diesem Thema, eine Empfehlung für einen Film der sich genau damit beschäftigt, und an den ich denken musste, nachdem ich deine KG gelesen hatte: "Captive State" von 2019 mit einem göttlichen John Goodman [ist der nicht eigentlich immer göttlich!] und total unterschätzt; der geht das Thema genau so an und macht das richtig gut).

Noch rarer geworden ist das Kaffeepulver, das ich seit Tagen mit mir herumschleppe.

Ein wirklich seltsamer Satz und es hat etwas gebraucht, bis ich darauf kam, warum er mir Bauchschmerzen bereitet. Das Kaffeepulver, das ich mit mir herumschleppe, wird immer rarer?:dozey: Glaub nicht, dass du das ausdrücken wolltest. Eher vielleicht: Das Kaffeepulver, von dem ich rumschleppe.
(Das ist zum Beispiel so ein Detail, von denen ich mir mehr erhofft hätte, weil sie die Situation sehr schön erklären.)

Mein Herz rutscht mir in die kalte, bepisste Hose.

Sehr schön:cool:

„Es tut mir Leid, du bist zu spät“, bestätigt er meine schlimmste Ahnung.

Im nächsten Satz schon: Warum musst du den Eindruck, den du mit der wörtlichen Rede erweckst auch noch erklären? Ich, als Leser, bin kompetent genug, das zu erlesen.


Und einige Sätze danach:

Und ich habe mich verkalkuliert, so einfach ist das. Ich dachte, ich könne noch einmal an den Fluss, noch einmal in den Park, mich verabschieden. Von dieser Stadt, von diesem Fleck Erde.

Subjektiver Eindruck: Könnte man kürzer abhandeln, würde dem Eindruck nicht abträglich sein. Eine kurze Bemerkung, "vor den Latz geknallt", und der Leser muss mit der Information umgehen. Aber, wie gesagt, rein subjektiv.

Übrigens: Der blonde Typ hat mich 'n bisschen an Gene Hackman in "Staatsfeind Nr.1" erinnert. Wie ich auch finde, dass das ganze Untergrundkampf-Ding was hat, das gibt viel her. Insofern hoffe ich, dass wir eine Fortsetzung erwarten dürfen.

Und, wie so oft, hört sich das nach einem Verriss an, der er nicht ist. Hab das Ding wirklich gern gelesen, hat mir über weite Strecken sehr gut gefallen.
Aber da fehlt noch was. Im Großen und Ganzen kommt der Text rüber wie ein Epilog zu einem viel längeren Stück. (Und ja, ich weiß, was darauf geantwortet werden könnte: der Autor hat andere Intentionen, will uns was anderes sagen; aber dafür ist diese Aussage nicht gut genug herausgearbeitet)

Schöne Grüße von meiner Seite!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo lieber @Sturek,

danke dir für dein Feedback!
Ja, ganz neu ist das Setting nicht und die Story auch nicht - wobei ich seit meinem lange zurückliegenden Studium glaube, dass es keine neuen Geschichten gibt, nur neu erzählte. Diese neue Erzählung aber muss dann passen, deshalb danke für das Feedback, dass ich hier vielleicht zu stark auf viel befahrenen Straßen unterwegs bin :) Das nehme ich mir zu Herzen, wenn ich auch noch nicht ganz sicher weiß, wie ich das ändern kann. Immerhin: Für mich waren die eher so eine Vampir-Zombie-Mischung, hochfunktional als Gesellschaft und nur leider leider komplett süchtig nach Menschen als Nahrung und da auch nicht Herren ihrer selbst. Warum genau und wieso, ist auch in meinem Kopf noch vage, aber es soll mit Parasiten, die die Raumfahrer eingeschleppt haben zusammenhängen.

Das bringt mich gleich zu deinem zweiten Punkt: Du hast Recht, die Aliens müssen ja wohl entwickelt genug sein, die Atmosphäre abschätzen zu können. Sind sie auch. Aber die Parasiten nicht. UND: Natürlich kannst du das alles nicht aus der Geschichte lesen, weil ich es nicht reingeschrieben habe :D Es fällt mir immer so schwer, das richtige Level an Details zu finden. Ich werde mich bemühen das in wenigen Sätzen zu verbessern, ohne mein World-Building an einen Exposition-Joe zu verlieren :)

mir gefällt vor allem, wie du nach und nach aus verschiedenen Puzzleteilchen ein Bild der Welt zusammenfügst, in der deine Geschichte spielt. Die Einzelheiten werden beiläufig erwähnt, aus der Sicht des Protagonisten geschildert, und dadurch braucht es keine langen Erklärungen.
Das freut mich natürlich ungemein, denn ein Ich-Erzähler ist da schon herausfordernd :)
Aber immerhin war die Geschichte spannend genug, dass ich bis zum Ende durchgehalten habe.
Das freut mich auch, auch wenn "durchgehalten" schon ein bisserl nach Qual klingt :)

Danke dir vielmals für deine Kommentare, ich werde versuchen, das besser zu machen.

LG Ardandwen

Lieber @Hanniball,

auch dir vielen Dank für dein ausführliches Feedback!
Wie auch Sturek ist dir die Idee schon zu abgedroschen - duly noted, auch wenn ich das für mich noch erzählenswert finde.

will mal versuchen, einen Kommentar zu einer Geschichte loszuwerden, bevor sie gelöscht wird
Oh! :eek: Siehst du diese Gefahr etwa?

Ich kann mich zunächst in den Chor der positiven Kritiken einreihen, habe das Teil recht gern gelesen, es war auch jederzeit genügend Antrieb vorhanden, bis zum Ende durchzuhalten (wir wissen, das ist nicht immer der Fall).
Das freut mich sehr - und ich habe das auch nicht als Verriss gelesen, wie du am Ende schreibst, sondern da sind ja sehr konkrete Ideen drin, wie es besser gehen könnte - das ist immer hilfreich.

Dieser Abschnitt ist mir besonders aufgefallen, hältst du dich bis dahin an die Devise, so wenig wie möglich zu tellen, fällst du hier völlig aus dem Rahmen. Dabei böte sich doch hier gerade die Möglichkeit, etwas für die Stimmung, die Atmosphäre zu tun. Ich meine, du kannst doch die Beziehung des Prot zu den drei Mitbewohnern über Fragen definieren, die dem Prot in den Sinn kommen, Gefühle oder so. Na, du weißt schon.
Haha ja, voll erwischt! Ein Feedback deiner Vorkommentatoren war, dass man mehr über die 3 wissen sollte - und in meiner Eile, es schnell besser zu machen hab ich komplett dem Exposition-Joe die Zügel in die Hand gegeben, und jetzt fällt das aus dem Rahmen. Das soll mir eine Lehre sein :) Ich überarbeite das natürlich, danke für den Hinweis.

Was ich sehr vermisse, ist eine halbwegs erkennbare Spannungskurve. Irgendetwas, an dem ich mich als Leser festhalten kann, das mich zum Weiterlesen (im besten Falle zum atemlosen Weiterlesen) treibt. Derzeit ist es so, dass ich nur wissen will, was es mit den Fremden auf sich hat und wie das Verhältnis zu den Menschen ist. Es fehlt mir die Geschichte.
hmmm. Also für mich war die "Geschichte" die einer lang geplanten, schlussendlich geplatzten Flucht. Das muss wohl besser rauskommen.

Aber da fehlt noch was. Im Großen und Ganzen kommt der Text rüber wie ein Epilog zu einem viel längeren Stück.
Well ... also ich würde lügen, wenn ich behauptete ich würde nicht darüber nachdenken, da mehr draus zu machen. Bietet sich ja an. Eine Geschichte/ Storyline aus der Sicht von einem von IHNEN, eine aus der Sicht der Entkommenen ... und natürlich auch eine Story, die erzählt wie es im Untergrund weitergeht. Ich spiele schon mit der Idee. Hab aber auch gut Respekt davor das anzugehen, auch wenn es mich wirklich wirklich bitzelt :)

Aus Interesse: Hast du den/die Prot der Geschichte männlich oder weiblich gelesen?

Danke dir nochmal ganz herzlich für deine Kritik & auch das Lob,
LG Ardandwen

 

Hallöchen, nochmal!

Also abgedroschen kam mir die Idee ganz und gar nicht vor, das Setting ist halt bekannt und schon öfter beackert worden. Muss man sich halt messen lassen. ;)

Die lange geplante Flucht war schon klar, aber meines Wissens hast du sie erst ganz zum Ende hin enthüllt, ich als Leser kann erst mitfiebern, wenn ich davon weiß. Allerdings, wenn du dieses Detail schon früher bekannt gemacht hättest, würde die Geschichte nicht mehr auf diese Art funktionieren. Ich weiß nicht, wie du rauskommst aus dem Dilemma.
Das macht der oben erwähnte Film ziemlich gut, auch er enthüllt die Situation nach und nach, so dass man ziemlich gebannt dranbleibt. Ganz am Ende, mit der letzte Szene quasi, erschließt sich einem die ganze Story.

Aus Interesse: Hast du den/die Prot der Geschichte männlich oder weiblich gelesen?

Um ehrlich zu sein, hat sich gegen Ende die weibliche Perspektive herauskristallisiert. Weiß nicht, ob das nur an dem blonden Typen gelegen hat:dozey:

Schönen Abend und schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo @ardandwen,

wurde ja schon ausreichend beackert, die Story vom verpassten Flug in die ... ja, das fand ich spannend, weil nicht sicher ist, ob der Flug gelingt. Aber toll gemacht, diese beschissene Hilflosigkeit, wenn erst mal ein Besuch von den Sternen ansteht. Ist das Raumschiff das der Besucher? Haben die Menschen die Kiste flott bekommen? Das hätte mich jetzt noch interessiert. Und warum der Parasit nicht vorher erkannt wurde; aber gut, das Geheimnis ist eh nicht zu lüften. Ich denke, wenn es uns tatsächlich widerfahren sollte, werden Probleme auftauchen, die wir unmöglich komplett abscannen können. Hat man ja bei Corona gesehen, wie kompliziert plötzlich alles wird.
Jedenfalls prima erzählt und hat mir gut gefallen - gerne gelesen.
Beste Grüße - Detlev

 

Hallo Ardandwen,

ich beginne mal mit der Konstruktion der Gegenspieler des Protagonisten, den bösen Aliens. Um beim Leser Gefühle entstehen zu lassen, die ihn an die Geschichte fesseln, ist es wichtig, die Gegenspieler sorgfältig zu zeichnen. Im Fall Deines Textes gibt es da noch einiges Potenzial. Im Augenblick weiß man ein wenig zu ihren Hintergründen, dass sie Menschen ähneln, Menschen fressen. Ihre Gefährlichkeit wird aber hauptsächlich behauptet, der Leser erlebt/ erfährt sie nicht selbst, von einem Blick aus dem Fenster einer Fluchtkapsel abgesehen.

Was meiner Ansicht nach fehlt, ist also das direkte Erleben der Grausamkeit dieses Gegners.

Eine zweite Eigenschaft, die Gegenspieler in dieser Art Geschichten meist benötigen, ist eine an Wahnsinn grenzenden Entschlossenheit. Der Leser soll den Eindruck gewinnen, dass sich dieser Feind nicht einfach abschütteln lässt. Der geht eher durch die Flammen der Hölle, als sich von seinem Plan abhalten zu lassen, uns die Gedärme aus dem Leib zu reißen. Deine Aliens wirken durch die Ansage »Verhalten Sie sich ruhig und bleiben Sie angeschnallt...« dagegen wie Fahrkartenkontrolleure.

Du bietest dem Leser zwar intellektuell alles, was er wissen muss, um Angst zu haben. Aber Du bietest es nicht nicht emotional, nicht durch direkte Anschauung und Kontakt. Das ist ein Grund, weshalb mich das Szenario ziemlich kalt lässt.

Dann noch ein paar Gedanken zur grundsätzlichen Konstruktion der Geschichte, die auch mit den vorher genannten Punkten zusammenhängen. Gemessen an der Textlänge sind die erklärenden Passagen zu lang. Erklärungen mögen interessant sein, spannend sind meist nicht. Sie nehmen Druck aus der Geschichte, weil sie aus der direkten Konfronation herausführen in einen intellektuellen Ruheraum, wo man sich Reflexionen über das Warum und Woher gestatten kann. In einer packenden Geschichte ist für so einen Ruheraum aber kein Platz. Da rennt der Protagonist um sein Leben, er kämpft, stolpert, stürzt, steht wieder auf und so weiter. Hat der Protagonist die Zeit, mir Vorträge zu halten, dann geht es ihm offenbar noch ganz gut.

Überhaupt: Vorträge halten. Es liegt in der Natur der Ich-Erzählung, dass man darauf achten muss, dass der Protagoist nicht zu Labertasche wird. Jemand der redet, handelt nicht. Dein Protagonist redet die ganze Zeit, entweder mit dem Leser oder mit dem Blondschopf. Die Aufmerksamkeit des Lesers fängt man eher, wenn man den Protagonisten handeln lässt, ohne die ganze Zeit zu erklären, warum er das tut, was er tut. Das verlangt dann vielleicht eine etwas andere Konstruktion, aber ist häufig der Mühe wert.

Ich hoffe, Du kannst mit diesen Hinweisen etwas anfangen. Wünsche Dir ein gutes Wochenende.

Gruß Achillus

 

Hallo @Detlev,

Danke dir für deinen Kommentar! Und entschuldige bitte die späte Antwort.

Hat der Flug geklappt? Hm, also ich spiele mit dem Gedanken, das in einer separaten Geschichte herauszufinden. Auch um dem Set-Up vielleicht in einer Serie mehr Raum zu geben.
Ich freue mich sehr, dass du es gern gelesen hast!
Danke dir und viele Grüße,
Ardandwen

Lieber @Achillus,
Auch dir lieben Dank und entschuldige bitte die Verzögerung - wir haben uns dazu ja bereits ausgetauscht. Ist normal auch wirklich nicht meine Art.

Zu deinen Kritikpunkten: ja, Ich-Erzähler sind World-Buildingstechnisch eine Herausforderung. Persönlich hatte ich nach mehreren Überarbeitungen nicht mehr das Gefühl, aus dem Prot einen „Exposition Joe“ gemacht zu haben - dir ist das trotzdem noch zu viel „tell“. Ich denke das ist dann vielleicht Geschmackssache, da einigen Lesern ja das Worldbuilding gut gefallen hat. Ich werde aber auf jeden Fall nochmsl prüfen, ob wirklich alle Erklärungen sein müssen - oder der Tag „Horror“ vielleicht nicht passt.

Die „bösen Aliens“…

Deine Aliens wirken durch die Ansage »Verhalten Sie sich ruhig und bleiben Sie angeschnallt...« dagegen wie Fahrkartenkontrolleure.
Nun, das liegt wahrscheinlich daran, dass sie keine bösen Aliens sind. Nicht in dem Sinne, dass sie bösartig auf Menschen Jagd machen. Eigentlich sind sie noch immer ganz „normale“ Menschen, intelligent, Baumeister. Aber durch den Parasiten der im Alienschiff mit dabei war und der im Gegensatz zu den Aliens überlebt hat, sind sie geradezu süchtig nach Menschenblut, und dieser Gier dann so hilflos ausgeliefert wie ein Zombie. Für mich persönlich ist das gruseliger als der unbarmherzige Predator, weil Sucht eben Bestien aus Menschen macht, ohne dass sie das wollen.

Ich danke dir nochmals für deine detaillierte Beschäftigung mit dem Text, ich weiß das sehr zu schätzen, auch wenn ich dich mit der Geschichte nicht überzeugen konnte, und auch nicht weiß, ob ich sie so weit umändern kann/möchte. Ich behalte es aber für die Überarbeitung im Hinterkopf.

Viele Grüße,
Ardandwen.

 

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